WDR feuert Claudia Ludwig - Bund gegen Missbrauch der Tiere ev
WDR feuert Claudia Ludwig - Bund gegen Missbrauch der Tiere ev
WDR feuert Claudia Ludwig - Bund gegen Missbrauch der Tiere ev
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April 2012<br />
DAS RECHT DER TIERE<br />
T IERSCHUTZMAGAZIN VOM B UND G EGEN M ISSBRAUCH DER T IERE E.V.<br />
IMMER MEHR BÜRGER FORDERN:<br />
Politiker, verbietet<br />
endlich die Zoophilie!<br />
KEINE<br />
GLÜCKSBRINGER<br />
WIE HUFEISEN<br />
DEN PFERDEN<br />
SCHADEN<br />
KÖLN<br />
POLIZEI BEENDET<br />
ILLEGALE<br />
HAHNENKÄMPFE<br />
NEUER TREND:<br />
"KANINHOP"<br />
MEHR TIERQUÄLEREI<br />
ALS SPORT
Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> 1/2012<br />
2<br />
I NHALT<br />
5<br />
Protest<br />
<strong>WDR</strong> <strong>feuert</strong> <strong>Claudia</strong> <strong>Ludwig</strong><br />
16<br />
Hufeisen<br />
Wie sie <strong>der</strong> Pferde-Gesundheit schaden<br />
20 Köln<br />
Illegale Hahnenkämpfe aufgedeckt<br />
4 AKTUELL<br />
Großdemo in Köln<br />
Bürger <strong>gegen</strong> sexuellen <strong>Missbrauch</strong> von <strong>Tiere</strong>n<br />
10 JAGD<br />
Abschuss von Krähen nimmt zu<br />
Impressum<br />
DAS RECHT DER TIERE Nr. 1/2012 Mitglie<strong>der</strong>zeitschrift des <strong>Bund</strong><br />
<strong>gegen</strong> <strong>Missbrauch</strong> <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> e. V.; Herausgeber: <strong>Bund</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Missbrauch</strong><br />
<strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> e.V, Viktor-Scheffel-Str. 15, 80803 München, Deutschland, Email:<br />
mail@bmt-tierschutz.de; Redaktion: Verantwortlicher Redakteur .i.S.d.P.:<br />
<strong>Claudia</strong> Lotz, Tel.: (030) 80 58 33 -38, Fax: -39, Petra Zipp, Tel.: (07121)<br />
820 17 -0, Fax: -18; Rubrik Tierschutzpolitik Verantwortlicher Redakteur<br />
i.S.d.P.: Torsten Schmidt, Tel.: (04642) 92 24 97;<br />
Gestaltung: Stefan Lotz, Andrea Sturm;<br />
6 TITEL<br />
Interview mit Dr. Leondarakis<br />
Warum ist Zoophilie in Deutschland nicht verboten?<br />
12 TIERSCHUTZPOLITIK<br />
Die Novellierung des Tierschutzgesetzes<br />
13 AUSLANDSTIERSCHUTZ I<br />
Rumänien: Bei Brasov soll ein Internierungslager<br />
für Straßenhunde entstehen<br />
14 AUSLANDSTIERSCHUTZ II<br />
Petra Zipp als Referentin bei <strong>der</strong><br />
2. Tierschutztagung in Litauen<br />
16 PFERDE<br />
Dr. Hiltrud Strasser über die Gesundheit von Pferden<br />
20<br />
47 ADRESSEN<br />
bmt-GESCHÄFTSSTELLEN<br />
20 TH Köln Illegale Hahnenkämpfe in Köln<br />
22 Franziskus TH Liebeserklärung an Cosmo<br />
24 TH Hage Das Tierheim Hage vergrößert sich<br />
28 TH Kassel Sisyphusarbeit bei Meerschweinchen & Co<br />
30 TH Arche Noah Kennen Sie den "Trendsport" Kaninhop?<br />
33 Vergesellschaftung von Meerschweinchen<br />
34 Katzenhaus Nach 12 Jahren Tierheim ein Zuhause!<br />
36 TH Elisabethenhof Bauarbeiten an den Hundezwingern<br />
38 Gst NRW Ein Plädoyer für alte und ältere Hunde<br />
40 Gst Berlin Protest <strong>gegen</strong> geplantes Tierversuchslabor<br />
42 bmt-Außenstelle Die "Wolfsranch" in Stedten/Kranichfeld<br />
44 TSZ Pfullingen Wie ein Dreamteam entsteht<br />
48 EINLADUNG ZUR JAHRESHAUPTVERSAMMLUNG<br />
Dieses Mal findet die JHV in Reutlingen statt!<br />
ANZEIGEN Markt & Service 19 und 27<br />
10 Feldzug <strong>gegen</strong> Krähen<br />
Rabenvögel "vom Himmel holen"<br />
Druck: L.N. Schaffrath DruckMedien, Gel<strong>der</strong>n;<br />
Übernahme von Artikeln, auch auszugsweise, nur mit Quellenangabe<br />
gestattet. Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem Papier.<br />
Auflage: 39.000 Exemplare,<br />
Verantwortlich für den Anzeigenteil:<br />
Anzeigen-Büro Udo Kraushaar,<br />
Email: bmt@anzeigen-buero.de,<br />
Tel. (0 28 45) 53 86, Fax (0 28 45) 80 69 49
Tierschutz im Grundgesetz -<br />
keine Erfolgsgeschichte!<br />
Liebe Mitglie<strong>der</strong>, liebe Tierfreunde,<br />
Am 5. April bat mich <strong>der</strong> Deutschlandfunk zu einem Interview ins<br />
Studio. Das Thema: Artgerecht, vegetarisch o<strong>der</strong> gar vegan?<br />
Essgenuss ohne Tierleid. Die Bilanz von zehn Jahren Staatsziel<br />
Tierschutz.<br />
"Dass <strong>der</strong> Tierschutz ins Grundgesetz aufgenommen wurde, ist mit Sicherheit das schönste Geschenk<br />
für Ihren Verein", schrieb im August 2002 die damalige <strong>Bund</strong>esministerin Renate Künast dem bmt zu<br />
seinem 50jährigen Jubiläum. Ich erinnere mich noch an diesen für mich persönlich sehr bewegenden<br />
17. Mai * ) , als Renate Künast nach <strong>der</strong> Abstimmung im Deutschen <strong>Bund</strong>estag vor die wartenden<br />
Tierschützer und Journalisten trat. In ihren Händen hielt sie ein Schild, auf dem die drei entscheidenden<br />
Worte standen: UND DIE TIERE.<br />
Viele von uns konnten die Freudentränen nicht zurückhalten. Wenn sich <strong>der</strong> Staat nun zum<br />
beson<strong>der</strong>en Schutz <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> verpflichtet, sagten wir uns, kann er nicht gleichzeitig vor den<br />
drängenden Tierschutzproblemen die Augen verschließen. Ist die Verankerung des Tierschutzes im<br />
Grundgesetz noch vereinbar mit dem Leid <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> in Tierversuchen, auf Schlachttiertransporten, in<br />
<strong>der</strong> intensiven Massentierhaltung und vielen weiteren Gebieten mehr?<br />
Nein, da waren wir uns sicher: Dieser Tag würde ein Meilenstein werden; die Abwägung zwischen<br />
Tierschutz und an<strong>der</strong>en verfassungsrechtlich geschützten Gütern müsste ein neues Gewicht<br />
bekommen. Doch heute, nach einem Jahrzehnt, erkenne ich: Die Staatszielbestimmung Tierschutz hat<br />
NICHTS bewirkt - für kein Mastschwein, keine Pute, für keine Versuchsmaus und keinen<br />
Zirkuselefanten.<br />
Dafür sehe ich aber etwas an<strong>der</strong>es: Unsere Gesellschaft wandelt sich, die Menschen beginnen zu<br />
hinterfragen, ob es richtig sein kann, unseren Wohlstand und Überfluss auf Kosten <strong>der</strong> Schwächsten<br />
zu leben.<br />
Noch sind solche kritischen Stimmen in <strong>der</strong> Min<strong>der</strong>heit. Aber aus ihnen einen kraft- und machtvollen<br />
Strom werden zu lassen, <strong>der</strong> Entwicklungen in Gang setzt, die dem Artikel 20a Grundgesetz wirklich<br />
gerecht werden, wäre mein Traum zum 60jährigen Jubiläum des Vereins.<br />
"Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen<br />
Lebensgrundlagen und die <strong>Tiere</strong> im Rahmen <strong>der</strong> verfassungsmäßigen Ordnung durch die<br />
Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die<br />
Rechtsprechung."<br />
Ihre<br />
Petra Zipp, bmt-Vorsitzende<br />
* ) Der <strong>Bund</strong>esrat stimmte dieser Entscheidung am 21. Juni zu.<br />
Am 1. August 2002 trat die Neufassung von Artikel 20a in Kraft.<br />
A UF EIN W ORT<br />
bmt-Vorsitzende Petra Zipp<br />
Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> 1/2012<br />
3
Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> 1/2012<br />
4<br />
"Stoppt den sexuellen<br />
<strong>Missbrauch</strong> von <strong>Tiere</strong>n <strong>Tiere</strong>n!" !"<br />
Große Marschdemo in Köln<br />
Erstaunen, Ungläubigkeit und Entsetzen - diese Gefühlsregungen<br />
zeigten sich abwechselnd auf den<br />
Gesichtern <strong>der</strong> Passanten, als die Marschdemo <strong>gegen</strong><br />
sexuellen <strong>Missbrauch</strong> von <strong>Tiere</strong>n am 24. März<br />
2012 an ihnen vorbeizog. Knapp 400 Tierschützer<br />
haben sich daran beteiligt - darunter auch viele Ju-<br />
Seit Herbst 2011 war <strong>der</strong> Termin in allen<br />
Tierschutzforen von <strong>der</strong> Organisatorin<br />
Ulla Saure von <strong>der</strong> tierleid.org bekannt<br />
gegeben worden - und keiner<br />
hätte wohl bei diesem Tabuthema mit<br />
einer solchen Beteiligung gerechnet.<br />
Viele <strong>der</strong> Demonstranten trugen die<br />
auffälligen orangen Westen mit dem<br />
Leitspruch "Stoppt den sexuellen <strong>Missbrauch</strong><br />
von <strong>Tiere</strong>n", es gab Sticker und<br />
die Petition, die selbst am Marschweg<br />
unterschrieben wurde. Immer wie<strong>der</strong><br />
wurden über Megaphone Parolen für<br />
den Schutz <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> verbreitet und Ministerin<br />
Aigner aufgefor<strong>der</strong>t, endlich zu<br />
handeln.<br />
Dieses Tierschutzthema öffentlich anzusprechen<br />
und sich für eine Än<strong>der</strong>ung<br />
<strong>der</strong> Gesetzgebung einzusetzen, ist für<br />
uns als Tierheim Köln-Dellbrück eine<br />
Pflicht. Unter den vielen misshandelten<br />
<strong>Tiere</strong>n, die in den vergangen Jahren zu<br />
uns gebracht wurden, sind mit Sicherheit<br />
Opfer sexuellen <strong>Missbrauch</strong>s gewesen,<br />
ohne dass wir es nachweisen<br />
konnten. Vor einigen Jahren bekamen<br />
wir eine Notfallmeldung aus <strong>der</strong> Türkei.<br />
Eine sexuell<br />
missbrauchte<br />
Kangalhündin<br />
wurde von Tierschützerngerettet<br />
und sollte<br />
nach Deutschland<br />
gebracht<br />
werden. Sofort<br />
gaben wir grünes<br />
Licht für die<br />
Aufnahme <strong>der</strong><br />
Hündin, lei<strong>der</strong><br />
gendliche, die sich mit dem Thema auseinan<strong>der</strong>gesetzt<br />
haben und ernst ihre selbstgestalteten Plakate<br />
hochhielten. Viele Hunde - darunter auch unsere<br />
seit kurzem vermittelte Staffordshire Terrier Hündin<br />
"Berta" - sind den zweistündigen Rundweg durch die<br />
Kölner Innenstadt mitgelaufen.<br />
erlag sie vor Ort noch ihren Verletzungen<br />
Zum großen Entsetzen aller gab es bei<br />
<strong>der</strong> Demonstration auch Gegenaktivisten,<br />
die sich tatsächlich öffentlich zu<br />
ihrer Neigung und ihrem <strong>Missbrauch</strong><br />
an <strong>Tiere</strong>n bekannten. So folgten drei<br />
Personen <strong>der</strong><br />
Organisation<br />
"ZETA" (ZoophilesEngagement<br />
für<br />
Toleranz und<br />
Aufklärung)<br />
mit ihrer grauschwarzgeflecktenDogge<br />
dem Demozug,<br />
bis sie<br />
von <strong>der</strong> Polizei<br />
Demonstranten for<strong>der</strong>n von <strong>Bund</strong>esministerin Ilse Aigner:<br />
Zoophilie muss verboten werden!
ausgeschlossen wurden und Abstand<br />
halten mussten. Eigens für die Veranstaltung<br />
hatten sie einen Flyer in eigener<br />
Sache drucken lassen und nutzten<br />
die Demo, um Aufmerksamkeit zu erlangen.<br />
Zoophilie ist in Deutschland nicht verboten<br />
und das Einzige, was die Polizei<br />
tun konnte, war die Personalien festzustellen.<br />
Wir haben über das Kölner Veterinäramt<br />
eine Überprüfung des Besitzers<br />
<strong>der</strong> Dogge in die Wege geleitet, er<br />
kommt allerdings nicht aus Köln. Wir<br />
werden das nicht aus den Augen ver-<br />
Die Welle <strong>der</strong> Empörung<br />
schlug hoch,<br />
nachdem wir auf unserer<br />
Homepage und bei<br />
Facebook eine entsprechende<br />
Notiz veröffentlich<br />
hatten. Täglich<br />
erreichten uns<br />
Hun<strong>der</strong>te Mails von<br />
empörten und bitter<br />
enttäuschten Menschen, die <strong>Claudia</strong> <strong>Ludwig</strong> helfen wollten.<br />
Uns ging es ja genauso - und so organisierten wir den gemeinsamen<br />
Protest.<br />
In Windeseile ließen wir Protestkarten an den <strong>WDR</strong> drucken.<br />
Dann veranstalteten wir knappe zwei Wochen später eine<br />
große Aktion auf dem Wallraffplatz direkt vor <strong>der</strong> Haustür des<br />
Westdeutschen Rundfunks in Köln.<br />
Viele <strong>der</strong> 150 Tierschutzvereine und Tierheime aus Nordrhein-Westfalen,<br />
die wir eingeladen hatten, sich zu beteiligen,<br />
wurden aktiv: Sie for<strong>der</strong>ten unsere Protestkarten und Unterschriftenlisten<br />
an, hatten Termin und Texte auf ihren Homepages<br />
veröffentlicht o<strong>der</strong> sie waren anwesend - sogar aus<br />
Ostfriesland reisten Tierschützer und Fans <strong>der</strong> Sendung an.<br />
Durch große Aufstellwände mit Protestbriefen, den Presseberichten<br />
und einer Fotowand mit vielen Situationen mit<br />
<strong>Claudia</strong> <strong>Ludwig</strong> in unserem Tierheim sind unzählige Passanten<br />
stehengeblieben und es gab kaum einen, <strong>der</strong> nicht unterschrieben<br />
hat. Unsere "lebende" Klagemauer verlängerte sich<br />
ständig um Protestschreiben, Fotos und sogar um Stofftiere.<br />
<strong>Claudia</strong> <strong>Ludwig</strong> hat seit ihrer Mo<strong>der</strong>ation <strong>der</strong> Sendung den<br />
Tierschutz in Deutschlands Wohnzimmer gebracht. Sie ist<br />
das Gesicht <strong>der</strong> Sendung, sie hat die Sendung gestaltet und<br />
ZETA-Mitglied bekannte sich auf<br />
Demo offen zu seiner Neigung<br />
A KTUELL<br />
lieren und bei dem zuständigen Amt<br />
nachhaken. Beim Anblick dieses resignierten<br />
Hundes standen vielen Teilnehmern<br />
<strong>der</strong> Demo die Tränen in den Augen.<br />
Wir können nur hoffen, dass mit dieser<br />
Demonstration etwas in Bewegung gesetzt<br />
wird, was schon längst fällig ist: Eine<br />
Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Strafgesetzgebung,<br />
denn das Tierschutzgesetz bietet keinen<br />
ausreichenden Schutz vor sexuellen<br />
Übergriffen an <strong>Tiere</strong>n.<br />
Texte: Heike Bergmann,<br />
Fotos: Heike Bergmann, Silvia Hemmerling<br />
<strong>WDR</strong> <strong>feuert</strong> <strong>Claudia</strong> <strong>Ludwig</strong><br />
"TIERE SUCHEN EIN ZUHAUSE" künftig<br />
ohne die beliebte Mo<strong>der</strong>atorin<br />
geprägt. Mit ihr geht nicht nur eine beliebte und erfolgreiche<br />
Mo<strong>der</strong>atorin. <strong>Claudia</strong> <strong>Ludwig</strong> ist eine Tierschützerin, die auch<br />
außerhalb <strong>der</strong> Sendung für die <strong>Tiere</strong> im In- und Ausland da<br />
ist.<br />
Zudem ist sie Journalistin, Filmemacherin und Autorin, immer<br />
im Auftrag <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong>. Die Personalpolitik, die <strong>der</strong> <strong>WDR</strong> vorgelegt<br />
hat, hätte man von einem privaten Sen<strong>der</strong> erwarten<br />
können, mit Sicherheit aber nicht von einem öffentlich-rechtlichen.<br />
Dies hat dem <strong>WDR</strong> in Presse und Politik herbe Kritik<br />
eingebracht. An <strong>der</strong> Entscheidung wird sich nichts än<strong>der</strong>n,<br />
<strong>der</strong> <strong>WDR</strong> sitzt das augenscheinlich aus.<br />
Den Ankündigungen aller enttäuschten Fans zufolge wird die<br />
Sendung ab Mai mit großen Zuschauerverlusten zu rechnen<br />
haben, sie wird regelrecht boykottiert werden.<br />
Es versteht sich von selbst, dass wir bis auf weiteres nicht an<br />
<strong>der</strong> Sendung teilnehmen werden und von einer Mitwirkung<br />
an Beiträgen absehen. Die Protestkarten, Unterschriftenlisten<br />
und unzähligen Zuschriften werden wir in Kürze <strong>der</strong> Intendantin<br />
des Westdeutschen Rundfunks, Monika Piel, persönlich<br />
übergeben.<br />
Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> 1/2012<br />
5
Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> 1/2012<br />
6<br />
T ITELTHEMA<br />
Man darf keine Schriften verbreiten, die Menschen bei<br />
sexuellen Handlungen mit <strong>Tiere</strong>n zeigen, aber es ist erlaubt,<br />
sexuelle Handlungen an <strong>Tiere</strong>n vorzunehmen.<br />
Über diesen zynisch anmutenden Wi<strong>der</strong>spruch, <strong>der</strong> zugleich<br />
eine Gesetzlücke im deutschen Strafrecht darstellt,<br />
spricht <strong>Claudia</strong> Lotz mit Dr. Konstantin Leondarakis.<br />
Der Göttinger Rechtsanwalt, Schwerpunkt Umwelt- und<br />
Tierschutzrecht, vertritt den Standpunkt, dass Zoophilie<br />
(früher Sodomie) verboten werden muss, weil das<br />
Tierschutzgesetz <strong>Tiere</strong> vor sexuell motivierten Übergriffen<br />
nicht schützen kann. "Die allerwenigsten Menschen",<br />
sagt Dr. Leondarakis, "wissen um diese beson<strong>der</strong>s<br />
perfide Form <strong>der</strong> Tierquälerei, aber wenn sie<br />
es hören, for<strong>der</strong>n sie alle ein sofortiges Verbot!"<br />
Warum ...<br />
Z
OOPHILIE<br />
Des Menschen Lust,<br />
des <strong>Tiere</strong>s Leid<br />
... in Deutschland (noch) nicht verboten ist!<br />
RdT: Sie haben für den bmt gerade<br />
Strafanzeige <strong>gegen</strong> einen Mann gestellt,<br />
<strong>der</strong> Bil<strong>der</strong> seines von ihm fürchterlich<br />
misshandelten Schäferhundes<br />
ins Netz gestellt hatte. Der an Beinen<br />
und Schnauze rücklings auf einen Tisch<br />
gefesselte Hund Trasko wird auf <strong>der</strong> Fotoserie<br />
(an seinen Genitalien) gequält -<br />
die Bil<strong>der</strong> lassen eindeutig Rückschlüsse<br />
auf sexuell motivierte Tierquälerei<br />
zu. Wie wahrscheinlich ist es, dass <strong>der</strong><br />
o<strong>der</strong> die Täter bestraft werden?<br />
Dr. Konstantin Leondarakis: Vorab<br />
noch Grundsätzliches: Gegenwärtig<br />
besteht in Deutschland die Situation,<br />
dass Zoophilie, bzw. Sodomie, nicht<br />
unter Strafe gestellt ist. Das heißt, sexuelle<br />
Handlungen mit einem Tier sind<br />
nicht strafbar, so lange nicht dabei<br />
gleichzeitig die Voraussetzungen einer<br />
Tierquälerei nach § 17 TierSchG erfüllt<br />
sind.<br />
Nach meinen Erfahrungen stellt ein objektiver<br />
Mensch jede sexuelle Handlung<br />
mit einem Tier einer Tierquälerei<br />
gleich. Dies entspricht aber nicht <strong>der</strong><br />
Realität. Da <strong>der</strong> Gesetzgeber an den<br />
Straftatbestand <strong>der</strong> Tierquälerei nach<br />
§ 17 TierSchG sehr hohe Anfor<strong>der</strong>ungen<br />
stellt, ist nur in den allerwenigsten<br />
Fällen von sexuellen Handlungen mit<br />
<strong>Tiere</strong>n eine Verurteilung wegen einer<br />
Tierquälerei nach § 17 TierSchG tatsächlich<br />
möglich. Das ist für den Bürger<br />
nicht nachvollziehbar, aber <strong>gegen</strong>wärtig<br />
geltendes Recht.<br />
Im vorliegenden Fall wurde Strafanzeige<br />
gestellt, da hier die sexuellen Hand-<br />
lungen mit dem Tier klar auf eine erhebliche<br />
Tierquälerei schließen lassen.<br />
Es ist unklar, ob das Tier diese sexuellen<br />
Handlungen überlebt hat. Eine Prognose,<br />
wie wahrscheinlich eine Verurteilung<br />
<strong>der</strong> o<strong>der</strong> des Täters erfolgt,<br />
wage ich jedoch nicht. Dafür bin ich zu<br />
häufig, beson<strong>der</strong>s von den Strafverfolgungsbehörden<br />
und den Gerichten,<br />
bei <strong>der</strong> Verfolgung bestehen<strong>der</strong> Tierquälereien<br />
enttäuscht worden.<br />
RdT: In <strong>der</strong> Schweiz, Frankreich, Großbritannien<br />
und Belgien werden sexuelle<br />
Handlungen an <strong>Tiere</strong>n unter Strafe<br />
gestellt, die Nie<strong>der</strong>lande, Schweden<br />
und Norwegen folgen voraussichtlich<br />
in Kürze mit entsprechenden gesetzlichen<br />
Regelungen. Warum ist Zoophilie<br />
in Deutschland noch immer erlaubt,<br />
obwohl die Vergangenheit gezeigt hat,<br />
dass das Tierschutzgesetz <strong>Tiere</strong> vor sexuell<br />
motivierten Taten nicht ausreichend<br />
zu schützen vermag?<br />
Dr. Konstantin Leondarakis: Ich<br />
kann Ihnen nicht sagen, warum die<br />
Zoophilie in Deutschland noch immer<br />
erlaubt ist. Umso unverständlicher, als<br />
die Verbreitung von Schriften, wenn sie<br />
sexuelle Handlungen von Menschen mit<br />
<strong>Tiere</strong>n zum Gegenstand haben, nach<br />
den §§ 11, 184a StGB verboten ist.<br />
Wir haben also die unglaubliche strafrechtliche<br />
Situation, dass die sexuelle<br />
Handlung mit <strong>Tiere</strong>n an sich erlaubt,<br />
die Verbreitung von Schriften über die<br />
sexuelle Handlung aber strafrechtlich<br />
sanktioniert und verboten ist. Es besteht<br />
hier also eine deutliche Rechtslücke!<br />
T ITELTHEMA<br />
Ein Hauptgrund dafür scheint mir, dass<br />
diese Thematik den meisten Bürgern,<br />
aber auch den Politikern in Deutschland,<br />
überwiegend völlig unbekannt ist.<br />
Denn wenn man unvoreingenommene<br />
Bürger darauf anspricht, dass Zoophilie<br />
in Deutschland nicht strafbar ist, so<br />
zeigen sie nach meiner Erfahrung ausschließlich<br />
erhebliche Empörung und<br />
absolutes Unverständnis. Insoweit<br />
scheint es mir sehr wichtig, dass hier<br />
noch erhebliche Aufklärung geleistet<br />
wird, dass sexuelle Handlungen mit<br />
<strong>Tiere</strong>n <strong>gegen</strong>wärtig nur in den wenigsten<br />
Fällen in Deutschland unter Strafe<br />
stehen.<br />
RdT: Bis 2013 muss <strong>der</strong> bundesdeutsche<br />
Gesetzgeber die EU-Tierversuchsrichtlinie<br />
in nationales Recht umsetzen.<br />
Wie hoch ist die Chance, dass im Zuge<br />
<strong>der</strong> anstehenden Novellierung des<br />
Tierschutzgesetzes auch das Zoophilie-<br />
Verbot (wie<strong>der</strong>) festgeschrieben wird?<br />
Dr. Konstantin Leondarakis: Mir<br />
ist keine ausdrückliche Bereitschaft einer<br />
Partei, ein Zoophilie-Verbot zu no-<br />
Schäferhund Trasko. Die Bil<strong>der</strong> seiner<br />
Misshandlungen wurden nach drei<br />
Tagen aus dem Netz genommen.<br />
Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> 1/2012<br />
7
Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> 1/2012<br />
8<br />
T ITELTHEMA<br />
minieren, bekannt. Dabei wäre ein Verbot<br />
nicht schwierig durchzusetzen, weil<br />
es we<strong>der</strong> wirtschaftliche, noch soziale<br />
Argumente da<strong>gegen</strong> ein solches Verbot<br />
gibt und insoweit kein Wi<strong>der</strong>stand von<br />
<strong>der</strong> Wirtschaft o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Gruppen<br />
zu erwarten ist.<br />
Gleichzeitig halte ich die Wahrscheinlichkeit<br />
bei <strong>der</strong> anstehenden Novellierung<br />
des Tierschutzgesetzes eher für<br />
gering, da die Novellierung ja auch<br />
nicht dem beson<strong>der</strong>en Interesse <strong>der</strong><br />
Parteien an einem Schutz <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong>,<br />
son<strong>der</strong>n vielmehr europäischen Zwängen<br />
geschuldet ist. Eine Verän<strong>der</strong>ung<br />
könnte eintreten, wenn das Thema in<br />
<strong>der</strong> Öffentlichkeit stärker thematisiert<br />
würde. Denn <strong>der</strong> Politiker möchte ja<br />
gewählt werden.<br />
Erwähnt werden müssen hier allerdings<br />
die seit langem bestehenden, erheblichen<br />
Bemühungen einzelner Politiker,<br />
wie <strong>der</strong> Landestierschutzbeauftragten<br />
des Landes Hessen, Frau Dr. Madeleine<br />
Martin, die seit vielen Jahren versucht,<br />
ein Zoophilie-Verbot zu erreichen.<br />
RdT: Auch Sie machen sich mit vielen<br />
Eine <strong>der</strong> fürchterlichsten Seiten im Internet - www.<strong>gegen</strong>hund.org<br />
(früher www.<strong>gegen</strong>hund.net und www.<strong>gegen</strong>hund.info)<br />
- widmet sich ausschließlich <strong>der</strong> Tötung von Hunden.<br />
Alle Rubriken (Hundeschlachtsport, Hundegulasch <strong>gegen</strong><br />
Kin<strong>der</strong>hunger, Hundeschächtanleitung etc.) behandeln ausführlich<br />
(und rufen zur Nachahmung auf!) die Tötung, die<br />
Schlachtung, das Quälen, die Freude am nicht enden wollenden<br />
Leid misshandelter Hunde und dokumentieren Gesagtes<br />
mit Fotos. Sind schon die Textausführungen kaum zu<br />
ertragen, lassen die Fotos - einmal gesehen - den Betrachter<br />
kaum noch los. Bil<strong>der</strong> von chinesischen Hundemärkten, aus<br />
Schlachthäusern, Asiaten beim "Zubereiten" und Zerlegen<br />
von Hunden, Bil<strong>der</strong> von geschächteten, erschossenen und<br />
verbrannten <strong>Tiere</strong>n.<br />
Die Bildunterschriften, wie "messerfreie Welpenöffnung" zu<br />
einem toten Welpen, dem Hände in die blutigen Eingeweide<br />
fassen o<strong>der</strong> "Der Weltmeister im Köterumtopfen" zu einer Szene<br />
eines sich sträubenden Hundes, <strong>der</strong> von einem Asiaten offensichtlich<br />
zum Verzehr getötet werden soll, sind dabei an<br />
zynischer Grausamkeit nicht mehr zu überbieten.<br />
Pferde, Maultiere und Esel zählen<br />
zu den "beliebten Sexualobjekten"<br />
von Zoophilien<br />
namhaften Kollegen für eine Strafbarkeit<br />
von Zoophilie stark und vertreten<br />
damit sicherlich die Auffassung einer<br />
gesellschaftlichen Mehrheit, wenn sie<br />
denn von dem Thema erführe. Und<br />
doch gibt es Juristen, die ein erneutes<br />
Verbot von sexuellen Handlungen an<br />
<strong>Tiere</strong>n ablehnen. Welche Argumente<br />
führen die Kritiker ins Feld?<br />
Dr. Konstantin Leondarakis:<br />
Stichhaltige Argumente für ein Verbot<br />
von sexuellen Handlungen an <strong>Tiere</strong>n<br />
sind mir nicht erkennbar. Vereinzelt<br />
wird tatsächlich noch das Argument<br />
eingeführt, dass es sich insoweit quasi<br />
um eine Wie<strong>der</strong>einführung des § 175<br />
StGB insgesamt handeln würde. Vielfach<br />
besteht auch <strong>der</strong> Irrglaube, das<br />
1969 aufgehobene Verbot <strong>der</strong> Sodomie<br />
nach § 175 b StGB sei von den<br />
Nazis normiert worden. Tatsächlich<br />
bestand ein solches Verbot aber durch<br />
§ 175 StGB seit 1871 durch das preußische<br />
Strafgesetzbuch. Greifbare Argumente<br />
bestehen also nicht.<br />
RdT: Warum ist <strong>der</strong> sexuelle <strong>Missbrauch</strong><br />
von <strong>Tiere</strong>n - bei aller Aufgeklärtheit<br />
<strong>der</strong> Gesellschaft - noch immer ein<br />
so großes Tabuthema? Was hält Ihrer<br />
Meinung nach viele Menschen davon<br />
ab, Zoophilie als eigenständiges und<br />
scheinbar immer massiver werdendes<br />
Tierschutzproblem wahrzunehmen?<br />
Dr. Konstantin Leondarakis:<br />
Nach meiner Erfahrung handelt es sich<br />
nicht um ein Tabuthema, vielmehr ist es<br />
einfach zu wenig bekannt. Die Medien<br />
sind hier dringend aufgefor<strong>der</strong>t, über<br />
dieses Thema zu berichten. Gegenwärtig<br />
sind sexuelle Handlungen an<br />
<strong>Tiere</strong>n nicht verboten. Dieser Zustand,<br />
<strong>der</strong> nach meiner Auffassung nicht von<br />
<strong>der</strong> Gesellschaft mitgetragen wird, son<strong>der</strong>n<br />
höchstens von wenigen, sollte<br />
Gegenstand von Veröffentlichungen<br />
sein. Es sollten Diskussionen geführt<br />
und die öffentliche Meinung in den Medien<br />
wie<strong>der</strong> gespiegelt werden.<br />
"…dutzende Köter als Vergeltungsmaßnahme gekeult "<br />
STRAFANZEIGE GEGEN DIE BETREIBER VON www.<strong>gegen</strong>hund.org<br />
Die meisten Internetnutzer werden sich zu Recht die Frage<br />
stellen - und haben es zahlreich schon dem bmt entsetzt,<br />
schockiert und hilflos vorgetragen: Warum darf solch eine offensichtlich<br />
Gewalt verherrlichende, zu Straftaten aufrufende<br />
und eine Gruppe (Hundehalter) diffamierende, Seite im Netz<br />
bleiben? Was, wenn Kin<strong>der</strong> auf die Seiten schauen?<br />
Der bmt fragt sich das auch. Zwei Mal, zuletzt im März 2010,<br />
hat <strong>der</strong> Verein Strafanzeige <strong>gegen</strong> die Betreiber <strong>der</strong> Seite gestellt.<br />
Doch die Staatsanwaltschaft Berlin stellte beide Ermittlungsverfahren<br />
ein. Begründung <strong>der</strong> Staatsanwältin: "Es handelt<br />
sich offenkundig um Satire und keine ernsthafte<br />
Schil<strong>der</strong>ung (…)."<br />
Rechtsanwalt Dr. Konstantin Leondarakis sieht hin<strong>gegen</strong><br />
mehrere strafrechtlich rel<strong>ev</strong>ante Verstöße (Verstoß<br />
<strong>gegen</strong> § 17 Tierschutzgesetz, § 111 und 185 Strafgesetzbuch<br />
und außerdem Verstöße <strong>gegen</strong> das Jugendschutzgesetz),<br />
die zu <strong>der</strong> erneuten Strafanzeige geführt haben, die<br />
im Februar 2012 an die "Zentralstelle zur Bekämpfung <strong>der</strong><br />
Internetkriminalität" an die Oberstaatsanwaltschaft nach<br />
Gießen ging.
