Das Magazin 3/2007 - Evangelische Heimstiftung
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Eine „Schatztruhe“ für<br />
Zeiten des Abschieds<br />
Die <strong>Evangelische</strong> <strong>Heimstiftung</strong> hat Schätze für die<br />
Sterbebegleitung zusammengestellt<br />
Erich Kästner hat 1936 seine „Lyrische Hausapotheke“ geschrieben,<br />
ein Buch, das der Therapie des Lebens gewidmet ist, eine Gebrauchsanweisung<br />
für die Wechselfälle des Lebens. „Was tue ich, wenn ...?“<br />
– „Was tut mir gut, wenn es einmal schwer wird?“ – „Was hilft mir<br />
dann?“ – Bei der Begleitung von Sterbenden hat die <strong>Evangelische</strong><br />
<strong>Heimstiftung</strong> die Idee von solch einer „Hausapotheke“ aufgegriffen<br />
und eine „Schatztruhe“ für die Sterbebegleitung zusammengestellt.<br />
Die Kiste ist gefüllt mit einem Schatz an Erlesenem: Worte und<br />
Erzählungen, Gedichte und Melodien, Materialien und Symbolen, die<br />
aufrichten, trösten und ermutigen.<br />
Gerade in einer Lebensphase, in der<br />
Hunger und Durst oft weniger werden,<br />
nichts mehr so richtig schmeckt,<br />
stellt sich die Frage, was dem Menschen<br />
Kraft in dieser schweren Zeit<br />
gibt. Mitarbeitende und Angehörige<br />
spüren die Hilfl osigkeit, diesen Menschen<br />
nicht mehr festhalten, behalten<br />
zu können. Sterbende beschäftigen<br />
Info<br />
Zu den „Schätzen“ gehören<br />
Texte und Gedichte zum (Vor-)Lesen,<br />
tröstende Gedanken (auch nicht<br />
religiös) zur Begleitung Sterbender<br />
Gebete und Lieder (Gesangbuch mit<br />
Liedern zum Thema „Angst und Vertrauen“,<br />
Gebete zur Begleitung<br />
Sterbender, ausgewählte Psalmen und<br />
Bibelworte)<br />
Traditionelle christliche Symbole<br />
(Tischkreuz, Handkreuz und Rosenkranz<br />
zum in der Hand halten beim<br />
Beten, Engel, Kerzenständer)<br />
eine Musik-CD, Duftlampe mit Kerze<br />
und Duftöl<br />
liturgische Texte, die bei der Verabschiedung<br />
im Beisein von Mitarbeitern,<br />
Bewohnern, Angehörigen verwandt<br />
werden können („Aussegnung“),<br />
tröstende Gedanken nach dem Tod<br />
sich viel mit dem Erlebten: mit Gelungenem,<br />
mit Enttäuschungen,<br />
mit Verletzungen, mit Grenzen,<br />
mit Abschied und der Frage, welche<br />
Spuren sie in der Welt hinterlassen<br />
haben. Manche Bewohner sind auf<br />
eine religiöse Sprache ansprechbar<br />
und im Glauben verwurzelt: Gottesdienst,<br />
Kommunion, Gebet sind oft<br />
Stütze in schweren Zeiten gewesen.<br />
Nicht selten suchen auch Menschen,<br />
die nicht religiös lebten, angesichts<br />
des Todes nach Worten, die ihr Leben,<br />
ihre Ängste, alles Schmerzliche,<br />
Schöne und Unverständliche zur<br />
Sprache bringen.<br />
Oft sind es vertraute Worte, die Menschen<br />
trösten, oft sind es Gesten, mit<br />
der Nähe und ein Gefühl der Geborgenheit<br />
und Sicherheit vermittelt<br />
werden. Manchmal ist es ein Gebet,<br />
ein vertrautes Lied. Aber auch der<br />
Begleiter muss herausfi nden, mit<br />
welchen Gedanken, Materialien er<br />
sich wohl fühlt. Bei aller Zugewandtheit<br />
zum Sterbenden ist es wichtig,<br />
die eigenen Bedürfnisse ernst zu nehmen:<br />
Da kann es gut tun, Musik zu<br />
hören, ein Gedicht oder einen kurzen<br />
Aus der <strong>Heimstiftung</strong><br />
Text zu lesen, gut riechende Düfte einzuatmen.<br />
Eine Gebrauchsanweisung,<br />
was sich wann eignet, gibt es in der<br />
Schatztruhe nicht. Dafür aber verschiedene<br />
Materialien, „Schätze“, die jeder<br />
sichten, ausprobieren und für sich<br />
entscheiden muss, was jetzt gut tut<br />
und Linderung verschafft.<br />
Die Schatztruhe soll Mitarbeitenden,<br />
Angehörigen und Freiwilligen helfen,<br />
schnell etwas zu fi nden, wenn sie zu<br />
seelischer Unterstützung gefragt sind.<br />
Nicht immer wird es leicht sein, den<br />
richtigen „Schatz“ zu heben, das<br />
richtige Gebet oder passende Symbol<br />
herauszufi nden. „Schätze“ sollen auch<br />
nicht vorschnell anderen „überstülpt“<br />
werden. Ausschlaggebend zum einen<br />
ist der Zustand des Sterbenden: Ist er<br />
ansprechbar, auf was reagiert er, was<br />
ist sein Lebensthema, spricht er eine<br />
religiöse Sprache? Zum anderen muss<br />
der Begleiter herausfi nden, mit welchen<br />
Gedanken und „Schätzen“ er sich<br />
persönlich wohl fühlt. Die zusammengetragenen<br />
„Schätze“ können dazu<br />
beitragen, die eigene Unsicherheit und<br />
Sprachlosigkeit in Zeiten des Abschieds<br />
abzubauen.<br />
„Aus der <strong>Heimstiftung</strong>“ 3/<strong>2007</strong> 19