Uni & Job - Stellenmarkt von sueddeutsche.de
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Sehen wir <strong>de</strong>n Tatsachen ins Auge: Hinter dir liegen anstrengen<strong>de</strong>,<br />
nervenzehren<strong>de</strong> Wochen, vielleicht sogar Monate. Du hast in dieser<br />
Zeit immer vollen Einsatz gezeigt. Bist selbstverständlich abends<br />
auch mal länger geblieben, wenn es nötig war. Du hast dich <strong>von</strong> Anfang<br />
an bemüht, nieman<strong>de</strong>n mit <strong>de</strong>inen Fragen zum Intranet zu nerven,<br />
und kurze Privattelefonate natürlich immer über <strong>de</strong>in Handy abgewickelt.<br />
Aus <strong>de</strong>m Flurfunk hast du dich diplomatisch rausgehalten<br />
und ansonsten einen anspruchsvollen Sozialslalom um sämtliche<br />
Fettnäpfchen absolviert, auch um jene, <strong>von</strong> <strong>de</strong>nen du nicht wissen<br />
konntest, wo sie stehen. Du hast verstan<strong>de</strong>n, dass Kollegen sich <strong>de</strong>inen<br />
Namen auch nach <strong>de</strong>r dritten<br />
Wie<strong>de</strong>rholung einfach noch nicht<br />
merken konnten. Du warst dir trotz<strong>de</strong>m<br />
nicht zu fein, die beson<strong>de</strong>rs<br />
dämlichen Aufgaben <strong>von</strong> diesen<br />
Kollegen zu übernehmen, auf die<br />
sie nachvollziehbarerweise keine<br />
Lust hatten, bist dir auch nie zu<br />
scha<strong>de</strong> gewesen, kopieren zu gehen<br />
o<strong>de</strong>r Kaffee zu kochen. Eh klar.<br />
Und vor allem hast du dich natürlich<br />
niemals in irgen<strong>de</strong>iner Weise<br />
über irgen<strong>de</strong>twas beschwert.<br />
Du hast all das auf dich genommen,<br />
weil du bei diesem Arbeitgeber<br />
ein paar jener wertvollen Arbeitserfahrungen<br />
sammeln und mit<br />
<strong>de</strong>iner Nase endlich einmal an dieser<br />
wohlriechen<strong>de</strong>n Praxisluft schnuppern durftest, <strong>von</strong> <strong>de</strong>r die Kommilitonen<br />
im Semester über dir so geschwärmt haben. Womöglich konntest<br />
du die Geruchsprobe sogar an einer beson<strong>de</strong>rs respektablen Stelle<br />
nehmen, bei <strong>de</strong>n Vereinten Nationen, im Hauptstadtstudio o<strong>de</strong>r zumin<strong>de</strong>st<br />
bei einem Mittelständler, im Fundament unseres Wohlstan<strong>de</strong>s<br />
also. Nun gut, für dich im Speziellen gestaltete sich die � � nanzielle<br />
Seite dieser Angelegenheit eher suboptimal, je nach Branche hast du<br />
für ’n Appel und ’n Ei o<strong>de</strong>r noch weniger rangeklotzt. Aber es ging<br />
hier ja auch nicht ums Geldverdienen, son<strong>de</strong>rn um die Sache. Denn du<br />
warst Praktikant beziehungsweise bist es noch – bis einschließlich<br />
morgen. Du gehörst also <strong>de</strong>r <strong>de</strong>votesten aller Lebensformen an, die<br />
uns bekannt sind. Völlig zu Recht fragst du dich daher, was für einen<br />
Kuchen du zu <strong>de</strong>inem Ausstand mitbringen sollst und wie du beim<br />
Backen auf die Glutenunverträglichkeit <strong>de</strong>r Buchhaltungskollegin<br />
Rücksicht nehmen kannst. Wenn du in <strong>de</strong>inem Leben bereits Grundkenntnisse<br />
im Soft Skill Kuchenbacken erworben hast, weißt du aller-<br />
42 jetzt UNI&JOB N o 05/12<br />
VON JULIANE FRISSE / TEXT & FILIPEK / ILLUSTRATION<br />
