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Uni & Job - Stellenmarkt von sueddeutsche.de

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watten, Absätzen und Akten auszubügeln, in<br />

<strong>de</strong>r über <strong>de</strong>r maximalen Länge <strong>von</strong> Schnullerketten,<br />

<strong>de</strong>r Beschaffenheit <strong>von</strong> Traktorsitzen<br />

o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Min<strong>de</strong>stgröße <strong>von</strong> Äpfeln gebrütet<br />

wird.<br />

Gegen solche Vorurteile<br />

kämpfen hier<br />

alle. Teodora Rogozea<br />

aus Rumänien<br />

sagt: „Es ist ziemlich<br />

schwierig, <strong>de</strong>n Leuten<br />

zu erklären, was die EU je<strong>de</strong>n Tag macht. Die<br />

EU ist nicht beson<strong>de</strong>rs gut im Marketing.“<br />

Im Nebenraum <strong>de</strong>s Foyers rattert die Kühlung<br />

<strong>de</strong>s Getränkeautomaten. Dahinter, um<br />

zwei Ecken herum, beginnt <strong>de</strong>r Flur mit <strong>de</strong>n<br />

Pressspantüren zu <strong>de</strong>n Klassenzimmern, Neonlicht<br />

spiegelt sich in <strong>de</strong>n auf Hochglanz polierten<br />

Platten <strong>de</strong>s Fußbo<strong>de</strong>ns. Hingen nicht<br />

die Porträts großer Europapolitiker an <strong>de</strong>r<br />

Wand, könnte <strong>de</strong>r Flur auch zu einem Krankenhaus<br />

o<strong>de</strong>r einem Landratsamt gehören.<br />

Das College of Europe in Brügge ist kein<br />

Prunkbau, die Stu<strong>de</strong>nten hier streiten ab, zur<br />

Elite gehören. Natürlich sei die Aufnahmeprüfung<br />

anspruchsvoll, sagt Iulia Cozacenco<br />

aus Moldawien. „Aber je<strong>de</strong>r hat die gleichen<br />

Chancen.“ Damit je<strong>de</strong>s Land gerecht vertreten<br />

ist, gibt es eine Quotenregelung. Deutschland<br />

etwa schickt nur etwa dreißig Stu<strong>de</strong>nten.<br />

Ausgewählt wer<strong>de</strong>n sie <strong>von</strong> nationalen Komitees,<br />

meist vom Außenministerium, fast alle<br />

Stu<strong>de</strong>nten bekommen ein Stipendium. Voraussetzung<br />

sind aber oft Auslandserfahrung<br />

und Mehrsprachigkeit. Nicht je<strong>de</strong>r könne sich<br />

das leisten, räumt Iulia ein.<br />

Viele Mitarbeiter, die auf <strong>de</strong>n Bürofluren<br />

<strong>de</strong>r EU unterwegs sind, kommen <strong>von</strong> Eliteschulen.<br />

Das lasse sich nicht vermei<strong>de</strong>n, sagen<br />

die Stu<strong>de</strong>nten. Der Wettbewerb treibt die<br />

Anfor<strong>de</strong>rungen nach oben. Damit wird gewöhnlichen<br />

Stu<strong>de</strong>nten <strong>de</strong>r Zugang erschwert,<br />

die EU <strong>von</strong> einer kleinen Gruppe geführt.<br />

„Wir müssen aufpassen, dass wir nicht zu<br />

sehr in unserer eigenen Welt leben“, sagt <strong>de</strong>shalb<br />

Emanuele.<br />

Wenn ihre Großeltern sagen, sie hätten für<br />

dreißig Mark eingekauft, dann wür<strong>de</strong> Michèle<br />

Kiermeier am liebsten rufen: „Nicht Mark!<br />

Euro!“ Nur zwei Generationen liegen zwischen<br />

ihr und ihren Großeltern, doch in dieser<br />

Zeit hat sich die Welt geöffnet. Distanzen<br />

schrumpfen, Grenzen verwischen. Michèle<br />

und die meisten an<strong>de</strong>ren Stu<strong>de</strong>nten am College<br />

