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Lebensspuren hautnah Eine Kulturgeschichte der ... - akzept e.V.

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schützen und die Jugend erhalten und auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite würde ein Frau,<br />

die die Lid-Tätowierung trägt, keinem fremden Mann mehr nachschauen.<br />

Tätowierung als Merkmal von Heirat finden sich auch in an<strong>der</strong>en Kulturen.<br />

Plains und Prärien<br />

Tätowierung war auch bei den Plains- und Prärie-Indianern weit verbreitet.<br />

Die Frauen <strong>der</strong> Kiowa und <strong>der</strong> Kiowa-Apachen trugen einen tätowierten<br />

Ring o<strong>der</strong> ein Kreuz über <strong>der</strong> Nase zwischen den Augen. Die Frauen-Tätowierung<br />

<strong>der</strong> Kiowa erfüllte mehrere Zwecke: Zum einen galt die Stirn-Tätowierung<br />

als Schönheitssymbol und zum an<strong>der</strong>en war sie das Abzeichen <strong>der</strong><br />

erwachsenen Frau. Es handelte sich hierbei also sowohl um eine Initiations-<br />

Tätowierung wie auch um eine Identitätsmarkierung, denn nur, wer diese Tätowierung<br />

trug, war vollwertiges Mitglied <strong>der</strong> Gesellschaft und als erwachsene<br />

Frau heiratsfähig.<br />

Die Wichita wurden sogar als die Könige <strong>der</strong> Tätowierung bezeichnet, da<br />

beide Geschlechter Körper und Gesicht extensiv tätowiert hatten.Die Männer<br />

punktierten sich beide Augenli<strong>der</strong> sowie die Außenseiten <strong>der</strong> Augen, zudem<br />

zierten zwei Linien das Gesicht,die von den Mundwinkeln abwärts führten.Auf<br />

dem Handrücken trugen sie krallenähnliche Muster, die dort angebracht<br />

wurden, wenn im Jugendalter <strong>der</strong> erste Vogel erlegt wurde. Zusätzliche<br />

Markierungen, Kriegsehren darstellend, wurden auf <strong>der</strong> Brust und an<br />

den Armen angebracht. Die Frauen trugen vorwiegend im Gesicht und auf<br />

<strong>der</strong> Brust Tätowierungen. Drei konzentrische Kreise umrahmten die Brustwarzen,<br />

die ebenfalls (dunkler) tätowiert wurden.Als Grund für diesen kosmetischen<br />

Eingriff gaben die Wichita an, die Brust-Tätowierung würde einen<br />

Hängebusen bekämpfen bzw. diesem vorbeugen.<br />

Südosten<br />

Bei den Karankawa erfüllte die Tätowierung einen wichtigen Zweck: Neben<br />

<strong>der</strong> reinen Körperverschönerung gab es Alterssymbole und geschlechtsspezifische<br />

Motive. Es galt als typisch „männlich“ bzw. typisch „fraulich“, bestimmte<br />

Tätowierungen zu tragen. Ohne Tätowierung war man kein vollwertiges<br />

Mitglied <strong>der</strong> Gesellschaft.<br />

Bei den Coahuiltecans war Tätowierung auch ein Initiationsritus. Durch die<br />

Tätowierung wurde <strong>der</strong> Eintritt ins Erwachsenenalter bestätigt. Die Oberleitung<br />

bei den Tätowierungszeremonien hatten die Schamanen inne. Inter-<br />

essant erscheint auch die Tatsache, dass die Coahuiltecans bei <strong>der</strong> Tätowierung<br />

bereits mit einer Art Narkose arbeiteten.Ein Pflanzenextrakt sorgte für<br />

ein kühlendes und damit schmerzlin<strong>der</strong>ndes Gefühl an <strong>der</strong> Hautoberfläche.<br />

Bei den Natchez erfüllte die Tätowierung gleich mehrere Zwecke:Sie war Initiationsmerkmal<br />

(Initiation zum Krieger) auf <strong>der</strong> einen, sowie Kriegs- und<br />

Ehrenmarkierung auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite (denn nur wer Feinde getötet hatte,<br />

durfte sich ausführlicher tätowieren). Hervorragende Krieger ließen sich<br />

eine Keule auf das Schulterblatt tätowieren. Zudem liegt eine Rangmarkierung<br />

vor und ein Stammeserkennungszeichen. Zwei weitere Formen <strong>der</strong><br />

Körperdekoration waren bei den Natchez auffallend: Die Männer hatten abgeflachte<br />

Schädelformen, die ihnen im Kleinkin<strong>der</strong>alter beigebracht wurden<br />

und die Frauen rieben ihre Zähne jeden Morgen mit einer Mischung aus<br />

Holz- und Tabakasche ein, bis die Zähne völlig schwarz waren.<br />

Unter dem Wenigen, was über die Timucuas im heutigen Florida überliefert<br />

ist, findet sich auch die Tätowierung, denn diese war so auffallend, dass sie<br />

den Spaniern sofort ins Auge sprang.Tätowiert wurde in Rot und Schwarz,<br />

wobei Zinnober und Lampenruß verwendet wurde. Die Tätowiernadeln<br />

wurden in die Farbe getaucht und dann in die Haut gestoßen. Farbe und Tätowierinstrument<br />

gelangten also zur selben Zeit unter die Haut. Die Frauen-<br />

Tätowierung repräsentierte den Status <strong>der</strong> Trägerin und den ihres Mannes,<br />

was sich wie<strong>der</strong>um auch auf ihren Status auswirkte. Die Tätowierung des<br />

Mannes erklärte ebenfalls seine Position in <strong>der</strong> Stammesgemeinschaft bzw.<br />

seinen Rang.Versah sich ein Krieger mit Rangmarkierungen, die nicht <strong>der</strong><br />

Wahrheit entsprachen bzw. schmückte er sich mit fremden Fe<strong>der</strong>n, so wurden<br />

seine Tätowierungen gewaltsam herausgeschnitten.<br />

Die Tätowierung war also auch bei den Ureinwohnern Nordamerikas weit<br />

verbreitet. Um sich mit dauerhaften Markierungen zu versehen, verwendeten<br />

sie Nadeln, Dornen und auch Knochen eines Vogels o<strong>der</strong> Fisches, den sie<br />

scharf wie eine Rasierklinge schliffen. Mit diesen Geräten durchstachen sie<br />

die Haut, zeichneten Bil<strong>der</strong> und Figuren und rieben anschließend schwarze<br />

Farbe o<strong>der</strong> Pulver in die Wunde, damit die eingeritzten Motive auf Lebenszeit<br />

sichtbar blieben. Diese Praktik war bei nahezu allen „Indianerstämmen“<br />

Nordamerikas verbreitet. Generell kann man sagen, dass für sie <strong>der</strong> Hautstich<br />

soziale, religiöse und magische Gründe hatte. Meist wurde die Tätowierung<br />

für junge Stammesangehörige als Übergang zum Erwachsenenalter<br />

gesehen. Häufig war sie aber auch eine unerlässliche Hilfe, mit <strong>der</strong> die Seele<br />

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