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Zheng Yang, 26, FotograF<br />
Wenn ich an Europa <strong>de</strong>nke, <strong>de</strong>nke ich an<br />
Schönheit: an die Kunst <strong>de</strong>r Antike und <strong>de</strong>r<br />
Renaissance, an Gemäl<strong>de</strong> <strong>von</strong> Gauguin, van<br />
Gogh und Klimt. Als ich das Fotografieren<br />
lernte, habe ich alte Bildbän<strong>de</strong> studiert und<br />
versucht, mir in Sachen Bildaufbau so viel<br />
wie möglich <strong>von</strong> <strong>de</strong>n alten Meistern abzuschauen.<br />
Ich war noch nie dort, aber ich habe<br />
viele Dinge, die ich mit Europa verbin<strong>de</strong>: eine<br />
alte Kaffeemühle aus Italien, die ich täglich<br />
benutze, einen Schallplattenspieler aus <strong>de</strong>n<br />
Dreißigern, auf <strong>de</strong>m ich abends John Lennon<br />
höre. Ich könnte mir vorstellen, dass ich dafür<br />
selbst in Europa als altmodisch gelten wür<strong>de</strong>.<br />
Meine chinesischen Freun<strong>de</strong> fin<strong>de</strong>n meine<br />
Liebe zu diesen alten Dingen je<strong>de</strong>nfalls ziemlich<br />
ulkig.<br />
In China essen sie Hun<strong>de</strong> lautet ein Filmtitel.<br />
Unsere Vorstellungen <strong>von</strong> <strong>de</strong>m riesigen Land in Asien sind <strong>von</strong><br />
vielen Klischees geprägt. Aber was <strong>de</strong>nken eigentlich junge<br />
Chinesen über unseren Kontinent? Was be<strong>de</strong>utet Europa für sie?<br />
Yang guang, 23, inForMatikstU<strong>de</strong>nt<br />
In Europa, erzählen alle, die schon dort waren,<br />
sei abends ab acht auf <strong>de</strong>n Straßen nichts<br />
mehr los, nur noch Bars haben offen. Dafür<br />
sind die Städte sauber, und die Natur auf <strong>de</strong>m<br />
Land ist schön. Insgesamt scheint es mir, als<br />
sei Europa zurzeit sehr mit sich selbst beschäftigt.<br />
Aber auch wenn dort gera<strong>de</strong> Krise<br />
ist und in China alle Medien darüber berichten:<br />
So schlimm kann das doch alles gar nicht<br />
sein. Wenn in China eine Firma mit hun<strong>de</strong>rt<br />
Angestellten bankrottgeht, verlieren alle ihre<br />
Arbeitsplätze und wissen am nächsten Tag<br />
nicht mehr, wo<strong>von</strong> sie leben sollen. Insolvenz<br />
in Europa be<strong>de</strong>utet meist, dass die <strong>Job</strong>s teilweise<br />
erhalten bleiben, die Leute bekommen<br />
eine Abfindung o<strong>de</strong>r Arbeitslosengeld. Einen<br />
Existenzdruck wie in China kennt man dort<br />
nicht. Dass es Sozialsysteme gibt wie in Skandinavien<br />
o<strong>de</strong>r Deutschland, können wir fast<br />
nicht glauben.<br />
Zhou Xu’er, 20, CaFébesitzerin<br />
Ich habe eine nostalgische Vorstellung <strong>von</strong><br />
Europa. Ich liebe Schwarz-Weiß-Filme, die<br />
Beatles und Vintage-Mo<strong>de</strong>. Da<strong>von</strong> habe ich<br />
mich inspirieren lassen, als ich mit zwei<br />
Freun<strong>de</strong>n gemeinsam unser Café eröffnet<br />
habe. Wir Chinesen wissen das Alte nicht zu<br />
schätzen, Historisches wird abgerissen, weggeschmissen<br />
und vergessen. Immer muss alles<br />
neu sein und schnell gehen. Zu viel Hektik,<br />
kaum Platz für Romantik, so ist <strong>de</strong>r Alltag in<br />
China. Europa stelle ich mir als das Gegenteil<br />
vor – dort ist das Leben ruhig, Häuser und<br />
Dinge haben ihre eigene Geschichte. Die<br />
Menschen sind freigeistig und wissen zu genießen.<br />
So wie in Die fabelhafte Welt <strong>de</strong>r<br />
Amélie. Wenn ich später mal die Gelegenheit<br />
haben sollte, nach Europa zu reisen, wer<strong>de</strong> ich<br />
dort als Erstes in Secondhandlä<strong>de</strong>n und auf<br />
Flohmärkte gehen.<br />
jetzt <strong>Uni</strong>&<strong>Job</strong> n o 05/12 15