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alltag im rheinland - Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte

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allerheIlIgabend<br />

Elemente des Programmverlaufs aufgeführt<br />

waren: „Information, Meditation, Musik<br />

<strong>und</strong> Licht“ (2002), „Texte, Musik, Meditation<br />

zu Halloween“ (2004 <strong>und</strong> 2005),<br />

„Texte <strong>und</strong> Musik zu Allerheiligabend (Halloween)“<br />

(2006). Nur beispielhaft sei ein<br />

Auszug aus dem Programmablauf der ersten<br />

„Allerheiligabend“-Veranstaltung angeführt:<br />

„Am 31. Oktober 2002 versammelten sich<br />

nahezu 300 Personen aus allen Altersstufen<br />

<strong>im</strong> nur mit Kerzenlicht erhellten Kreuzgang<br />

<strong>und</strong> wurden durch eine bewegende<br />

Saxophon-Improvisation sowie zwei kurze<br />

Literaturstücke [u.a. ein Auszug aus Michel<br />

Houellebecqs „Elementarteilchen“, YF] eingest<strong>im</strong>mt<br />

[...] Be<strong>im</strong> Hören der gregorianischen<br />

Antiphon ‘De prof<strong>und</strong>is’ clamavi ad<br />

te Domine“ <strong>und</strong> be<strong>im</strong> Einzug der Besucher<br />

ins Münster unter Anführung durch den<br />

Saxophonisten konnten die dadurch wachgerufenen<br />

Gedanken weiter meditiert werden.<br />

Im Kirchenraum verbanden sich Saxophon<br />

<strong>und</strong> Orgel zu einem <strong>im</strong>provisierten<br />

Dialog zusammen mit einer volksk<strong>und</strong>lichen<br />

Interpretation dieses Trends unter der<br />

Überschrift ‚Der Alltag steckt voller Magie’.<br />

Nach einem Zwischenspiel auf dem Saxophon<br />

hörten die Besucher die Lesung aus<br />

Offenbarung 12,7-12 über den Sturz des<br />

Drachens, woran sich das bewegende Orgelwerk<br />

‚Danse macabre’ von Camille Saint-<br />

Saens anschloss. Eine Informationseinheit<br />

über die keltische <strong>und</strong> christliche Geschichte<br />

von Samhain <strong>und</strong> Halloween folgte.“ 55<br />

Weitere Elemente späterer Veranstaltungsjahre<br />

waren afrikanischer Tanz, zeitgenössischer<br />

Tanz, Filmcollagen, Dichterlesungen,<br />

akademisch-theologischer Vortrag, Gesang<br />

<strong>und</strong> Pantom<strong>im</strong>e, um nur einige zu nennen. 56<br />

Be<strong>im</strong> liturgischen Anteil der Programmver-<br />

55 Herberg 2005, S. 400.<br />

56 Vgl. ebd., S. 401. Vgl. außerdem Interview<br />

Schmitz 2011; Interview Bretschneider 2011.<br />

28<br />

läufe ist zu beachten, dass es sich dabei nicht<br />

allein um herkömmliche <strong>und</strong> gebräuchliche<br />

Formen heutiger, geistlicher Performativität<br />

handelt. So wurde etwa der Kreuzgang<br />

des Bonner Münsters von den Organisatoren<br />

<strong>für</strong> eine Prozession mit sämtlichen Besuchern<br />

genutzt, wodurch der Kreuzgang<br />

seiner eigentlichen, ursprünglichen liturgischen<br />

Funktion zugeführt wurde, die in der<br />

heutigen Begehung des Kirchenjahres kaum<br />

noch Anwendung findet. 57<br />

Ein weiteres, ungleich bedeutenderes Beispiel<br />

stellt die Reintegration der Sequenz<br />

Dies Irae dar, die Herberg explizit mit einer<br />

Kritik der Liturgiereform des Zweiten<br />

Vatikanischen Konzils verbindet, durch<br />

den „das alte <strong>und</strong> zweifellos literarisch wie<br />

musikalisch hochstehende Lied [...] aus der<br />

amtlichen Liturgie entfernt“ wurden. Dadurch,<br />

so Herberg weiter, sei „die Spannung<br />

einseitig aufgelöst“, die „zwischen der<br />

Furcht vor dem Zorn des gerechten Gottes<br />

<strong>und</strong> der Erwartung seines Gerichtes einerseits<br />

<strong>und</strong> der Freude über die Barmherzigkeit<br />

des <strong>im</strong> Kreuz Jesu Christi den Sünder<br />

rechtfertigenden Gottes andererseits“ bestehe.<br />

Dies komme einer Verharmlosung <strong>und</strong><br />

Schwächung Gottes gleich. 58 Mit anderen<br />

Worten: Herberg fordert, dass das durch<br />

die Liturgiereform des Zweiten Vatikanischen<br />

Konzils abgeschwächte Konzept des<br />

strafenden, zornigen Gottes – als Gegenpol<br />

göttlicher Vergebung – rehabilitiert werden<br />

<strong>und</strong> zu neuer Geltung kommen solle. Denn<br />

„[e]rst in der darin ausgedrückten Spannung<br />

zwischen der Angst, verloren zu sein<br />

<strong>und</strong> <strong>im</strong> Gericht nicht zu bestehen, <strong>und</strong> der<br />

Hoffnung auf Erbarmen <strong>und</strong> Rettung kann<br />

die Botschaft von der Auferstehung als ‚Angebot‘<br />

formuliert werden.“ 59<br />

57 Vgl. Interview Schmitz 2011.<br />

58 Herberg 2005, S. 397f.<br />

59 Herberg 2004, S. 325.

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