PRÄVENTION DURCH ANGST? - Dr. Jürgen Barth
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gestellt. Dabei wurde untersucht, inwieweit die Motivierung von Personen zu einer Veränderung<br />
ihres Gesundheitsverhaltens durch die Vermittlung eines realistischen persönlichen<br />
Risikos gelingt (für eine Übersicht unterschiedlicher Methoden der Rückmeldung des persönlichen<br />
Risikos vgl. WEINSTEIN & KLEIN, 1995). Die Konfrontation mit dem individuellen<br />
Risiko (personalkommunikativ) führte jedoch entgegen der theoretischen Annahmen<br />
nicht notwendigerweise zu erhöhter Änderungsmotivation oder zu direkten Auswirkungen<br />
auf Gesundheitsüberzeugungen bzw. -verhalten. In einer Studie von KREUTER und<br />
STRECHER (1995) zeigte sich hingegen ein positiver Effekt eines Rückmeldebogens (der<br />
das persönliche Risiko für einen Schlaganfall beschreibt) auf das Rauchverhalten einzelner<br />
Personengruppen. Raucher mit einer realistischen Einschätzung bezüglich ihres<br />
Schlaganfallrisikos (im Vortest) hatten in der Nachuntersuchung überdurchschnittlich<br />
häufig das Rauchen beendet. Die Gruppe von Personen mit einer optimistischen Einschätzung<br />
zeigte hingegen keine Veränderung im Verhalten. Aufgrund dieser Ergebnisse kann<br />
davon ausgegangen werden, daß die Information über ein spezifisches Erkrankungsrisiko<br />
mit Hilfe von statistischen Überlebenskurven bei einer Teilgruppe von Personen mit einer<br />
realistischen Risikoeinschätzung zu einer Verhaltensänderung führen kann.<br />
Als Erklärungsversuche für den unrealistischen (defensiven) Optimismus können<br />
mehrere Konzepte herangezogen werden (vgl. hierzu BENGEL, 1993; LEPPIN, 1994). So<br />
wurde im unrealistischen Optimismus eine Abwehrfunktion von bedrohlichen Inhalten,<br />
eine gesunderhaltende Funktion sowie eine Verzerrung aufgrund einer selektiven Informationsverarbeitung<br />
gesehen. Diese Konzepte sollen nachfolgend vorgestellt werden.<br />
Betrachtet man den unrealistischen Optimismus als den Abwehrmechanismus der Verleugnung,<br />
so kommt es bei einer Konfrontation mit bedrohlichen Informationen aufgrund<br />
der Abwehr zu einer Angstreduktion (vgl. CROYLE & DITTO, 1990; CROYLE, 1992). In der<br />
Risikowahrnehmung haben danach besonders bedrohliche Gefahren auch eine besonders<br />
starke optimistische Verzerrung der Risikowahrnehmung zur Folge. Diese Hypothese einer<br />
positiven Korrelation zwischen dem Ausmaß der persönlichen Bedrohung und der Stärke<br />
des unrealistischen Optimismus fand jedoch keine empirische Bestätigung (WEINSTEIN,<br />
1980; 1982; 1987).<br />
Dem unrealistischen Optimismus wird auch eine gesunderhaltende Funktion des Menschen<br />
zugeschrieben, da sich bei Personen mit einer Depression deutlich realistischere Einschätzungen<br />
zeigten (vgl. ALLOY & AHRENS, 1987; TAYLOR, 1989). Der unrealistische Optimismus<br />
zeigte sich für gesunde Personen nicht nur für den Bereich der Risikoeinschätzung,<br />
sondern auch hinsichtlich einer unrealistischen Einschätzung der persönlichen Leistungsfähigkeit<br />
sowie der Kontrollierbarkeit von Ereignissen (vgl. TAYLOR & BROWN, 1988;<br />
1994). In Einklang mit diesem Ergebnis steht die Untersuchung von ABELE und HERMER<br />
(1993), die einen Zusammenhang zwischen einer negativen Stimmung und der Anzahl an<br />
subjektiven Beschwerden sowie mit einem geringeren Optimismus fanden.<br />
Eine weitere Erklärungsalternative für die unrealistische Einschätzung bieten kognitive<br />
Fehler im Informationsverarbeitungsprozeß bei der Einschätzung des eigenen Risikos.<br />
Prävention durch Angst?<br />
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