of Europe kennen nur <strong>de</strong>n Euro, sie rechnen<br />

nicht im Kopf in die alte Währung um. Sie<br />

kennen keine Staus an Grenzübergängen. Und<br />

keinen Krieg auf <strong>de</strong>m Kontinent.<br />

28 jetzt uni&joB n o 05/12<br />

„Die Einheit wird<br />

die Aufgabe unserer<br />

Generation.“<br />

Dieser Gedanke <strong>de</strong>r unbegrenzten Möglichkeiten<br />

treibt sie an. Viele sind hier, weil sie<br />

an die europäische I<strong>de</strong>e glauben. Inzwischen<br />

gibt es auch Palästinenser und Chinesen, die<br />

sich dafür interessie-<br />

ren – <strong>de</strong>r Traum<br />

strahlt über die Grenzen<br />

<strong>de</strong>r EU-Mitgliedstaaten<br />

hinaus.<br />

Was aber, wenn<br />

diese I<strong>de</strong>e zerbricht?<br />

Die Stu<strong>de</strong>nten am College of Europe sagen,<br />

es brauche zwei Dinge: mehr Zusammenarbeit<br />

und mehr Zeit. Marion Zosi aus Frankreich<br />

macht ihren Master in Wirtschaft und<br />

erklärt: „Zuerst brauchen wir eine Bankenunion,<br />

danach eine gemeinsame Wirtschaftspolitik,<br />

irgendwann eine politische <strong>Uni</strong>on.“<br />

Für die Stu<strong>de</strong>nten am Europacollege hat die<br />

EU nur als starke Gemeinschaft eine Zukunft.<br />

Das aber braucht Zeit, und aus diesem<br />

Konflikt entsteht die Krise. Irgendwann aber<br />

wer<strong>de</strong> es so weit sein, glaubt auch Marine<br />

Montejo aus Frankreich. „Dass wir das in unserer<br />

Karriere noch erleben, ist unwahrscheinlich“,<br />

sagt sie. „Aber wir arbeiten dran,<br />

die Einheit wird die Aufgabe unserer Generation.“<br />

Bis es so weit ist, müsse man überlegt<br />

einen Schritt nach <strong>de</strong>m an<strong>de</strong>ren machen.<br />

„Wir können zurzeit nicht das Beste tun, son<strong>de</strong>rn<br />

nur das am wenigsten Schmerzvolle“,<br />

meint Marion. Das müsse man <strong>de</strong>n Bürgern<br />

erklären. Wenn sie verstehen, was passiert,<br />

wer<strong>de</strong> das Vertrauen wie<strong>de</strong>r wachsen. Wenn<br />

die Stu<strong>de</strong>nten in einigen Jahren das Sagen haben,<br />

wer<strong>de</strong>n sie hier gebraucht, als Erklärer.<br />

Richtig konkret klingt all das nicht. Angst,<br />

<strong>de</strong>r Traum könnte zerplatzen und die Europäische<br />

<strong>Uni</strong>on auseinan<strong>de</strong>rbrechen, hat aber<br />

keiner <strong>de</strong>r Elitestu<strong>de</strong>nten in Brügge. Da<br />

herrscht Einstimmigkeit. Marion Zosi meint,<br />

Europa sei ein so großes Projekt – wie ein<br />

Tanker, behäbig, aber unsinkbar. Sie sagt<br />

bloß: „Too big to fail.“<br />

die treppe nAch oBen: wer AM college oF europe in Brügge studiert, BeFin<strong>de</strong>t sich AuF <strong>de</strong>M weg<br />

in richtung spitZenpositionen <strong>de</strong>r europäischen union. wo Allerdings die eu steht, wenn die<br />

stu<strong>de</strong>nten dort AnkoMMen, kAnn heute keiner so genAu sAgen.

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