RdT: Im Internet gibt es zahlreiche Foren,<br />
auf denen sich Frauen und Männer<br />
zu ihrer Neigung bekennen, Sex mit<br />
<strong>Tiere</strong>n zu haben o<strong>der</strong> haben zu wollen.<br />
Auf den Internetseiten, die sich offensichtlich<br />
steigen<strong>der</strong> Beliebtheit erfreuen,<br />
tauschen sich die Zoophilisten aus,<br />
geben Erfahrungen weiter, raten zu<br />
Praktiken, wann und wie <strong>Tiere</strong> mit welchen<br />
Maßnahmen "gefügig" gemacht<br />
werden können und etliches mehr. Halten<br />
Sie es für möglich, dass die Dunkelziffer<br />
von Menschen mit ähnlichen<br />
Veranlagungen noch höher liegt als die<br />
Besucherstatistiken dieser Seiten ausweisen?<br />
Dr. Konstantin Leondarakis: Bei<br />
unserer Recherche zu unserem Gutachten<br />
("Gutachten über die Strafbarkeit<br />
<strong>der</strong> Zoophilie am Beispiel <strong>der</strong> Bewertung<br />
von Beiträgen des Internetforums<br />
www.Tierlover.info") von 2009<br />
mussten wir zunächst feststellen, dass<br />
es im Internet verschiedene Foren gibt,<br />
die scheinbar von Menschen genutzt<br />
werden, die sexuelle Handlungen an<br />
<strong>Tiere</strong>n vornehmen. Die Anzahl <strong>der</strong> Teilnehmer<br />
dieser Foren ist zumindest so,<br />
dass es sich hier nicht um einzelne Personen<br />
handelt, vielmehr um eine gewisse<br />
Zahl.<br />
Es ist unter sehr wahrscheinlich, dass<br />
darüber hinaus noch eine gewisse Anzahl<br />
von Menschen solche Praktiken<br />
pflegt. Wie viele Menschen das tatsächlich<br />
sind und in welchem Umfang<br />
tatsächlich solche Handlungen in<br />
Deutschland durchgeführt werden, ist<br />
mir unbekannt.<br />
RdT: Zoophilisten geben an, sexuelle<br />
Handlungen an <strong>Tiere</strong>n nur mit <strong>der</strong>en<br />
"Einvernehmen" durchzuführen bzw.<br />
nur auf Wunsch und "Auffor<strong>der</strong>ung" <strong>der</strong><br />
<strong>Tiere</strong> sexuell tätig zu werden. Wie<br />
kommt es zu einer <strong>der</strong>artigen Verzerrung<br />
<strong>der</strong> Wahrnehmung?<br />
Dr. Konstantin Leondarakis: Mir<br />
scheint, dass dies die einzige Möglichkeit<br />
<strong>der</strong> Rechtfertigung für Menschen<br />
ist, die solche sexuellen Handlungen<br />
an <strong>Tiere</strong>n vornehmen.<br />
Ich bin <strong>der</strong> festen Überzeugung, dass<br />
je<strong>der</strong>, <strong>der</strong> solche Handlungen nicht vornimmt,<br />
nicht <strong>der</strong> Ansicht ist, dass se-<br />
xuelle Handlungen an <strong>Tiere</strong>n mit <strong>der</strong>en<br />
Einvernehmen durchgeführt werden.<br />
<strong>Tiere</strong>, gleich welcher Art, haben nach<br />
meiner Ansicht in keinem Fall das Verlangen<br />
mit einem Menschen sexuell tätig<br />
zu werden. Insoweit betrachte ich<br />
<strong>der</strong>artige Äußerungen schlicht als bloße<br />
Rechtfertigung <strong>der</strong>jenigen Menschen,<br />
die hier rücksichtslos und auf<br />
Kosten <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> ihre sexuellen Vorstellungen<br />
ausleben.<br />
RdT: Der Frankfurter Sexualwissenschaftler<br />
Volkmar Sigusch hat <strong>der</strong><br />
mehrfach geäußerten Auffassung<br />
wi<strong>der</strong>sprochen, dass die Grenzen zwischen<br />
zoophilen und pädophilen Tätern<br />
fließend seien. Für diese Annahme<br />
gäbe es keinen wissenschaftlichen Beweis,<br />
sagt er u.a auf www.fr-online.de.<br />
Volkmar Sigusch spricht sich <strong>gegen</strong> ein<br />
Verbot von Zoophilie aus. Wörtlich: "Ein<br />
Verbot von Zoophilie wäre eine Katastrophe.<br />
Es würde Millionen Menschen<br />
verstören und kriminalisieren.<br />
Außerdem könnte das Delikt in aller<br />
Regel gar nicht nachgewiesen werden."<br />
Was halten Sie von <strong>der</strong> Aussage?<br />
Dr. Konstantin Leondarakis: Ein<br />
wissenschaftlicher Beweis für eine Verbindung<br />
zwischen zoophilien und pädophilen<br />
Verhalten ist sicherlich sehr<br />
schwer zu führen. Und genauso wenig<br />
besteht ein wissenschaftlicher<br />
Beweis, dass<br />
es eben keine<br />
Verbindung<br />
T ITELTHEMA<br />
zwischen zoophilen und pädophilen<br />
Tätern gibt.<br />
Gleichzeitig wurden sehr wohl in vielen<br />
Fällen Verbindungen zwischen zoophilen<br />
und pädophilen Verhalten festgestellt.<br />
Es gibt daher Anhaltspunkte für<br />
eine Verbindung zwischen zoophilem<br />
und pädophilem Verhalten.<br />
Der weitere Ausspruch von Herrn Sigusch,<br />
dass das Verbot von Zoophilie<br />
"eine Katastrophe darstellt", halte ich<br />
für unseriös und für wenig wissenschaftlich.<br />
Hier scheint es mir eher, als<br />
ob Herr Sigusch seine persönliche Meinung<br />
wie<strong>der</strong> gibt, die offensichtlich eine<br />
erhebliche Sympathie für die Zoophilie<br />
begründet. Auch scheint mir die<br />
Behauptung, dass davon "Millionen<br />
Menschen verstört und kriminalisiert<br />
wären", schlichter Unfug. Herr Sigusch<br />
mag insoweit einmal ausführen, wie er<br />
zu <strong>der</strong>art abstrusen Äußerungen<br />
kommt.<br />
Lediglich Einvernehmen besteht von<br />
meiner Seite mit <strong>der</strong> Äußerung, dass<br />
das Delikt in jedem Fall schwer nachzuweisen<br />
ist. Denn oftmals sind die Verletzungen<br />
bei den <strong>Tiere</strong>n nur in geringem<br />
Umfang physischer Art. Vielmehr<br />
besteht durch sexuelle Handlungen bei<br />
<strong>Tiere</strong>n eine erhebliche psychische Verletzung<br />
<strong>der</strong> <strong>Tiere</strong>.<br />
Kein Tier kann es verstehen, dass ein<br />
Mensch sexuelle Handlungen mit ihm<br />
vornimmt. Insoweit führen sexuelle<br />
Handlungen mit <strong>Tiere</strong>n regelmäßig zu<br />
erheblichen Verhaltensstörungen bei<br />
diesen <strong>Tiere</strong>n. Dies ist ja auch nicht weiter<br />
verwun<strong>der</strong>lich und wird vermutlich<br />
ebenfalls nur von solchen Menschen in<br />
Frage stellt, die diesbezüglich<br />
scheinbar eine gewisse<br />
Sympathie pflegen.<br />
Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> 1/2012<br />
9
Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> 1/2012<br />
10<br />
T ITELTHEMA<br />
Pervertierte Jagd<br />
Über Sinn und Unsinn <strong>der</strong> Jagd wird trefflich gestritten.<br />
Tier- und Naturschutzverbände for<strong>der</strong>n zu Recht<br />
spürbare Än<strong>der</strong>ungen im Jagdrecht, insbeson<strong>der</strong>e<br />
bei <strong>der</strong> Frage, welche <strong>Tiere</strong> zukünftig<br />
noch sinnvoll bejagt werden sollen. Die<br />
Tötung von <strong>Tiere</strong>n im Rahmen <strong>der</strong><br />
Jagd verliert aber spätestens dann klar<br />
ihre Legitimation, wenn <strong>der</strong> Abschuss zur<br />
sportlichen Herausfor<strong>der</strong>ung verkommt und die<br />
<strong>Tiere</strong> zu lebenden Schießscheiben degradiert<br />
werden.<br />
Nichts an<strong>der</strong>es geschieht, wenn so genannte<br />
Crowbuster ihren Freizeitspaß<br />
daran messen, Rabenvögel - ähnlich<br />
dem umstrittenen Computerspiel<br />
Moorhuhnjagd - vom Himmel<br />
zu schießen. Der beson<strong>der</strong>e<br />
Kick liegt wohl vor allem darin,<br />
dass Rabenvögel sehr intelligent<br />
sind und sich nicht so einfach<br />
bejagen lassen.<br />
Bereits die Ausrüstung <strong>der</strong> Jäger<br />
ähnelt einem Kampfeinsatz<br />
<strong>der</strong> <strong>Bund</strong>eswehr: militärischer<br />
Look wie Tarnanzug<br />
und Gesichtsmaske,<br />
dazu ausgestattet<br />
mit halbautomatischen<br />
Waffen.
KRÄHENTÖTEN<br />
Wer die Crowbuster nur als vereinzelte<br />
"Spinner" ansieht, die sich gerne in<br />
Wald und Flur beweisen wollen, verharmlost<br />
ihr Tun und verkennt die Entwicklung.<br />
Mittlerweile erhält diese pervertierte<br />
Art <strong>der</strong> Jagd Eventcharakter,<br />
da zum Beispiel die Zeitschrift "Wild<br />
und Hund" schon mehrfach eine Wild<br />
und Hund-Forumskrähenjagd organisierte<br />
und dadurch versucht, diese<br />
Form <strong>der</strong> Jagd salonfähig zu machen.<br />
"Wild und Hund" machte es sogar möglich,<br />
dass die letzte Krähenjagd im<br />
Münsterland 2011<br />
live im Internet<br />
mitverfolgt werden<br />
konnte. Rund 80<br />
Jäger erschossen<br />
an diesem Tag<br />
mehr als 330 Rabenvögel.<br />
Auch wenn sich viele sogar konservative<br />
Jäger von dieser Art <strong>der</strong> Jagd mittlerweile<br />
distanzieren, sind Rabenvögel<br />
bei den meisten Jägern und vielen<br />
Landwirten nicht beliebt, zum Teil sogar<br />
geradezu verhasst. Erschossene Rabenkrähen<br />
werden nicht selten an einen<br />
"Galgen" gehängt, wohl in <strong>der</strong> Annahme,<br />
dass dies an<strong>der</strong>e Rabenvögel<br />
abschrecken und man Ernteschäden<br />
verhin<strong>der</strong>n könne.<br />
Eigentlich sind Rabenvögel - als größte<br />
Vertreter <strong>der</strong> Singvögel - urechtlich<br />
durch die EG-Vogelschutzrichtlinie<br />
(79/409/EWG) von 1979 geschützt.<br />
Die Unterschutzstellung von Elster, Rabenkrähe<br />
und Eichelhäher im deut-<br />
schen Recht wurde erst 1987 in Anpassung<br />
an die EG-Richtlinie vollzogen.<br />
Allerdings wurde die EG-Vogelschutzrichtlinie<br />
insbeson<strong>der</strong>e auf Druck von<br />
Deutschland aufgeweicht: So wurden<br />
1994 Rabenkrähe, Elster und Eichelhäher<br />
in den Anhang II/2 <strong>der</strong> Vogelschutzrichtlinie<br />
überstellt und sind damit<br />
nach EG-Recht mit gewissen<br />
Einschränkungen jagdbar.<br />
Auch wenn Deutschland selber als Mitgliedsland<br />
<strong>der</strong> EU nie Gebrauch davon<br />
gemacht hat, diese Arten bundesgesetzlich<br />
als jagdbare<br />
Arten zu listen, werden<br />
sie in vielen<br />
<strong>Bund</strong>eslän<strong>der</strong>n auf<br />
rechtlich unterschiedliche<br />
Weise als jagdbare<br />
Arten geführt. In<br />
einigen <strong>Bund</strong>eslän<strong>der</strong>n<br />
sind Rabenkrähe,<br />
Elster und Eichelhäher als jagdbare<br />
Art im Landesjagdgesetz geführt,<br />
an<strong>der</strong>e <strong>Bund</strong>eslän<strong>der</strong> haben separate<br />
Rabenvogel-Verordnungen erlassen,<br />
um den Abschuss zu regeln.<br />
So kommt es, dass nach jahrzehntelangem<br />
Schutz nun wie<strong>der</strong> Hun<strong>der</strong>ttausende<br />
von Rabenvögeln jährlich in<br />
Deutschland geschossen werden. Allein<br />
in NRW wurden im letzten Jagdjahr<br />
rund 130.000 Rabenkrähen und<br />
40.000 Elstern geschossen. Begründet<br />
wird ihr Abschuss mit dem Schutz des<br />
Nie<strong>der</strong>wildes und <strong>der</strong> Singvogelbestände.<br />
Aber macht es, diesem Argument<br />
folgend, überhaupt Sinn, die Vögel<br />
zu bejagen?<br />
T ITELTHEMA J AGD<br />
als FREIZEIT-EVENT<br />
Eindeutig nein! Ein nachvollziehbarer<br />
Grund ist nicht erkennbar. Zahlreiche,<br />
über mehrere Jahre durchgeführte,<br />
wissenschaftliche Studien, u.a. <strong>der</strong> Universitäten<br />
Mainz und Kaiserslautern,<br />
kommen zu dem eindeutigen Ergebnis,<br />
dass es für eine flächendeckende<br />
Bejagung von Rabenvögeln keine fachliche<br />
Begründung gebe. So sieht es<br />
auch das <strong>Bund</strong>esamt für Naturschutz.<br />
Rabenkrähe und Elster stellen keine<br />
Gefahr für Nie<strong>der</strong>wild wie Hase, Kaninchen<br />
o<strong>der</strong> Rebhuhn dar, da sich die<br />
Vögel bis zu 90 Prozent von oberirdisch<br />
lebenden Insekten ernähren. Vogeleier<br />
und Jungvögel finden sich in den Statistiken<br />
zum Nahrungsspektrum lediglich<br />
mit maximal 0,2% wie<strong>der</strong>. Auch die<br />
angebliche Gefahr für seltene bodenbrütende<br />
Vogelarten, wie den Goldregenpfeifer,<br />
wurde zwischenzeitlich<br />
wi<strong>der</strong>legt.<br />
Zusammen mit an<strong>der</strong>en Tier- und Naturschutzverbänden<br />
setzt sich <strong>der</strong> bmt<br />
dafür ein, dass die Rabenvögel wie<strong>der</strong><br />
wie an<strong>der</strong>e Singvögel auch unter<br />
Schutz gestellt und nicht mehr weiter<br />
bejagt werden - Töten, "just for fun", ist<br />
unethisch und inakzeptabel!.<br />
Text: Torsten Schmidt<br />
Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> 1/2012<br />
11
Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> 1/2012<br />
12<br />
T IERSCHUTZPOLITIK<br />
Es kommt nicht häufig vor, dass das Tierschutzgesetz in Deutschland geän<strong>der</strong>t wird.<br />
Umso mehr ist es für Tierschutzverbände wichtig, sich bei anstehenden Novellierungen<br />
dafür stark zu machen, dass geplante Än<strong>der</strong>ungen den Tierschutz tatsächlich<br />
voranbringen und gleichzeitig jene Tierschutzfor<strong>der</strong>ungen im Diskussionsprozess<br />
berücksichtigt werden, die bislang von <strong>der</strong> Politik ignoriert wurden.<br />
Seit Januar 2012 liegt nun ein Entwurf<br />
eines Dritten Gesetzes zur Än<strong>der</strong>ung des Tierschutzgesetzes<br />
vor. Von einer großen, umfassenden Reform des Tierschutzgesetzes<br />
ist man jedoch weit entfernt. Denn die<br />
Novellierung des Tierschutzgesetzes erfolgt nicht freiwillig.<br />
Schließlich ist Deutschland, wie an<strong>der</strong>e EU-Mitgliedslän<strong>der</strong><br />
auch, verpflichtet, eine EU-Richtlinie bis November 2012 in<br />
nationales Recht umzusetzen, die die Verwendung von <strong>Tiere</strong>n<br />
in Tierversuchen regelt. Dazu sind auch Än<strong>der</strong>ungen im<br />
Tierschutzgesetz notwendig. Die geringe verbleibende Zeit<br />
wird vom BMELV als Grund genannt, nur eine kleine Novelle<br />
anzugehen. Da aber <strong>der</strong> Zeitrahmen hinsichtlich <strong>der</strong> EU-<br />
Tierversuchsrichtlinie nicht überraschend kommt, hätte man<br />
mit gutem Willen das Tierschutzgesetz tatsächlich umfassend<br />
mo<strong>der</strong>nisieren können.<br />
Der bmt hat zusammen mit <strong>der</strong> Tierschutzorganisation<br />
Vier Pfoten eine ausführliche Stellungnahme dem zuständigen<br />
<strong>Bund</strong>eslandwirtschaftsministerium<br />
zugeleitet. Die Tierschutzverbände zeigen<br />
sich insgesamt enttäuscht von den<br />
wenigen vorgeschlagenen Verän<strong>der</strong>ungen,<br />
die tierschutzrechtlich ohnehin<br />
überfällig sind, wie das Verbot des<br />
Schenkelbrandes bei Pferden o<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />
betäubungslosen Kastration von Ferkeln.<br />
Man muss kein Prophet sein, um zu erkennen,<br />
dass die jetzige Novelle nur<br />
Schmalspur-Tierschutz ist. Ja, zum Teil ist<br />
sogar mit Verschlechterungen zu rechnen!<br />
Denn gleichzeitig mit <strong>der</strong> Än<strong>der</strong>ung<br />
des Tierschutzgesetzes wird auch die<br />
Tierschutzversuchsverordnung beraten,<br />
die <strong>der</strong> Umsetzung <strong>der</strong> EU-Tierversuchs-<br />
richtlinie dient. Zwar wirbt die <strong>Bund</strong>esre-<br />
TIERSCHUTZ<br />
auf Sparflamme !<br />
gierung damit, dass die nationalen Tierschutzstandards im<br />
Bereich Tierversuche durch diesen notwendigen europäischen<br />
Abgleich nicht abgesenkt werden sollen. Dies stimmt<br />
aber in ganz wesentlichen Punkten nicht. Zum Teil unterlaufen<br />
die jetzigen Planungen sogar das EU-Recht.<br />
Markantes Beispiel ist eine von <strong>der</strong> EU formulierte Schmerz-<br />
Leidens-Grenze für <strong>Tiere</strong> im Tierversuch. Die Richtlinie bestimmt,<br />
dass ein Verfahren nicht durchgeführt werden darf,<br />
wenn es starke Schmerzen, schwere Leiden o<strong>der</strong> schwere<br />
Ängste verursacht, die voraussichtlich "lang anhalten" und<br />
nicht gelin<strong>der</strong>t werden können. Die Belastung <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> kann<br />
also im Einzelfall sehr hoch sein. Überschreitet sie ein gewisses<br />
Zeitfenster, muss <strong>der</strong> Versuch aber abgebrochen werden.<br />
Der deutsche Verordnungsentwurf geht jedoch darüber hinaus<br />
und verbietet erst dann Verfahren, wenn erhebliche<br />
Schmerzen o<strong>der</strong> Leiden "dauerhaft anhalten".<br />
Dieser klein anmutende Unterschied in <strong>der</strong> Formulierung<br />
kann für <strong>Tiere</strong> in hoch belastenden Verfahren<br />
schlicht zum Martyrium werden.<br />
Denn "dauerhaft" kann schlimmstenfalls<br />
auch heißen, dass die <strong>Tiere</strong> wochenlang,<br />
ggf. bis zu ihrem Lebensende, mit<br />
unerträglichem Leid leben müssen.<br />
Auch hätte Deutschland im Rahmen <strong>der</strong><br />
Umsetzung <strong>der</strong> Tierversuchsrichtlinie die<br />
Möglichkeit nutzen müssen, Tierversuche<br />
an Menschenaffen ganz zu verbieten,<br />
so wie es die <strong>Bund</strong>esregierung immer<br />
wie<strong>der</strong> angekündigt hatte.<br />
Dennoch soll in Deutschland eine Ausnahmeregelung<br />
geschaffen werden,<br />
dass bei bestimmten Versuchen auch<br />
dieser ethische Tabubruch möglich ist.<br />
2010 wurden 2277 Altweltaffen, wie zum Beispiel<br />
Paviane, im Tierversuch eingesetzt , rund 1000<br />
<strong>Tiere</strong> mehr als vor 10 Jahren!<br />
Zur Novellierung<br />
des Tierschutzgesetzes:<br />
Text: Torsten Schmidt
RUMÄNIENS SCHANDE<br />
DIE HUNDEFÄNGERMAFIA LÄSST NICHT LOCKER<br />
Während sich die Welt über die Hunde-Tötungen im Vorfeld <strong>der</strong> Fußball-Europameisterschaft in <strong>der</strong> Ukraine<br />
erregt, hat <strong>der</strong> Direktor <strong>der</strong> Stadtverwaltung Brasov, Flavius Barbulescu (links im Bild), einen perfiden<br />
Plan entwickelt und unbemerkt von <strong>der</strong> Öffentlichkeit vorangetrieben.<br />
In Codlea, Kreis Brasov, soll - in unmittelbarer<br />
Nähe zu <strong>der</strong> Tierkörperbeseitigungsanlage<br />
<strong>der</strong> Firma Protan - ein<br />
Internierungslager für Straßenhunde<br />
entstehen. Wie die rumänische Tageszeitung<br />
"Buna Ziua Brasov" ("Guten Tag<br />
Brasov") am 21.03. berichtete, sollen<br />
die Arbeiten kurzfristig beginnen.<br />
Für das "neue Tierheim" in Codlea<br />
konnte Flavius Barbulescu, <strong>der</strong> in den<br />
vergangenen Jahren über 30.000<br />
Hunde in <strong>der</strong> berüchtigten Tötungsanlage<br />
Stupin (Brasov) verhungern o<strong>der</strong><br />
mit T 61 töten ließ, zehn Kommunen<br />
aus dem Kreis Brasov gewinnen, die<br />
sein Konzept zur "Lösung des Straßenhundproblems"<br />
aus Steuergel<strong>der</strong>n mitfinanzieren.<br />
Das Gebäude soll mit Stacheldraht, Videoüberwachung,<br />
pompöser Verwaltung<br />
und innenliegen<strong>der</strong> Zufahrt für die<br />
Hundefängertransporter hermetisch<br />
nach außen abgeschirmt werden. Die<br />
Vermittlung von Hunden ist nicht vorgesehen.<br />
Diese Anlage, die Barbulescu<br />
nun mit den Gel<strong>der</strong>n <strong>der</strong> unterstützenden<br />
Gemeinden in Kürze fertig stellen<br />
will, wurde geplant, als in Rumänien<br />
über das Streunerhundgesetz und die<br />
Legalisierung <strong>der</strong> Hundetötungen diskutiert<br />
wurde.<br />
In Brasov scheiterte die Realisierung<br />
dieser Massenvernichtungsanlage für<br />
Hunde 2011, weil sich die Stadt für ein<br />
humanes Vorgehen zur Lösung des<br />
Straßenhundproblems entschied. Sie<br />
übertrug die Verantwortung für die<br />
Straßenhunde auf das örtliche Tierheim.<br />
Unter ungeheurer Anstrengung<br />
gelang es "Millions of friends" und dem<br />
bmt, bis Ende 2011 alle Hunde aus <strong>der</strong><br />
städtischen Anlage zu übernehmen<br />
und mit Hilfe des bmt zu vermitteln.<br />
Zahlreiche betreute Straßenhunde und<br />
Besitzertiere wurden kastriert.<br />
Doch nun tauchen im Stadtgebiet Brasov<br />
neue Hun<strong>der</strong>udel in solchen Mengen<br />
auf, dass schnell <strong>der</strong> Verdacht von<br />
gesteuertem "Hundetourismus" aufkam.<br />
Mit <strong>der</strong> angeblich wie<strong>der</strong>erstarkten<br />
Population versucht Favius Barbulescu,<br />
die Arbeit des Tierschutzes in<br />
Frage zu stellen, hat die städtische Anlage<br />
wie<strong>der</strong> eröffnet und die Bürgermeister<br />
einiger umliegen<strong>der</strong> Gemeinden<br />
von <strong>der</strong> Notwendigkeit eines<br />
großen Hundelagers außerhalb <strong>der</strong><br />
Stadt überzeugt.<br />
Tierschützer befürchten, dass in <strong>der</strong> An-<br />
lage die Hunde getötet und in <strong>der</strong> angrenzendenTierkörperbeseitigungsanstalt<br />
schnell entsorgt werden sollen.<br />
"Aus diesem Grund", erklärt Petra Zipp,<br />
Vorsitzende des bmt, "ist die Kapazität<br />
