Mini-Europa rund um Gross-Schweiz? - Schw. StV
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GV 2012<br />
Es war eine Freude, katholisch zu sein –<br />
damals.<br />
Veteranenehrung durch Willy Spieler v/o Fils, CP 1961/1962<br />
Vor 50 Jahren durfte ich Euch das<br />
Handgelübde auf die Devise ‚Virtus,<br />
Scientia, Amicitia‘ abnehmen. Unsere<br />
Welt war übersichtlich und vor allem in<br />
Ordnung. Wir trugen täglich Couleurs, dazu<br />
Anzug mit Krawatte, und verkehrten mit<br />
unseren Kommilitonen per Sie, sofern sie<br />
nicht das Glück hatten, <strong>StV</strong>er zu sein. Wir<br />
grenzten uns ab von der ‚Montur‘ der ‚Halbstarken‘,<br />
die Elvis Presley zu Füssen lagen<br />
und den jungverstorbenen James Dean als<br />
revoltierendes Filmidol feierten. Wir waren<br />
alles Männer und katholisch – und verhielten<br />
uns auch so, im Verein wie in der Politik.<br />
Wir beschworen den ‚freien Westen‘, sagten<br />
tapfer ‚lieber tot als rot‘ und lachten uns mit<br />
‚Don Camillo und Peppone‘ die Angst aus<br />
20 civitas 4-2012<br />
der Seele. Wir beklagten die ‚Vermassung‘<br />
des Studi<strong>um</strong>s und schon damals seine ‚dirigistische<br />
Planung‘. Wir feierten uns als<br />
kommende Elite der katholischen <strong><strong>Schw</strong>eiz</strong>,<br />
bis wir selber daran glaubten. Es gab gewiss<br />
Ausnahmen, die wider den Stachel löckten.<br />
Ich spreche vom Mainstream, zu dem ich<br />
auch gehörte, sonst wäre ich ja nicht CP geworden.<br />
Aber vieles hat sich während unseres damaligen<br />
Vereinsjahres verändert. Sogar das<br />
bislang Undenkbare geschah, dass Studentinnen<br />
den Hospitantinnenstatus erlangten,<br />
was ihrer Vollmitgliedschaft 1968 den Weg<br />
ebnete. 1962 war eine Zeit zwischen den Zeiten,<br />
6 Jahre nach dem Ungarnaufstand 1956<br />
und 6 Jahre vor der Kulturrevolution 1968.<br />
Wir hatten unsere Hoffnungsträger, allen<br />
voran Papst Johannes XXIII. Sein Konzil begann<br />
einen Monat nach Eurer Aufnahme in<br />
den <strong>StV</strong>. «Begegnung der Christen – unser<br />
Beitrag» war schon das Thema unserer Zentraldiskussion<br />
gewesen. Angeleitet durch<br />
Vereinsmitglieder wie Hans Küng sowie<br />
meine CC-Kollegen Rolf Weibel und Albert<br />
Gasser lernten wir das ‚sentire c<strong>um</strong> ecclesia‘<br />
ök<strong>um</strong>enisch buchstabieren. Ja, ich bekenne<br />
ganz offen: Es war eine Freude, katholisch zu<br />
sein – damals.<br />
Zu unserem offenen Katholizismus gehörte<br />
die politische Öffnung, aber gewiss<br />
nicht im Sinne der Beliebigkeit, sondern<br />
nach Massgabe der kirchlichen Soziallehre,<br />
der wir uns verpflichtet fühlten. Die neuen<br />
Foto: OK GV Brig