Leseprobe - Styria
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Eine Reise<br />
durch Asiens<br />
Küchen<br />
8<br />
AUFBRUCH<br />
Dem Sonnenaufgang entgegen<br />
Wenn es heute auf der Welt zwei bedeutende Kochtrends gibt, so sind es die beiden<br />
folgenden:<br />
Da existiert zunächst einmal ein in so gut wie allen Ländern der Erde nachvollziehbarer<br />
Trend zurück zu den bodenständigen, auch autochthon genannten Genüssen. Diesen<br />
Trend hat sich vor allem die internationale Slow-Food-Bewegung auf ihre Fahnen geschrieben.<br />
Ihr ist die kleinste geographische Einheit gerade klein genug. Da geht es nicht<br />
um Länder-, Landes- oder Regionalküchen, sondern oft nur um Flusstäler, Bergrücken,<br />
Bauerndörfer und deren Umgebungen, in denen bestimmte Kräuter und Zutaten gedeihen,<br />
bestimmte Tiere gehalten oder bestimmte Fische aus dem Wasser gezogen werden.<br />
Der zweite – gegenläufige – Trend ist jener zum globalisierten Ernährungsverhalten hin.<br />
Weltkonzerne sorgen dafür, dass die Nahrung zwischen Nordkap und Goldenem Horn<br />
immer ähnlicher, austauschbarer und gesichtsloser wird. Gerichte wie etwa Pizza, Pasta,<br />
Döner oder Hamburger, aber auch Sushi, Chop Suey, Satay-Spießchen oder Chicken<br />
Wings werden zu regelrechten Ikonen der Welternährung, deren ursprüngliche Herkunft<br />
und Authentizität nicht mehr wichtig sind.<br />
Die asiatische Küche, wenn es eine solche überhaupt gibt, ist an beiden Trends wesentlich<br />
beteiligt. Zum einen ist sie ein schier unglaubliches Konglomerat von Regionalküchen, das<br />
auf einer Fläche von 43 Millionen Quadratkilometern über beide Hemisphären des Globus<br />
reicht und ein Drittel von dessen Landmasse ausmacht und lexikalisch, statistisch, vor allem<br />
aber deskriptiv noch kaum oder nur zu einem Bruchteil erfasst ist.<br />
Zum anderen ist „die asiatische Küche“nicht mehr und nicht weniger als der kleinste<br />
gemeinsame Nenner für das Essverhalten von 4 Milliarden Menschen und damit etwa<br />
60 Prozent der Erdbevölkerung. So gesehen bildet sie für die Entstehung einer neuen,<br />
globalisierten Weltküche eine geradezu ideale Grundlage, weil sie viele Geschmäcker<br />
(darunter leider auch das umstrittene Monosodium Glutamat) thematisiert, auf die sich<br />
weltweite Mainstreams geschmacklich leicht einigen können.<br />
Vor diesem Hintergrund wird ein Kochbuch über „die asiatische Küche“ nicht nur zu einem<br />
Abenteuer für die Autoren, sondern zu einem „Work in progress“, dessen naturgemäß<br />
bescheidener Anspruch nur der kursorische Querschnitt, aber niemals der allzu hochfliegende<br />
Ehrgeiz der Schilderung des Ganzen sein kann.<br />
Rein geographisch betrachtet, führt die Zielrichtung dieses Kochbuchs immer dem<br />
Sonnenaufgang entgegen, und nichts anderes bedeutet „Asia“.<br />
Das Wort „Asien“ stammt aus dem Assyrischen und bedeutet „Sonnenaufgang“. Es<br />
entspricht also dem lateinischen Wort oriens oder dem deutschen Morgenland und<br />
bezeichnet eine Gebiet, das im Westen noch in Europa durch den Ural, das Kaspische<br />
Meer, die Südküste des Schwarzen Meeres, den Bosporus, das Marmarameer und die<br />
Dardanellen gebildet wird. Von Afrika ist Asien durch das Rote Meer, den Golf von Suez<br />
und den Suezkanal getrennt.<br />
Vom Westen aus betrachtet, enthält die asiatische Küche daher auch zahlreiche mediterrane<br />
Elemente, von den Bitterkräutern über Tomaten, bis hin zu den Eierfrüchte- und<br />
Getreidegerichten. Je weiter man sich jedoch nach Osten bewegt, desto aromatischer und<br />
gewürzlastiger wird der Speiseplan. Da ist etwa die hocharomatische Küche des indischen<br />
Subkontinents, die von den nördlichen Speisen aus dem Tandoori-Ofen bis zu den Curry-<br />
Scharfmachern aus der südlichen Vindaloo-Küche eine eigene kulinarische Welt bildet.<br />
Als lukullisches Schlaraffenland schlechthin gelten die Küchen Indochinas, allen voran die<br />
thailändische, wo chinesische Techniken wie das Kochen mit dem Wok mit indischen Gewürzen<br />
und einer unverwechselbaren Meeresküche verbunden werden. Auch in maritimer<br />
Hinsicht sind die asiatischen Küchen nämlich den europäischen gegenüber eindeutig im<br />
Vorteil. Gegen den Fischreichtum der pazifischen Gewässer nimmt sich das (zudem schon<br />
ziemlich ausgefischte) Mittelmeer nämlich wie ein eher dürftig sortierter Fischkalter aus.