des "Tierheims" mit 40 Zwingern recht<br />
gering - die armen Hunde werden nicht<br />
lange verweilen." Ein Tierarzt mit entsprechen<strong>der</strong><br />
Kaltblütigkeit sitzt schon<br />
mit im Boot: Filip Alin war Jahre <strong>der</strong> gefürchtete<br />
Tierarzt in <strong>der</strong> städtischen Tötungsanlage<br />
Stupin, <strong>der</strong> Hunde nicht<br />
behandelte, son<strong>der</strong>n mit T61 tötete.<br />
bmt-SPENDENKONTO AUSLAND<br />
Stichwort: Rumänien o<strong>der</strong> Ungarn<br />
Frankfurter Sparkasse<br />
Konto 847 275<br />
BLZ 500 502 01<br />
IBAN DE 795005 0201 0000847275<br />
SWIFT BIC HELADEF 1822<br />
KONTAKT:<br />
bmt-Vorsitzende Petra Zipp<br />
Tel: 07121/820 17 0<br />
petra.zipp@bmt-tierschutz.de<br />
Alle Protestmöglichkeiten finden<br />
Sie auf unserer homepage<br />
www.bmt-auslandstierschutz.de<br />
Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> 1/2012<br />
13
Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> 1/2012<br />
14<br />
TIERSCHUTZ-<br />
TAGUNG<br />
Im Februar 2012 trafen sich Vertreter von internationalen<br />
Tierschutzorganisationen, <strong>der</strong> litauischen Regierung<br />
und Hundezuchtverbänden in Vilnius.<br />
Diese Fachtagung, veranstaltet von Vier Pfoten, <strong>der</strong> "Lithuanian<br />
Cynological Society" und CAROdog (CARO =<br />
Companion Animal Responsible Ownership), fand bereits<br />
zum zweiten Mal in Litauen statt.<br />
Diesjähriges Thema war die verantwortungsvolle Tierhaltung,<br />
über die auch Petra Zipp sprach. Die bmt-<br />
Vorsitzende war als Referentin geladen und legte in<br />
ihrem Vortrag dar, warum die Existenz von Tierheimen<br />
- gerade auch in Län<strong>der</strong>n mit hoher Straßenhundpopulation<br />
- so wichtig ist.<br />
Nachdem bei einer ersten Tierschutztagung<br />
in Litauen im Mai 2011 bereits<br />
wichtige Fortschritte wie etwa die Überarbeitung<br />
des Litauischen Tierschutzgesetzes<br />
o<strong>der</strong> ein landesweites Schulprojekt<br />
zum Thema Tierschutz<br />
angestoßen wurden und auch auf EU-<br />
Ebene <strong>der</strong>zeit entscheidende Verbesserungen<br />
in <strong>der</strong> Tierschutz-Gesetzgebung<br />
diskutiert werden, sollte diese<br />
Arbeitstagung ein Forum für regen Erfahrungsaustausch<br />
und Diskussionen<br />
bieten. Eröffnet wurde die Tagung<br />
durch den Landwirtschaftsminister Litauens,<br />
Dr. Mindaugas Kuklierius; <strong>der</strong><br />
leitende Veterinärdirektor des Landes,<br />
Dr. Marius Marisulis, nahm ebenfalls<br />
als Referent teil.<br />
In ihrer Präsentation stellte Petra Zipp<br />
zunächst die Notwendigkeit für den<br />
Bau und Betrieb von Tierheimen dar:<br />
"Hunde o<strong>der</strong> Katzen, die von ihren Be-<br />
sitzern nicht weiter betreut werden können,<br />
sei es wegen Krankheit, Allergie<br />
o<strong>der</strong> Wohnungswechsel o<strong>der</strong> auch,<br />
weil sie nicht länger erwünscht sind,<br />
müssen in Tierheimen aufgefangen<br />
werden. Gibt es solche Einrichtungen<br />
nicht, so werden die <strong>Tiere</strong> herrenlos<br />
und tragen dazu bei, die Population<br />
von Streunertieren in den Straßen immer<br />
weiter zu vergrößern, mit allen damit<br />
verbundenen Problemen."<br />
Gerade in den Ballungsgebieten <strong>der</strong><br />
osteuropäischen Län<strong>der</strong> stellen streunende<br />
Hunde und Katzen ein großes<br />
Problem dar, dem immer wie<strong>der</strong> von<br />
behördlicher Seite mit nicht tierschutzgerechten<br />
Mitteln wie etwa groß angelegten<br />
Tötungsaktionen begegnet wird<br />
- ohne jedoch den erwünschten Effekt<br />
zu erzielen.<br />
Petra Zipp hob in ihrem Vortrag hervor,<br />
wie wichtig die gute Zusammenarbeit<br />
von Behörden und nicht-behördlichen<br />
Tierschutzorganisationen für eine dauerhafte<br />
und vor allem tierschutzgerechte<br />
Problembewältigung sei. Grundsätzlich<br />
sollten an <strong>der</strong> Planung eines<br />
Tierheimes mehrere Seiten beteiligt<br />
sein, um zum einen den tatsächlichen<br />
Bedarf <strong>der</strong> Region zu analysieren und<br />
zum an<strong>der</strong>en eine klare Zielsetzung zu<br />
erarbeiten.<br />
Tierheime beugen einer<br />
Vergrößerung <strong>der</strong><br />
Streunerhundpopulation vor
in<br />
Litauen<br />
Während die Politik entsprechende rechtliche Rahmenbedingungen<br />
schaffen müsse, mit denen die Kennzeichnung,<br />
Registrierung und Kastration von Hunden und Katzen in<br />
Privatbesitz geregelt und damit die Tierbesitzer mehr in die<br />
Verantwortung genommen würden, sollten <strong>der</strong> Betrieb und<br />
die Organisation eines Tierheimes in den Händen eines Tierschutzvereines<br />
liegen, um die tierschutzgerechte Versorgung,<br />
medizinische Betreuung und möglichst die Vermittlung <strong>der</strong><br />
<strong>Tiere</strong> an neue Besitzer zu gewährleisten.<br />
Auch für die Organisation und praktische Umsetzung beim<br />
Betrieb eines Tierheimes gab Petra Zipp in ihrem Vortrag<br />
wertvolle Anregungen, die sie mit Beispielen aus dem Alltag<br />
und den Erfahrungen <strong>der</strong> bmt-Tierheime in Deutschland<br />
untermauerte. So seien neben <strong>der</strong> optimalen Versorgung<br />
und Unterbringung <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> eben auch die Öffentlichkeitsarbeit<br />
und eine gesicherte Finanzierung durch Sach- und<br />
Geldspenden und regelmäßige kommunale Mittel unerlässlich,<br />
um langfristig erfolgreiche Tierschutzarbeit leisten zu<br />
können.<br />
Als Fazit dieser sehr intensiven und vielversprechenden<br />
Tagung in Vilnius hat <strong>der</strong> Veranstalter CAROdog folgende<br />
generelle Grundsätze formuliert:<br />
� Eine verantwortungsbewusste<br />
Haltung von<br />
Hunden, Katzen und<br />
auch Pferden muss als<br />
grundsätzliches Prinzip<br />
Einzug in die Europäische<br />
Tierschutz-Gesetzgebung<br />
finden.<br />
� Verantwortungsvoller<br />
For<strong>der</strong>ungen an<br />
Pferdehalter erarbeitet<br />
Umgang mit <strong>Tiere</strong>n muss<br />
erlernt werden - Tierschutzunterricht<br />
sollte in<br />
die Lehrpläne <strong>der</strong> Schulen in allen Mitgliedsstaaten <strong>der</strong> EU<br />
verbindlich aufgenommen werden.<br />
� Um verantwortungsvolle Tierhaltung praktikabel und<br />
auch überprüfbar zu machen, sollte die Kennzeichnung und<br />
Registrierung von Heimtieren EU-weit einheitlich und verbindlich<br />
gemacht werden.<br />
bmt-Vorsitzende<br />
Petra Zipp wurde als<br />
Referentin nach Vilnius<br />
geladen<br />
A USLANDSTIERSCHUTZ<br />
� Auch die Planung, <strong>der</strong> Bau und <strong>der</strong> Betrieb von Tierheimen<br />
für Hunde und Katzen sind für eine verantwortungsbewusste<br />
Tierhaltung unerlässlich und müssen von den Behörden<br />
mit getragen werden.<br />
� Die Reduzierung <strong>der</strong> Überpopulation von Hunden und<br />
Katzen muss in enger Zusammenarbeit zwischen öffentlichen<br />
und privaten Stellen erfolgen und bedarf klar festgelegter Regeln,<br />
die allein auf tierschutzgerechten Methoden basieren.<br />
� Auch für den Handel und den Transport von <strong>Tiere</strong>n muss<br />
verantwortungsvolles Handeln gefor<strong>der</strong>t werden.<br />
� Speziell für die Pferdehaltung wurden For<strong>der</strong>ungen an<br />
Privathalter und kommerzielle Halter aufgestellt, etwa die gewaltfreie<br />
Dressur o<strong>der</strong> Mindest-Betreuungszeiten.<br />
� Ebenso wurde von Hundezüchtern ein verantwortungsbewusster<br />
Umgang mit ihren <strong>Tiere</strong>n gefor<strong>der</strong>t - Tierschutz-<br />
Kriterien sollen bei <strong>der</strong> Zucht mehr Beachtung finden.<br />
Anzeige<br />
15
Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> 1/2012<br />
16<br />
T ITELTHEMA<br />
Aus Altersgründen hat Dr. Hiltrud Straßer<br />
die Hufklinik in Tübingen vor zwei<br />
Jahren geschlossen. Inzwischen gibt es<br />
in Europa und Übersee mehrere Hufkliniken<br />
und zahlreiche Schüler, die<br />
nach <strong>der</strong> "Straßer-Methode" ausbilden.<br />
Die Tierärztin wird sich aber weiter<br />
<strong>der</strong> Forschung widmen und Fachvorträge<br />
in <strong>der</strong> Welt halten - und sich<br />
in <strong>der</strong> Freizeit auf dem Pfer<strong>der</strong>ücken<br />
entspannen. Wie ihre Familie liebt Dr.<br />
Straßer nämlich das Gelän<strong>der</strong>eiten …
HUFEISEN<br />
Machen wir uns bewusst, dass Pferde<br />
von Natur aus täglich durchschnittlich<br />
15 -20 km unter freiem Himmel laufen.<br />
Niemals verstecken sie sich in Höhlen<br />
o<strong>der</strong> suchen an<strong>der</strong>swo einen Unterschlupf!<br />
Das Argument, "durch die Domestikation<br />
haben die Pferde an<strong>der</strong>e<br />
Bedürfnisse entwickelt", stimmt überhaupt<br />
nicht, denn es gibt keine anatomischen<br />
o<strong>der</strong> physiologischen Unterschiede<br />
zwischen wild lebenden<br />
Pferden und Nutzpferden.<br />
Nun ist es ja für die Pferde nicht nur das<br />
Gefühl, "ich armes Tier bin eingesperrt",<br />
son<strong>der</strong>n es ist das Unvermögen<br />
des Herzens, alleine (im Stand, ohne<br />
Bewegung) so viel Blut durch den Organismus<br />
zu pumpen, dass alle Zellen<br />
des Körpers ordnungsgemäß versorgt<br />
sind.<br />
Beim Pferd finden wir eine extreme Situation<br />
<strong>der</strong> Volumenanpassung: Wildlebende<br />
Pferde bewegen sich von 24<br />
Stunden mindestens 22. Ein bis zwei<br />
Stunden ruhen sie. In dieser Ruhephase<br />
verän<strong>der</strong>t sich das Herzschlagvolu-<br />
men. So werden nur noch 20% des Blutes<br />
in das Herz-Kreislaufsystem gepumpt,<br />
in Bewegung da<strong>gegen</strong> 100%.<br />
Das bedeutet, ein Pferd in einer Box bekommt<br />
- mit Ausnahme <strong>der</strong> einen Stunde<br />
unter dem Sattel - ständig nur ca.<br />
20% <strong>der</strong> Durchblutung, die es eigentlich<br />
für die Stoffwechselfunktionen und<br />
die Erneuerung seiner Zellen benötigt!<br />
Es wird also bei <strong>der</strong> Boxenhaltung dadurch<br />
früher "verschlissen". Hinzu kommen<br />
Sauerstoffmangel in geschlossenem<br />
Raum, Staub statt frischer Luft,<br />
psychische Probleme für das Herdentier,<br />
wenn es einzeln steht usw..<br />
Wenn das Pferd genutzt wird, werden<br />
ihm seine vier Pumporgane - die Hufe<br />
- die zur Herzunterstützung zum Rücktransport<br />
des Blutes (die Beine hoch<br />
zum Herzen) gebraucht werden, mit<br />
Hufeisen "zusammengenagelt", so dass<br />
sie nicht mehr pumpen können. Darunter<br />
leidet nicht nur das Herz, son<strong>der</strong>n<br />
<strong>der</strong> gesamte Stoffwechsel, weil auch<br />
die Durchblutung des Hufinnern selbst<br />
minimiert wird und deshalb nicht so viel<br />
Über die tägliche Misshandlung<br />
von Pferden<br />
BRINGEN<br />
KEIN GLÜCK<br />
T ITELTHEMA P FERDE<br />
"Den meisten Menschen ist nicht klar, dass die überwiegende Mehrheit <strong>der</strong> Pferde in Nutzung durch den<br />
Menschen nicht besser dran ist als Schweine o<strong>der</strong> Geflügel", sagt Dr. Hiltrud Straßer, die sich seit 1978 mit<br />
dem Verhalten, <strong>der</strong> Physiologie und insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> Hufgesundheit von Pferden beschäftigt. 1995 eröffnete<br />
die Tierärztin in Tübingen die weltweit erste Hufklinik - ein auf Hufprobleme spezialisiertes Rehabilitationszentrum<br />
für Pferde, die von <strong>der</strong> Schulmedizin als "austherapiert" galten und aufgegeben worden<br />
waren.<br />
Pferde verhalten sich an<strong>der</strong>s als in Lehrbüchern beschrieben. Auf dieser grundlegenden Erkenntnis baut<br />
Dr. Hiltrud Straßer ihr immer umfangreicher werdendes Wissen auf, das sie über Jahrzehnte weitergibt.<br />
Seminare, Bücher, Publikationen, die schon früh Einzug in die Hufpflegeausbildung halten, und Vortragsreisen<br />
durch USA, Afrika, Neu Seeland und Skandinavien dienen alle dem einen Ziel, dem Pferd in<br />
physischer und psychischer Hinsicht gerecht(er) zu werden.<br />
Horn ausgeschieden wird, wie es von<br />
Natur aus <strong>der</strong> Fall wäre.<br />
Nahrungsaufnahme und Ausscheidung<br />
bestimmter Stoffe müssen aber<br />
im Gleichgewicht sein. Min<strong>der</strong>e Durchblutung<br />
<strong>der</strong> Hufe hat einen ähnlichen<br />
Effekt wie das Abschnüren <strong>der</strong> Nieren<br />
beim Menschen: Es bleiben zu viele<br />
ausscheidungspflichtige Stoffe im Körper<br />
zurück, die den übrigen Stoffwechsel<br />
dann belasten. Dadurch verlieren<br />
die Pferde ihre Resistenz <strong>gegen</strong> Krankheitsursachen,<br />
und die Hufe verlieren<br />
ihre Stabilität.<br />
Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> 1/2012<br />
17
Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> 1/2012<br />
18<br />
P FERDE<br />
1. "Übliche" Hufe<br />
Hufe wären stabil genug für alle Gelände<br />
und jeden Sport, wenn sie nicht<br />
in einer Box mit Einstreu stehen müssten,<br />
die den Ammoniak aufsaugt. So<br />
stehen die Hufe ständig in einer Ammoniaklauge,<br />
die das Horn weich und<br />
brüchig macht - abgesehen von dem<br />
Ammoniak in <strong>der</strong> Luft, <strong>der</strong> die Atemwege<br />
schädigt. Wir haben nun jahrzehntelange<br />
Erfahrung mit allen Rassen<br />
und können belegen, dass die<br />
Pferde ohne Hufeisen in Offenstallhaltung<br />
leistungsfähiger sind und im<br />
Gegensatz zu beschlagenen Pferden<br />
keine leistungsbedingten Probleme bekommen.<br />
Beim Reiten wird den Pferden Eisen ins<br />
Maul gesteckt. Das ist unangenehm,<br />
und die Pferde versuchen, diesen<br />
Fremdkörper loszuwerden, indem sie<br />
kauen und speicheln. Damit nicht womöglich<br />
doch das "Gebiss" hinausgeschoben<br />
werden kann, wird das Maul<br />
mittels Le<strong>der</strong>riemen eng zugschnürt.<br />
Oft ist das so eng, dass Blutgefäße und<br />
Nerven abgeschnürt werden.<br />
Es gibt einen Reflex beim Pferd, <strong>der</strong><br />
gleichzeitiges Schlucken und Atmen<br />
verhin<strong>der</strong>t: Der Kehldeckel schließt<br />
sich, wenn etwas im Maul ist (in <strong>der</strong> Natur<br />
kann das nur Futter sein) und öffnet<br />
sich, wenn das Pferd bei schnellem<br />
Laufen viel Sauerstoff einatmen muss.<br />
Wenn das Pferd unter dem Reiter angestrengt<br />
arbeitet, würde es gerne viel<br />
Luft einsaugen, weil das für die Mus-<br />
2. Naturhuf<br />
kelarbeit nötig ist. Das geht aber nicht,<br />
weil das Gebiss im Maul (bei den Spezialzäumungen<br />
oft sogar mehrere Eisenteile)<br />
nicht erlaubt, dass <strong>der</strong> Kehldeckel<br />
weit geöffnet wird. Letzteres wäre<br />
auch fatal, weil dann <strong>der</strong> viele Speichel<br />
- als reflektorische Antwort auf den<br />
Fremdkörper - in die Luftröhre käme.<br />
Sicher haben die meisten Zuschauer<br />
beobachtet, dass die Pferde nicht mit<br />
lang nach vorne gestrecktem Hals laufen<br />
dürfen, son<strong>der</strong>n mit abgewinkel-<br />
Anzeige<br />
tem. In <strong>der</strong> Natur ist bei hoher Leistung<br />
<strong>der</strong> Luftstrom von <strong>der</strong> Nase bis in die<br />
Lungen eine fast gerade Röhre zur optimalen<br />
Sauerstoffversorgung.<br />
Unter dem Reiter wird dieses Rohr abgeknickt<br />
und dadurch die Sauerstoffzufuhr<br />
wie<strong>der</strong>um gedrosselt.<br />
Das bedeutet eine enorme Überlastung<br />
des Pferdes, die völlig unnötig ist, aber<br />
nun mal "so ist"! Die meisten Reiter machen<br />
sich keine Gedanken darüber.<br />
Von Kindheit an wird den Reitern beigebracht,<br />
wie man Pferde (falsch) hält,<br />
dass man ihnen Eisen auf die Hufe nageln<br />
muss, dass man dem Pferd Eisen<br />
ins Maul steckt, um sie gefügig zu machen,<br />
dass sie nicht den Kopf nach vorne<br />
strecken dürfen usw..<br />
3. Erst nach Eisenabnahme<br />
erkennbar: verfaultes Lamellenhorn<br />
und blutiges Horn um die<br />
Nagellöcher herum.<br />
In ein paar Sätzen kann man nicht die<br />
gesamte Quälerei, die man Pferden<br />
beson<strong>der</strong>s in den Turnier- und Rennställen<br />
antut, erörtern. Es soll nur ein<br />
kleiner Hinweis sein, dass Tierfreunde<br />
sich auch mal Gedanken um die Pferde<br />
machen sollen!<br />
Die Problematiken rund um die Pferdenutzung<br />
sind ausführlich in den Büchern<br />
"Pferdehufe ganzheitlich behandeln",<br />
"Huforthopädie" und den<br />
weiteren Titeln (s. Anzeige) erklärt.<br />
Auch wenn die Titel sich auf die Hufe<br />
beziehen, ist doch das gesamte Pferd<br />
betrachtet, eben "ganzheitlich".<br />
Die Bücher können bei <strong>der</strong> Autorin<br />
o<strong>der</strong> über den Buchhandel, sowie über<br />
die Firmen "Heunetz", "Lucky Farm"<br />
und Amazon bezogen werden.
Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> 1/2012<br />
19
Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> 1/2012<br />
20<br />
TH KÖLN D ELLBRÜCK<br />
IN KÖLN:<br />
ILLEGALE<br />
HAHNENKÄMPFE<br />
“TESTOSTERON-SPIELE” MIT HAHNENKAMM<br />
In einem Schrebergarten beendete die Kölner Polizei einen illegalen Hahnenkampf. 13 hochaggressive<br />
"Hint Horoz"-Hähne sitzen seither bei Bernd Schinzel im Tierheim. Im Interview sagt er: "Bei Hahnenkämpfen<br />
handelt es sich um übelsten Tiermissbrauch"<br />
Es war eine Entdeckung, die Polizisten<br />
nicht jeden Tag machen: Auf einem<br />
Schrebergartengelände in Köln fanden<br />
die Beamten einen Verschlag mit 13<br />
verletzten Hähnen und eine Kampfarena<br />
mit Zuschauerrängen.<br />
Eine Zeugin hatte die Polizei alarmiert.<br />
Als die Beamten eintrafen, waren etwa<br />
40 Personen vor Ort, die <strong>Tiere</strong> befanden<br />
sich in kleinen Käfigen, Kampfhandlungen<br />
konnten nicht bezeugt<br />
werden. "Wahrscheinlich waren wir zu<br />
früh", sagte ein Polizeisprecher. Dennoch<br />
fest steht: Hier fanden offenbar illegale<br />
Hahnenkämpfe statt. Die Polizei<br />
ermittelt nun <strong>gegen</strong> den Besitzer des<br />
Schrebergartens. Zum einen wegen<br />
Verstoßes <strong>gegen</strong> das Tierschutzgesetz,<br />
zum an<strong>der</strong>en wegen illegalen Glückspiels.<br />
Die Hähne wurden in ein Tierheim gebracht.<br />
Leiter Bernd Schinzel erzählt im<br />
Interview, warum ihre Haltung schwierig<br />
ist und wie es mit den aggressiven<br />
<strong>Tiere</strong>n weitergehen könnte.<br />
SPIEGEL ONLINE: Herr Schinzel, bei<br />
einer Razzia in Köln-Höhenberg ver-<br />
hin<strong>der</strong>te die Polizei in einem schmuddeligen<br />
Schrebergarten einen Hahnenkampf.<br />
Schinzel: Nicht nur <strong>der</strong> Schrebergarten<br />
war schmuddelig. Bei Hahnenkämpfen<br />
handelt es sich um übelsten<br />
Tiermissbrauch. Der Besitzer des Schrebergartens<br />
hatte eine eigene Kampfarena<br />
errichten lassen. Eine erhöhte<br />
Bühne mit einem etwa 60 Zentimeter<br />
hohen Zaun. Dort wurden die <strong>Tiere</strong><br />
aufeinan<strong>der</strong> losgelassen. Menschen<br />
reisten mit ihren <strong>Tiere</strong>n extra aus Belgien<br />
o<strong>der</strong> den Nie<strong>der</strong>landen an, um<br />
bei den illegalen Kämpfen zu wetten.<br />
Der für den Kampf fertig beschnittene “Champion”<br />
Das sind perverse Testosteron-Spiele.<br />
SPIEGEL ONLINE: In dem Schrebergarten<br />
fand die Polizei auch ein Messer.<br />
Schinzel: Ja. Normalerweise endet<br />
<strong>der</strong> Kampf, wenn ein Tier das an<strong>der</strong>e<br />
getötet hat. Aber wenn das Verlierer-<br />
Tier noch lebt, dann schneidet <strong>der</strong> Besitzer<br />
des Sieger-Hahns dem unterlegenen<br />
Tier den Kopf ab.<br />
SPIEGEL ONLINE: Wie halten Sie nun<br />
die beschlagnahmten <strong>Tiere</strong>?<br />
Schinzel: Nach bestem Gewissen,<br />
aber trotzdem überhaupt nicht artgerecht,<br />
weil wir auf so eine Notsituation<br />
nicht vorbereitet sein können. Die Hähne<br />
sitzen in Hunde- und Katzenboxen,<br />
je<strong>der</strong> für sich. Sie gehören <strong>der</strong> türkischen<br />
Rasse "Hint Horoz" an. Sie sind<br />
schnell gewaltbereit und besitzen einen<br />
ausgeprägten Geschlechtstrieb. Wenn<br />
sie sich sehen können, drehen sie<br />
schon durch. Auch das Anfassen ist<br />
nicht leicht. Manche hacken nach uns<br />
o<strong>der</strong> versuchen, einen mit dem Sporn<br />
an ihren Füßen zu verletzten.<br />
SPIEGEL ONLINE: Haben die <strong>Tiere</strong><br />
Verletzungen?
