PRÄVENTION DURCH ANGST? - Dr. Jürgen Barth
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Für Verhaltensänderungen ist nach Ansicht von SLOVIC vor allem die Bewertung der<br />
Schrecklichkeit („dread risk“-Faktor) relevant. Je höher die Einschätzung der Schrecklichkeit<br />
eines potentiellen Risikos ist, desto stärker ist der Bedrohungswert und der Wunsch,<br />
das Risiko zu vermeiden. Die wahrgenommene Schwere einer Bedrohung, die sich vor allem<br />
durch die Folgen (wie z.B. Tod oder Erkrankung) des Ereignisses charakterisieren läßt<br />
(vgl. auch den Begriff „severity“ bei der Darstellung der Theorie der Schutzmotivation von<br />
ROGERS in Abschnitt 3.2.4), hat dagegen einen Einfluß sowohl für die Bewertung der<br />
Schrecklichkeit („dread risk“) als für die Einschätzung der erlebten Kontrolle („unkown<br />
risk“) (SLOVIC, FISCHHOFF & LICHTENSTEIN, 1987). Betrachtet man Abbildung 2.1, so<br />
finden sich für gesundheitsschädliches Verhalten wie Rauchen, Alkohol etc. folgende Befunde:<br />
Gesundheitliche Risikoverhaltensweisen haben auf der Dimension der erlebten<br />
Schrecklichkeit („dread risk“) lediglich eine mittlere Stellung im Vergleich zu Umweltgiften<br />
(z.B. Herbiziden) oder Technologien wie der Kernenergie. Unter der Prämisse, daß die<br />
erlebte Schrecklichkeit als motivierend für eine Verhaltensänderung anzusehen ist, kann<br />
auf der Basis dieser Befunde von einer relativ geringen Änderungsintention für gesundheitliches<br />
Risikoverhalten (im Gegensatz zum Bestreben der Verhinderung von gentechnologischen<br />
Fortschritten oder der Sorge um Kernkraftwerksunfälle) ausgegangen werden<br />
(zum Vergleich von unterschiedlichen Risiken für die Gesundheit vgl. JUNGERMANN,<br />
SCHÜTZ, THEISSEN & DOEFKE, 1991).<br />
In den Theorien zum Gesundheits- und Vorsorgeverhalten spielt das Konzept der Risikowahrnehmung<br />
bzw. Risikoeinschätzung eine wichtige Rolle (vgl. Abschnitt 2.2). Dabei wird<br />
zwischen allgemeiner Gefährlichkeit oder Schwere (severity) und persönlicher Bedrohung<br />
oder Vulnerabilität (susceptibility) unterschieden (vgl. ROGERS, 1983, und Abschnitt<br />
3.2.4). Es wird davon ausgegangen, daß ein persönliches Erkrankungsrisiko eine notwendige,<br />
jedoch nicht hinreichende Bedingung ist, um überhaupt eine Handlungsbereitschaft<br />
in Richtung gesundheitsprotektiver oder präventiver Maßnahmen zu mobilisieren. Persönliche<br />
(wahrgenommene) Gefährdung, Bedrohung, Vulnerabilität oder Risikowahrscheinlichkeit<br />
sind in diesem Zusammenhang identisch gebrauchte Begriffe. Es zeigt sich<br />
bezüglich der Risikoeinschätzung, daß Personen dazu neigen, gesundheitliche Risiken<br />
aufgrund von Naturkatastrophen oder technischer Anlagen zu überschätzen. Nach<br />
ROHRMANN und BORCHERDING (1984, zitiert nach JUNGERMANN & SLOVIC, 1993) gehen<br />
in das Risikourteil (dort bezüglich technischer Anlagen untersucht) neben der Sterbewahrscheinlichkeit<br />
auch die Variablen Gesundheitsgefahr und Katastrophenpotential sowie<br />
als affektive Komponente die assoziierte Furcht mit ein, welche letztlich zu einer<br />
Überschätzung des Risikos von technischen Anlagen führen. In Untersuchungen, die sich<br />
vor allem mit individuellen gesundheitlichen Gefährdungen beschäftigen, zeigte sich<br />
hingegen wiederholt, daß Individuen ihr persönliches Risiko unterschätzen (SLOVIC,<br />
FISCHHOFF & LICHTENSTEIN, 1976; für deutschsprachige Einführungen vgl. LEPPIN,<br />
1994; VERSTEEGEN, 1992). WEINSTEIN (1980; 1984) spricht in diesem Zusammenhang<br />
von „unrealistischem Optimismus“ in bezug auf die persönliche Gefährdung. Er fand in<br />
seinen Studien die größte Unterschätzung des persönlichen Risikos für <strong>Dr</strong>ogenabhängigkeit,<br />
Suizid, Geschlechtskrankheiten, Epilepsie und Alkoholismus. Diese Erkrankungen<br />
Prävention durch Angst?<br />
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