Plattform 20000frauen - Eine Dokumentation der ... - genderraum
Plattform 20000frauen - Eine Dokumentation der ... - genderraum
Plattform 20000frauen - Eine Dokumentation der ... - genderraum
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Einleitung:<br />
100 Jahre Internationaler Frauentag – 100 Jahre Frauendemonstrationen auf <strong>der</strong> Wiener Ringstraße<br />
(fast) alle Unterschiede hinweg, miteinan<strong>der</strong> zu gehen. Dem Erfolg sind viele Diskussionen,<br />
politische Debatten, überregionale Vernetzungsarbeit und intensive Pressearbeit vorausgegangen.<br />
Viele Themen in den Diskussionen haben sich in alter Form wie<strong>der</strong>holt und nichts von<br />
ihrer Sprengkraft eingebüßt: Sollen Männer mitgehen dürfen o<strong>der</strong> nicht? Wie autonom kann<br />
das Bündnis sein? Viele Gruppendynamiken <strong>der</strong> 1970er und 1980er Jahre wie<strong>der</strong>holten sich:<br />
Wer spricht? Wie können leise, zurückhaltende Frauen motiviert werden, zu sprechen? Ermöglicht<br />
das Kollektiv ausreichend Partizipation? Wie basisdemokratisch ist die Gruppe in ihren<br />
Entscheidungen? Welche inhaltlichen Debatten müssen unbedingt geführt werden, welche<br />
an<strong>der</strong>en können auf später vertagt werden?<br />
Die hohe soziale Kompetenz aller in den immer wie<strong>der</strong> auch leidenschaftlich und kontrovers<br />
geführten Diskussionen war im Verlauf <strong>der</strong> Organisation auffallend. Der Schritt zurück war<br />
möglich, das Akzeptieren o<strong>der</strong> zumindest Respektieren <strong>der</strong> Meinungen an<strong>der</strong>er Frauen ist<br />
über alle Meinungsverschiedenheiten hinweg gut gelungen.<br />
Die regelmäßigen Besprechungen wurden mo<strong>der</strong>iert und angeleitet, Arbeitsgruppen gebildet,<br />
eine Steuergruppe (Koordinierungsgruppe) hat sich nach kurzer Zeit herauskristallisiert. Eigenverantwortlich<br />
und engagiert haben Frauen verschiedenster sozialer, politischer und persönlicher<br />
Herkunft miteinan<strong>der</strong> gearbeitet, kreiert, getextet, mobilisiert, Anträge geschrieben und<br />
Transparente gemalt. Wir haben einan<strong>der</strong> gegenseitig ermutigt und mit Humor die Spannungen<br />
gelockert. Wir haben viel gelacht und hatten viel Spaß!<br />
So manche konnte sich in aller Freiheit in neuen Rollen versuchen – als Rednerin, als<br />
Flashmob-Aktivistin, als Schreibende, als Agitierende o<strong>der</strong> als politisch Strickende. Die politisch<br />
Routinierten sind in Austausch mit den weniger Geschulten getreten. Das Bemühen alle<br />
mitreden und mitgestalten zu lassen und mit einzuschließen war groß. Misstrauen musste<br />
abgebaut, alte politische Animositäten hintan gestellt, neue Frauen mit ihrem Wissen und<br />
Engagement und mit ihren an<strong>der</strong>en Zugängen zugelassen werden. Die Themen waren vielfältig,<br />
die Diskussionen abwechslungsreich, intensiv und konstruktiv. Pragmatismus hat sich mit<br />
dem näher rückenden Demonstrations-Termin in den Vor<strong>der</strong>grund gespielt. Und zwischen<br />
belebendem Aktiv-Sein immer wie<strong>der</strong> auch die Sorge: „Werden Frauen kommen? Werden wir<br />
genug sein? Holen feministische Themen Frauen noch hinter dem Ofen hervor?“ An manchen<br />
Tagen überwog an Größenwahn grenzen<strong>der</strong> Optimismus: „Wir werden 20.000 Frauen und<br />
mehr! Wir werden die dritte Frauenbewegung und in ein paar Jahren wird davon gesprochen<br />
werden, dass wir zur Elfer-Generation (2011) gehören (analog zur 1968er-Generation). An<br />
an<strong>der</strong>en Tagen waren sich die Aktivistinnen fast sicher: „Wir werden allein da stehen...“ Die<br />
emotionalen Achterbahn-Fahrten und Adrenalin–Schübe waren Motor und Reiz zugleich.<br />
Schließlich <strong>der</strong> 19. März 2011: wolkenverhangen, ein eisiger Wind. So manche <strong>der</strong> Organisatorinnen<br />
ist die Nacht davor wach gelegen, hat noch Listen geschrieben, an den Reden gefeilt<br />
o<strong>der</strong> war einfach nur aufgeregt. Und schließlich <strong>der</strong> Auftakt am Schwarzenbergplatz: Die Frauen<br />
(und einige Männer) kommen doch! Es werden immer mehr. Es wird immer bunter. Es wird<br />
gelacht, gesprochen, skandiert, gejubelt und gepfiffen, gesungen und getanzt. Die <strong>Plattform</strong>-<br />
Frauen sind vor allem mit ihren Aufgaben beschäftigt, so manche hat erst im Nachhinein beim<br />
Ansehen <strong>der</strong> Videos und Fotos die ganze Dimension erfasst und sich daran gefreut. Das<br />
große Staunen über das Gelingen <strong>der</strong> gewagten Unternehmung greift Raum: Es waren viele<br />
und es waren viele verschiedene Frauen! Es sind auch die Zweiflerinnen gekommen und die<br />
10