Schinzel: Teilweise haben sie alte Verletzungen<br />
an Kopf, Hals und Augen.<br />
Aber sie wurden vor dem Kampf sichergestellt,<br />
sonst sähen sie an<strong>der</strong>s<br />
aus.<br />
SPIEGEL ONLINE: Was sind die <strong>Tiere</strong><br />
wert?<br />
Schinzel: Damit kenne ich mich nicht<br />
aus. Aber sicherlich ist es so, dass <strong>Tiere</strong>,<br />
die kampfbereit sind o<strong>der</strong> schon<br />
Kämpfe gewonnen haben, wertvoller<br />
sind. Wir hatten heute Besuch von einem<br />
Spezialisten. Der hat uns gesagt,<br />
dass manche <strong>Tiere</strong> schon für den<br />
Kampf präpariert waren, dass zum Beispiel<br />
die Fe<strong>der</strong>n zurechtgestutzt waren.<br />
Solche <strong>Tiere</strong> sind teuer.<br />
SPIEGEL ONLINE: Hatten Sie vorher<br />
schon mal Erfahrungen mit Kampfgockeln?<br />
Was weiter passierte:<br />
Die dreizehn<br />
Hähne sind einige<br />
Tage später über das Kölner Veterinäramt<br />
an<strong>der</strong>weitig untergebracht worden - an einem<br />
geheimen Ort, denn es ist damit zu<br />
rechnen, dass die (teilweise aus dem Ausland<br />
stammenden) Besitzer versuchen, sich ihre<br />
<strong>Tiere</strong> wie<strong>der</strong> anzueignen. Sie verbleiben dort,<br />
bis die Rechtslage geklärt ist.<br />
Einige Hähne, so erklärte uns <strong>der</strong> oben erwähnte<br />
Spezialist, dienen als "Sparringpartner",<br />
sie heizen die eigentlichen Kämpfer an.<br />
Bei uns im Tierheim waren dies die jüngeren<br />
und ängstlichen <strong>Tiere</strong>, ihr Fe<strong>der</strong>kleid war unbeschnitten.<br />
Auch waren ihnen zum Teil die<br />
Sporen gekappt worden (Bild rechts unten),<br />
damit sie die wertvollen <strong>Tiere</strong> nicht verletzten. Diese haben einen<br />
Wert von ca. 500 bis 2.000 Euro.<br />
Die Fe<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Hähne werden zum Kampf mit Scheren abgeschnitten,<br />
damit die Verletzungen für die Zuschauer zu sehen<br />
sind und durch das Fe<strong>der</strong>kleid nicht verhin<strong>der</strong>t werden.<br />
Dies war bei einigen unserer befie<strong>der</strong>ten Gäste deutlich am<br />
Kopf, an den Flanken und am Schwanz (Bild Mitte) zu sehen.<br />
Damit es im Kampf auch zu den entsprechenden Verletzungen<br />
kommt, werden scharfe Klingen als Verlängerung <strong>der</strong><br />
Sporen an die Beine <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> geschnallt. In weiten Teilen Eu-<br />
ropas sowie in Nordamerika gilt <strong>der</strong> Hahnenkampf<br />
als Tierquälerei und ist gesetzlich<br />
verboten. In vielen Staaten gilt auch das damit<br />
verbundene Glücksspiel als illegal.<br />
In Südamerika, Mittelamerika und beson<strong>der</strong>s<br />
in Südostasien ist <strong>der</strong> stark verbreitete Hahnenkampf<br />
kulturell verwurzelt und legal. Die<br />
Schinzel: Ja, vor zwei Jahre brachte<br />
man uns ein Fundtier, ein kleines Küken.<br />
Als es größer wurde, konnten wir<br />
es <strong>der</strong> Kampfhuhnrasse zuordnen. Wir<br />
nannten den Hahn "Klitschko" und er<br />
sitzt bis heute hier.<br />
SPIEGEL ONLINE: Ist Klitschko unvermittelbar?<br />
Schinzel: Quasi. Viele Leute sagten<br />
uns: Einen Hahn nehmen wir gern,<br />
aber einen "Hint Horoz"? Es ist nicht<br />
unwahrscheinlich, dass so ein Tier auch<br />
auf Kin<strong>der</strong> losgeht. Die Lebensbedingungen,<br />
die das Tier in <strong>der</strong> freien Natur<br />
hat, sind einfach an<strong>der</strong>s.<br />
SPIEGEL ONLINE: Was geschieht<br />
jetzt mit den 13 Kampfhähnen und<br />
Klitschko?<br />
Schinzel: Es kam ein Mann vom Geflügelverband,<br />
<strong>der</strong> sich vorstellen<br />
TH KÖLN D ELLBRÜCK<br />
Kampfhahn <strong>der</strong> türkischen Rasse<br />
"Hint Horoz"<br />
könnte, die <strong>Tiere</strong> aufzunehmen. Wenn<br />
er sie nicht nimmt, dann wissen wir<br />
erstmal auch nicht weiter.<br />
Dieser Artikel wurde mit freundlicher Genehmigung<br />
von Spiegel-ONLINE übernommen.<br />
Das Interview führte Nora Gantenbrink.<br />
Quelle: www.spiegel.de/panorama/0,1518,818396,00.html<br />
Hähne leben hier meist mit im Haus, um nicht Gefahr zu laufen,<br />
gestohlen zu werden. Die Wetteinsätze, gerade in Südostasien,<br />
belaufen sich über Geldbeträge bis 20.000 Euro,<br />
nicht selten werden auch Haus, Hof und Autos verwettet.<br />
Im Prinzip bedarf es keiner Trainingsmethoden <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong>, da<br />
durch das natürliche R<strong>ev</strong>ierverhalten <strong>der</strong> Hahn versucht, den<br />
Gegner auszuschalten. Damit die natürliche Distanz unterschritten<br />
wird, ist <strong>der</strong> Kampfplatz entsprechend klein gehalten,<br />
so dass sich die <strong>Tiere</strong> nicht ausweichen können. Viele<br />
Kampfhahnbesitzer trainieren dennoch ihre Favoriten, so<br />
werden sie in Indien zum Beispiel angeleint in einen Fluss geworfen,<br />
um durch die Schwimmbewegung die Beinmuskulatur<br />
zu stärken. Eine langfristige Verabreichung von Steroiden<br />
ist auch nicht unüblich, um den Hahn zu konditionieren,<br />
ebenso können vorab verabreichte Schmerzmittel die Ausdauer<br />
im Kampf verlängern.<br />
Im klassischen Hahnenkampf werden zwei Hähne in einer<br />
Arena o<strong>der</strong> einem schlichten Kampfplatz, <strong>der</strong> lediglich von<br />
den Zuschauern begrenzt wird, aufeinan<strong>der</strong> losgelassen. Üblich<br />
ist, auf den Ausgang des Kampfes zu wetten. Dieser ist<br />
vorbei, wenn einer <strong>der</strong> Hähne nicht mehr kämpft, schwer verletzt<br />
ist o<strong>der</strong> stirbt.<br />
Text und Fotos: Heike Bergmann<br />
TH Köln-Dellbrück<br />
Iddelsfel<strong>der</strong> Hardt, 51069 Köln<br />
Leiterin (GSt): Sylvia Bringmann<br />
Leiter (TH): Bernd Schinzel<br />
Tel. (0221) 68 49 26, Fax 68 18 48<br />
Postbank Köln, BLZ 370 100 50<br />
Konto 924 02-505<br />
www.tierheim-koeln-dellbrueck.de<br />
Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> 1/2012 4/2011<br />
21
Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> 1/2012<br />
22<br />
Von Tierheim-Leiter<br />
Mein Lehrmeister<br />
LIEBESERKLÄR<br />
Alles auf dieser Welt hat seine Zeit. Es gibt eine<br />
Zeit für die Freude und auch eine Zeit für<br />
die Trauer. Und es dauert seine Zeit, bis man<br />
manche Dinge verdaut hat und über sie sprechen<br />
kann.<br />
Bei mir sind das jetzt knapp 11 Monate, seit<br />
ich meinen alten Cosmo einschlafen lassen<br />
musste. Er hat mich 14, 5 Jahre lang durch diverse<br />
Irrungen und Wirrungen meiner verschlungensten<br />
Lebenswege begleitet, und es<br />
gibt eigentlich niemanden, <strong>der</strong> es länger mit<br />
mir ausgehalten hat. Außer meiner mittlerweile<br />
über 17 jährigen Jack Russell Hündin Luzy<br />
natürlich. Die hatte auch keine an<strong>der</strong>e<br />
Wahl...<br />
Gemeinsam mit Cosmo habe ich unser Leben gelebt ,<br />
und ohne ihn muss ich mich von einem Teil meines Lebens<br />
verabschieden. Die Studienzeit, Examen, Ausbildung,<br />
meine Tätigkeit in Österreich auf Gut Ai<strong>der</strong>bichl,<br />
die Anfangszeit in Hamburg - das alles sind,<br />
nein, es waren, Cosmo-Jahre. Mit ihm habe ich meine<br />
Sturm- und Drangzeit zu Grabe getragen.<br />
Jetzt sind meine wilden Jahre nur noch die verklärten<br />
Erinnerungen eines Mitt-<br />
Vierzigers. Das ist hart,<br />
die Zeit hinterlässt diverse<br />
Runzeln, auch auf <strong>der</strong><br />
Seele, da nutzt kein Botox<br />
mehr was. Wahrscheinlich<br />
hat diese Tatsache<br />
das Ihrige dazu beigetragen, dass dieser<br />
Abschied so schmerzhaft für mich war, dass ich einige<br />
Monate brauchte, um Tatsachen zu akzeptieren.<br />
Es ist verrückt - eigentlich besteht unser ganzes Leben<br />
darin, uns von lieb gewonnen Lebewesen und Dingen<br />
wie<strong>der</strong> zu trennen. Interessant ist, dass wir uns nicht
Frank Weber<br />
Cosmo<br />
UNG AN EINEN HUND …<br />
daran gewöhnen können. Die Kunst des Lebens besteht darin,<br />
loszulassen. Das Leben meines Hundes ist nun mal begrenzt,<br />
genauso wie meine Jugend. Wir sind ein Teil <strong>der</strong> Dinge,<br />
die geschehen, weil sie geschehen. Ob wir das wollen,<br />
hat keinen Einfluss auf die Fließgeschwindigkeit des Lebens.<br />
Und <strong>der</strong> Lebenslauf eines Hundes ist nun mal wesentlich kürzer<br />
als unserer.<br />
Cosmo war für mich ein wun<strong>der</strong>barer Lehrmeister. In unseren<br />
gemeinsamen Jahren hat er mir zum Beispiel beigebracht,<br />
dass man bei <strong>der</strong> Erziehung eines Hundes nicht mit<br />
dem Kopf durch die Wand gehen kann. Er war ja ein großes<br />
und sehr sensibles Wesen und mit barschen Worten konnte<br />
er überhaupt nicht umgehen. Gleichzeitig war es meine Aufgabe,<br />
ihn erzieherisch für das Zusammenleben in menschlicher<br />
Gesellschaft fit zu machen. Da musste man schon ein<br />
gewisses Fingerspitzengefühl<br />
entwickeln.<br />
Franziskus-Tierheim<br />
Geschäftsstelle Hamburg<br />
Lokstedter Grenzstr. 7, 22527 Hamburg<br />
Leiter: Frank Weber<br />
Tel. GSt (040) 55 49 28 - 34, Fax -32<br />
Tel. Tierheim (040) 55 49 28 37<br />
Haspa, BLZ 200 505 50,<br />
Konto 1049220799<br />
Unser Zusammenleben<br />
hat mir eröffnet, wie spielerisch<br />
die Klaviatur <strong>der</strong><br />
Kommunikation zwischen<br />
Hund und Mensch bespielt<br />
werden kann. Im Laufe unserer<br />
gemeinsamen Jahre<br />
haben wir eine Sprache<br />
entwickelt, die beide Seiten wortlos und relativ perfekt beherrschten.<br />
Kurz und gut - umso länger wir zusammen lebten,<br />
umso besser haben wir uns verstanden. Bis zur letzten<br />
gemeinsamen Minute, in <strong>der</strong> wir uns so nah waren wie nie<br />
zuvor...<br />
www.franziskustierheim.de<br />
Gerade wenn man beruflich mit Hunden zu tun hat, ist meiner<br />
Meinung nach das Wichtigste, Sensibilität und vor allem<br />
ein gutes Einfühlungsvermögen zu entwickeln. Je<strong>der</strong> Vierbeiner<br />
ist ein Unikat und tickt ein klein wenig an<strong>der</strong>s als die<br />
an<strong>der</strong>en.<br />
Wer Hunde wirklich verstehen können will, muss ein Bauchgefühl<br />
entwickeln. Für meine Arbeit ist das ausgesprochen<br />
wichtig. Manchmal schalte ich bewusst den Kopf und alle<br />
F RANZISKUS-TH<br />
Theorien aus und vertraue<br />
einfach meinem<br />
Gefühl. Der "Hundetrainer",<br />
<strong>der</strong> behauptet,<br />
es gibt nur eine<br />
Methode und die<br />
funktioniert garantiert<br />
bei jedem Hund, hat<br />
das nicht kapiert. Er<br />
hätte Cosmo fragen<br />
sollen, <strong>der</strong> hätte es<br />
ihm gezeigt.<br />
Der Schlüssel zum Verstehen ist Liebe, Erfahrung, Geduld<br />
und die ständige Bereitschaft, dazu zu lernen. Irgendwann<br />
versteht man sich mit dem Leben wie mit einem alten Hund<br />
- es braucht keine großen Worte mehr...<br />
Nach <strong>der</strong> Zeit <strong>der</strong> Trauer ist es jetzt wie<strong>der</strong> an <strong>der</strong> Zeit,<br />
die Geschenke des Lebens anzunehmen. Ein neuer,<br />
großer, dicker, leicht schielen<strong>der</strong> vierbeiniger Lehrmeister<br />
ist in unser Leben getreten. Wir haben beschlossen<br />
dieses einzigartige Individuum Herrn Schrö<strong>der</strong><br />
(kleines Bild oben) zu nennen.<br />
Natürlich sind wir unseren Prinzipien treu geblieben<br />
und haben Schrödie aus dem Tierheim geholt. Er hat<br />
mir auch schon einiges beigebracht: Dass er eine<br />
ausgesprochene Schwäche für Kaninchen hat zum Beispiel.<br />
Um an sie ran zu kommen, hat sich <strong>der</strong> Herr nicht gescheut,<br />
zwei fausttiefe Löcher in meine Wohnzimmerwand (die direkt<br />
über dem Tierheim liegt) zu graben. Eine Erfahrung, die ich<br />
in 35 Jahren Hundehaltung bisher so noch nicht machen<br />
durfte.<br />
O<strong>der</strong> dass er als Hundini auf vier Pfoten Oma Luzys Herztabletten<br />
gleich im Celophan-Zehnerpack in seinem Magen<br />
verschwinden lässt. Auch dass ein Hund einen zehn Liter fassenden<br />
Kochtopf vom Herd nimmt, aufs Sofa trägt und ohne<br />
Spuren zu hinterlassen ausschleckt, ist mir zuvor in dieser<br />
Form noch nicht zu Ohren gekommen.<br />
Fotos: Frank Weber<br />
Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> 1/2012<br />
23
Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> 1/2012<br />
24<br />
Das<br />
Tierheim Hage<br />
Als das Tierheim Hage 1998 am Welttierschutztag<br />
eingeweiht wurde, zählte <strong>der</strong> Uförmige<br />
Bau mit seinen großzügigen Freilaufflächen<br />
zu den mo<strong>der</strong>nsten Anlagen<br />
des bmt. Das neue Tierheim an <strong>der</strong> Nordsee<br />
war für die Aufnahme von ca. 30 Katzen<br />
und maximal 15 Hunden konzipiert.<br />
Und so standen Ursula Sottmeier und<br />
Dieter Kuhn, die als "Rentner" aus Hessen<br />
an die Nordsee gekommen waren<br />
und 2003 die Geschäftsstelle Norden<br />
ehrenamtlich übernahmen, vor einem<br />
schier unlösbaren Problem: Hier das<br />
Tierheim, überfüllt und Anlaufstation<br />
für immer mehr hilfsbedürftige und kostenintensiv<br />
zu versorgende Schützlinge<br />
und dort das klamme Budget,<br />
ausgelegt für eine weitaus geringere<br />
Aufnahme von <strong>Tiere</strong>n.<br />
Auch <strong>der</strong> Gesamtverein fürchtete, die<br />
finanzielle Unterdeckung des Tierheims<br />
Hage eines Tages nicht mehr tragen zu<br />
können und so wurden 2005 die unterschiedlichsten<br />
Lösungen von Schließung<br />
über Nutzung als Gnadenhof für<br />
vergrößert sich<br />
GEPLANTER ANBAU FÜR DIE AUFNAHME<br />
VON KATZEN UND HUNDEN<br />
Zu diesem Zeitpunkt konnte noch niemand voraussehen, dass die Zahl <strong>der</strong> aufzunehmenden <strong>Tiere</strong> in den<br />
Folgejahren rasant in die Höhe schnellen würde. Das galt sowohl für Hunde, die von ihren finanzschwachen<br />
Besitzern immer öfter und meist in schlechtem Gesundheitszustand abgegeben wurden, als auch für die<br />
ständig steigende Anzahl wild leben<strong>der</strong>, unkastrierter Katzen.<br />
bmt-<strong>Tiere</strong> diskutiert und wie<strong>der</strong> verworfen.<br />
Man war sich einig, dass das in<br />
Norden und Umgebung beliebte und<br />
vor allem dringend benötigte Tierheim<br />
mit gemeinsamer Kraft erhalten werden<br />
musste.<br />
Nach anschließenden Verhandlungen<br />
mit den Gemeinden des Altkreises Norden<br />
und dem Landkreis über eine angemessene<br />
Kostenbeteiligung (Fundtierkostenpauschale)<br />
konnte Dieter<br />
Kuhn mit seinem Tierheim-Team ein<br />
wenig aufatmen. Konsequent setzte die<br />
Geschäftsstellenleitung in den kommenden<br />
Jahren Einsparungen in Tierheim<br />
und Geschäftsstelle durch. Herr<br />
Kuhn stellte in mehreren Verhandlun-<br />
gen abermals den Gemeinden und<br />
dem Landkreis die schwierige Situation<br />
des Tierheims dar und konnte ein positives<br />
Ergebnis erzielen.<br />
"Ich habe das Tierheim Hage schon vor<br />
30 Jahren kennengelernt", erinnert sich<br />
Uwe Fröbel und meint die alte Einrichtung,<br />
die 1998 durch den Neubau am<br />
gleichen Standort, Hagermarscher<br />
Straße 11, abgelöst wurde. "Das Tierheim<br />
hat in den vergangenen Jahren<br />
durch die engagierte Arbeit von Frau<br />
Sottmeier und Herrn Kuhn eine großartige<br />
Entwicklung genommen", sagt<br />
<strong>der</strong> Leiter des Ordnungsamtes <strong>der</strong><br />
Stadt Norden anerkennend.<br />
Tatsächlich führten die konsequent um-
Der geplante Neubau<br />
im Luftbild<br />
gesetzten Maßnahmen des Geschäftsstellenleiters<br />
dazu, dass nach 2007<br />
nicht nur <strong>der</strong> Tierheim-Haushalt ausgeglichen,<br />
son<strong>der</strong>n auch die Mitglie<strong>der</strong>zahl<br />
um über 30 Prozent gesteigert<br />
werden konnte. Viele För<strong>der</strong>er und<br />
Unterstützer kommen inzwischen aus<br />
an<strong>der</strong>en <strong>Bund</strong>eslän<strong>der</strong>n, was sowohl<br />
Dieter Kuhn als auch Uwe Fröbel freut.<br />
"Bei 1,3 Millionen Übernachtungen im<br />
Jahr müssen ja rein statistisch schon eine<br />
Menge Tierfreunde darunter sein",<br />
sagt Herr Fröbel augenzwinkernd.<br />
Mit dem Fachausschuss <strong>der</strong> Stadt Norden<br />
war <strong>der</strong> Ordnungsamtsleiter am<br />
29. Februar 2012 im Tierheim. "Dieses<br />
Mal nicht, um eine kleine Katze aufzu-<br />
Geschäftsstelle Norden<br />
Nordbuscherweg 17, 26553 Dornum<br />
Leiter: Dieter Kuhn,<br />
und Ursula Sottmeier<br />
Tel. (04933) 99 28 24, Fax 99 28 26<br />
Tierheim Hage<br />
Hagermarscher Str. 11, 26524 Hage<br />
Tel. (04938) 4 25, Fax 91 49 90<br />
Raiffeisen-Volksbank<br />
Fresenae.G.Norden, BLZ 283 615 92<br />
Konto 6302020300<br />
www.tierheim-hage.de<br />
Der Fachausschuss <strong>der</strong> Stadt Norden mit Ordnungsamtsleiter<br />
Uwe Fröbel (Fünfter von links) im Tierheim<br />
nehmen", sagt er, <strong>der</strong><br />
selbst schon begeisterter<br />
Hunde- und<br />
Katzenbesitzer war",<br />
son<strong>der</strong>n um uns im<br />
Tierheim ein Bild über<br />
die Katzen-Problematik<br />
zu machen."<br />
Obwohl das Tierheim<br />
Hage seit nunmehr<br />
fünf Jahren sozial<br />
schwachen Tierhaltern<br />
mit einer hälftigen Bezuschussung<br />
bei <strong>der</strong><br />
Katzenkastration ("Sozialsprechstunde")<br />
ent<strong>gegen</strong>kommt und<br />
regelmäßig Kastrationsaktionen<br />
durchführt, scheint sich<br />
die Population frei leben<strong>der</strong> Katzen<br />
wie<strong>der</strong> vergrößert zu haben. "Wir erreichen<br />
natürlich nicht alle Katzenbesitzer<br />
mit unserem Angebot", bedauert Ursula<br />
Sottmeier.<br />
Gerade stoisch in ihrer ablehnenden<br />
Haltung zeigen sich nach wie vor die<br />
Landwirte. Ob entlang <strong>der</strong> Nordseeküste<br />
o<strong>der</strong> im Herzen Nie<strong>der</strong>sachsens -<br />
die meisten Bauern schauen ungerührt<br />
zu, wie ihre Hofkatzen mehrmals im<br />
Jahr Nachwuchs zeugen, <strong>der</strong> nach <strong>der</strong><br />
Geschlechtsreife abermals für die Vergrößerung<br />
<strong>der</strong> Population sorgt.<br />
Die Folgen trägt das Tierheim Hage<br />
und das gleich mehrfach: Die oft durch<br />
Mangelernährung, Krankheiten und<br />
Verletzungen sehr geschwächten <strong>Tiere</strong><br />
müssen nicht nur kosten- und pflegeintensiv<br />
wie<strong>der</strong> aufgepäppelt werden,<br />
son<strong>der</strong>n benötigen auch Platz, den das<br />
für weitaus weniger <strong>Tiere</strong> konzipierte<br />
Tierheim nicht hat - es sei denn, man<br />
schafft ihn…<br />
Und genau das haben die Geschäftsstellenleiter<br />
in diesem Jahr vor, nachdem<br />
im Schnitt doppelt so viele <strong>Tiere</strong><br />
versorgt werden, wie ursprünglich vorgesehen.<br />
Über 100 Katzen und mehr<br />
als 40 Hunde teilen sich den immer<br />
knapper werdenden Raum.<br />
TH HAGE<br />
Der künftige Anbau wird zwischen dem<br />
Katzen- und Hundetrakt entstehen -<br />
hier liegen ja bereits die Versorgungsleitungen<br />
für Heizung und Wasser -<br />
und soll ca. 50 Katzen und 20 Hunden<br />
Platz bieten.<br />
"Von mir aus könnte es sofort losgehen",<br />
erklärt Dieter Kuhn tatkräftig, obwohl<br />
er eigentlich gerade erst den Spaten<br />
aus <strong>der</strong> Hand gelegt hat. 2010<br />
verwüstete ein Orkan das Tierheimgelände,<br />
ein Jahr zuvor machte ein Wasserschaden<br />
die gerade durchgeführte<br />
Renovierung <strong>der</strong> Tierheimräume wie<strong>der</strong><br />
zunichte. Dass in beiden Notlagen<br />
Ehrenamtliche und Spen<strong>der</strong> dem Tierheim<br />
zur Seite standen, haben Ursula<br />
Sottmeier und Dieter Kuhn bis heute<br />
nicht vergessen. "Das Tierheim Hage ist<br />
mittlerweile ein fester Bestandteil unserer<br />
Region," erklärt <strong>der</strong> Ordnungsamtsleiter<br />
Uwe Fröbel die Hilfsbereitschaft<br />
aus Norden und Umgebung,<br />
Und weil das auch die Stadtoberen und<br />
die Umlandgemeinden Hage, Brookmerland,<br />
Großheide, Dornum und<br />
Holtriem so sehen, wurde beschlossen,<br />
pro Einwohner 0,10 Euro für die Kastration<br />
von Katzen zur Verfügung zu<br />
stellen. Die Mittel sollen finanziell<br />
schlechter gestellten Tierbesitzern zugute<br />
kommen, die einen Zuschuss zur<br />
Kastration bekommen. Das Tierheim<br />
verteilt entsprechende Gutscheine und<br />
führt auf Wunsch <strong>der</strong> Katzenbesitzer<br />
den Eingriff auch im Tierheim durch.<br />
Die gemeinsame Aktion von <strong>der</strong> Stadt<br />
Norden, mehreren Gemeinden und<br />
dem Tierheim Hage wird voraussichtlich<br />
bis in den Spätherbst laufen.<br />
"Durch den Neubau", sagt Ursula Sottmeier,<br />
"haben wir dann auch die Möglichkeit,<br />
Hunde und Katzen in Pension<br />
zu nehmen." Dieses häufig nachgefragte<br />
Angebot richtet sich beson<strong>der</strong>s<br />
an Menschen, die sich aus den unterschiedlichsten<br />
Gründen - Krankheit,<br />
Rehabilitation, Umzug, Urlaub etc. - für<br />
eine begrenzte Zeit nicht um ihre <strong>Tiere</strong><br />
kümmern können.<br />
Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> 1/2012<br />
25
Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> 1/2012<br />
26<br />
TH HAGE<br />
Während die vierbeinigen Pensionsgäste in <strong>der</strong> Regel nur wenige<br />
Wochen o<strong>der</strong> gar Tage bleiben, gibt es auch die an<strong>der</strong>en,<br />
die das Tierheim voraussichtlich nicht mehr verlassen<br />
werden. Dazu gehören die schwer vermittelbaren, weil kaum<br />
berechenbaren Hunde, wie die Schäferhündin Tammy,<br />
Schnauzer-Schäferhundmix Berber o<strong>der</strong> die hochbetagten<br />
Spürnasen rechts im Bild.<br />
Der 18 Jahre alte Terriermischling und seine elfjährige Pudelmix-Partnerin<br />
verloren ihr Zuhause, nachdem ihre Besitzerin<br />
einen Schlaganfall erlitten hatte. So wie es <strong>der</strong>zeit aussieht,<br />
wird die alte Dame ihre Hunde nicht mehr versorgen<br />
können. Hündin und Rüde sind in keinem beson<strong>der</strong>s guten<br />
Zustand: Beide <strong>Tiere</strong> haben ein sehr schlechtes Gebiss mit<br />
fauligen bzw. fehlenden Zähnen, hören kaum noch und <strong>der</strong><br />
Terriermix ist darüber hinaus fast vollständig erblindet.<br />
Laut Aussage des amtlichen Betreuers steht kein Geld für die<br />
Versorgung <strong>der</strong> Hunde zur Verfügung, so dass - wie stets in<br />
solchen Fällen - das Tierheim vermutlich für alle entstehenden<br />
Kosten aufkommen muss.<br />
Nach Rücksprache beim Leiter des Sozialamtes Norden ist im<br />
Gesetz kein Passus zu finden, <strong>der</strong> regelt, was mit den <strong>Tiere</strong>n<br />
von Bedürftigen geschehen soll, wenn sie sich nicht mehr<br />
selbst um ihre <strong>Tiere</strong> kümmern können.<br />
Das Tierheim Hage sagt Danke!<br />
Als im Sommer vor zwei Jahren <strong>der</strong> Orkan<br />
innerhalb von Sekunden das Tierheimgelände<br />
wie ein Spielzeughäuschen<br />
beutelte, kein Baum und keine<br />
Dorit Benninghaus<br />
Hütte seiner Wucht wie<strong>der</strong>stand, konnten<br />
sich die verzweifelten Geschäftsstellenleiter<br />
Ursula Sottmeier und Dieter<br />
Kuhn inmitten <strong>der</strong> Zerstörung auf<br />
eines verlassen: ihre Mannschaft vom<br />
Tierheim. Die Mitarbeiter verzichteten<br />
sofort auf ihren Urlaub, um aktiv an <strong>der</strong><br />
Beseitigung <strong>der</strong> Schäden mitzuarbei-<br />
Die Mitarbeiter des Tierheims<br />
ten. Alle arbeiteten Hand in Hand und<br />
sind im Laufe <strong>der</strong> Jahre ein eingeschweißtes<br />
Team geworden.<br />
Dazu gehört auch Dorit Benninghaus.<br />
Sie organisiert ehrenamtlich<br />
die in <strong>der</strong> Region beliebte Sozialsprechstunde,<br />
die das Tierheim 2007<br />
für sozial schwächere Tierbesitzer<br />
eingeführt hatte.<br />
"Auch allen Ehrenamtlichen, die<br />
uns bei den Aktionen wie<br />
Tag <strong>der</strong> offenen Tür,<br />
Präsentieren des<br />
Tierheims auf<br />
Veranstaltungen<br />
und<br />
Märkten,<br />
Gassigehen<br />
mit<br />
den<br />
Tierheimhunden<br />
Bitte unterstützen Sie mit einer Spende die oftmals<br />
sehr teure medizinische Betreuung unserer<br />
Schützlinge o<strong>der</strong> die notwendige Erweiterung des<br />
Katzen- und Hundetrakts. Gleichfalls freut sich<br />
das Tierheim-Team über tatkräftige, handwerkliche<br />
Unterstützung bei den anstehenden Arbeiten<br />
- und natürlich über Ihr Interesse an den Tierheimschützlingen,<br />
die alle auf ein schönes Zuhause<br />
warten.<br />
Text: <strong>Claudia</strong> Lotz<br />
Fotos: Ursula Sottmeier<br />
und Betreuung <strong>der</strong> Bücherstube im<br />
Tierheim unterstützen, möchte ich ganz<br />
herzlich für ihr Engagement danken",<br />
sagt Dieter Kuhn und seine Frau ergänzt:<br />
"Das gilt auch für Ursula Karge,<br />
die uns seit vielen Jahren mit dem Erlös<br />
aus dem Verkauf ihrer wun<strong>der</strong>vollen<br />
Kunstpostkarten hilft."
Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> 1/2012<br />
27
Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> 1/2012<br />
28<br />
In diesem Januar spitzte sich die Situation auf <strong>der</strong> Kleintierstation<br />
im Tierheim Wau-Mau-Insel dramatisch zu: Insgesamt wurden<br />
130 Kleintiere aufgenommen, darunter 66 Goldhamster aus<br />
einer Sicherstellung, 15 ausgesetzte Wüstenrennmäuse, fünf Degus<br />
und fünf Zwerghamster, lei<strong>der</strong> allesamt ohne Geschlechtertrennung<br />
und darunter etliche trächtige Weibchen …<br />
Sicherstellungen gehen ohne zeitlichen<br />
Vorlauf vonstatten. Wenn wir Glück haben,<br />
wird Tierheimleiter Karsten Plücker<br />
am Tag <strong>der</strong> Sicherstellung im Vorfeld<br />
informiert, dass eine Aktion seitens des<br />
Veterinäramtes ansteht. Dennoch kann<br />
man sich nicht im Detail darauf vorbereiten,<br />
da die Veterinärbehörde in <strong>der</strong><br />
Regel selbst nicht weiß, was genau sie<br />
vor Ort erwartet. Im schlechtesten Fall<br />
erhalten wir einen Anruf auf dem Not-<br />
Telefon mit <strong>der</strong> Bitte um sofortige Hilfestellung,<br />
das heißt, <strong>der</strong> Amtstierarzt<br />
und seine Mitarbeiter sind schon vor<br />
Ort und benötigen die Hilfe <strong>der</strong> Tier-<br />
schützer.<br />
Dies erfor<strong>der</strong>t seitens<br />
des Tierheims<br />
viel Flexibilität und<br />
beginnt mit <strong>der</strong><br />
Bereitstellung von<br />
Transportboxen: Ein<br />
Tierheimmitarbeiter<br />
muss sofort seine<br />
Arbeit liegen lassen,<br />
zu dem Einsatzort<br />
fahren und vor Ort Amtshilfe leisten.<br />
Für das Veterinäramt ist die Arbeit mit<br />
<strong>der</strong> Sicherstellung - bis auf den Papierkram<br />
- weitestgehend beendet, wohin<strong>gegen</strong><br />
sie für das Tierheim jetzt erst<br />
richtig anfängt: Um welche Tierart handelt<br />
es sich, wie viele <strong>Tiere</strong> sind es insgesamt,<br />
welches Geschlecht haben die<br />
<strong>Tiere</strong>? … und dies ist erst die Vorbereitung.<br />
GSt u. TH "Wau-Mau-Insel"<br />
Schenkebier Stanne 20, 34128 Kassel<br />
Leiterin (GSt): Petra Hollstein<br />
Leiter (TH): Karsten Plücker<br />
Tel. (0561) 86 15 680, Fax 86 15 681<br />
Kasseler Sparkasse,<br />
BLZ 520 503 53,<br />
Konto 70 700<br />
Sisyphusar<br />
Es müssen Käfige aufgebaut und eingerichtet<br />
werden, die <strong>Tiere</strong> müssen einen<br />
ersten Medizincheck über sich ergehen<br />
lassen, denn neben <strong>der</strong><br />
Geschlechterbestimmung ist es vor allem<br />
wichtig, in welchem Gesundheitszustand<br />
sie sich befinden. Häufig hat<br />
bis zum jetzigen Zeitpunkt keinerlei tierärztliche<br />
Versorgung stattgefunden, die<br />
<strong>Tiere</strong> sind unterernährt, weisen Bissverletzungen<br />
auf o<strong>der</strong> leiden beispielsweise<br />
unter Milbenbefall. Und dies<br />
muss alles dokumentiert werden. Keine<br />
leichte Aufgabe für die Tierheimmitarbeiter,<br />
denn die sichergestellten <strong>Tiere</strong><br />
www.wau-mau-insel.de<br />
kommen zu dem<br />
bereits vorhandenen<br />
Tierbestand<br />
hinzu.<br />
Dorothee Schmidt<br />
arbeitet schon seit<br />
vielen Jahren im<br />
Tierheim Wau-<br />
Mau-Insel. Die Leiterin<br />
<strong>der</strong> Kleintierstation<br />
erklärt, wie<br />
sich das Team auf eine angekündigte<br />
Sicherstellung und die damit verbundene<br />
Aufnahme einer größeren Zahl<br />
von <strong>Tiere</strong>n vorbereitet.<br />
RdT: Wenn das Telefon klingelt und das<br />
Veterinäramt eine Sicherstellung mit einer<br />
größeren Anzahl von <strong>Tiere</strong>n ankündigt<br />
- was geht Ihnen in diesem Moment<br />
durch den Kopf?<br />
Dorothee Schmidt: Zuerst werden<br />
Überlegungen angestellt, wo man die<br />
<strong>Tiere</strong> noch unterbringen soll, denn in<br />
<strong>der</strong> Regel ist unsere Kleintierstation voll<br />
belegt. Dann müssen wir Käfige und<br />
Einrichtungs<strong>gegen</strong>stände organisieren<br />
und vorbereiten. Da wir für die Aufnahme<br />
von 50 o<strong>der</strong> mehr <strong>Tiere</strong>n nicht<br />
ausgestattet sind und wir nur geringfügige<br />
Lagerkapazitäten haben, müssen<br />
wir häufig improvisieren.<br />
Also muss beispielsweise <strong>der</strong> Vogelkäfig<br />
o<strong>der</strong> das Terrarium als Hamstergehege<br />
umgebaut werden. Dann schauen<br />
wir, an welchem Standort die Käfige<br />
aufgestellt werden können, ohne dass<br />
die <strong>Tiere</strong> allzu viel Stress haben. In <strong>der</strong><br />
Regel müssen wir in den Gängen<br />
Klapptische aufstellen o<strong>der</strong> auch ein<br />
Katzenzimmer zum Kleintierraum umgestalten.<br />
Hier ist Fantasie gefragt, und<br />
es for<strong>der</strong>t uns immer wie<strong>der</strong> aufs Neue<br />
heraus.<br />
Aus Erfahrung weiß man natürlich auch<br />
um den in <strong>der</strong> Regel schlechten Gesundheitszustand<br />
<strong>der</strong> <strong>Tiere</strong>. Also muss<br />
dann auch gleich unser Tierarzt informiert<br />
werden, damit eine Notfallversorgung<br />
sichergestellt ist.<br />
Da die Aufnahme einer größeren Tieranzahl<br />
natürlich sehr zeitintensiv<br />
ist und dann meist bis in die Nacht<br />
dauert, muss man natürlich auch<br />
privat alles umorganisieren.<br />
RdT: Sicherstellungen gehören<br />
(lei<strong>der</strong>) zum ‚Alltagsgeschäft' eines<br />
Wau-Mau-Bewohner Chinchilla (oben),<br />
Kaninchen, Wüstenrennmaus und Degu<br />
bei
Tierheims. In <strong>der</strong> Regel kommen ein bis zwei <strong>Tiere</strong>, das ist ‚normal'.<br />
Aber gerade im Kleintierbereich kommt es immer wie<strong>der</strong><br />
vor, dass es sich um eine zwei-bis dreistellige Anzahl von <strong>Tiere</strong>n<br />
handelt. Hat sich diesbezüglich in den letzten Jahren etwas<br />
geän<strong>der</strong>t? Was war <strong>der</strong> dramatischste Fall? Was sind das<br />
für Menschen und Schicksale, die in <strong>der</strong> Regel hinter solchen<br />
Sicherstellungen stehen?<br />
Dorothee Schmidt: Lei<strong>der</strong> hat sich die Anzahl <strong>der</strong> aufgenommen<br />
Kleintiere in den letzten zehn Jahren verzehnfacht.<br />
Auch bei den Sicherstellungen haben die Zahlen drastisch zugenommen.<br />
In den letzten Jahren haben wir ca. 2 Mal pro<br />
Jahr Sicherstellungen gehabt, bei denen die Anzahl <strong>der</strong> aufzunehmenden<br />
<strong>Tiere</strong> zwischen 50 - 300 <strong>Tiere</strong>n lag.<br />
Der schlimmste Fall war mit Sicherheit die Aufnahme von 308<br />
Meerschweinchen aus einer Animal Hoarding-Haltung. In<br />
den meisten Fällen handelt es sich um so genannte "Tiermessies",<br />
also um Menschen, die immer mehr <strong>Tiere</strong> sammeln<br />
und dann völlig den Überblick verlieren.<br />
RdT: Die Arbeit gleicht manchmal <strong>der</strong> des Sisyphus', d.h. man<br />
arbeitet bis an die eigenen körperlichen, aber auch finanziellen<br />
und platztechnischen Grenzen, oftmals auch darüber hinaus,<br />
und wenn man gerade einen Fall falsch verstandener<br />
Tierliebe aufgearbeitet hat, klingelt erneut das Telefon… wie<br />
motivieren Sie sich jeden Tag aufs Neue?<br />
Dorothee Schmidt: Motivation sind natürlich in erster Linie<br />
die <strong>Tiere</strong>. Wenn man durch seine Arbeit den <strong>Tiere</strong>n helfen<br />
kann und sieht, wie sie gesund werden und Lebensfreude<br />
entwickeln, ist das natürlich Motivation pur.<br />
Glücklicherweise trifft man bei <strong>der</strong> Vermittlung auch immer<br />
wie<strong>der</strong> tolle Menschen, die ein Tier adoptieren und ihm ein<br />
schönes Zuhause schenken. Auch das belohnt und motiviert<br />
für die geleistete Arbeit. Ebenso die vielen Menschen, die uns<br />
mit Geld- und Sachspenden helfen und auch moralisch eine<br />
große Stütze sind. Im Fall <strong>der</strong> 66 Goldhamster haben wir unzählige<br />
Näpfe, Häuser, Futter und Einstreu erhalten, und viele<br />
Menschen haben Anteil genommen an dem Tierschicksal.<br />
Und wenn ein zwölfjähriges Mädchen vorbei kommt und von<br />
ihrem Taschengeld zwei Näpfe für die in Not geratenen <strong>Tiere</strong><br />
kauft, dann sind auch wir sehr gerührt...<br />
TH WAU-MAU-INSEL<br />
beit<br />
Kaninchen, Meerschweinchen & Co<br />
ODER: DER GANZ NORMALE WAHNSINN IM TIERHEIM!<br />
RdT: Wie könnte man die Situation in den Griff bekommen?<br />
Würde beispielsweise die Besteuerung des Verkaufs von Kleintieren<br />
Sinn machen?<br />
Dorothee Schmidt: Das Hauptproblem bei den Kleintieren<br />
ist, dass man diese <strong>Tiere</strong> überall günstig und ohne fachlich<br />
gute Beratung kaufen kann. Das führt lei<strong>der</strong> häufig zu<br />
unüberlegten Spontankäufen. Ein weiteres Problem sind auch<br />
falsche Geschlechterbestimmungen seitens <strong>der</strong> Händler. Der<br />
unerwünschte Nachwuchs wird dann bei uns im Tierheim abgegeben.<br />
Von daher wäre natürlich eine Besteuerung von Tierverkäufen<br />
ein richtiger Ansatzpunkt, denn bei einem höheren Anschaffungspreis<br />
würden die Tierkäufer die Anschaffung im<br />
Vorfeld besser überdenken, und für viele unseriöse Händler<br />
wäre das Geschäft dann nicht mehr lukrativ genug.<br />
Die Steuereinnahmen könnten die Kommunen dann übrigens<br />
sinnvoll nutzen und den Tierschutz zu unterstützen, denn<br />
dort landet ja eine Vielzahl dieser unerwünschten <strong>Tiere</strong> letztendlich.<br />
RdT: Eine Kleintier-Fee kommt im Tierheim vorbei und teilt Ihnen<br />
mit, dass Sie drei Wünsche für Ihre Arbeit frei haben…wie<br />
würden diese lauten?<br />
Dorothee Schmidt:<br />
1. Mehr Sachkunde <strong>der</strong> Halter, denn viele Halter von Kleintieren<br />
fügen ihren <strong>Tiere</strong>n allein aus mangeln<strong>der</strong> Sachkunde<br />
erhebliche Leiden und Schmerzen zu.<br />
2. Mehr Sachkunde <strong>der</strong> Tierhändler. Es kann nicht sein, dass<br />
zum Beispiel in Baumärkten <strong>Tiere</strong> von Mitarbeitern ohne Ausbildung<br />
und Sachkunde im Tierpflegebereich gehalten und<br />
verkauft werden.<br />
3. Mehr Menschen, die Kleintiere aus dem Tierschutz adoptieren.<br />
Es gibt mittlerweile fast alle Tierarten in Tierheimen<br />
und Nothilf<strong>ev</strong>ereinen, und ich kann nur vor <strong>der</strong> Anschaffung<br />
eines <strong>Tiere</strong>s an alle Menschen appellieren, zuerst im Tierschutz<br />
nach einem passenden Begleiter zu suchen.<br />
Text und Fotos: <strong>Claudia</strong> Bioly<br />
Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> 1/2012<br />
29
Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> 1/2012<br />
30<br />
Belustigung<br />
auf Kosten<br />
<strong>der</strong> <strong>Tiere</strong><br />
Auf <strong>der</strong> Wiese ist ein Pacours aufgebaut. Doch die Hin<strong>der</strong>nisse sind<br />
selbst für Ponys zu klein - sie sollen von angeleinten Kaninchen übersprungen<br />
werden, neben denen ihre Besitzer, meist Kin<strong>der</strong>, laufen.<br />
Diese artwidrige Beschäftigung mit dem Fluchttier Kaninchen kommt<br />
aus Schweden und wurde in den vergangenen Jahren in Deutschland<br />
begeistert aufgegriffen. Warum Kaninhop kein "Sport" ist, son<strong>der</strong>n eine<br />
seelische, nervliche und körperliche Höchstbelastung für die <strong>Tiere</strong>,<br />
erklärt Thomas Schürzeberg.<br />
Seit 1995 beschäftigt er sich privat intensiv<br />
mit <strong>der</strong> Verhaltensbeobachtung<br />
von Wildkaninchen und Heimkaninchen.<br />
Neben seinem Beruf arbeitet <strong>der</strong><br />
Bremer seit drei Jahren ehrenamtlich<br />
im Tierheim Arche Noah in <strong>der</strong> Kaninchenversorgung.<br />
Er führt Vermittlungsgespräche,<br />
berät zur Vergesellschaftung<br />
bzw. führt diese durch und hat sich<br />
ein umfangreiches Wissen über die<br />
kleinen <strong>Tiere</strong> mit den großen Ansprüchen<br />
angeeignet.<br />
Thomas Schürzeberg hält in einem<br />
strukturierten Freigehege mehrere<br />
Schützlinge aus dem Tierschutz, betreut<br />
seit 2001 die informative Homepage<br />
www.kanincheninfo.eu und hält Vorträge<br />
über Verhalten, Ernährung und Vergesellschaftung.<br />
"Kaninchen", sagt Thomas<br />
Schürzenberg bedauernd, "stehen<br />
an <strong>der</strong> Spitze <strong>der</strong> Tierarten, denen<br />
kaum die elementarsten Grundbedürfnisse<br />
zugestanden werden."<br />
Kaninhop - kein Sport,<br />
son<strong>der</strong>n Tierleid pur!<br />
Beim Kaninhop wird ein Hin<strong>der</strong>nisparcours<br />
aufgebaut, über den ein Kaninchen<br />
an einer Leine geführt wird. Der<br />
Halter, dessen Kaninchen seine Strecke<br />
in <strong>der</strong> kürzesten Zeit bei geringster Fehlerzahl<br />
bewältigt, ist <strong>der</strong> Gewinner.<br />
Kennen Sie<br />
“Kaninhop?”<br />
Ursprünglich in Schweden von Kaninchenzüchtern<br />
erfunden, haben<br />
zwischenzeitlich auch deutsche Züchter<br />
Kaninhop als Möglichkeit aufgegriffen,<br />
Kin<strong>der</strong> und Jugendliche an ihr überaltertes<br />
Hobby "Zucht" heranzuführen. So<br />
findet Kaninhop auch in Deutschland<br />
eine immer weitere Verbreitung, scheint<br />
doch diese "Sportart" oberflächlich betrachtet<br />
dem natürlichen Bewegungsund<br />
Spielbedürfnis <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> ent<strong>gegen</strong>zukommen<br />
und verspricht daher Spaß<br />
für Mensch und Tier.<br />
Zwischenzeitlich gibt es in fast jedem<br />
kleineren Ort Kaninhopvereine und<br />
Wettbewerbe. Selbst in ansonsten seriösen<br />
Tiersendungen wird dieser Sport<br />
in einem positiven Licht dargestellt.<br />
Blickt man jedoch mit den Augen eines<br />
Biologen hinter die Fassade dieses<br />
bunten Treibens, wird schnell deutlich,<br />
dass Kaninhop keinesfalls den Bedürfnissen<br />
<strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> gerecht wird, son<strong>der</strong>n<br />
die Kaninchen zum Zwecke <strong>der</strong> Unterhaltung<br />
für eine so genannte "Sportart"<br />
missbraucht werden, bei <strong>der</strong> schwere<br />
bis tödliche Verletzungen keine Seltenheit<br />
sind.<br />
Lebensweise<br />
<strong>der</strong> Wildkaninchen<br />
Wie bei je<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Tierart auch,<br />
sollte<br />
man<br />
sich bei<br />
<strong>der</strong> Haltung<br />
von Kaninchen<br />
an<br />
<strong>der</strong>en<br />
natürlicher<br />
Lebensweise<br />
orientieren.<br />
Wildkaninchen b<strong>ev</strong>orzugen als Lebensraum<br />
offenes Gelände mit leicht begrabbarem<br />
Boden. Dort legen sie<br />
unterirdische Baue an. Die Baue können<br />
bis zu drei Meter tief in die Erdoberfläche<br />
ragen und eine Länge von 45<br />
Metern besitzen. Vorwiegend werden<br />
sie in den Morgen- und Abendstunden<br />
verlassen. Als Gruppentiere leben Kaninchen<br />
in hierarchisch organisierten,<br />
r<strong>ev</strong>iertreuen Familienverbänden. Mehrere<br />
Familien wie<strong>der</strong>um schließen sich<br />
zu Kolonien zusammen. Sie leben in<br />
Verbänden von bis zu hun<strong>der</strong>t <strong>Tiere</strong>n.
