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Zyklisch-serielle Narration. Johann Wolfgang von Goethes

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<strong>Johann</strong> <strong>Wolfgang</strong> <strong>von</strong> Goethe: Unterhaltungen deutscher Ausgewanderten<br />

Diese (<strong>von</strong> Schiller und Goethe gemeinsam vertretene) ‚klassische’ Literaturauffassung hat<br />

schließlich auch zur Folge, daß in den Unterhaltungen deutscher Ausgewanderten ein weitgehender<br />

Verzicht auf die Darstellung der Probleme der aktuellen Realität stattfindet: Die herrschenden<br />

Konflikte und Widersprüche des Zeitgeschehens werden weitgehend ausgespart und an ihre<br />

Stelle eine utopisch vorgreifende Idealisierung der Wirklichkeit gesetzt.<br />

2. Inhalt und formale Struktur<br />

Nachdem ich im ersten Kapitel versucht habe, den historisch-kulturellen Kontext, in welchem<br />

die Unterhaltungen deutscher Ausgewanderten entstanden, zu umreißen, möchte ich im zweiten<br />

Kapitel auf den Inhalt sowie auf die formale Struktur des Textes näher eingehen. In diesem<br />

Zusammenhang möchte ich vor allem auch das ‚Vorbild’ für die Unterhaltungen deutscher<br />

Ausgewanderten, den Novellenzyklus Il Decamerone Giovanni di Boccaccios, sowie die<br />

verschiedenen im Text formulierten ‚Erzähl-Theorien’ ansprechen.<br />

<strong>Goethes</strong> Unterhaltungen deutscher Ausgewanderten gelten im Allgemeinen als die erste<br />

deutschsprachige zyklische Rahmenerzählung. In Anlehnung an die Definition <strong>von</strong> Andreas<br />

Jäggi handelt es sich bei der zyklischen Rahmenerzählung um eine Sonderform des<br />

mehrschichtigen Erzählens, bei der (im Unterschied zur gerahmten Einzelerzählung) einer<br />

fortlaufenden Rahmenhandlung mehrere Binnenerzählungen gegenüberstehen. Neben der so<br />

entstehenden charakteristischen Zweischichtigkeit der Erzählung zeichnet sich die<br />

Rahmenerzählung nach Jäggi insbesondere auch durch eine mündliche Erzählsituation aus, d.h.<br />

üblicherweise wird in einem geselligen Kreis <strong>von</strong> mehreren Personen erzählt. 9<br />

Darüber hinaus gelten die Unterhaltungen deutscher Ausgewanderten jedoch nicht nur als der erste<br />

deutschsprachige Erzählzyklus, der Text wird vor allem auch als der eigentliche Beginn der<br />

deutschen Novelle angesehen. 10 Vorbild für die Unterhaltungen war dabei der Novellenzyklus<br />

Il Decamerone <strong>von</strong> Giovanni di Boccaccio (1348 – 1353), was – neben den offensichtlichen<br />

Parallelitäten der beiden Texte – auch durch ein Zitat Schillers belegt ist:<br />

9 Formen der Herausgeber- oder Manuskriptfiktion sind damit <strong>von</strong> der Rahmenerzählung ausgeschlossen. Jäggi:<br />

Rahmenerzählung, S. 59 – 77.<br />

10 Vgl.: <strong>Wolfgang</strong> Rath: Kap. „Ästhetische Erziehung und novellistisches Programm. <strong>Goethes</strong> ‚Unterhaltungen<br />

deutscher Ausgewanderten’ und ihre Entstehung <strong>von</strong> dem Hintergrund der Französischen Revolution – Didaktik der<br />

Entsagung und ‚Ferdinandnovelle’“. In: ders.: Die Novelle. Konzept und Geschichte, Göttingen 2000, S. 92 – 102.<br />

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