alltag im rheinland - Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte
alltag im rheinland - Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte
alltag im rheinland - Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
allerseelensIngen<br />
Von armen Seelen <strong>und</strong> aktiver Jenseitsvorsorge<br />
Allerseelensingen<br />
von Alois Döring<br />
Der November ist ein Monat der öffentlichen<br />
Trauer. An Allerheiligen <strong>und</strong> Allerseelen<br />
(1./2.11.) gedenkt man der Verstorbenen,<br />
das Doppelfest gehört noch heute zum<br />
aktuellen katholischen Brauchleben.<br />
Christliches Totengedenken<br />
Allerheiligen 1 wird „von allen christlichen<br />
Kirchen festlich begangen, <strong>für</strong> die katholische<br />
Kirche ist es ein Hochfest, in lutherischen<br />
Kirchen ein Gedenktag. Auch orthodoxe<br />
Christen feiern Allerheiligen, allerdings<br />
nicht am 1. November, sondern am<br />
ersten Sonntag nach Pfingsten. Entstanden<br />
ist Allerheiligen als Gedenktag <strong>für</strong> alle Heiligen.<br />
Seit 1970 ist in der deutschen Übersetzung<br />
des Missale Romanum die Bedeutung<br />
erweitert: ‚Allerheiligen wird als Fest<br />
aller in Christus vollendeten (einschließlich<br />
der noch nicht kanonisierten Heiligen)<br />
gesehen.‘“ 2<br />
Im 4. Jahrh<strong>und</strong>ert schon begingen die Chri-<br />
1 Zum folgenden Beitrag siehe Döring 2007,<br />
S. 333-336; Hänel 2010, S. 149-164.<br />
Siehe auch die Filmdokumentation des LVR-<br />
<strong>Institut</strong>s <strong>für</strong> <strong>Landesk<strong>und</strong>e</strong> <strong>und</strong> <strong>Regionalgeschichte</strong>:<br />
Allerseelensingen. Kallmuth 1982.<br />
2 Hänel 2010, S. 150; vgl. auch Fischer: Allerhei- Allerhei-<br />
ligen 1993, Sp. 406; siehe auch Fürst 2004, S.<br />
288ff<br />
10<br />
sten <strong>im</strong> Orient ein Fest zum Gedächtnis ihrer<br />
Märtyrer. Drei Jahrh<strong>und</strong>erte später entsteht<br />
das Allerheiligenfest durch die jährliche<br />
Begehung der Kirchweihe des Pantheon<br />
in Rom zu Ehren der Jungfrau Maria <strong>und</strong><br />
aller Heiligen. Dieses Totengedenken wurde<br />
– theologisch passend – in den Osterfestkreis<br />
gelegt: „Die Erinnerung an Tod <strong>und</strong><br />
Auferstehung Christi wird <strong>im</strong> Gedenken an<br />
die Märtyrer nochmals wiederholt <strong>und</strong> die<br />
Mittlerrolle der Heiligen repräsentiert.“ 3<br />
Erst <strong>im</strong> 8. Jahrh<strong>und</strong>ert wird die rituelle Verbindung<br />
von Osterbotschaft <strong>und</strong> Totengedenken<br />
aufgelöst. Papst Gregor IV. ordnet<br />
das Fest <strong>im</strong> Jahre 835 <strong>für</strong> die Gesamtkirche<br />
an <strong>und</strong> verlegt es auf den 1. November. Ein<br />
Aspekt der päpstlichen Termin wahl betrifft<br />
die jahreszeitliche Symbolik mit der<br />
menschlichen Tendenz zum Rückzug zur<br />
„Besinnung auf die Grenzen des Lebens, auf<br />
Sterben <strong>und</strong> Tod“ 4 <strong>und</strong> mit der Erfahrung<br />
der „sterbende[n] Natur des beginnenden<br />
Winters, durch wel che die Welt der Heiligen<br />
sichtbar werde.“ 5 Weitere Motive,<br />
die Wünsche von Rompilgern oder der<br />
Zusammen hang mit dem irischen Samhain-<br />
Fest, mögen eine Rolle gespielt haben.<br />
Das Fest der Heiligen <strong>und</strong> des neuen Le-<br />
3 Hänel 2010, S. 150.<br />
4 Moser 2010, S. 260.<br />
5 Döring 2007, S. 333.