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johannespassion js bach - Kreuzkirche Bonn

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22<br />

Philosophischer Höhepunkt im Passionsbericht bildet<br />

die Unterredung Jesu mit dem römischen Statthalter<br />

Pontius Pilatus. Himmlische Macht und weltliche Macht<br />

stehen sich hier Aug in Aug gegenüber. Ihr «Wortduell»<br />

kreist dabei um zwei zentrale Fragen:<br />

1. “Bist Du ein König?”<br />

Pilatus als römischer Ordnungshüter muss den seitens der<br />

jüdischen Autoritäten ausgelieferten Jesus befragen, ob<br />

er ein politischer Unruhestifter sei und damit bedrohlich<br />

ist. Die Frage, ob er ein König sei, bejaht Jesus, allerdings<br />

mit der Ergänzung: “Mein Reich ist nicht von dieser Welt”.<br />

Pilatus versucht das genauer zu differenzieren, worauf<br />

Jesus erklärt: “Ich bin ein König. Ich bin dazu geboren<br />

und in die Welt gekommen, dass ich die Wahrheit<br />

bezeugen soll. Wer aus der Wahrheit ist, der hört meine<br />

Stimme” (Joh 18,37). Jesus sieht sich hier als König einer<br />

anderen Art, nämlich als derjenige, der die alttestamentarische<br />

Verbindung von Wahrheit und Gottes Königtum<br />

wieder herstellt. Sein Königtum ist damit nicht in der<br />

Welt, sondern in Gott begründet. Wer aus der Wahrheit<br />

ist, erkennt dies.<br />

2. “Was ist Wahrheit?”<br />

... entgegnet Pilatus darauf und formuliert damit präzise<br />

eine der seit jeher großen und zeitlosen philosophischen<br />

Fragen. Der irdische Machtmensch Pilatus, dessen<br />

politische Macht sich auf Unterdrückung und Gewalt<br />

gründet, fragt – zynisch, zweifelnd, spöttisch oder nachdenklich?<br />

– den himmlischen Gesandten, was Wahrheit<br />

und damit Wirklichkeit ist. Die sich durch das ganze<br />

Johannesevangelium wie ein roter Faden durchziehende<br />

Betonung des göttlichen Wahrheitsanspruchs wird im<br />

Licht der irdischen Realitäten (im wahrsten Sinne des<br />

Wortes) fragwürdig. Es ist eine Frage des Glaubens und<br />

der Weltsicht, was für wahr gehalten wird!<br />

Nach Johannes ist Pilatus beeindruckt von der Unterredung,<br />

zumindest versucht er im Folgenden mehrfach,<br />

Jesus das auf ihn wartende Schicksal zu ersparen. Betont<br />

wird bei Johannes, dass die Hohepriester – also die<br />

religiösen Autoritäten, die Jesus eigentlich hätten erkennen<br />

müssen, aber ihn nicht erkannten – seinen Tod<br />

fordern. Verhindern kann und will Pilatus diesen aber<br />

nicht. Dennoch formuliert er den Wahrheitsanspruch Jesu<br />

und sein Königsein – zynisch oder erkennend? – gegen<br />

den Widerstand der Hohepriester auf der Tafel über dem

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