Medienliste G 06/08 - G/Geschichte

Hörbücher:
Homer: Die Odyssee, Audiobook, 6 CDs/Booklet, Hörverlag 2005; € 39,95
Vielleicht entspricht das Hören dem ursprünglichen Charakter dieser Literatur sogar besser. In
dem einnehmenden Vortrag von Thomas Holtzmann jedenfalls, einer Live-Aufnahme aus den
Münchner Kammerspielen von 1996, gewinnt der Text eindeutig durch die Lesung des großen
Schauspielers und begnadeten Erzählers. Seine Stimme ist hier ein großartiger Vermittler, sie
setzt eine neue Konfrontation mit diesem Stück Weltliteratur in Gang. Trotz des
gewöhnungsbedürftigen Klangs werden „die fünf Stunden“ (gekürzte Fassung), zu einem
Hörgenuss. Ein großes Plus der Produktion sind die ausführlichen und hilfreichen Booklets
mit Inhaltsangaben, Personenverzeichnis und einem Beitrag über die Wirkungsgeschichte.
(hf)
Walter Jens: Ilias und Odyssee (Nacherzählung), Ravensburger Verlag 2008 (Neuaufl.),
€ 14,95, als Audio CD(3 CDs) im Vertrieb der Hörcompany, Best.-Nr. 250503; € 19,90
Aus Walter Jens' Nacherzählung macht der Schauspieler Stefan Kurt ein ansprechendes
Hörbuch. Angenehm unaufgeregt und akzentuiert gelesen, so dass auch bereits Kinder den
antiken Abenteuern folgen können. Und wer bei den vielen Göttern und Helden doch einmal
den Überblick verliert, kann auf dem beiliegenden Poster nachsehen, wer mit wem paktierte.
Ansonsten ist die Geschichte genau das, eine Nacherzählung - und das Hörbuch bietet aber
einen guten Zugang. Die Episoden werden in Prosa erzählt und behandeln alle wichtigen
Punkte. Zudem wurde eine Einleitung hinzugefügt, die zeigt, wie die Geschichten damals
vorgetragen wurden: von einem Sänger mit Publikum. (hf)
Christoph Martin: Homer - Die Odyssee, Rowohlt Tb 2005 Bd. 23 716, € 9,90
Die Abenteuer und Fahrten des Odysseus in der Prosafassung von Christoph Martin -
gelesen von Dieter Mann; Audiobook, 11 CDs/ Booklet; Patmos Verlag 2006; € 59,95
Die „Mutter aller Erzählungen“ ein witziges, pointenreiches Abenteuer voller „Leben“ und
Ironie? Christoph Martin ist mit seiner frechen, lebendigen Übersetzung dem Original auf
besondere Weise nahe gekommen. Statt dem „heldenhaft voranschreitenden Versmaß“ des
Hexameters herrscht hier die lockere Atmosphäre der gepflegten Konversation: die Menschen
der „Odyssee“ verlieren bei Martin ihre Position auf dem Denkmalsockel. Einen gelungenen
wie überzeugenden Einstieg in die Welt der homerischen Dichtung bietet die Hörfassung in
der Interpretation von Dieter Mann. Jeder Episode gewinnt er das Menschlich-
Allzumenschliche ab, nach der Devise: „Wenn sich bei Homer die Götter schon mit
menschlichen Charakterschwächen wie Neid und Eifersucht gegenseitig bekämpfen, warum
sollen wir Ihnen nicht auch sonst menschliche Eigenschaften verleihen.“ Der Ton ist eher
salopp-ironisch, und ein Gott bleibt dem anderen keine Antwort schuldig. Odysseus selbst
wird in seinen vielfältigen Rollen und oft blutigen Auseinandersetzungen mit einer gehörigen
ironischen Distanz präsentiert. Bei allem Zuspruch zu dieser „zeitgemäßen“ und witzigen
Darstellung bleibt doch die Aufforderung an den Leser: die von Voß bzw. Wolfgang
Schadewaldt unnachahmlich ins Deutsche übersetzten Hexameter mit ihrer blumigen, fast
üppigen Sprache zur hand zu nehmen um sich von der „Gegenwart“ zu lösen. Dazu die
nächste Empfehlung, die „Urfassung“, gelesen von Thomas Holtzmann. (hf)