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Fixierung - Deutsches Institut für angewandte Pflegeforschung eV

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sprächen wurde mehrfach betont (von unterschiedlichen Teams), wie die Pflegenden bei der Aus-<br />

wahl vorgehen. Dabei gab ein Team an, man beobachte den Bewohner entsprechend seinen Ge-<br />

wohnheiten und Bewegungsabläufen sehr genau und wenn eine freiheitsentziehende Maßnahme<br />

notwendig erscheine, teste man jeweils kurzzeitig aus, welche Form er am ehesten toleriere. Das<br />

Tolerieren von Maßnahmen spielt in der Wirklichkeit der Wohnbereiche und der Pflegenden eine<br />

große Rolle. Es gibt den Interviewangaben zufolge Bewohner, die einen Bauchgurt tragen, diesen<br />

aber nicht als hinderlich oder störend zu empfinden scheinen. Dennoch ist dies – bei nicht einwilli-<br />

gungsfähigen Bewohnern – eine erhebliche und juristisch in jedem Fall abzusichernde freiheits-<br />

entziehende Maßnahme. Haben sie hingegen einen Therapietisch vor dem Stuhl, dann versuchen<br />

sie diesen immer wieder wegzuschieben und werden unruhig. Die befragten Pflegenden vermittel-<br />

ten glaubhaft, dass sie dies beobachteten und als relevanten Hinweis <strong>für</strong> (<strong>für</strong> den Bewohner) ak-<br />

zeptable bzw. inakzeptable Maßnahmen beachteten. Oft spiele die Auswahl der anzuwenden<br />

Maßnahme eine Rolle, ehe sie dem Gericht einen Vorschlag unterbreiteten. Viele der zitierten Un-<br />

tersuchungen zum Thema greifen diesen wichtigen Aspekt im Umgang mit freiheitsentziehenden<br />

Maßnahmen nicht mit auf und differenzieren hier nicht nach vom Bewohner tolerierten und nicht<br />

tolerierten Maßnahmen.<br />

Zu der Hierarchie der eingesetzten Verfahren kann ebenfalls eine Aussage gemacht werden. Die<br />

befragten Teams empfanden die medikamentöse Dämpfung („chemische <strong>Fixierung</strong>“) als die<br />

schlimmste aller möglichen <strong>Fixierung</strong>sarten. Einerseits, weil sie nicht kurzfristig aufgehoben wer-<br />

den kann (wie eine mechanische) und auch nicht von Pflegenden gesteuert und vor allem, weil sie<br />

„so stark in das Wesen eines Menschen eingreift, dass von ihm nicht mehr viel übrig bliebt“. Der<br />

Mensch ist dann ‚nicht mehr der Gleiche.’ Die befragten Pflegenden be<strong>für</strong>worten somit eine me-<br />

chanische <strong>Fixierung</strong> <strong>für</strong> die Bewohner eher als eine medikamentöse <strong>Fixierung</strong>.<br />

Weitere Ergebnisse<br />

Neben der Rolle der Pflegenden wurden noch weitere Hinweise und Einflussfaktoren gefunden,<br />

die bei einer freiheitsentziehenden Maßnahme einwirken. In der nachfolgenden Grafik sind diese<br />

Bereiche mit abgebildet.<br />

In Bezug auf die Angehörigen und die gesetzlichen Betreuern zeigte sich, dass vor allem die An-<br />

zahl der Kontakte eine große Rolle spielt. Vielfach wurde geäußert, dass man mit Verwandten, die<br />

oft da seien, eh einen so guten Kontakt habe, dass man mit ihnen alles absprechen würde (auch<br />

den Vorschlag eine freiheitsentziehende Maßnahme zu beantragen oder aufzuheben). Die Ange-<br />

hörigen, die nicht oft kämen (z.B. weil sie weiter weg wohnen), vertrauten in aller Regel den Ein-<br />

schätzungen der Pflegenden. Daneben habe die Kooperation auch viel damit zu tun, welche Vor-<br />

erfahrungen und (auch Vorurteile) jemand einer Einrichtung gegenüber habe. Dabei gäbe es auch<br />

Personen, die davon ausgingen, dass ein Heim dazu da sei, dass der Bewohner kein Risiko mehr<br />

erleide, aber die seien in der Minderheit. Der persönliche Kontakt zu den Angehörigen spielt daher<br />

eine tragende Rolle.<br />

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