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Ho! - INFORM Designmagazin

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TITELBILD<br />

Helmut Palla, Chaise descendant un escalier (frei nach Duchamp), 2010<br />

| Foto: Helmut Palla<br />

editorial<br />

Drei vielsagende R's dominierten diesen Herbst den Deutschen<br />

Pavillon der Internationalen Architekturausstellung auf der Biennale<br />

in Venedig: Reduce, Reuse, Recycle.<br />

Man fordert von der Architektur eine „affirmative Haltung gegenüber<br />

dem Vorhandenen“, es geht um „Schrumpfung und Verkleinerung<br />

und um Revitalisierung, Umnutzung, Ergänzung in bestehenden<br />

Gebäuden...“.<br />

Das Bestehende wird als Ressource und Inspirationsquelle verstanden,<br />

die Begrenzung der Mittel wird als kreative Strategie wiederentdeckt<br />

und die Erfahrungen, die mit einem Design gemacht<br />

wurden, sollen nicht vergessen, sondern wieder in den großen<br />

brodelnden Topf der Ideen geworfen werden – eine Neuinterpretation<br />

unter Berücksichtigung der verflossenen Zeit. Redesign.<br />

Trotz dieses in Teilbereichen zu verzeichnenden Trends – das<br />

zwanghafte Herausschleudern (scheinbar) neuer Produktzyklen<br />

nicht mehr für das Nonplusultra der Gestaltung zu halten und<br />

den Griff in den Fundus nicht nur offen zu zeigen, sondern auch<br />

zu zelebrieren – besteht Uneinigkeit darüber, wie der Bezug auf<br />

Vorgänger und Traditionen auszusehen habe.<br />

Während Volker Albus eine Abkehr von den kämpferisch-ideologischen<br />

Statements der Siebziger- und Achtzigerjahre hin zu einem<br />

begrüßenswert pragmatisch-allgemeinverständlichen Umgang<br />

verzeichnet, ortet Nike Breyer gar eine „kulturelle Demenz“.<br />

Das Design nehme sich die Respektlosigkeit heraus, über eine<br />

kulturelle Symbolik als kreative Masse zu verfügen, ohne genau<br />

zu wissen, was es da eigentlich tue. Design solle allerdings den<br />

Nutzern und nicht dem Designerego dienen. Was nicht wirklich<br />

funktional den Geist des Originals atme, sei bestenfalls Kunst,<br />

aber kein gutes Design.<br />

In unserer Redaktion entzündete sich daraufhin eine interessante,<br />

immer verkopfter werdende Kontroverse um die Relevanz verschiedener<br />

Teppich- und Stuhlentwürfe, an deren Ende wir gewahr<br />

werden mussten, dass dieses Denken keineswegs außerhalb<br />

der allgegenwärtigen Wachstumsdoktrin steht. Denn es geht<br />

immer um neue Dinge, die immer neue Ressourcen verbrauchen,<br />

egal ob sie sich nun formal oder funktional auf Vorgänger beziehen<br />

oder nicht. Würde Redesign so wie in der Architektur verstanden,<br />

müsste es sich vielmehr um das Weglassen neuer Produkte kümmern<br />

und Redesigner würden Nutzungsprozesse unter die Lupe<br />

nehmen, um die Produktion neuer Artikel ganz zu verhindern.<br />

Kurz, man müsste sich mehr oder weniger vom Prinzip des<br />

Markts verabschieden.<br />

Die gesamte Redaktion hat sich daher im Sinne des „wahren“<br />

Redesigns dazu verpflichtet, dieses Jahr die Weihnachtsgeschenke<br />

vom Vorjahr erneut zu verpacken und wieder unter den Baum<br />

zu legen. Machen Sie mit!<br />

Einen frohen Jahreswechsel wünschen<br />

Björn Barg und Regina Claus<br />

05

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