PRÄVENTION DURCH ANGST? - Dr. Jürgen Barth
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flussen, sind u.a. schichtspezifisch bedingte Unterschiede in den Zugangsmöglichkeiten<br />
zum medizinischen Versorgungssystem, Familiengröße und Alter. Personen aus unteren<br />
sozialen Schichten haben häufig einen schlechteren Zugang zum medizinischen und psychosozialen<br />
Versorgungssystem. Hinzu kommt, daß auch das jeweilige Gesundheits- und<br />
Krankheitsverhalten schichtspezifisch variiert. Angehörige der Mittel- und Oberschicht neigen<br />
eher dazu, im Krisenfall entsprechende professionelle Hilfsangebote in Anspruch zu<br />
nehmen. Die soziokulturell bedingten Unterschiede im Bereich des präventiven Verhaltens<br />
spiegeln größtenteils die Bedeutung spezifischer Normen bezüglich der Symptomwahrnehmung<br />
und des Krankheitsverhaltens wider (FABREGA, 1977). Das unterschiedliche Inanspruchnahmeverhalten<br />
wird auf unterschiedliche Sozialisationserfahrungen in den<br />
Primärfamilien zurückgeführt. Präventives Verhalten variiert demzufolge aufgrund differierender<br />
Normen in verschiedenen Bevölkerungsgruppen, die gleichzeitig hinsichtlich<br />
Einkommen und Bildung variieren (COBURN & POPE, 1974; GREEN, 1970; LANGLIE,<br />
1977).<br />
Hinsichtlich des Alters ist auffällig, daß Personen in den mittleren Lebensjahren am häufigsten<br />
präventive Verhaltensweisen zeigen. Des weiteren gibt es altersspezifische Effekte<br />
sowohl im Hinblick auf den subjektiven Stellenwert der Gesundheit als auch in der Entwicklung<br />
von Gesundheitsdefinitionen. Bezüglich der Gesundheitsdefinitionen fällt auf,<br />
daß Kinder Gesundheit als Selbstverständlichkeit auffassen, während bei Jugendlichen<br />
Gesundheit über körperliche Fitneß und Wohlbefinden definiert wird (vgl. BENGEL et al.,<br />
1995). LAU et al. (1986) stellen fest, daß der Stellenwert der Gesundheit mit zunehmendem<br />
Alter an Bedeutung gewinnt, in der Adoleszenz stagniert und im Erwachsenenalter seinen<br />
höchsten Wert erreicht. LAU, QUADREL und HARTMAN (1990) gehen davon aus, daß es sogenannte<br />
kritische Phasen im Leben von Jugendlichen und jungen Erwachsenen gibt, in<br />
denen es zu einer kurzfristigen Veränderung des Gesundheitsverhaltens kommt. Gleichzeitig<br />
fanden die Autoren einen engen Zusammenhang zwischen dem Risikoverhalten der<br />
Eltern und dem Gesundheitsverhalten der Kinder (bezogen auf Trinkgewohnheiten,<br />
Eßverhalten und Bewegungsverhalten).<br />
Eine Vielzahl von Untersuchungen belegt geschlechtsspezifische Unterschiede hinsichtlich<br />
gesundheitsrelevanter Kognitionen und Verhaltensweisen. Insgesamt haben Frauen mittleren<br />
Alters höhere Punktwerte bezüglich des Stellenwerts der Gesundheit als gleichaltrige<br />
Männer. Frauen scheinen im Vergleich zu Männern eine differenziertere, gleichzeitig umfassendere<br />
Sichtweise und eine intensivere Auseinandersetzung mit gesundheitsbezogenen<br />
Fragestellungen aufzuweisen. Sie gelten ferner präventiven Maßnahmen gegenüber positiver<br />
eingestellt und nehmen Angebote des medizinischen Gesundheitssystems, auch im<br />
Vorsorgebereich, mehr in Anspruch (LAIRSON & SWINT, 1978). Weiterhin deutet sich ein<br />
geschlechtsspezifischer Populationseffekt dahin gehend an, daß soziale Unterstützung bei<br />
Frauen eine stärkere Wirkung hat als bei Männern (SCHWARZER & LEPPIN, 1989). Die<br />
Interpretationen gehen in Richtung eines größeren und unterstützungsrelevanteren<br />
Freundeskreises bei Frauen, im Gegensatz zu eher oberflächlichen Sozialbeziehungen bei<br />
Männern. Frauen scheinen weiterhin das soziale Netz besser mobilisieren zu können und<br />
Prävention durch Angst?<br />
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