Die Kuchenfrage.<br />
Am letzten Praktikumstag willst du einen beson<strong>de</strong>rs guten<br />
Eindruck hinterlassen. Also einen Kuchen backen?<br />
Lass es bleiben, rät unsere Autorin. Das Praktikantendasein<br />
ist sowieso schon <strong>de</strong>vot genug.<br />
dings: Mit einem Apfel und einem Ei allein kommst du in <strong>de</strong>r Backstube<br />
nicht weit.<br />
Es gibt jetzt mehrere Möglichkeiten: Du wur<strong>de</strong>st vom lieben Gott<br />
mit einer großen Freu<strong>de</strong> am Backen und zwei Knethaken als Hän<strong>de</strong>n<br />
beschenkt. Dann bitte – schreite zur Tat. Falls du allerdings keinen<br />
Spaß daran hast, es nicht kannst o<strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>s, dann bring morgen doch<br />
lieber eine Packung Kekse mit.<br />
Kuchen wird völlig überbewertet – nicht geschmacklich, son<strong>de</strong>rn<br />
als Praktikantengeste. Du glaubst, du <strong>de</strong>monstrierst mit einem selbst<br />
gebackenen Kuchen <strong>de</strong>ine Sozialkompetenz? Wer <strong>von</strong> dir erwartet,<br />
dass du dich, nach<strong>de</strong>m du dich als<br />
billige Arbeitskraft aufgerieben<br />
hast, auch noch stun<strong>de</strong>nlang in die<br />
Küche stellst, <strong>de</strong>r sollte einmal an<br />
seiner Sozialkompetenz feilen. Du<br />
hoffst, du kannst mit einem leckeren<br />
Kuchen zum Abschluss noch<br />
mal einen positiven Eindruck hinterlassen?<br />
Falls <strong>de</strong>in Ziel in diesem<br />
Praktikum darin bestand, <strong>de</strong>n Mitarbeitern<br />
als begabter Zuckerbäcker<br />
in Erinnerung zu bleiben, sicherlich<br />
eine gute I<strong>de</strong>e. Ansonsten<br />
aber gilt: Wenn dich <strong>de</strong>in Chef und<br />
die Kollegen für einen Vollpfosten<br />
halten, wird sie auch <strong>de</strong>in fantastischer<br />
Schoko-Kirsch-Kuchen nach<br />
Omas geheimem Familienrezept<br />
nicht vom Gegenteil überzeugen können. Niemand wird dir <strong>de</strong>iner<br />
Backkünste und -mühen wegen einen <strong>Job</strong> geben.<br />
In<strong>de</strong>m du nichts Selbstgebackenes mitbringst, kannst du dafür ein<br />
ziemlich wichtiges Signal aussen<strong>de</strong>n. Nämlich dass du weißt, was du<br />
wert bist: wesentlich mehr, als du bisher für <strong>de</strong>ine Anstrengungen bekommen<br />
hast. Auch wenn das tollste, weil fairste und lehrreichste<br />
Praktikum überhaupt hinter dir liegt, ist es vollkommen ausreichend<br />
und außer<strong>de</strong>m zu empfehlen, wenn du dich lediglich bei <strong>de</strong>inen Kollegen<br />
persönlich für die gute Zeit mit ihnen bedankst (und mit <strong>de</strong>n<br />
Keksen <strong>de</strong>monstrierst, dass du die Abschiedskonventionen nicht vollständig<br />
ignorierst). Wenn du <strong>de</strong>n Vorabend nicht kuchengestresst in<br />
<strong>de</strong>r Backstube verbringst, kann <strong>de</strong>in letzter Tag so <strong>de</strong>r erste wer<strong>de</strong>n,<br />
an <strong>de</strong>m du die Devotheit <strong>de</strong>s Praktikantendaseins hinter dir lässt.<br />
Was du nach <strong>de</strong>m letzten Praktikumstag dagegen unbedingt tun<br />
solltest: ein großes Stück Kuchen essen. Egal ob selbst gebacken o<strong>de</strong>r<br />
gekauft. Das hast du dir jetzt nämlich verdient.