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Dranbleiben!<br />
VON JAN PHILIPP ALBRECHT / TEXT & FELIX KRÜGER / FOTO<br />
Wenn ich wie<strong>de</strong>rkomme, dann nur als Abgeordneter –<br />
das waren meine Worte, als mich während meines Praktikums<br />
im Europäischen Parlament meine Vorgesetzte<br />
fragte, ob ich nach <strong>de</strong>m Studium zurückkommen wolle.<br />
Ich konnte es schwer mit ansehen, dass <strong>de</strong>r schnell ausgebil<strong>de</strong>te<br />
und Anzug tragen<strong>de</strong> Bürokratennachwuchs die<br />
vermeintliche Elite <strong>de</strong>r Politik sein sollte. Aber ich dachte,<br />
dass ich mit meinem mittelmäßigen Abi, einem Jurastudium<br />
in Bremen und ein paar Zeitungspraktika nicht<br />
gegen ihre Hochglanzlebensläufe anstinken könnte. Mein<br />
Ausruf war eher ein trotziger Scherz. Heute weiß ich, dass<br />
darin viel Wahrheit steckte.<br />
Drei Jahre später wählten mich die Grünen auf einen<br />
aussichtsreichen Platz zur Europawahl. Ich nahm mir fest<br />
vor, <strong>de</strong>n Menschen in Europa wie<strong>de</strong>r Gehör zu verschaffen<br />
und für ihre Bürgerrechte und für <strong>de</strong>mokratische<br />
und rechtsstaatliche Regeln unseres Zusammenlebens<br />
zu kämpfen. Ich hatte mir viel vorgenommen. Als ich das<br />
erste Mal ehrfürchtig auf einem <strong>de</strong>r klobigen Le<strong>de</strong>rsessel<br />
im Plenarsaal <strong>de</strong>s Europäischen Parlaments in Straßburg<br />
Platz nehmen durfte, fühlte ich mich wie im Konfö<strong>de</strong>rationsrat<br />
bei „Star Wars“. Ich hielt viele Re<strong>de</strong>n, schrieb<br />
haufenweise Anträge, informierte die Presse, leistete<br />
Überzeugungsarbeit – was ein Politiker eben macht. Bis<br />
mir langsam klar wur<strong>de</strong>, dass die Entscheidungen immer<br />
noch an mir vorbeigingen. Sie � elen in <strong>de</strong>n großen Fraktionen,<br />
bei ihren Vorsitzen<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>n Kommissaren und<br />
Regierungen, offenbar ohne dass es jemand wie ich beein�<br />
ussen konnte.<br />
Über Jahre hatte ich mit einigen Gleichgesinnten mit<br />
guten Argumenten gegen das internationale Han<strong>de</strong>lsabkommen<br />
Acta gestritten. Unsere Warnungen hatten nieman<strong>de</strong>n<br />
interessiert. Wir hatten Resolutionen und Pressemitteilungen<br />
geschrieben, Gutachten beantragt, doch<br />
wir wur<strong>de</strong>n nie gehört. Es war wie verhext. Kurz vor <strong>de</strong>n<br />
entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Abstimmungen im Juli wur<strong>de</strong> unsere<br />
Kritik plötzlich wahrgenommen. In Polen<br />
gingen Zehntausen<strong>de</strong> Menschen gegen<br />
Acta auf die Straße und kämpften für die<br />
Freiheit im Internet. Es folgten europaweite<br />
Proteste. Auf einmal kamen die ent-<br />
schei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Personen,<br />
die uns bislang wie lustige<br />
Hobbits im Auenland betrachtet<br />
und ignoriert hatten,<br />
in Bedrängnis, mussten sich vor<br />
<strong>de</strong>r aufgebrachten Menge rechtfertigen.<br />
Da wur<strong>de</strong> mir klar, wie wenig<br />
Parlamentarier ohne Öffentlichkeit<br />
bewirken können und wie wichtig es<br />
<strong>de</strong>nnoch ist, immer wie<strong>de</strong>r aufs Neue die<br />
gleichen Fragen und For<strong>de</strong>rungen zu stellen,<br />
bis sich die Verantwortlichen nicht<br />
mehr entziehen können. Das ist mühsam.<br />
Manchmal kann es Jahre dauern. Und<br />
manchmal frustriert es. Wenige Monate<br />
vor unserem Erfolg gegen Acta saß ich in<br />
Straßburg in <strong>de</strong>r Internet-Arbeitsgemeinschaft<br />
<strong>de</strong>r grünen Europafraktion<br />
und wollte alles hinschmeißen, weil<br />
uns <strong>de</strong>r verantwortliche EU-Han<strong>de</strong>lskommissar<br />
mit seinen ewig wie<strong>de</strong>rholten<br />
Plattitü<strong>de</strong>n als unbe<strong>de</strong>uten<strong>de</strong><br />
Min<strong>de</strong>rheit darstellte. Doch dann<br />
entstand quasi über Nacht große Aufmerksamkeit<br />
für unser Thema. Viele Menschen<br />
schauten hin, brachten sich ein, bewegten etwas. Die Demokratie<br />
lebte.<br />
Ich habe diese positive Erfahrung wohl auch <strong>de</strong>shalb<br />
machen können, weil ich mich nicht abschrecken ließ <strong>von</strong><br />
<strong>de</strong>n eingespielten Vorgängen <strong>de</strong>r großen Politik. Denn<br />
mit <strong>de</strong>n Jahren war mir klar gewor<strong>de</strong>n, was zunächst<br />
platt klingt: Auch dort sitzen nur Menschen. Menschen,<br />
die <strong>de</strong>r mühsamen Aufklärung politisch komplexer Vorgänge<br />
oft mü<strong>de</strong> gewor<strong>de</strong>n sind und sich mit <strong>de</strong>n vermeintlich<br />
unumstößlichen Rahmenbedingungen arrangiert<br />
haben. Das aufzubrechen ist mühsame Kleinstarbeit.<br />
Jan Philipp Albrecht sitzt als<br />
jüngster <strong>de</strong>utscher Abgeordneter<br />
für die Grünen im EU-Parlament.<br />
Sein Kampf gegen das Han<strong>de</strong>lsabkommen<br />
Acta schien lange<br />
vergeblich. Er ist froh, trotz<strong>de</strong>m<br />
nicht aufgegeben zu haben.<br />
Bei Acta ist es gelungen – das Europäische<br />
Parlament hat das Abkommen<br />
abgelehnt. Die Hartnäckigkeit<br />
hat sich gelohnt!<br />
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