Als ursprüngliche Steppenbewohner ernähren<br />
sich Kaninchen ausschließlich<br />
von grob strukturierter Nahrung.<br />
Dazu gehören primär Gräser und Kräuter,<br />
Baumrinde, Zweige und Blätter und -<br />
wenn sie diese erreichen - auch Gemüsepflanzen.<br />
Als potenzielle Beutetiere vieler Bodenund<br />
Luftfeinde leben Kaninchen stets in<br />
höchster Anspannung und Aufmerksamkeit<br />
ihrer Umgebung <strong>gegen</strong>über. Bei Gefahr<br />
nutzen sie ihre sicheren, schnell erreichbaren<br />
Unterschlupfe und Baue.<br />
Kaninchen sind reine Fluchttiere, entsprechend<br />
ist ihr Feindverhalten auf Sichern<br />
und permanente Fluchtbereitschaft<br />
ausgerichtet. Ist <strong>der</strong> Bau nicht erreichbar,<br />
wird ein Versteck zum Verkriechen aufgesucht.<br />
Hierbei wird eine angespannte<br />
Haltung eingenommen,<br />
die<br />
einen abrupten<br />
Sprung<br />
ermöglicht.<br />
Der Kopf ist<br />
dabei an den<br />
Körper gezogen,<br />
beide<br />
Ohren sind an<br />
den Kopf angelegt.Entsprechend<br />
reagieren<br />
die meisten <strong>Tiere</strong><br />
beim Umgang -<br />
Einfangen, Festhalten,<br />
Hochheben - mit<br />
explosiven Starts, starker<br />
Abwehr und teilweise<br />
panischer Angst bis zum Schock.<br />
Man spricht in diesem Zusammenhang<br />
auch vom Beutegreifeffekt.<br />
Anatomische<br />
Beson<strong>der</strong>heiten<br />
Als Flucht- und Beutetiere<br />
reagieren Kaninchen mit einer starken<br />
emotionalen Alarmreaktion, wenn<br />
sie mit für sie unbekannten Gerüchen,<br />
Geräuschen, frem<strong>der</strong> Umgebung konfrontiert<br />
werden o<strong>der</strong> an ihnen manipuliert<br />
wird. Diese Alarmreaktion wird von<br />
einer Katecholaminausschüttung, einer<br />
starken Erhöhung <strong>der</strong> Atemfrequenz und<br />
einem Zusammenziehen <strong>der</strong> peripheren<br />
Gefäße begleitet.<br />
Als typisches Beutetier sind Kaninchen<br />
stets fluchtbereit, und man muss immer<br />
auf Abwehrreaktionen gefasst sein. Diese<br />
Abwehrreaktionen können zu einer<br />
Verletzung <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> führen. Unter an<strong>der</strong>em<br />
neigen sie zu einem heftigen Ausschlagen<br />
mit den Hinterpfoten. Da das<br />
Skelett des Kaninchens nur 8 % <strong>der</strong> Gesamtkörpermasse<br />
beträgt, ist es extrem<br />
anfällig für Knochenbrüche, Verrenkungen<br />
und Wirbelsäulenverletzungen, die<br />
nicht selten zum Tod führen.<br />
Die hohe Stressempfindlichkeit resultiert<br />
aus anatomischen Beson<strong>der</strong>heiten <strong>der</strong><br />
Tierart. Herz und Lunge des Kaninchens<br />
besitzen ein sehr geringes relatives Gewicht,<br />
welches beim Hauskaninchen im<br />
Vergleich zu Wildkaninchen noch gesenkt<br />
ist. In Stresssituationen kommt es<br />
daher leicht zu Kreislaufversagen. Das<br />
Kaninchen neigt zusätzlich zu hoher Katecholaminausschüttung<br />
bei allen ungewohnten<br />
Maßnahmen, was zu Herzrhythmusstörung,<br />
extrem schnellem<br />
Herzschlag und schließlich zum plötzlichen<br />
Tod führen kann.<br />
Die letzten Rippen des Kaninchens enden<br />
www.kanincheninfo.eu<br />
GSt u. TH "Arche Noah"<br />
Rodendamm 10, 28816 Stuhr/Brinkum<br />
Leiterin (GSt): Anke Mory<br />
Tel. (0152) 33 51 32 16<br />
Leiter (TH): Stefan Kirchhoff<br />
Tel. (0421) 890171, Fax 80 90 553<br />
Kreissparkasse Syke,<br />
BLZ 291 517 00, Kto. 113 000 29 57<br />
ww.tierheim-arche-noah.de<br />
TH KÖLN-DELLBRÜCK<br />
TH ARCHE N OAH<br />
frei als Fleischrippe und sind<br />
nicht durch eine Knorpelbrücke<br />
mit dem Brustbein verbunden.<br />
Dadurch können durch<br />
Druck <strong>der</strong> Leine Kompressionsschäden<br />
im Lungen- und Leberbereich verursacht<br />
werden. Auch Wirbelsäulenverletzungen<br />
sind beim Kaninchen keine Seltenheit.<br />
Brüche und Verschiebungen <strong>der</strong> Wirbel<br />
treten fast immer im Bereich <strong>der</strong> Lendenwirbelsäule<br />
o<strong>der</strong> am Übergang <strong>der</strong><br />
Brust- zur Lendenwirbelsäule auf. Oft ist<br />
eine Durchtrennung des Rückenmarks<br />
die Folge. Durch heftige Abwehrreaktionen<br />
o<strong>der</strong> Stürze kann es aber auch zu<br />
Rückenmarkverletzungen (Blutungen,<br />
Quetschungen, Ödeme) kommen, ohne<br />
das röntgenologische Verän<strong>der</strong>ungen<br />
<strong>der</strong> Wirbelsäule nachweisbar sind.<br />
Eine Leine ist für<br />
ein Kaninchen daher<br />
keineswegs tiergerecht,<br />
son<strong>der</strong>n birgt ein erhebliches<br />
Verletzungsrisiko!<br />
Aber nicht nur das Zwingen <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong><br />
zum Tragen einer Leine, auch die Form<br />
und das Umfeld <strong>der</strong> Veranstaltungen sowie<br />
<strong>der</strong> Transport über eine oft weite<br />
Strecke und die lange Verweildauer in<br />
den Transportbehältnissen bedeuten erheblichen<br />
Stress für die <strong>Tiere</strong>.<br />
Kaninchen gehören im Gegensatz zum<br />
Hund zu den Flucht- und Beutetieren. Sie<br />
reagieren bereits auf geringfügige Unstimmigkeiten<br />
im gewohnten Milieu mit<br />
Flucht, und bereits während des Transports<br />
zu diesen Veranstaltungen verursachen<br />
laute Geräusche wie Straßen- und<br />
Motorenlärm Angstzustände. Dies wird<br />
Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> 1/2012<br />
31
Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> 1/2012<br />
32<br />
TH ARCHE N OAH<br />
durch den Geräuschpegel und die vielen fremden Gerüche<br />
auf den Veranstaltungen weiter verstärkt.<br />
Die Hörempfindlichkeit von Kaninchen bewegt sich zwischen<br />
100 und 50.000 Hz. Durch synchrones Heben und Senken<br />
<strong>der</strong> beweglichen Nasenfalten (Nasenblinzeln) bezieht das<br />
Kaninchen permanent Informationen über seine Umgebung,<br />
Feinde o<strong>der</strong> Artgenossen. Das hohe Maß an Orientierung<br />
über Gerüche irritiert sie in gleichem Maße wie ungewohnte<br />
akustische Wahrnehmungen.<br />
Der Verlust <strong>der</strong> gewohnten Umgebung und des sozialen Umfeldes<br />
stellt für die <strong>Tiere</strong> ebenfalls eine beträchtliche emotionale<br />
Belastung dar. Hinzu kommt das Zusammentreffen mit<br />
an<strong>der</strong>en Artgenossen und Menschen, das zusätzlichen Stress<br />
verursacht.<br />
Kaninchen vertragen niedrige Temperaturen besser als Hitze,<br />
die optimale Umgebungstemperatur liegt bei ca. 18°C.<br />
Sie besitzen keine thermoregulatorisch tätigen Schweißdrüsen,<br />
ihre Wärmeregulation findet über die Ohren und respiratorische<br />
Wasserabgabe statt. Temperaturen über 25°C sind<br />
daher bereits bedrohlich, Temperaturen über 30°C können<br />
zu Hitzestress mit <strong>ev</strong>entueller Todesfolge führen. Da die <strong>Tiere</strong><br />
oft über lange Strecken transportiert werden und auch<br />
während des Wettkampfes lange in ihren Transportboxen<br />
verbleiben, besteht auch hier ein erhebliches Risiko.<br />
Kaninchen sind dämmerungs- und nachtaktiv, entsprechend<br />
fehlt ihnen die Fähigkeit, ihre Pupillen zu verengen. So hat es<br />
die beste Sicht bei Dämmerung, während es durch grelles<br />
Licht irritiert wird.<br />
Schon <strong>der</strong> Transport zu den Veranstaltungen und das lange<br />
Verbleiben in den Transportbehältnissen bedeuten für die <strong>Tiere</strong><br />
erheblichen und vermeidbaren Stress. Die Fahrt in einer<br />
sich bewegenden Umgebung und in einem geschlossenen<br />
Behältnis ohne Orientierungsmöglichkeit, herabgemin<strong>der</strong>te<br />
Beweglichkeit und Platzmangel, kann zu Angstzuständen und<br />
panischen Reaktionen führen und stellt zusätzliche Stressoren<br />
dar. Es mag durchaus sein, dass ein gesundes, seuchenfreies<br />
Tier eher den Belastungen des Transportes und einer solchen<br />
Veranstaltung standhält, als ein von Beginn an krankes Tier.<br />
Aber gerade bei Kaninchen kann eine subklinische Erkrankung<br />
niemals ausgeschlossen werden, und Stress kann eine<br />
solche Infektion unter Umständen zum Ausbruch bringen.<br />
2011: 7000 EURO FÜR DIE ARCHE NOAH<br />
IN STUHR/BRINKUM<br />
Das 4. Sommerfestival auf Gut Varrel, dessen Erlös<br />
<strong>der</strong> Veranstalter "a heart for Stuhr" dem Tierheim Arche<br />
Noah und "Release" zur Verfügung stellen wollte,<br />
hat 14.000 Euro eingespielt. Das Tierheim und<br />
<strong>der</strong> Verein für Suchtprävention freuten sich gewaltig<br />
über die große Spende und können sie beide sehr gut<br />
brauchen. 900 Euro kostet eine Box für die Katzenquarantäne,<br />
von denen das Tierheim Arche Noah<br />
nun mehrere erwerben konnte. Herzlichen Dank an<br />
dieser Stelle noch einmal für die großartige Hilfe!<br />
Fazit<br />
Das Verhältnis zwischen Mensch und Tier ist ambivalent. <strong>Tiere</strong><br />
sind für den Menschen überwiegend Nutztiere, jedoch entwickeln<br />
Menschen auch oftmals ein inniges Verhältnis zu bestimmten<br />
<strong>Tiere</strong>n. Häufig ist es jedoch anthropozentrischer<br />
Natur; eine große Gefahr<br />
besteht dabei in<br />
<strong>der</strong> Projektion menschlicher<br />
Bedürfnisse und<br />
Befindlichkeiten auf die<br />
<strong>Tiere</strong>, da sich trotz vieler<br />
Gemeinsamkeiten die<br />
Bedürfnisse von Menschen<br />
und <strong>Tiere</strong>n erheblich<br />
unterscheiden.<br />
Verstärkt werden diese<br />
Projektionen vielfach<br />
durch <strong>Tiere</strong>, die dem<br />
Lorenzschen Kindchenschema<br />
entsprechen.<br />
Spannend: Wie leben <strong>Tiere</strong><br />
artgerecht?<br />
Gerade die Vermenschlichung von <strong>Tiere</strong>n, gepaart mit mangeln<strong>der</strong><br />
Tierkenntnis, führt im Bereich <strong>der</strong> Heimtierhaltung<br />
aber nicht nur zu vermeidbaren Fütterungs- und Haltungsfehlern,<br />
son<strong>der</strong>n häufig zu lebenslangem Leid und Schmerz<br />
für die betroffenen <strong>Tiere</strong>.<br />
Bei keiner an<strong>der</strong>en Tierart werden selbst die elementarsten<br />
Grundbedürfnisse so sehr missachtet wie beim Kaninchen. So<br />
werden gerade diese <strong>Tiere</strong> in völliger Missachtung ihrer Eigenschaft<br />
als Flucht- und Beutetier immer noch als billiges<br />
und williges Kin<strong>der</strong>spielzeug missbraucht, was durch Züchter,<br />
kommerziellen Tierhandel und Futtermittelindustrie noch<br />
bewusst forciert wird.<br />
De facto ist Kaninhop Tierquälerei!<br />
Weiterführende Informationen zur artgerechten Haltung von<br />
Kaninchen finden Sie unter www.kanincheninfo.eu,<br />
www.bunnyhilfe.de und www.tierheim-arche-noah.de.
Vergesellschaftung<br />
von Meerschweinchen<br />
Die ideale Meerschweinchen-Haltung geht von einem kastrierten<br />
Böckchen und mehreren Weibchen aus - zu Lasten <strong>der</strong> männlichen<br />
<strong>Tiere</strong>. Denn so haben im Verhältnis die Männchen eine weitaus geringere<br />
Chance ein neues Zuhause zu finden als Weibchen. Gundula<br />
Ort, langjährige Liebhaberin von Meerschweinchen, über das<br />
Problem <strong>der</strong> "überschüssigen" Böckchen.<br />
Zum Glück für Meerschweinchen hat es<br />
sich inzwischen herumgesprochen,<br />
dass sie zumindest zu zweit gehalten<br />
werden müssen, um ein artgerechtes,<br />
glückliches Leben zu führen. In <strong>der</strong><br />
Schweiz ist die Einzelhaltung sogar ausdrücklich<br />
verboten. Dies führte dort zur<br />
Einführung von "Miet-Nagern" (siehe<br />
Artikel" Rent a Meerschwein" auf www.<br />
spiegel.de/panorama/gesellschaft/<br />
0,1518,druck-785853,00.html), damit<br />
kein Meerschweinchen allein bleiben<br />
muss, wenn die Halter nach dem Tod<br />
des Überlebenden die Meerschweinchenhaltung<br />
nicht fortsetzen wollen.<br />
Meerschweinchen leben aber am liebsten<br />
nicht nur zu zweit, son<strong>der</strong>n in einer<br />
größeren Gruppe. Da aber ohne Probleme<br />
in <strong>der</strong> Regel nur ein Böckchen in<br />
einer Gruppe mit Weibchen gehalten<br />
werden kann, führt diese Idealhaltung<br />
zu einem "Überschuss" an Böckchen in<br />
Tierheimen und Tierhandlungen, weil<br />
im Durchschnitt etwa gleichviel männliche<br />
und weibliche Schweinchen geboren<br />
werden.<br />
Zwar gelingt es bisweilen, mehrere -<br />
möglichst kastrierte - Böckchen zu-<br />
DEICKEN & ENGELS HILFT TIEREN<br />
Großzügige Spende<br />
für Tierheim Arche Noah!<br />
Im vergangenen Jahr hatte sich die Firmenleitung<br />
von Deicken & Engels entschieden, auf die<br />
Weihnachtsgeschenke für ihre Kunden zu verzichten<br />
und dafür an gemeinnützige Organisationen<br />
zu spenden.<br />
Schon 2010 unterstützte die Maschinenfabrik mit<br />
Sitz in Brinkum das Kin<strong>der</strong>hospiz Löwenherz,<br />
2011 wurde das Tierheim Arche Noah bedacht.<br />
Wir bedanken uns herzlich für die große Spende.<br />
sammen zu halten, wenn sie von Anfang<br />
an ein solches Zusammenleben<br />
gewöhnt sind und keinerlei Kontakt zu<br />
weiblichen Meerschweinchen besteht.<br />
Von manchen Meerschweinchen-Kennern<br />
wird sogar behauptet, eine solche<br />
Haltung verliefe oft konfliktfreier als reine<br />
Weibchenhaltung. Wenn es indes<br />
doch nicht gut geht, kann es zwischen<br />
Böckchen aber zu ganz erheblichen<br />
körperlichen Auseinan<strong>der</strong>setzungen<br />
mit schweren Verletzungen kommen.<br />
Deswegen weigern sich vereinzelt Tierschutzorganisationen,Meerschweinchen<br />
in eine reine Böckchenhaltung<br />
abzugeben.<br />
Im Interesse <strong>der</strong> überzähligen Böckchen<br />
sollte daher die Haltung nicht auf<br />
Weibchen beschränkt sein. Die Kastration<br />
<strong>der</strong> Böckchen ist inzwischen nicht<br />
risikoreicher als an<strong>der</strong>e Operationen.<br />
Ich selbst habe keine einzige negative<br />
Erfahrung damit gemacht o<strong>der</strong> von an<strong>der</strong>en<br />
solches gehört.<br />
Verstirbt in einem Verband das Böckchen,<br />
ist ein baldiger Ersatz auch zum<br />
Erhalt <strong>der</strong> Harmonie in <strong>der</strong> Gruppe angezeigt.<br />
Das neue Böckchen sollte man<br />
M EERSCHWEINCHEN<br />
Das Problem <strong>der</strong> "überzähligen" Böckchen<br />
Gundula Ort mit dem "langhaarigen"<br />
Lukas<br />
aus dem Tierheim o<strong>der</strong> von einer speziellenMeerschweinchen-Schutzorganisation<br />
holen, wo fast immer einsame<br />
Männchen sitzen. Der Vorteil außerdem:<br />
Das neue Böckchen ist schon kastriert<br />
und passt in <strong>der</strong> Regel altersmäßig<br />
besser zu dem o<strong>der</strong> den<br />
zurückgebliebenen Weibchen als eines<br />
aus einer Zoohandlung, wo es meist<br />
nur Jungtiere gibt.<br />
Im Übrigen ist es nach meinen Erfahrungen<br />
beim Hinzukommen eines<br />
Böckchens zu schon vorhandenen<br />
Weibchen nie zu Konflikten gekommen,<br />
während ein neues Weibchen<br />
durchaus auf Ablehnung stoßen o<strong>der</strong><br />
erhebliche Unruhe verursachen kann.<br />
Unser Böckchen Lukas, das wir nach<br />
dem Tod seines Vorgängers zu unseren<br />
drei Weibchen vom bmt übernommen<br />
haben, hat sich sofort in die Gruppe integriert.<br />
33
Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> 1/2012<br />
34<br />
Das lange<br />
Warten<br />
auf den<br />
Nach 12 Jahren ein Zuhause!<br />
Ca. 250 Kilometer von Göttingen entfernt liegt Dietzenbach - und in dieser<br />
hessischen Großstadt wohnt eine Frau mit einer ganz beson<strong>der</strong>en Fähigkeit.<br />
Auch die scheuesten Katzen werden bei ihr eines Tages zutraulich.<br />
"Deine Katzen", sagen ihre Freunde, "kommen nach dem Tod<br />
bestimmt nicht ins Paradies, weil sie bei dir schon eines hatten."<br />
Doch auch Katzen im irdischen Paradies sind sterblich, und als Idefix und<br />
seine drei mit ihm alt gewordenen Freunde Ende des letzten Jahres alle<br />
kurz hintereinan<strong>der</strong> verstarben, war es in dem Reihenhaus am Rande von<br />
Dietzenbach plötzlich ganz still. "So habe ich mich dann gleich an den<br />
Weihnachtstagen an den Computer gesetzt und deutschlandweit nach Katzen gesucht, die schon eine<br />
lange Zeit im Tierheim verbracht hatten", sagt die Geschäftsführerin eines Unternehmens - und stieß bei<br />
ihrer Recherche auch auf das Katzenhaus.<br />
Wie an<strong>der</strong>e Tierheime in ländlichen Regionen<br />
hat es das Katzenhaus im<br />
nie<strong>der</strong>sächsischen Göttingen bei <strong>der</strong><br />
Vermittlung von scheuen Katzen beson<strong>der</strong>s<br />
schwer. Warum?<br />
Die wenigsten Landwirte kastrieren ihre<br />
Katzen und sorgen so mit ihrer Verantwortungslosigkeit<br />
dafür, dass immer<br />
neue Kätzchen geboren werden, die<br />
wie<strong>der</strong> Nachwuchs zeugen. Wird die<br />
Population auf dem Hof zu groß, werden<br />
die Würfe getötet o<strong>der</strong> (samt Mutter)<br />
ausgesetzt. Schaffen es die "entsorgten"<br />
<strong>Tiere</strong> tatsächlich in freier Natur<br />
zu überleben, werden bzw. bleiben sie<br />
scheu und legen ihre Zurückhaltung<br />
<strong>gegen</strong>über Menschen auch dann nicht<br />
ab, wenn sie krank, verletzt, trächtig<br />
o<strong>der</strong> mit Jungen aufgefunden und ins<br />
Tierheim gebracht<br />
werden.<br />
EMILY<br />
Je nach Alter tut<br />
sich <strong>der</strong> ohne<br />
menschlichen Kontakt<br />
aufgewachsene<br />
Nachwuchs ebenfalls<br />
schwer mit<br />
Menschen, was die<br />
Vermittlungschancen<br />
im Tierheim ge-<br />
großen Tag<br />
Die scheue Emily wird zutraulich<br />
gen Null gehen lässt. Die meisten Interessenten<br />
wünschen sich zutrauliche<br />
Katzen, die sich sofort anfassen, liebkosen<br />
und zum Spiel auffor<strong>der</strong>n lassen.<br />
"Scheue Katzen", sagt die Dietzenbacherin,<br />
"sind nach meinen Erfahrungen<br />
nicht wirklich scheu. Sie brauchen einfach<br />
nur mehr Zeit, um Kontakt zum<br />
Menschen aufzunehmen." Nach 33<br />
Jahren Katzenhaltung weiß sie, dass eine<br />
vertrauensvolle Beziehung nur<br />
wachsen kann, wenn <strong>der</strong> Mensch konsequent<br />
Zurückhaltung übt und geduldig<br />
abwartet, bis das Tier von sich aus<br />
den richtigen Zeitpunkt zur Annäherung<br />
bestimmt.<br />
Und so können Emily, Lisa & Tigerlilly<br />
aus dem Katzenhaus seit dem 29.<br />
Februar nun am Vertrauensaufbau zu<br />
ihrer neuen Bezugsperson<br />
arbeiten und<br />
sicher sein, dass sie<br />
alle Zeit <strong>der</strong> Welt dabei<br />
haben werden.<br />
Eigentlich wollte die<br />
Katzenfreundin wie<strong>der</strong><br />
vier <strong>Tiere</strong>n ein<br />
schönes Zuhause<br />
schenken, doch Kater<br />
Jasper bekam Fieber<br />
und war nicht transportfähig. Lei<strong>der</strong><br />
verstarb er<br />
inzwischen.<br />
Emily, Lisa<br />
und Tigerlilly<br />
gehörten laut<br />
ihrer Tierheimrecherche<br />
zu den<br />
scheuen Katzen<br />
mit dem<br />
LISA<br />
längsten Tierheimaufenthalt in<br />
Deutschland. Zwölf Jahre lang hatte<br />
die 13jährige Emily alle Interessenten<br />
an sich vorbeiziehen lassen, sich versteckt,<br />
verkrochen o<strong>der</strong> aus angemessener<br />
Höhe furchtsam die fremden Besucher<br />
im Katzenhaus beäugt.<br />
Mit ähnlichem Verhalten hielt sich Tigerlilly<br />
zehn Jahre mögliche Besitzer<br />
vom Leib - und auch Lisa praktizierte<br />
sieben Jahre mit Erfolg ihre Abwehrstrategie.<br />
Doch bereits nach neun Tagen (!) im<br />
neuen Heim scheint Lisa als erste Katze<br />
ihre Zurückhaltung aufzugeben. Sie<br />
ließ sich ließ sich den Bauch streicheln,<br />
legte sich dabei genüsslich auf den<br />
Rücken und gab kleine hohe Laute des<br />
Wohlgefühls von sich. "Was für eine
Freude", sagt die Hessin, die<br />
nun hofft, dass die beiden an<strong>der</strong>en<br />
Katzendamen Lisas mutigem<br />
Vorstoß folgen werden.<br />
Immer wie<strong>der</strong> setzt sie sich ruhig<br />
auf den Boden, nimmt feine<br />
Leckerbissen in die Hand<br />
und wartet, dass sich ein<br />
Samtpfötchen nähert.<br />
Erst wenn Emily, Tigerlilly und<br />
Lisa auf Zuruf kommen, können<br />
sie das Haus verlassen<br />
und durch die angrenzenden<br />
Fel<strong>der</strong> streifen. "Ich muss sie<br />
Weniger paradiesisch muss<br />
SHIRA<br />
Merlins Leben verlaufen sein.<br />
Zumindest deutete sein äußeres<br />
Erscheinungsbild darauf hin, dass sich niemand um ihn<br />
gekümmert hat, wenn nicht noch schlimmer: Ihn also bewusst<br />
in einem sehr einsamen Waldgebiet aussetzte, damit er in <strong>der</strong><br />
kalten Jahreszeit den Tod finden würde.<br />
Der weiße Maine-Coon-Kater wurde als Häufchen Elend,<br />
hungrig, hustend und völlig verfilzt, in den stillen Wäl<strong>der</strong>n des<br />
Grafen Hardenberg von Reitern gefunden. In dem Waldgebiet<br />
zwischen Nordheim und Nörten Hardenberg lebt niemand,<br />
und so war es mehr als ein glücklicher Zufall, dass <strong>der</strong><br />
kranke, geschwächte Kater noch rechtzeitig entdeckt wurde.<br />
Im Katzenhaus verbringt Merlin, <strong>der</strong> sich als zutraulich und<br />
sehr menschenbezogen herausgestellt hat, nun einige Zeit<br />
in <strong>der</strong> Quarantäne, bekommt ein Antibiotikum <strong>gegen</strong> seine<br />
Bronchitis und wurde außerdem von seinem Fell befreit. Berge<br />
von weißem Filz, in das kleine Äste dicht verwoben waren,<br />
blieben auf dem Tisch des Tierarztes zurück, als er nach<br />
<strong>der</strong> Kastration auch gleich geschoren wurde. Nun steht einer<br />
glücklichen Vermittlung eigentlich nichts mehr im Weg, es sei<br />
denn, er möchte den obigen Rekord im Tierheim-Dauersitzen<br />
brechen, was ihm, so hoffen wir, nicht gelingen wird.<br />
Shiras Fenstersturz<br />
Auch Shiras Schicksal (großes Bild) hätte ein wenig Nachhilfe<br />
verdient. Als Jungkatze fiel sie aus dem Fenster <strong>der</strong> dritten<br />
Etage und verletzte sich schwer. Seit dem<br />
Unfall zog sie die Hinterbeine nach, wurde<br />
aber we<strong>der</strong> von ihrem ehemaligen<br />
Besitzer noch von <strong>der</strong> Pflegestelle, in die<br />
sie mit ihrem Katerfreund Toni wenig<br />
später umziehen musste, einem Tierarzt<br />
vorgestellt.<br />
Erst im Katzenhaus holte die Leiterin Monika<br />
Bossmann das Versäumte nach und<br />
erschrak über die Diagnose: Nach dem<br />
Merlin<br />
aus dem Wald<br />
Luttertal 79<br />
37075 Göttingen<br />
Leiterin (TH): Monika Bossmann<br />
Tel. (0551) 2 28 32<br />
Postbank Hannover,<br />
BLZ 250 100 30,<br />
Konto 732 223 06<br />
www.katzenhaus-luttertal.de<br />
K ATZENHAUS L UTTERTAL<br />
wenigstens zweimal am Tag sehen - daher das sichere Kommen<br />
auf Zuruf -, um zu schauen, ob sie gesund und unverletzt<br />
sind und natürlich, um ihnen das Futter zu geben." So<br />
entscheiden die drei Abenteuerinnen schließlich selbst, wann<br />
ihr aufregendes Leben<br />
als Freigängerin<br />
beginnen kann.<br />
Was aber unweigerlich<br />
begonnen<br />
hat, ist ihr neues<br />
Leben, das, wie wir<br />
ja wissen, einem<br />
Paradies auf Erden<br />
gleich soll…<br />
lebensgefährlichen Sturz waren <strong>der</strong> 12. und 13. Brustwirbel<br />
verknöchert - würde die offensichtlich sehr lebenslustige und<br />
fröhliche Katze ihre Hinterläufe nie mehr benutzen können?<br />
Doch <strong>der</strong> Tierarzt machte Hoffnung. Es bestehe durchaus die<br />
Möglichkeit, dass Shira nach physiotherapeutischer Behandlung<br />
eines Tages wie<strong>der</strong> würde laufen können. Und so bekommt<br />
die kleine, kaum ein Jahr alte Patientin regelmäßig<br />
Krankengymnastik und Laserakupunktur, die ihr sehr gut tut.<br />
Übrigens ist Shira kein Einzelfall: Immer wie<strong>der</strong> kommen Katzen<br />
bei Stürzen aus dem (Kipp)-Fenster ums Leben o<strong>der</strong> verletzen<br />
sich schwer. Darum unsere Bitte: Lassen Sie niemals<br />
Katzen unbeaufsichtigt, wenn Sie Fenster zum Lüften öffnen<br />
und richten Sie Ihren Balkon mit einem Netz katzensicher her.<br />
Wenn Sie uns bei den Kosten für Shiras Physiotherapie o<strong>der</strong><br />
