Das Magazin 3/2007 - Evangelische Heimstiftung
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Titel<br />
Nachgefragt<br />
„Die Pflege wieder zu den<br />
Menschen bringen“<br />
Interview mit Marion Caspers-Merk, Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium<br />
Frau Caspers-Merk, im Juni hat sich<br />
der Koalitionsausschuss, der aus<br />
Vertretern der beiden Regierungsparteien<br />
besteht, auf Grundsätze zur<br />
„Reform zur nachhaltigen Weiterentwicklung<br />
der Pflegeversicherung“<br />
geeinigt. Wie ist nun das weitere Vorgehen,<br />
das heißt, wann kann mit dem<br />
neuen Gesetz gerechnet werden?<br />
Wir planen zeitnah die Vorlage eines<br />
Referentenentwurfs und den erforderlichen<br />
Kabinettsbeschluss. Im Anschluss<br />
daran wird das parlamentarische Verfahren<br />
eingeleitet. <strong>Das</strong> Inkrafttreten<br />
ist für das Jahr 2008 geplant.<br />
Die gemeinsamen Grundsätze sehen<br />
vor, die Pflegesachleistungen für<br />
ambulante Pflege und das Pflegegeld<br />
für pflegende Angehörige in<br />
allen Stufen anzuheben. Demgegenüber<br />
ist eine Erhöhung für die stationäre<br />
Pflege nur in Pflegestufe III und<br />
Härtefällen vorgesehen, obwohl ja<br />
auch in der stationären Pflege die<br />
Leistungen der Pflegeversicherung<br />
seit 1995 unverändert geblieben sind.<br />
Welche Absicht steckt dahinter?<br />
Die Leistungen der Pfl egeversicherung<br />
sind seit 1995 in der Höhe unverändert.<br />
Sie unterliegen daher einem<br />
schleichenden Wertverfall und<br />
müssen angepasst werden. Sie sollen<br />
daher künftig in einem dreijährigen<br />
Rhythmus dynamisiert werden.<br />
Und das gilt auch für die stationären<br />
Leistungen. Die Dynamisierung beginnt<br />
drei Jahre nach Abschluss der<br />
Anhebung der Sachleistungsbeträge,<br />
erstmals also 2015.<br />
8 „Aus der <strong>Heimstiftung</strong>“ 3/<strong>2007</strong><br />
Vorgesehen ist, für je 20 000 Einwohner<br />
Pflegestützpunkte aufzubauen.<br />
Was sollen diese leisten?<br />
Wir wollen die Pfl ege wieder zu den<br />
Menschen bringen. Eine wesentliche<br />
Anforderung an die künftigen Strukturen<br />
in der Pfl ege und Betreuung<br />
besteht daher darin, auf der wohnortnahen<br />
Ebene vorhandene Versorgungsangebote<br />
zu vernetzen, so dass<br />
eine abgestimmte Versorgung und<br />
Betreuung im jeweiligen Wohnquartier<br />
ermöglicht wird. Mit dem Ziel,<br />
wohnortnah die Angebote für Pfl egebedürftige<br />
besser aufeinander abzustimmen<br />
und aus einer Hand<br />
anzubieten, sollen quartiersbezogene<br />
Pfl egestützpunkte unter Berücksichtigung<br />
vorhandener Strukturen gebildet<br />
werden. Dabei wird über die Pfl egestützpunkte<br />
die Möglichkeit geschaffen,<br />
etwa die Leistungsansprüche an<br />
die Pfl egeversicherung und an die<br />
gesetzliche Krankenversicherung<br />
besser als bisher zu verwirklichen.<br />
Darüber hinaus sollen die Pfl egestützpunkte<br />
für eine umfassende Beratung,<br />
Unterstützung und Begleitung sorgen.<br />
Elemente wie die hauswirtschaftliche<br />
Versorgung, ein Hausnotrufsystem<br />
und sonstige Dienstleistungen, wie<br />
zum Beispiel „Essen auf Rädern“,<br />
sind eingeschlossen.<br />
Für Menschen mit „erheblich eingeschränkter<br />
Alltagskompetenz“, also<br />
in der Regel demenzieller Erkrankung,<br />
soll es jährlich einen zusätzlichen<br />
Leistungsbetrag bis zu 2400<br />
Euro geben. Reicht dieser Betrag<br />
aus, sie angemessen zu betreuen?<br />
Mit dem Pfl egeleistungs-Ergänzungsgesetz,<br />
das zum 1. Januar 2002 in Kraft<br />
getreten ist, wurden bereits Verbesserungen<br />
für die häusliche Versorgung<br />
von pfl egebedürftigen Menschen mit<br />
eingeschränkter Alltagskompetenz<br />
geschaffen. Dies war ein erster Schritt.<br />
Es werden nun weitere Maßnahmen<br />
ergriffen, um den betroffenen Menschen<br />
zu helfen. Zugleich soll der Kreis<br />
der Leistungsberechtigten erweitert<br />
werden. Der zusätzliche Leistungsbetrag<br />
für Menschen mit erheblich eingeschränkter<br />
Alltagskompetenz wird<br />
von 460 Euro auf bis zu 2400 Euro<br />
jährlich angehoben. Menschen mit<br />
erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz,<br />
die zwar noch keinen<br />
erheblichen Pfl egebedarf, wohl aber<br />
Betreuungsbedarf haben, können<br />
diesen Betrag auch erhalten. Dies ist<br />
eine erhebliche Leistungsausweitung<br />
und wird den Betroffenen und ihren<br />
Angehörigen helfen, Entlastungsangebote<br />
besser als bisher wahrzunehmen.<br />
Die Grundsätze der Regierungsparteien<br />
sehen weiterhin vor, für den<br />
Bereich der Pflegeheime „flexible<br />
Personalschlüssel“ vorzusehen. Fällt<br />
dieses Thema nicht unter das Heimrecht<br />
und damit in die Zuständigkeit<br />
der einzelnen Länder?<br />
Alle im Rahmen der Weiterentwicklung<br />
der Pfl egeversicherung vorgesehenen<br />
Rechtsänderungen werden die<br />
Grenzen der Gesetzgebungskompetenz<br />
des Bundes nicht überschreiten. Dies<br />
gilt selbstverständlich auch für alle<br />
Regelungen, die das Pfl egepersonal<br />
betreffen.