alltag im rheinland - Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte
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allerseelensIngen<br />
men Seelen‘ der Verstorbenen <strong>im</strong> Fegfeuer<br />
mit den notleidenden ‚Seelen‘ des eigenen<br />
Lebensraumes“ 8 handelte, scheint fraglich:<br />
„Das Almosen zählte ganz allgemein zu den<br />
wichtigsten Zeichen eines christlichen Lebenswandels<br />
<strong>und</strong> war damit ganz individuelle<br />
Jenseitsvorsorge, zudem eine in der Alltagsrealität<br />
einer Mangelge sellschaft überlebensnotwendige<br />
Geste der Solidarität.“ 9<br />
So können nach populär-religiösen Vorstellungen<br />
die Lebenden nicht nur durch<br />
Messopfer <strong>und</strong> Gebete <strong>für</strong> das Heil der armen<br />
Seelen sorgen. „Im Diesseits geleistete<br />
gute Werke <strong>und</strong> Bußpraxis bildeten eine Art<br />
positives Konto <strong>für</strong> das Individualgericht<br />
8 Ebd.<br />
9 Hänel 2010, S. 153.<br />
12<br />
Allerseelengebäcke, die als<br />
Spendbrote an Arme oder<br />
als Geschenke an Kinder<br />
verteilt wurden.<br />
(Zeichnungen nach Skizzen<br />
der Antwortzettel des Atlas<br />
der deutschen Volksk<strong>und</strong>e,<br />
gezeichnet von J. Zischek,<br />
1933).<br />
nach dem Tod <strong>und</strong> reduzierten<br />
Zeit <strong>und</strong> Qual <strong>im</strong> Fegefeuer.<br />
Gebete, Messen <strong>und</strong> Almosen,<br />
die stellvertretend <strong>im</strong> Namen<br />
eines Verstorbenen umgesetzt<br />
wurden, kamen dessen „Kontostand“<br />
zugute.“ 10 Nach diesem<br />
Verständnis kann die Leidenszeit<br />
der armen Seelen <strong>im</strong> Fegfeuer,<br />
deren man am Allerseelenfest<br />
besonders gedenkt, auch durch<br />
Werke der aktiven Nächstenliebe<br />
wie Almosenspenden an Arme <strong>und</strong> Bedürftige,<br />
Patengeschenke oder Heischegaben an<br />
Kinder 11 abgekürzt werden.<br />
So war es früher vielfach üblich, den Bettlern<br />
am Allerseelentage reichlich Brot <strong>für</strong><br />
die bevorstehenden Wintermonate zu geben.<br />
In vornehmlich süddeutschen sowie<br />
österreichischen Landschaften kannte man<br />
den Brauch, zu Allerseelen den Kindern verschiedene<br />
Brotgaben wie Allerseelenbrote,<br />
Allerheiligenstrietzel <strong>und</strong> ähnliche Gebäcke<br />
zu schenken. Die Kinder bedankten sich <strong>für</strong><br />
diese Gabe mit einem „Vergelt‘s Gott <strong>für</strong> die<br />
armen Seelen“.<br />
10 Hänel 2010, S. 152.<br />
11 Zu den Spendbroten / Gebäcken an Arme <strong>und</strong> an<br />
Kinder siehe auch Prinz 1959-1964, S. 381ff.