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Zyklisch-serielle Narration. Johann Wolfgang von Goethes

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<strong>Johann</strong> <strong>Wolfgang</strong> <strong>von</strong> Goethe: Unterhaltungen deutscher Ausgewanderten<br />

Insgesamt wird der Text des ‚Märchens’ dadurch jedoch auch relativ schwer ‚lesbar’ und<br />

‚abstrakt’.<br />

4. Zur gesellschaftlichen Funktion der ‚Unterhaltungen’<br />

Im vierten und letzten Kapitel dieser Arbeit möchte ich abschließend auf die gesellschaftliche<br />

Funktion des Erzählens in den Unterhaltungen deutscher Ausgewanderten näher eingehen. Im<br />

Zentrum soll dabei die Frage stehen, inwiefern das gesellschaftliche Erzählen in den<br />

Unterhaltungen deutscher Ausgewanderten einen rein unterhaltenden Wert besitzt, bzw. inwiefern es<br />

zu Veränderungen innerhalb der Erzähl-Gesellschaft führt und damit auch zu einem ‚politischen<br />

Instrument’ wird.<br />

In diesem Zusammenhang fällt auf, daß der Begriff der ‚Unterhaltung’ in <strong>Goethes</strong> Text<br />

doppeldeutig zu verstehen ist: Zum einen meint ‚Unterhaltung’ hier ‚Zerstreuung’ oder<br />

‚Ablenkung’ (und bezeichnet damit die ‚gute Unterhaltungsliteratur’, die die Baronesse <strong>von</strong> der<br />

Erzählrunde fordert); zum anderen wird der Begriff der ‚Unterhaltung’ auch als Synonym für<br />

‚Dialog’ verwendet (und bezeichnet hier vor allem die ‚lehrhaften Gespräche’, wie sie z.B.<br />

zwischen dem alten Geistlichen und der jungen, unbeherrschten Luise stattfinden).<br />

4.1 Unterhaltung als ‚Zerstreuung’<br />

Das gesellschaftliche Erzählen dient in <strong>Goethes</strong> Unterhaltungen deutscher Ausgewanderten zunächst<br />

einmal der ‚Zerstreuung’ der Gesellschaft, der Ablenkung <strong>von</strong> den politischen Streitereien und<br />

den Tagesaktualitäten. So fordert die Baronesse zu Beginn der Erzählung, sämtliche Gespräche<br />

über das „Interesse des Tages“ (139) zu verbannen und statt dessen die „Früchte einer<br />

freundschaftlichen Unterhaltung“ (140) zu genießen. Innerhalb der Gesellschaft soll <strong>von</strong> nun an<br />

(fiktionale) ‚Unterhaltungsliteratur’ vorgetragen werden – anstelle der zuvor diskutierten<br />

‚Tagesaktualitäten’, d.h. (auf Fakten beruhender) Nachrichten oder Berichte. Dieses Konzept<br />

der ‚Unterhaltungsliteratur’ wird innerhalb der Gesellschaft kontrovers diskutiert: Während<br />

Luise in derartigen Erzählungen vor allem „skandalöse Geschichten“ (144), eine „Sammlung<br />

lüsterner Späße“ (143) sieht, verteidigt der alte Geistliche die ‚triviale Unterhaltungsliteratur’ und<br />

vergleicht seine Sammlung <strong>von</strong> leicht zugänglichen, unterhaltsamen und gut erzählten<br />

Geschichten mit einem ‚leichten Nachtisch’:<br />

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