die Versorgung unserer Katzenhaus-Schützlinge allgemein<br />
unterstützen möchten, freuen wir uns sehr. Nur mit Ihrer<br />
Unterstützung können wir helfen. Vielen Dank!<br />
Bitte merken Sie sich außerdem schon unseren Termin für<br />
unser Sommerfest vor. Der bmt feiert in diesem Jahr sein<br />
60jähriges Bestehen. Dieses schöne Jubiläum möchten<br />
wir mit unseren Mitglie<strong>der</strong>n, För<strong>der</strong>ern und Unterstützern<br />
begehen - also kommen Sie bitte zahlreich am Sonntag,<br />
den 24. Juni. Alle Infos zum Sommerfest erhalten Sie<br />
noch über unser Rundschreiben.<br />
MERLIN<br />
"Katzenhaus Luttertal"<br />
TIGERLILLY IGERLILL<br />
Text: <strong>Claudia</strong> Lotz<br />
Fotos: Monika Bossmann, privat<br />
Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> 1/2012<br />
35
U MWELT<br />
Zwei große Aufgaben muss das Tierheim in<br />
den nächsten Wochen schultern: die umfangreichen<br />
Bauarbeiten an den Hundezwingern<br />
überstehen und die Vermittlung<br />
<strong>der</strong> zahlreichen Kaninchen in Schwung<br />
bringen. "Letzteres wird schwieriger",<br />
sagt Tierheimleiter Christian Werner<br />
mit Blick auf die überraschend stark<br />
gestiegene Zahl von Abgabe-Kaninchen<br />
in den letzten Wochen.<br />
Über 40 Kaninchen, unter ihnen Wid<strong>der</strong>,<br />
Löwenköpfchen, Farbzwerge und<br />
Zwergkaninchen, werden <strong>der</strong>zeit im<br />
Tierheim versorgt. Einige verbrachten<br />
kaum drei Monate bei ihren Besitzern,<br />
an<strong>der</strong>e immerhin fast eineinhalb Jahre,<br />
wenn auch mit gleichem Resultat. Nach<br />
kurzer Zeit <strong>der</strong> "Gemeinsamkeit" folgte Tierheim, begleitet von <strong>der</strong> Hoffnung<br />
die Trennung, weil das Interesse vor- des Teams, das für alle Schützlinge in<br />
nehmlich <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> erlosch, die Zeit zu Kürze ein gutes und dauerhaftes Zu-<br />
kostbar wurde, sich um das Tier zu hause gefunden werden kann. Doch<br />
kümmern o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Kaninchenstall ein- die Vermittlung von Kaninchen stagfach<br />
nur störte.<br />
nierte in den letzten Wochen; ein einzi-<br />
Und nun sitzen Bo, Tommy, Scholes, ges glückliches Langöhrchen konnte in<br />
Kaley, Raki und ihre vielen Freunde im eine neue Privathaltung umziehen -<br />
und ließ annähernd 40 Artgenossen<br />
zurück, die, wie immer, das unüberlegte,<br />
verantwortungslose<br />
Handeln "ihrer" Menschen<br />
ausbaden müssen.<br />
"Ich hoffe nur", sagt<br />
Christian Werner<br />
sorgenvoll, "dass<br />
sich nicht nach<br />
Christian Werner (rechts) Ostern die<br />
bespricht mit Abgabe-<br />
Hausmeister Michael Zinke welle<br />
die Baumaßnahmen<br />
Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> 1/2012 Ausbau<br />
36<br />
<strong>der</strong><br />
<strong>der</strong><br />
fortsetzt, son<strong>der</strong>n sich im Gegenteil<br />
Tierfreunde für die Aufnahme eines<br />
o<strong>der</strong> mehrerer Kaninchen aus dem Elisabethenhof<br />
entscheiden."<br />
Den Kaninchen, ebenso wie den (nicht<br />
ausgelagerten) Hunden und Katzen,<br />
wäre ein baldiger Ortswechsel auch insofern<br />
zu wünschen, als ihre empfindlichen<br />
Ohren seit Tagen mit sehr ungewöhnlichen<br />
Geräuschen konfrontiert<br />
werden. Am 19. März begannen nämlich<br />
die umfangreichen Bauarbeiten an<br />
den Außenzwingern <strong>der</strong> Hunde.<br />
Zuerst wurden die verschweißten Gitteranlagen<br />
auseinan<strong>der</strong>genommen -<br />
sie werden in die bmt-Tierheime Hage<br />
und Arche Noah transportiert und dort<br />
Tierheim Elisabethenhof<br />
Geschäftsstelle Hessen<br />
Siedlerstraße 2, 61203 Reichelsheim<br />
Tel. (06035) 96 11 11<br />
Leiter (TH): Christian Werner<br />
Tel. (06035) 59 16, Fax 96 11 18<br />
Frankfurter Sparkasse,<br />
BLZ 500 502 01, Konto 5975<br />
www.tierheim-elisabethenhof.de
Hundezwinger<br />
für Freiläufe verwendet - und danach<br />
die Fenster und Fliesen in den Zwingern<br />
ausgetauscht. Dann steht die Hauptaufgabe<br />
an, die Bodenplatte im gesamten<br />
Außenzwingerbereich zu erneuern,<br />
weil sie im Laufe <strong>der</strong> letzten<br />
Zeit buchstäblich aufgeweicht ist.<br />
Immer öfter brach an verschiedenen<br />
Stellen die Beschichtung auf, es entstanden<br />
Löcher wie bei defektem Asphalt<br />
nach einer langen Frostperiode.<br />
Da sich Urin und Wasser in den Bruchstellen<br />
sammelte, trat nach und nach<br />
eine Geruchsbelästigung auf. "Da<br />
durch diese Löcher eine sehr hohe Verletzungsgefahr<br />
für die Hunde bestand",<br />
sagt <strong>der</strong> Tierheimleiter, "konnte die Renovierung<br />
definitiv nicht länger aufgeschoben<br />
werden." Voraussichtlich wird<br />
<strong>der</strong> Rohbau Ende April fertig sein, die<br />
komplette Anlage Ende Juli, möglicherweise<br />
sogar früher.<br />
Der Kostenvoranschlag für die Run<strong>der</strong>neuerung<br />
des Hundetraktes liegt zwischen<br />
160.000 und 180.000 Euro, wobei<br />
die Preise für das Baumaterial, wie<br />
zum Beispiel Stahl, abhängig vom Tagespreis<br />
sind. Die Vermittlung <strong>der</strong> Elisabethenhof-Schützlinge<br />
läuft auch in<br />
<strong>der</strong> Bauphase weiter, und spätestens<br />
nach Ostern sind auch die "umgesiedelten"<br />
Hunde wie<strong>der</strong> im Tierheim.<br />
Nur während <strong>der</strong> ersten beiden Wochen,<br />
in denen die Abbrucharbeiten<br />
durchgeführt wurden, mussten die<br />
Hunde umquartiert werden. Einige zogen<br />
in eine Pension in <strong>der</strong> Wetterau,<br />
an<strong>der</strong>e in das befreundete Tierheim<br />
Oberursel und zwei nahmen die Quarantäne<br />
in Besitz. Die restlichen beiden<br />
Hunde dürfen in dem Haus wohnen,<br />
das seit jeher auf dem Tierheimgelände<br />
steht. "Wahrscheinlich wollen sie von<br />
dort gar nicht mehr in ihre Zwinger,<br />
selbst wenn alles erneuert wurde",<br />
meint Christian Werner lächelnd.<br />
Glücklicherweise lief die Vermittlung<br />
<strong>der</strong> Hunde vor Beginn <strong>der</strong> Bauarbeiten<br />
so gut, dass tatsächlich nur 14 Vierbeiner<br />
umgesetzt werden mussten. Dennoch<br />
stellt eine Tierheim-Renovierung<br />
für alle Mitarbeiter stets eine Herausfor<strong>der</strong>ung<br />
dar: Die meisten <strong>Tiere</strong> reagieren<br />
beunruhigt auf den ungewohn-<br />
TH ELISABETHENHOF<br />
Vermittlung <strong>der</strong> Tierheimtiere geht weiter!<br />
TOMMY OMMY<br />
RAKI AKI<br />
Tommy liebt die Außenhaltung<br />
Der Wid<strong>der</strong> Tommy ist im Oktober 2010 geboren und seit dem 4. Februar 2012<br />
im Tierheim. Er ist ein neugieriges, gewitztes Kaninchenböckchen und würde sich<br />
am liebsten mit seiner Herzensdame Kaley in das Abenteuer stürzen, noch einmal<br />
zu neuen Menschen umzuziehen.<br />
Raki möchte sich den Wind um die Nase wehen lassen<br />
Auch Raki, fünf Monate alt, ist das Leben im Freien gewöhnt und würde sich in einem<br />
artgerechten Außengehege sehr wohl fühlen. Gerne würde das Zwergkaninchen<br />
seine Geschwister Ruska und Rocco mitnehmen.<br />
ten Lärm, sind leicht erregbar und die<br />
Handwerker und ihre bedrohlich wirkenden<br />
Gerätschaften tun ein Übriges.<br />
Der eingespielte Rhythmus aus Füttern,<br />
Saubermachen und Beschäftigen mit<br />
den <strong>Tiere</strong>n gerät anfänglich durcheinan<strong>der</strong>,<br />
was Vierbeiner, die sich gerade<br />
an den Tierheimalltag gewöhnt haben,<br />
irritiert.<br />
"Aber wir tun unser Möglichstes", sagt<br />
<strong>der</strong> Tierheimleiter, "unseren <strong>Tiere</strong>n<br />
auch in diesen hektischen und lauten<br />
Wochen ein stabiles Umfeld zu schaffen,<br />
in dem sie sich weiter wohl fühlen<br />
können."<br />
Wenn Sie uns bei den Baukosten unterstützen<br />
möchten, freuen wir uns natürlich<br />
sehr. "Aber genauso wichtig wie die<br />
finanzielle Unterstützung", so Christian<br />
Werner, "ist die Adoption eines unserer<br />
<strong>Tiere</strong>. Wenn Sie einem Hund, einer Katze<br />
o<strong>der</strong> einem Kleintier die Chance auf<br />
ein schönes Leben bei Ihnen bieten, haben<br />
Sie uns sehr geholfen. Denn je<strong>der</strong><br />
frei werdende Platz kann von einem<br />
neuen Notfall besetzt werden."<br />
Text: <strong>Claudia</strong> Lotz<br />
Fotos: Christian Werner<br />
Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> 1/2012<br />
37
Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> 1/2012<br />
38<br />
Sie sind in aller Munde: die rüstigen Rentner. Einerseits bewun<strong>der</strong>t<br />
wegen ihrer körperlichen und geistigen Fitness, gern<br />
gesehen als wichtiger Wirtschaftsfaktor - und etwas argwöhnisch<br />
beäugt von den Krankenkassen und den Einzahlern in<br />
die Sozialkassen, nach dem Motto: Sind die überhaupt noch<br />
finanzierbar? Bei uns Tierschützern sind sie jedenfalls sehr<br />
beliebt, die rüstigen Rentner, mit viel Zeit, etabliert, meistens<br />
mit Haus und Garten<br />
ausgestattet. Für uns<br />
sind sie oft die Wunschkandidaten<br />
für unsere<br />
Vermittlungstiere.<br />
Lei<strong>der</strong> ist aber auch unsere<br />
"Lieblingsklientel"<br />
nicht nur mit Vernunft<br />
ausgestattet. Wenn<br />
80jährige einen Welpen<br />
o<strong>der</strong> Junghund<br />
von uns adoptieren<br />
möchten, weil sie keineswegs<br />
noch einmal<br />
Mechthild Sody mit Lilli<br />
das Sterben ihres geliebten<br />
Haustieres erleben wollen, muss die Tierliebe doch ein<br />
wenig in Frage gestellt werden…<br />
Wie den Menschen so ergeht es auch den <strong>Tiere</strong>n. Gute Ernährung,<br />
medizinische Fürsorge auf hohem Standart und ein<br />
lieb<strong>ev</strong>olles Zuhause lässt die meisten Haustiere mittlerweile<br />
weit über den bisherigen Durchschnitt alt werden. Zwar mit<br />
dem einen o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Wehwehchen geplagt, führen sie<br />
aber oft ein sehr langes und lebenswertes Leben.<br />
Schlimm wird es erst dann, wenn einem alten Tier seine Menschen<br />
wegsterben und niemand von den Erben, falls vorhanden,<br />
sich um sie kümmern will o<strong>der</strong> wenn ein älteres Tier<br />
einfach ausgesetzt o<strong>der</strong> sonst wie abgeschoben wird. Für uns<br />
Aus den bmt-Pflegestellen im<br />
Hunsrück<br />
Plädoyer für alte und<br />
Hunde!<br />
ältere<br />
"Ein absolutes Traumpaar"<br />
schwärmt Mechthild Sody<br />
über ihre eigenen alten<br />
Hunde Evi und Pucky. Seit<br />
über 18 Jahren im Tierschutz<br />
tätig, kann sie nicht verstehen, warum manche Menschen Vorbehalte <strong>gegen</strong> vierbeinige Senioren haben.<br />
"Ich habe immer die (alten Hunde) genommen, die keiner wollte, und bin mit dieser Entscheidung<br />
bis heute bestens gefahren", erklärt sie.<br />
"Alt und Alt macht nicht alt", sagt Mechthild Sody lächelnd und stellt im folgenden Text einige in Ehren ergraute<br />
Hunde vor, die sich über rüstige Besitzer - gerne auch im fortgeschrittenen Alter - freuen würden.<br />
ist dies "Alltagsgeschäft", und uns zerreißt es oft das Herz vor<br />
Mitleid, aber auch vor Zorn.<br />
Ich möchte hier eine Lanze brechen für unsere alten <strong>Tiere</strong>, die<br />
niemand mehr will, weil sie vielleicht nicht mehr so lange leben,<br />
sie schon ein Herztablettchen brauchen o<strong>der</strong> die Knochen<br />
nicht mehr so wollen. Dafür liebe ich sie so sehr wegen<br />
ihrer souveränen Ruhe, ihrem oft so weisen Blick, ihrer Demut<br />
und Dankbarkeit <strong>gegen</strong>über uns Menschen.<br />
Beson<strong>der</strong>s, wenn ich weiß, dass ein Tier bisher<br />
nur ein ganz schweres elendes Leben hinter sich<br />
hat, mit diesem bereits abgeschlossen zu haben<br />
schien und dann zu uns kommt …und<br />
schon nach ganz kurzer Zeit wie<strong>der</strong> neuen<br />
Lebensmut schöpft, sogar im Spiel<br />
wie<strong>der</strong> seine Jugend nachholt - das ist<br />
<strong>der</strong> Lohn für meine Arbeit und macht<br />
mich richtig glücklich.<br />
Mein Wunsch und meine Bitte: Adoptiert<br />
unsere alten <strong>Tiere</strong>, lasst sie nicht<br />
die letzte Zeit ihres Lebens im Tierheim<br />
verbringen. Auch sogenannte<br />
Gnadenhöfe o<strong>der</strong> Pflegeplätze<br />
sind keine optimale Lösung. Dort ist ein Tier<br />
auch nur eines unter vielen.<br />
Gerade für ältere Menschen, Berufstätige<br />
o<strong>der</strong> auch Hundeanfänger sind ältere Hunde<br />
ideal. Ein älterer Hund kann schon alles<br />
und verschläft auch einige Stunden, wenn<br />
seine Menschen arbeiten gehen. Er muss<br />
nicht mehr in die Hundeschule und braucht<br />
auch keine langen Wan<strong>der</strong>ungen mehr, um<br />
ausgeglichen zu sein. In das Reich <strong>der</strong> Märchen<br />
gehört übrigens auch die Annahme,<br />
dass unsere alten Hunde nichts mehr lernen.
Evi und Pucky, Mechthilds<br />
eigene Hunde<br />
Lilifee ist geschätzt ca. acht bis zehn Jahre alt. Sie lief mehrere<br />
Tage orientierungslos in einem Dorf im Hunsrück herum.<br />
Abgemagert und total verunsichert hatte sie sich in einem<br />
Baustofflager versteckt. Mittlerweile sind wir sicher, dass Lilifee<br />
ausgesetzt wurde. Es stellte sich dann bei <strong>der</strong> Untersuchung<br />
heraus, dass sie an Epilepsie erkrankt ist. Die Tabletten<br />
kosten 30 Euro im Monat. Das wollte wohl ihr früherer<br />
Besitzer nicht für sie ausgeben und hat sie "entsorgt" - o<strong>der</strong><br />
etwas netter formuliert, die Verantwortung und<br />
die Kosten auf an<strong>der</strong>e übertragen. Sie ist<br />
bis auf ihr Alter, welches für einen Terrier<br />
gerade mal ein mittleres Alter<br />
ist, <strong>der</strong> perfekte Hund, den sich<br />
die meisten Menschen wünschen.<br />
Selina: In den Augen<br />
unserer Mitmenschen<br />
ist die ca. sechsjährige<br />
Selina schon zu<br />
alt(!). Und dann hat sie<br />
auch noch einen Sehfehler<br />
auf einem Auge. Äußerlich ist<br />
sie auch nicht beson<strong>der</strong>s auffällig und fällt<br />
damit gleich in die Kategorie <strong>der</strong> schwer Vermittelbaren.<br />
Unser Standpunkt: Wer sich so<br />
einen tollen Hund entgehen lässt, dem ist<br />
nicht mehr zu helfen.<br />
LILIFEE ILIFEE<br />
Pamela: Dieser kleine<br />
Hund, ca. sieben Jahre<br />
alt, Yorkshire-Dackel-<br />
Mischling ist mal wie<strong>der</strong><br />
Geschäftsstelle NRW<br />
Hund<strong>ev</strong>ermittlung Hunsrück <strong>der</strong> Gst NRW<br />
Mechthild Sody<br />
Tel. (06764) 15 02<br />
Sparkasse am Nie<strong>der</strong>rhein,<br />
BLZ 354 500 00,<br />
Konto 111 500 2063<br />
www.bmt-nrw.de<br />
Sie lernen noch, genau wie alte Menschen,<br />
halt oft etwas langsamer.<br />
Alte <strong>Tiere</strong> verursachen mehr Tierarztkosten!<br />
Ja, das kann, muss aber nicht<br />
zwangsläufig sein. Junge <strong>Tiere</strong> können<br />
auch aus dem vollen Leben schwer<br />
krank werden. Und es gibt so viele Beispiele<br />
von Hunden, die 16 Jahre und<br />
älter geworden sind und außer den<br />
Impfterminen nie den Tierarzt gesehen<br />
haben. Zugegeben, die Tierarztkosten<br />
sind in den letzten Jahren explodiert,<br />
etwas ganz Beson<strong>der</strong>s und erobert selbst das härteste Herz<br />
im Sturm.<br />
Sie ist nur lieb, unglaublichanschmiegsam,<br />
bestens verträglich<br />
mit an<strong>der</strong>en<br />
Hunden und hat - soweit<br />
wir wissen - mit<br />
Katzen zusammen ge-<br />
lebt. Pamela stammt<br />
aus Rumänien. Warum<br />
sie ihr Bein verlo-<br />
G ST NRW<br />
aber dafür haben wir in <strong>der</strong> Tiermedizin<br />
den gleichen Standard wie in <strong>der</strong><br />
Humanmedizin.<br />
Qualität hat halt ihren Preis, und wenn<br />
wir unsere <strong>Tiere</strong> wirklich lieben, müssen<br />
wir auch bereit sein, diesen zu bezahlen.<br />
Wer dies nicht ist o<strong>der</strong> nicht<br />
kann, sollte sich kein Tier anschaffen.<br />
Hier möchte ich Ihnen drei ältere Hunde<br />
vorstellen.<br />
Weitere rüstige Senioren finden<br />
Sie auf www.bmt-nrw.de<br />
ren hat, wissen wir nicht. Jedenfalls hat dieser Verlust ihr fröhliches<br />
Wesen nicht beeinträchtigt. Mehrere kleinere<br />
Spaziergänge am Tag sind wichtig für sie, Treppen hoch läuft<br />
sie perfekt, Treppe runter sollte sie allerdings getragen werden.<br />
Im Haus, beim Autofahren und beim Tierarzt zeigt sie<br />
sich wohlerzogen.<br />
Im Garten spielt sie<br />
SELINA ELINA<br />
PAMELA AMELA<br />
mit den an<strong>der</strong>en Hunden,<br />
und wir haben<br />
nicht den Eindruck,<br />
dass sie ihr linkes<br />
Vor<strong>der</strong>bein sehr vermisst.<br />
Natürlich ist<br />
uns bewusst, dass Pamela<br />
kein Je<strong>der</strong>manns-Hund<br />
ist, viele<br />
sich von ihr abwenden und sie vielleicht auch als Krüppel beschimpfen<br />
werden. Aber Menschen mit solchen Einstellungen<br />
haben ohnehin keinen Hund verdient - o<strong>der</strong> wie sehen Sie<br />
das?!<br />
Wir suchen für Pamela einen ruhigen Verwöhn-Platz, Haus<br />
und Garten wären schön, gleichfalls auch ein an<strong>der</strong>er lieber<br />
Hund, keine kleinen Kin<strong>der</strong>. Ganz wichtig ist bei diesem<br />
Hund, dass er nicht zunimmt, denn jedes Gramm zu viel würde<br />
das verbliebene Vor<strong>der</strong>bein belasten. Für Menschen, die<br />
nicht diszipliniert mit <strong>der</strong> Gewichtskontrolle umgehen können,<br />
ist dieser Hund nicht geeignet.<br />
Pamela wiegt 5 kg und hat eine Schulterhöhe von 27cm.<br />
Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> 1/2012<br />
39
Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> 1/2012<br />
40<br />
Es ist ein gigantischer Verbrauch von Leben: 2.856.316 <strong>Tiere</strong><br />
wurden 2010 allein in Deutschland für Tierversuche herangezogen,<br />
weltweit ca. 115 Millionen. Auch Berlin hat seinen Anteil an dem tierischen<br />
Verschleiß im Namen des (medizinischen) Fortschritts: An<br />
383.527 <strong>Tiere</strong>n wurde im Erhebungszeitraum "geforscht", das sind<br />
13% <strong>der</strong> bundesweit durchgeführten Versuche.<br />
An ungefähr 1300 Einrichtungen werden deutschlandweit Experimente an <strong>Tiere</strong>n durchgeführt, eines<br />
von ihnen ist das Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin. Das MDC in Berlin-Buch ist u.a. für<br />
seine fürchterlichen Schmerzexperimente bekannt. Es gehört schon heute zu den größten Versuchslaboren<br />
hierzulande und hat nun angekündigt, seine Kapazitäten zu erweitern. Der bmt protestierte am<br />
15. März <strong>gegen</strong> den geplanten Neubau.<br />
24 - 25 Millionen Euro soll das künftige<br />
In-vivo-Pathophysiologielabor in Berlin-<br />
Buch kosten. Damit finanziert <strong>der</strong> Steuerzahler<br />
indirekt den Anstieg <strong>der</strong> Tierversuche<br />
mit, obwohl sich Umfragen<br />
zufolge immer mehr Bürger - vordringlich<br />
aus ethischen Erwägungen - <strong>gegen</strong><br />
Experimente an lebenden, schmerzempfindlichen<br />
<strong>Tiere</strong>n aussprechen.<br />
2010 nutzte das MDC 32.200 Mäuse<br />
und Ratten, außerdem 1300 an<strong>der</strong>e<br />
<strong>Tiere</strong> für Versuche. Der Neubau indes<br />
würde die Forschung an weitaus mehr<br />
<strong>Tiere</strong>n ermöglichen: Durch die Erweiterung<br />
soll sich die Kapazität auf über<br />
20.800 Käfige mit Platz für ca. 64.000<br />
<strong>Tiere</strong> erhöhen. Ein Großteil von ihnen<br />
werden genmanipulierte Mäuse sein,<br />
so die Ankündigung, an denen die -<br />
zweckfreie - Grundlagenforschung betrieben<br />
werden soll. Versuche in <strong>der</strong><br />
Grundlagenforschung sind nur anzeige-<br />
und nicht genehmigungspflichtig,<br />
das heißt sie müssen nicht die Prüfung<br />
durch eine (beratende) Ethikkommission<br />
durchlaufen, die allerdings ohnehin<br />
überwiegend von Wissenschaftlern<br />
besetzt ist.<br />
Während allein dieser eine Bau in Ber-<br />
lin-Buch mit (<strong>der</strong>zeit veranschlagten)<br />
24 - 25 Millionen Kosten beziffert wird,<br />
gleichzeitig neue Labors in ganz<br />
Deutschland entstehen und die Tierversuche<br />
seit den 90ger Jahren unaufhörlich<br />
steigen, wird die tierversuchsfreie<br />
Forschung mit nur vier bis fünf Millionen<br />
Euro vom Staat geför<strong>der</strong>t - das ist<br />
<strong>der</strong> falsche Weg, findet nicht nur <strong>der</strong><br />
bmt.<br />
In einem Schreiben hat <strong>der</strong> Verein im<br />
Februar an den Regierenden Bürgermeister<br />
von Berlin appelliert, das geplante<br />
Tierversuchslabor des MDC, das<br />
sich im Augenblick noch in <strong>der</strong> Genehmigungsphase<br />
befindet, zu verhin<strong>der</strong>n.<br />
Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung<br />
steht, soweit bekannt, hinter dem<br />
Projekt, an<strong>der</strong>s die meisten Berliner.<br />
"Warum werden unsere Steuergel<strong>der</strong><br />
nicht in die Erforschung von Zellkulturen<br />
und an<strong>der</strong>en Methoden investiert,<br />
anstatt in den Ausbau von fürchterlichen<br />
Tierversuchen?", empört sich eine<br />
Dame, als sie die Aktivistengruppe<br />
des bmt mit ihrem Anliegen vor dem<br />
Roten Rathaus in Berlin stehen sieht.<br />
"Ich verstehe ohnehin nicht", sagt uns<br />
ein älterer Passant, "dass Tierversuche<br />
bmt-PROTEST<br />
in diesem Umfang noch möglich sind,<br />
nachdem <strong>der</strong> Tierschutz als Staatsziel<br />
im Grundgesetz (2002) verankert ist;<br />
müsste nicht bei allen Experimenten an<br />
lebenden <strong>Tiere</strong>n die Abwägung zwischen<br />
Tierschutz und Forschungsfreiheit<br />
grundsätzlich zugunsten <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong><br />
ausfallen?"<br />
Nicht zugunsten <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong>, zu Lasten<br />
<strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> wird auch nach 2002 noch<br />
überwiegend entschieden - dieses bittere<br />
Fazit lässt sich zwar bei fast allen<br />
Tierschutzproblemen, beson<strong>der</strong>s aber<br />
im Bereich <strong>der</strong> Tierversuche ziehen. Abgesehen<br />
von den grundsätzlich steigenden<br />
Zahlen "verwendeter" <strong>Tiere</strong><br />
zählen zu den größten Verlierern die<br />
Mäuse. Von den nahezu 2,9 Millionen<br />
genutzten <strong>Tiere</strong>n 2010 waren die Mäuse<br />
mit erschreckenden 1.963.209 Millionen<br />
am häufigsten vertreten.<br />
Auch bei den Affen lässt sich ein fataler<br />
Anstieg verzeichnen: 2.800 <strong>Tiere</strong><br />
mussten an deutschen tierexperimentellen<br />
Einrichtungen Versuche erdulden,<br />
schon 500 mehr als noch 2009.<br />
Verantwortlich für die Zunahme von<br />
Tierversuchen sei die Gentechnik, so<br />
Experten. Entsprechend hoch inzwi-
GEGEN GEPLANTES TIERVERSUCHSLABOR<br />
schen auch die Nutzung von <strong>Tiere</strong>n,<br />
denen artfremde Gene ins Erbgut geschleust<br />
wurden.<br />
Hinter all diesen Zahlen, das darf niemals<br />
vergessen werden, stehen Lebewesen,<br />
<strong>Tiere</strong>, die mit <strong>der</strong> Fähigkeit ausgestattet<br />
sind, Emotionen wie Angst,<br />
Freude, Leid und Erschrecken zu empfinden,<br />
die Schmerzen in Versuchen erdulden<br />
müssen, weil <strong>der</strong> §7 des Tierschutzgesetzes<br />
prinzipiell wie<strong>der</strong><br />
aufhebt, was §1 festschreibt. Nach ihm<br />
darf <strong>Tiere</strong>n ohne "vernünftigen Grund"<br />
kein Schmerz und Leid zugefügt werden;<br />
§7 relativiert und erlaubt als "vernünftigen<br />
Grund" das Zufügen von<br />
Schmerz und Leid, wenn Krankheiten,<br />
Stoffe, Umweltgefährdungen etc. getestet<br />
werden müssen.<br />
383.527 Versuchstiere litten 2010 in<br />
Berlin. Mäuse, Ratten, Meerschweinchen,<br />
Hamster, Kaninchen, Katzen,<br />
Hunde, Frettchen, Pferde, Esel, Maultiere,<br />
Schweine, Ziegen, Schafe, Rin<strong>der</strong>,<br />
Altweltaffen, Vögel, Amphibien<br />
und Fische.<br />
