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Das Religionsrecht der Europäischen Union im ... - ra-arzthaftung.de

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4<br />

<strong>de</strong>s 1984 verstorbenen katholischen Theologen Karl Rahner vom künftigen Deutschland als<br />

einem „heidnischen Land mit christlicher Vergangenheit und christlichen Restbestän<strong>de</strong>n“ 16<br />

kann ohne große Abstriche auf die meisten <strong><strong>de</strong>r</strong> übrigen Mitgliedstaaten <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Europäischen</strong><br />

<strong>Union</strong> übert<strong>ra</strong>gen wer<strong>de</strong>n. Ein Grund hierfür mag in einer je<strong>de</strong> Fremdbest<strong>im</strong>mung durch<br />

an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Autoritäten ablehnen<strong>de</strong>n Zeitströmung liegen; mit Sicherheit können als Ursachen<br />

auch eine interne Reformscheu entgegen <strong>de</strong>m reformatorischen Prinzip <strong><strong>de</strong>r</strong> ecclesia semper<br />

reformanda sowie ein unatt<strong>ra</strong>ktiv vorgelebtes Christsein seitens vieler aktiver Kirchgänger<br />

lokalisiert wer<strong>de</strong>n.<br />

In zweiter Linie wird für die Zukunft christlicher Kirchen und Religionsgemeinschaften von<br />

Be<strong>de</strong>utung sein, welcher Rahmen ihnen durch die Europäische <strong>Union</strong> gesteckt wird.<br />

Maßgeblich ist hier <strong><strong>de</strong>r</strong> Umfang <strong><strong>de</strong>r</strong> individuellen Religionsfreiheit in gleicher Weise wie <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Schutz eines Selbstbest<strong>im</strong>mungsrechts kirchlicher Institutionen durch <strong>de</strong>n Staatenverbund. 17<br />

Der <strong>Europäischen</strong> <strong>Union</strong> stün<strong>de</strong> es nicht gut zu Gesicht, die „über<strong>ra</strong>gen<strong>de</strong> Prägek<strong>ra</strong>ft“ 18 <strong>de</strong>s<br />

Christentums als antiquierte Belanglosigkeit beiseite zu schieben, um sich vermeintlich<br />

vordringlicheren Themen besser widmen zu können. Eine nur durch eine gemeinsame Politik,<br />

Währung und Wirtschaft zusammengehaltene <strong>Union</strong> wiese eine <strong>de</strong>utliche Schieflage auf. Die<br />

in <strong>de</strong>n Mitgliedstaaten weitverbreitete Ablehnung <strong><strong>de</strong>r</strong> „Brüsseler Bürok<strong>ra</strong>tie“, die durch<br />

jüngsten Rücktritt <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Europäischen</strong> Kommission infolge „Vetternwirtschaft“ nur geschürt<br />

wur<strong>de</strong>, hat mehr als <strong>de</strong>utlich gemacht, daß es unumgänglich ist, „Europa so etwas wie eine<br />

Seele zu geben“. 19<br />

16 Auch Bleistein, Deutschland – Missionsland? Reflexionen zur religiösen Situation,<br />

SdZ 1998, S. 399 ff., sowie Fietz, Bericht über die 30. „Essener Gespräche zum Thema<br />

Staat und Kirche“, KuR 980, S. 11, gestehen nüchtern ein, daß Deutschland wie<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

„Missionsland“ gewor<strong>de</strong>n sei.<br />

17 Schon früh hat Pernice, <strong>Religionsrecht</strong>liche Aspekte <strong>im</strong> <strong>Europäischen</strong> Gemeinschaftsrecht,<br />

JZ 1977, S. 777 ff., 780, die F<strong>ra</strong>ge <strong><strong>de</strong>r</strong> „Fortschreibung innerstaatlich gewährter<br />

,Privilegien‘ für Religionsgemeinschaften auf europäischer Ebene“ aufgeworfen. Nach<br />

längerem Stillschweigen wur<strong>de</strong> die F<strong>ra</strong>ge von Hollerbach, Europa und das Staatskirchenrecht,<br />

ZevKR 35 (1990), S. 250 ff., neu aufgegriffen und erfuhr ab Mitte <strong><strong>de</strong>r</strong> 90er Jahre eine<br />

verstärkte Auseinan<strong><strong>de</strong>r</strong>setzung in <strong><strong>de</strong>r</strong> religionsrechtlichen Lite<strong>ra</strong>tur.<br />

18 Diese Terminologie wählte das BVerfG <strong>im</strong> „Kruzifix-Urteil“, BVerfGE 93, S. 1 ff., 22.<br />

Auch Kirchhof, Die Gewaltenbalance zwischen staatlichen und europäischen Organen,<br />

JZ 1998, S. 965, mahnt eine Rückbesinnung auf die Quellen <strong>de</strong>s Europarechts an, die aus<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> europäischen T<strong>ra</strong>dition nicht nur <strong><strong>de</strong>r</strong> Aufklärung, <strong>de</strong>s Humanismus und <strong>de</strong>s Wirtschaftslibe<strong>ra</strong>lismus,<br />

son<strong><strong>de</strong>r</strong>n ge<strong>ra</strong><strong>de</strong> auch <strong>de</strong>s Christentums flössen. Ähnlich: Folkers, Grundwerte<br />

in unserer Verfassung – ihr religiöser Ursprung und Gehalt, KuR 110, S. 73 ff., 74.<br />

19 Delors, Zitat bei Göckenjan, Europäische Ökumenische Kommission für Kirche und<br />

Gesellschaft (EECCS), MD 1996, S. 28 ff., 30.

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