Download (2 MB) - Netzwerk Frauen- und Geschlechterforschung ...
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Ilse Lenz, Michiko Mae, Karin Klose<br />
Zwischen Dominanz <strong>und</strong> Empowerment:<br />
Termine<br />
Machtkonzepte <strong>und</strong> Geschlechterverhältnisse<br />
in Ostasien<br />
Einladung <strong>und</strong> Call for papers für den 10. Workshop „<strong>Geschlechterforschung</strong> zu<br />
Japan“<br />
Zum zehnjährigen Bestehen des Genderworkshops<br />
wollen wir die Frage der Macht im interkulturellen<br />
Vergleich zwischen China, Japan<br />
<strong>und</strong> Korea diskutieren. Die vergleichende Perspektive<br />
ist besonders fruchtbar, da sie ermöglicht,<br />
die spezifischen Quellen <strong>und</strong> Konfigurationen<br />
von Macht sichtbar zu machen <strong>und</strong><br />
zugleich zu Erkenntnissen über diese Schlüsselfrage<br />
zu gelangen, die die vorherrschenden<br />
nationalen Verengungen überwinden. Bildete<br />
doch die Frage der Macht oder Unterordnung<br />
von <strong>Frauen</strong> in ostasiatischen Gesellschaften<br />
lange eine Projektionsfläche für eurozentrische<br />
<strong>und</strong> orientalisierende Diskurse; umgekehrt<br />
stellte die traditionale <strong>Frauen</strong>rolle, die es vor<br />
westlichen Einflüssen zu schützen galt, einen<br />
Kristallisationspunkt nationaler politischer<br />
Diskurse in Japan <strong>und</strong> Korea dar. <strong>Frauen</strong> verkörperten<br />
sozusagen die nationale Kultur,<br />
während die vielfältigen modernen Machtpositionen<br />
von Männern nicht thematisiert wurden.<br />
Eine vergleichende Perspektive zwischen China,<br />
Japan <strong>und</strong> Korea ermöglicht ferner, die Unterschiede<br />
der Entwicklungen in Ostasien hervorzuheben<br />
<strong>und</strong> so das westliche - oder panasiatische<br />
- Konstrukt einer einheitlichen ostasiatischen<br />
Kultur zu hinterfragen, die häufig<br />
mit Verweis auf das konfuzianische Erbe postuliert<br />
wird. Die Macht von <strong>Frauen</strong> im Verhältnis<br />
zu männlichen Machtpositionen in Familie<br />
<strong>und</strong> Gesellschaft bietet eine neue <strong>und</strong> fruchtbare<br />
Perspektive, um die komplexen Herrschaftsstrukturen<br />
<strong>und</strong> Legitimationen zu beleuchten.<br />
Mit der Trennung der öffentlichen <strong>und</strong> der<br />
privaten Lebenssphäre in der Moderne wurden<br />
<strong>Frauen</strong> von vielen öffentlichen Lebensbereichen<br />
ausgeschlossen, was direkt <strong>und</strong> indirekt<br />
zu ihrem Machtverlust führte. Es ist interessant<br />
festzustellen, inwiefern sich in unterschiedlichen<br />
politischen Systemen in Asien die Machtposition<br />
der <strong>Frauen</strong> <strong>und</strong> Männer verändert hat.<br />
Zunächst fallen deutliche Unterschiede auf: Die<br />
VR China propagierte die Emanzipation von<br />
oben <strong>und</strong> Partizipation der <strong>Frauen</strong> auf dem Arbeitsmarkt,<br />
entwickelte also ein Modell der öffentlichen<br />
Partizipation beider Geschlechter<br />
<strong>und</strong> der Differenz im „Privaten“. Demgegenüber<br />
ist die japanische Modernisierung von einer<br />
Reorganisation der Geschlechterpolarität charakterisiert,<br />
nach der die Öffentlichkeit den<br />
männlichen Bereich <strong>und</strong> Haus <strong>und</strong> Familie die<br />
Sphäre der Frau <strong>und</strong> Mutter bilden. Doch zeigt<br />
sich auch eine Reihe von Gemeinsamkeiten:<br />
China, Korea <strong>und</strong> Japan waren herkömmlich von<br />
der Vorstellung des korporativen „Hauses“ geprägt,<br />
die durch die konfuzianische Formel der<br />
hierarchischen Geschlechterbeziehungen legitimiert<br />
wurde. In der Moderne kündigen vor allem<br />
junge <strong>Frauen</strong> diesen Konsens auf; sie entwickeln<br />
Tendenzen zur Individuation <strong>und</strong> zur<br />
persönlichen, auch sexuellen Emanzipation.<br />
Die <strong>Frauen</strong>bewegungen in China, Japan <strong>und</strong> Korea<br />
setzen teils an ähnlichen Fragen an <strong>und</strong> lernen<br />
voneinander. Auch die institutionelle Geschlechterpolitik<br />
zeigt zunehmend transnationale<br />
Impulse.<br />
Von einem solchen Vergleich sind fruchtbare<br />
Ansätze für das Verständnis von Macht zu<br />
erwarten. Die Geschlechterverhältnisse in China,<br />
Japan <strong>und</strong> Korea sind weiterhin durch<br />
männliche Vorherrschaft geprägt, auch wenn<br />
sich das Spektrum im Umgang mit der Macht<br />
erweitert hat <strong>und</strong> von konservativen Männerbünden<br />
bis zu Vertretern einer ‘neuen’ Männlichkeit<br />
reicht, die neue Rollenmuster für sich<br />
reklamieren. Währenddessen haben <strong>Frauen</strong> sich<br />
unterschiedliche Machtressourcen <strong>und</strong> -strategien<br />
erschlossen. Dabei ist die Frage der kulturellen<br />
Repräsentation des Geschlechts besonders<br />
interessant: Denn im Unterschied zu<br />
der Geschlechterdualität in Europa überkreuzen<br />
sich in China, Japan <strong>und</strong> Korea Traditionen, die<br />
ein Spiel von Genderrollen, Ambivalenzen <strong>und</strong><br />
Widersprüchen zumindest zulassen.<br />
<strong>Netzwerk</strong>-Journal Nr. 12/2001 73