Genau zehn Jahre zuvor hatte <strong>der</strong> bmt-<br />
Berlin drei Traber übernommen, an denen<br />
angehende Tiermediziner ihre Fertigkeit<br />
erprobten.<br />
Obwohl sich Dino, Veito und Mister<br />
Rodney auf dem bmt-Pferdegnadenhof<br />
nach und nach erholten, brachen sie<br />
bis zu ihrem Lebensende schier in Panik<br />
aus, wenn sich Menschen in Kitteln<br />
und/o<strong>der</strong> mit Instrumenten in <strong>der</strong> Hand<br />
näherten. "Das Unrecht an Versuchstieren",<br />
sagte Irmgard Allerstorfer, die<br />
frühere Leiterin des Landesverbandes,<br />
damals zu mir, als wir den Transport<br />
<strong>der</strong> Pferde aus den<br />
universitätseigenen<br />
Ställen aus Berlin-<br />
Dahlem in die Lüneburger<br />
Heide überwachten,<br />
"kann nie<br />
wie<strong>der</strong> gut gemacht werden."<br />
Wenn Sie unseren Protest teilen und wie<br />
wir <strong>der</strong> Ansicht sind, dass Berlin kein neues<br />
Tierversuchslabor, son<strong>der</strong>n ein Umdenken<br />
- weg von Tierversuchen und hin<br />
zu <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung von tierversuchsfreier<br />
Forschung braucht - dann schicken Sie<br />
P FULLINGEN<br />
BLUT an als den Segen! Händen!<br />
Geschäftsstelle Berlin<br />
Sauerbruchstraße 11, 14109 Berlin<br />
Leiterin (GSt): <strong>Claudia</strong> Lotz<br />
(030) 80 58 33 -38, Fax -39<br />
claudia.lotz@bmt-tierschutz.de<br />
Postbank Berlin,<br />
BLZ 100 100 10, Konto 9603-107<br />
www.tierschutz-bmt-berlin.de<br />
Zwei Pferde ohne Zukunft?<br />
Auch Sissi und Bärli befinden sich in<br />
einer Notlage. Ihre bisherige Bezugsperson<br />
war ein älterer, sehr zurückgezogen<br />
leben<strong>der</strong> Mann in Bayern. Der<br />
Tierfreund hielt die beiden zutraulichen<br />
und kin<strong>der</strong>lieben Pferde ganzjährig<br />
auf <strong>der</strong> Koppel. Sissi (19) und<br />
Bärli (20) waren noch nie krank, wurden<br />
aber regelmäßig von Tierarzt und<br />
Hufschmied untersucht.<br />
Im Dezember verstarb <strong>der</strong> Tierhalter<br />
an Krebs. Seine Schwester versprach<br />
ihm beim Abschied, die Pferde niemals<br />
zu trennen und ihnen den<br />
Schlachter zu ersparen. Doch die Suche<br />
nach einem neuen Zuhause ist<br />
schwer: Auf <strong>der</strong> Koppel dürfen sie nur<br />
noch kurzfristig bleiben, weil das Nutzungsrecht<br />
<strong>der</strong> Weide nur für ihren<br />
Bru<strong>der</strong> galt und sie selbst nicht über<br />
die entsprechenden Mittel verfügt, die<br />
Pferde zu unterhalten.<br />
Verzweifelt hatte sich die Schwester<br />
auch an den bmt gewandt. Wir versuchen<br />
nun auf diesem Weg Menschen<br />
zu finden, die den beiden Pferden im<br />
Sinne des Verstorbenen<br />
ein gutes,<br />
lieb<strong>ev</strong>olles und vor<br />
allem dauerhaftes<br />
Zuhause schenken<br />
können.<br />
G ST B ERLIN<br />
bitte unseren vorformulierten Brief an<br />
Klaus Wowereit, den Regierenden Bürgermeister<br />
von Berlin, ab.<br />
Alle Infos, auch zu unserer Aktion mit<br />
Video, finden Sie auf unserer homepage<br />
www.bmt-tierschutz.de<br />
Text: <strong>Claudia</strong> Lotz, Foto: Kai Horstman<br />
Sissi und Bärli brauchen Hilfe<br />
Bärli<br />
Der Wallach (Mutter: Französische Trabersute,<br />
Vater: Araber/Trakehner) wurde<br />
noch bis vor zwei Jahren geritten.<br />
Sissi<br />
Die Stute (Vater: Trakehner) ist nie geritten<br />
worden, lässt sich aber sehr gut<br />
führen<br />
41
Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> 1/2012<br />
42<br />
in<br />
Stedten/Kranichfeld<br />
Warum ist Missy noch immer alleine?<br />
Ursprünglich sollte die "Wolfsranch" eine reine Hundepension und<br />
Hundeschule werden. Doch schon nach kurzer Zeit traten immer mehr<br />
Tierschutzorganisationen auf Marika Wächtler zu und baten um Aufnahme<br />
und Vermittlung ihrer Notfälle. Auch für den bmt versorgt die<br />
42jährige Ostdeutsche Hunde, nachdem sie auf einer Rumänienreise<br />
vom Auslands- Engagement des Vereins in Brasov erfuhr.<br />
50 Hunde kann die seit 1996 bestehende<br />
"Wolfsranch" maximal aufnehmen,<br />
außerdem Katzen und Kleintiere.<br />
Neben Marika Wächtler, die in <strong>der</strong><br />
DDR als Zootechnikerin und nach <strong>der</strong><br />
Wende als Schutz- und Blindenhundeausbil<strong>der</strong>in<br />
gearbeitet hatte, kümmern<br />
sich zwei weitere Kräfte, Susan und Sergej,<br />
um die <strong>Tiere</strong>. Gelegentlich wird<br />
das Dreierteam durch Praktikanten<br />
o<strong>der</strong> Lehrlinge unterstützt.<br />
Auf dem 1500 Quadratmeter großen<br />
Grundstück in Stedten/Kranichfeld<br />
werden die Hunde in Freiläufen gehalten,<br />
nachts kommen sie ins 460 Quadratmeter<br />
große Haus. Je<strong>der</strong> Mitarbeiter<br />
betreut eine eigene Hundegruppe<br />
und bringt ihnen dabei die Grundbegriffe<br />
<strong>der</strong> Erziehung bei. Oft kennen<br />
die Hunde keine Leine o<strong>der</strong> sind, entsprechend<br />
ihrer durchlebten Erfahrungen,<br />
zurückhaltend <strong>gegen</strong>über Menschen.<br />
Bandit (rechts) ist so ein hartnäckiger<br />
Fall. Als Marika Wächtler den Junghund<br />
aufnahm, war er mit vier Monaten<br />
so extrem verängstigt, wie sie selten<br />
Die<br />
"Wolfsranch"<br />
einen Hund erlebt hatte. Alle scheuen<br />
Neuzugänge füttert sie aus <strong>der</strong> Hand,<br />
so auch Bandit vom ersten Tag an, und<br />
besucht mit ihnen die Hundeschule.<br />
Während die meisten Vierbeiner dann<br />
irgendwann beginnen, dem Menschen<br />
Zutrauen ent<strong>gegen</strong> zu bringen, stößt<br />
die Hundeausbil<strong>der</strong>in bei Bandit auf<br />
Granit. "Er ist ein Traumhund", sagt sie,<br />
"wachsam, klug, überaus sozialverträglich<br />
(er wäre <strong>der</strong> optimale "Animateur"<br />
für ältere Hunde o<strong>der</strong> "Babysitter<br />
für Junghunde), aber lei<strong>der</strong> noch immer<br />
ausgeprägt ängstlich, wenn Besu-<br />
STAN<br />
Marika Wächtler mit dem “kleinen Angeber” Stan<br />
cher das Gelände betreten o<strong>der</strong> er mit<br />
unbekannten Situationen konfrontiert<br />
wird."<br />
Aus diesem Grund kam eine Vorstellung<br />
bei "Tierisch tierisch" im vergangenen<br />
Jahr nicht in Frage. Über dieses<br />
beliebte Format des MDR gelingt es<br />
Marika Wächtler nicht nur, die Vermittlungschancen<br />
<strong>der</strong> Hunde zu vergrößern,<br />
son<strong>der</strong>n das Interesse des Publikums<br />
über die Sendung hinaus an ihrer<br />
Tierschutzarbeit zu wecken. "Manchmal<br />
kommen Besucher mit ganz bestimmten<br />
Vorstellungen zu mir und fahren<br />
dafür Hun<strong>der</strong>te von Kilometern", erinnert<br />
sie sich an ein Ehepaar aus Helgoland.<br />
Das Paar nahm einen alten,<br />
schon schwer kranken, weißen Schäferhund<br />
im Wissen des nahenden Endes<br />
auf, um ihm für die allerletzten Lebensmonate<br />
noch Liebe und<br />
Geborgenheit zu schenken.<br />
Die "Wolfsranch" finanziert sich aus<br />
Spenden, Pensions-, Abgabe- und Vermittlungsgebühren.<br />
Offiziell nimmt<br />
Marika Wächtler keine Fundtiere auf,<br />
wird de facto aber zur Hilfe genötigt,<br />
wenn die Hunde zum Beispiel auf ih-
MISSY<br />
rem Gelände "entsorgt" werden o<strong>der</strong> die Bürgermeister <strong>der</strong> umliegenden Gemeinden sich wie<strong>der</strong> einmal<br />
nachts an sie wenden, weil er keine an<strong>der</strong>e Lösung für ihre tierischen Notfälle sehen.<br />
Hunde ab einem Jahr werden mit einer 14-tägigen Probezeit abgegeben. Treten wi<strong>der</strong> Erwarten Probleme<br />
mit dem neuen Hausgenossen auf, nimmt Marika Wächtler den Hund selbstverständlich wie<strong>der</strong><br />
auf. Gleiches gilt für Welpen und Junghunde. Allerdings appelliert sie vor <strong>der</strong> Aufnahme von jungen<br />
<strong>Tiere</strong>n ganz beson<strong>der</strong>s an die künftigen Besitzer, sich intensiv und ausführlich mit <strong>der</strong> Anschaffung<br />
auseinan<strong>der</strong>zusetzen und im Zweifelsfall lieber auf die Aufnahme eines Welpen o<strong>der</strong> Junghundes zu<br />
verzichten.<br />
Die 42jährige arbeitet in <strong>der</strong> Region mit zehn Pflegestellen zusammen, die vorübergehend Hunde aufnehmen.<br />
"Unsere Hunde genießen diese Abwechslung in an<strong>der</strong>en Familien und kommen nach ihren<br />
"Kurzurlauben" völlig entspannt und fröhlich wie<strong>der</strong>", sagt sie.<br />
Ebenso freuen sich die Hunde, wenn die Nachbarn sie zu Spaziergängen abholen. Die Zusatzausflüge<br />
zur zweimaligen Bewegung durch das Wolfsranch-Team sind eine schöne Unterbrechung des Alltags.<br />
Auch Missy hat ihren persönlichen<br />
Auslaufservice, aber lei<strong>der</strong> nicht mehr.<br />
Niemand hat bis jetzt Gefallen an <strong>der</strong><br />
hübschen und anhänglichen Hütehündin<br />
gefunden. "Es ist uns allen ein Rätsel,<br />
warum Missy nicht einen Interessenten<br />
hatte. Sie ist zwar ein wenig<br />
schüchtern, aber sehr lieb, verschmust,<br />
hört gut, ist mit allen Artgenossen verträglich<br />
und läuft bei mir ohne Leine."<br />
Auch <strong>der</strong> Hundeschulbesuch hat die<br />
Chancen <strong>der</strong> blonden Zweieinhalbjährigen<br />
nicht erhöht. Vielleicht entdecken<br />
Sie Ihr Herz für die sanfte Missy?<br />
Die Sanftmut würde<br />
man bei Stan nicht<br />
gerade hervorheben:<br />
Der sechs Kilo leichte<br />
Rüde täuscht laufend<br />
kleine Beißattacken vor.<br />
Nach Händen und Füßen<br />
schnappend gebärdet<br />
er sich recht un-<br />
FINO verträglich, ist es<br />
aber im Grunde<br />
seines Wesens<br />
nicht. Stan (6,5 Jahre) kuschelt gerne, hat seinen<br />
Menschen am liebsten für sich und ist sehr gehorsam.<br />
Nach einem Autounfall hat er ein loses<br />
Schulterblatt und eine Kehlkopfquetschung<br />
zurückbehalten, die ihn aber weiter<br />
nicht beeinträchtigen. Der Kleine wäre bei<br />
einer Einzelperson o<strong>der</strong> einem ruhigen<br />
Paar sicher gut aufgehoben.<br />
Ganz an<strong>der</strong>s Fino:<br />
Der Rehpinschermischling<br />
ist ein Temperamentsbündel,<br />
<strong>der</strong> eine<br />
aktive und sehr sportliche<br />
Hundepension Wächtler<br />
Marika Wächtler<br />
Dorfstraße 6<br />
99448 Kranichfeld/Stedten<br />
Tel: (036450) 39 390<br />
Handy: 0177/57 34 995<br />
www.wolfsranch.info<br />
A USSENSTELLE bmt<br />
Familie sucht. Kin<strong>der</strong> liebt <strong>der</strong> Vierjährige sehr, rennt sie in<br />
seinem überbordenden Eifer aber schnell um. Fino hat große<br />
Ausdauer und Sprungkraft: Er fe<strong>der</strong>t vom Boden bis an<br />
die Stirn seiner Bezugspersonen, um ihnen mit <strong>der</strong> Zunge<br />
durch das Gesicht zu lecken. Der kluge Rüde könnte, nach<br />
Marika Wächtlers Einschätzung, auch ein sehr guter Begleiter<br />
für eine(n) Rollstuhlfahrer/in sein.<br />
Wer sich für die hier vorgestellten Hunde interessiert<br />
o<strong>der</strong> mehr über die "Wolfsranch" und seinen<br />
gesamten Hundebestand erfahren möchte,<br />
informiert sich bitte auf www.wolfsraench.info<br />
o<strong>der</strong> persönlich.<br />
Freuen würde sich Marika Wächtler außerdem<br />
sehr über Ihre handwerkliche Hilfe: Die obere<br />
Etage des alten Gebäudes soll gefliest und auf<br />
dem Gelände die Zäune und Zwingeranlagen<br />
erneuert werden. Auch für Materialspenden<br />
wäre die Wolfsranch dankbar.<br />
BANDIT<br />
Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> 1/2012<br />
43
Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> 1/2012<br />
44<br />
T IERSCHUTZZENTRUM<br />
Wie entsteht ein<br />
Bei <strong>der</strong> Vermittlung eines Hundes<br />
entscheiden seine individuelle Vergangenheit<br />
und die Eignung <strong>der</strong><br />
neuen Besitzer, ob eine gute Partnerschaft<br />
entstehen kann. Pauschalisierungen<br />
über "schwierige Tierheimhunde"<br />
sind unangebracht. Man<br />
kann nicht die Tierheimhunde, die<br />
Züchterhunde, die Straßenhunde aus<br />
dem Ausland etc. über einen Kamm<br />
scheren.<br />
Alle Hunde im Tierheim haben eine eigene<br />
Vorgeschichte und diese ist wichtig.<br />
Der Tierheimhund, dessen Herrchen<br />
gestorben ist, hat sicher ein<br />
an<strong>der</strong>es Wesen als <strong>der</strong> vorher schlecht<br />
gehaltene Kettenhund, <strong>der</strong> Hund aus<br />
<strong>der</strong> polnischen Massenzucht verhält<br />
sich an<strong>der</strong>s als <strong>der</strong> Welpe eines verantwortungsvollen<br />
deutschen Züchters,<br />
<strong>der</strong> Straßenhund aus dem Ausland, <strong>der</strong><br />
einen Besitzer hatte, sicher an<strong>der</strong>s als<br />
<strong>der</strong> wild aufgewachsene.<br />
Aber allen diesen <strong>Tiere</strong>n ist eigen, dass<br />
ein Mensch mit Geduld sie zum<br />
guten Familienmitglied machen<br />
kann. Immer wie<strong>der</strong> wird im<br />
Tierheim nach Eigenschaften<br />
wie Stubenreinheit, Gehorsam,<br />
Autofahrtauglichkeit, Kin<strong>der</strong>freundlichkeit<br />
etc. gefragt. Viele<br />
<strong>Tiere</strong> bringen diese Eigenschaften<br />
mit, viele müssen sie einfach<br />
noch lernen - das perfekte Tier gibt es<br />
so wenig wie den perfekten Menschen.<br />
Der eine lernt schneller, <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e<br />
langsamer - wie Kin<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Schule<br />
auch. Und nicht je<strong>der</strong> lernt alles. Der<br />
ausgebildete Diensthund in <strong>der</strong> Hand<br />
eines hundeunerfahrenen Menschen<br />
wird nichts von seinem Können zeigen.<br />
Der stubenreine Hund wird nicht mehr<br />
stubenrein sein, wenn seine neuen<br />
Menschen nicht regelmäßig mit ihm<br />
rausgehen.<br />
Dreamtea<br />
Aus diesem Grund müssen Interessenten<br />
in einem Tierheim Verständnis haben<br />
und sogar froh darüber sein, dass<br />
man zunächst diskutiert, ob <strong>der</strong> fragliche<br />
Hund für ihre Bedürfnisse/Umstände<br />
geeignet ist, und auch akzeptieren,<br />
wenn sie ein bestimmtes Tier einfach<br />
nicht bekommen können.<br />
Gerne geben Tierheimmitarbeiter, die<br />
am Wohl ihrer Schützlinge interessiert<br />
sind, Empfehlungen hinsichtlich <strong>der</strong> Art<br />
und des Wesens <strong>der</strong> Hunde ab, die zur<br />
Familie und Umgebung passen.<br />
Warum es den Tierheimhund<br />
nicht gibt -<br />
<strong>der</strong> "perfekte Hund" braucht<br />
"perfekte" Menschen!<br />
Es ist keine Schikane, son<strong>der</strong>n wichtig,<br />
alle Personen zum Aussuchen eines<br />
Hundes mitzubringen, die mit dem<br />
Hund leben werden, ebenso bereits<br />
dort lebende Hunde. Die Tierheimmitarbeiter<br />
müssen die Hunde zusammen<br />
sehen, um zu beurteilen, ob aus ihnen<br />
ein gutes Gespann werden kann. Lediglich<br />
die Katzenverträglichkeit kann<br />
nur grundsätzlich beurteilt und muss<br />
dann ggfs. in einer Probephase daheim<br />
getestet werden.<br />
Tierinteressenten sollten Verständnis für<br />
den Tierschutz haben, wenn wir sagen,<br />
dass dieser Hund nicht <strong>der</strong> richtige für<br />
sie ist und an<strong>der</strong>e Vorschläge akzeptieren.<br />
Ehrlichkeit ist eine wichtige Voraussetzung<br />
für eine gute Vermittlung -<br />
für die Tierheimmitarbeiter und auch<br />
für die Interessenten. Wenn Menschen<br />
im Bezug auf ihre Gegebenheiten und<br />
ihre Fähigkeiten nicht offen sind, ist es<br />
danach <strong>der</strong> Hund, <strong>der</strong> durchgefallen ist<br />
und wie<strong>der</strong> eine Trennung verkraften<br />
muss - dies ist nicht fair!<br />
Die Rückgabe eines <strong>Tiere</strong>s ist durch unsere<br />
Tierheime abgesichert, soll-<br />
te aber <strong>der</strong> Einzelfall bleiben.<br />
Für die Ärmsten <strong>der</strong> Armen wünschen<br />
wir uns Tierfreunde, die<br />
nicht nur einen neuen Freund in<br />
die Familie aufnehmen möchten,<br />
son<strong>der</strong>n vor allem auch einem<br />
Tier helfen wollen, das vom<br />
Schicksal bis zu diesem Punkt nicht sehr<br />
verwöhnt wurde, die nicht nach Farbe,<br />
Schönheit, körperlicher Unversehrtheit<br />
o<strong>der</strong> Preis aussuchen und auch nicht<br />
nach vier Wochen den perfekten Hund<br />
haben wollen.<br />
Dass je<strong>der</strong> Hund ein Traumhund werden<br />
kann, wenn er das Glück hat, an<br />
die richtigen (passenden) Menschen zu<br />
geraten, lesen Sie im folgenden Beitrag,<br />
aufgezeichnet von Susanne und<br />
Uwe Meyer.<br />
Text: Petra Zipp<br />
Fotos: Susanne und Uwe Meyer
m?<br />
REGINA<br />
Als<br />
wir<br />
Regina<br />
im<br />
Frühjahr 2009 kennen<br />
lernten, waren<br />
wir uns schnell im<br />
Klaren: Diesen Hund<br />
konnten und wollten<br />
wir nicht zu uns nehmen.<br />
Wir waren auf<br />
<strong>der</strong> Suche nach einem<br />
neuen Pendant<br />
für unseren elfjährigenSchäferhundrüden<br />
Sam. Seine bisherige<br />
Partnerin Inga<br />
musste kurz zuvor<br />
eingeschläfert werden.<br />
Da Inga uns auf<br />
Grund ihres hohen<br />
Aggressionspotenzi-<br />
als während ihres gesamten Lebens "auf Trab" gehalten hatte,<br />
sollte die "Neue" auf keinen Fall ein Problemhund sein.<br />
Regina präsentierte sich im Freigehege denkbar schlecht. Sie<br />
zeigte we<strong>der</strong> an Sam noch an uns Menschen ein beson<strong>der</strong>es<br />
Interesse. Aus diesem Grund entschieden wir uns damals für<br />
Bonny, eine mittelgroße, zweijährige Collimischlingsdame,<br />
die trotz ihres grundsätzlich vorsichtigen Wesens über ein gehöriges<br />
Maß an Selbstbewusstsein verfügte. Dass wir die<br />
richtige Entscheidung getroffen hatten, merkten wir u.a. auch<br />
daran, dass unser Sam in <strong>der</strong> Folgezeit förmlich aufblühte.<br />
Auf Grund von Bonnys traumhafter Sozialkompetenz im Umgang<br />
mit Menschen und Artgenossen konnten Spaziergänge<br />
nun in einer entspannten Atmosphäre erfolgen, wie dies zu<br />
Ingas Zeiten undenkbar war. Darüber hinaus schaffte Bonny<br />
den Balanceakt, unseren "alten Herrn" aus <strong>der</strong> Reserve zu<br />
locken, ohne ihn hierbei zu nerven. Alles in allem eine sehr<br />
glückliche Zeit.<br />
Im Jahr 2010 machte sich Sams Alter allmählich bemerkbar,<br />
und es war abzusehen, dass die Zeit des Abschieds nahte.<br />
Wir wollten diese Phase gestalten wie in all den Jahren zuvor,<br />
in denen wir mit Hunden lebten. Um zu vermeiden, dass<br />
Bonny nach Sams Tod alleine zurückblieb, sollte ein dritter<br />
Hund bei uns einziehen. Wir hatten natürlich auch schon<br />
konkrete Vorstellungen darüber, wie <strong>der</strong> "Neue" sein sollte.<br />
Ein Rüde selbstverständlich, genügend Persönlichkeit, um in<br />
Sams Pfotenabdrücke zu treten, ohne ihn noch zu Lebzeiten<br />
"unterzubuttern". Gleichzeitig sollte er hervorragend soziali-<br />
siert und galant im Umgang mit an<strong>der</strong>en <strong>Tiere</strong>n und Menschen<br />
sein, bei allem Selbstbewusstsein jedoch zurückhaltend,<br />
sensibel und gleichzeitig nervenstark und unempfindlich<br />
sein.<br />
Als vorbildlicher Hüter von Haus und Hof sollte er unsere Besucher<br />
keinesfalls belästigen und darüber hinaus auch seinen<br />
Jagdtrieb im Griff haben. Nachdem wir alle wünschenswerten<br />
Eigenschaften zusammengetragen hatten, war<br />
uns klar: Diesen Hund gibt's nicht!<br />
So kam es, dass wir uns im Oktober 2009 beim bmt in Pfullingen<br />
für Ramon (Latte), einen "halbstarken" Galgomix entschieden,<br />
<strong>der</strong> es laut Internetpräsentation "faustdick hinter<br />
den Ohren" haben sollte. Und das war nicht übertrieben!<br />
Beson<strong>der</strong>s für mich als Mann sollten die nächsten Monate<br />
wesentlich schlimmer werden, als es Ramons faustdicke Charakterisierung<br />
vermuten ließ. Ein - zumindest bei unseren "Rumänen"<br />
- durchgängig vorhandenes Merkmal ist die deutliche<br />
Affinität zu Frauen. Mit dieser Problematik rechneten wir<br />
erst einmal gar nicht so sehr, aber nachdem Ramon bereits<br />
am zweiten Tag unseren lieben alten Sam attackierte, ging<br />
ich dazwischen.<br />
Ramon erschrak und rannte <strong>gegen</strong> die geschlossene Terrassentür<br />
und genau diese Koppelung von Schreck, Angst und<br />
Schmerz ließ er mich die nächsten vier Monate mit aller<br />
Deutlichkeit spüren. Während er meine Frau charmant umgarnte,<br />
nahm er von mir kein Futter, ging mit mir nicht in den<br />
Garten, ließ sich von mir nicht anfassen und knurrte und bellte,<br />
sobald ich mich bewegte.<br />
Der Familiensegen hing einige Zeit schief und meine Frau<br />
überlegte täglich, ob sie Ramon o<strong>der</strong> mich zum bmt zurückbringen<br />
sollte. Nachdem Ramon allerdings schon zwei Mal<br />
vermittelt war, war an eine Rückgabe nicht ernsthaft zu denken.<br />
Lebenserfahren und krisengeschüttelt hielten wir alle<br />
miteinan<strong>der</strong> durch und als Rudel zusammen. Ramon wird<br />
übrigens wegen seiner schönen Fellfarbe, die an Latte Macchiato<br />
erinnert, auch Latte gerufen.<br />
Nach vier Monaten<br />
konnte ich (ein<br />
Mann!) ihn nach<br />
viel Arbeit und vertrauensbildenden<br />
Maßnahmen problemlos<br />
an- und<br />
ableinen, und er<br />
ließ sich von mir<br />
füttern. Nach zwölf<br />
Monaten verband<br />
Latte und mich be-<br />
P FULLINGEN<br />
Ein Erfahrungsbericht<br />
von<br />
Susanne und Uwe Meyer<br />
Tierschutzzentrum<br />
Pfullingen<br />
Gönninger Straße 201,<br />
72793 Pfullingen<br />
Leiter (GSt): Dr. Uwe Wagner<br />
Tel. (07121) 820 17 -0, Fax -18<br />
Leiterin (TH): Petra Zipp<br />
Tel. (07121) 820 17 20<br />
Kreissparkasse Reutlingen,<br />
BLZ 640 500 00, Kto. 75 7889<br />
www.bmt-tierschutzzentrum.de<br />
Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> 1/2012<br />
45
Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> 1/2012<br />
46<br />
TSZ PFULLINGEN<br />
reits eine echte Männerfreundschaft,<br />
ließ er sich doch von mir voller Vertrauen<br />
über elektrische Weidezäune<br />
heben, die Füße einsalben und die Ohren<br />
putzen.<br />
Heute würden wir ihn für nichts auf <strong>der</strong><br />
Welt mehr hergeben. Latte liebt uns genauso,<br />
und <strong>der</strong> Rest <strong>der</strong> Menschheit<br />
kann ihm gestohlen bleiben. Heute,<br />
nach weiteren 15 Monaten, lässt Latte<br />
sich erstmalig von einem an<strong>der</strong>en<br />
Menschen als meiner Frau und mir anfassen,<br />
meinem Schwager (einem<br />
Mann!). Also Männer - gebt die Hoffnung<br />
nicht auf.<br />
(RE-)GINA<br />
Gina hat es nach langem Warten<br />
2011 ins Team geschafft<br />
Das Trio, Sam, Bonny und Latte, entwickelte<br />
sich zu einem harmonischen<br />
Hun<strong>der</strong>udel, bis zu jenem Tag im Oktober<br />
2010, an dem Sam uns verlassen<br />
musste. Wie in unserer "Lebensplanung"<br />
vorgesehen, sollten für die folgenden<br />
Jahre nur zwei Hunde mit uns<br />
leben.<br />
Regina blieb uns jedoch immer im Gedächtnis<br />
und bei jedem Besuch in Pfullingen<br />
führte uns <strong>der</strong> Weg stets zu ihr.<br />
Am Tag <strong>der</strong> Offenen Tür 2011 bekamen<br />
wir dann mit, wie sich Regina im<br />
Wesen verän<strong>der</strong>t hatte, sie wirkte gar<br />
nicht mehr bindungsunfähig…<br />
Bei einem weiteren Besuch im November<br />
sahen wir sie nicht, weshalb wir uns<br />
nach ihr erkundigten. Sie habe sich zurückgezogen,<br />
habe keine Lust mehr,<br />
sich zu zeigen, hieß es. Das beschäftigte<br />
uns sehr, und wir schmissen über<br />
Nacht alle unsere guten Vorsätze über<br />
Bord. Noch im selben Monat zog die<br />
fast Vierjährige bei uns ein.<br />
Die Entwicklung von Latte hatte uns mit<br />
dem notwendigen Selbstvertrauen aus-<br />
gestattet, um uns dieser neuen Herausfor<strong>der</strong>ung<br />
zu stellen. Wir waren uns<br />
darüber hinaus einig, dass wir keine Erwartungen<br />
an Regina, die einmal vermittelt<br />
und wie<strong>der</strong> zurück gebracht<br />
worden war, haben würden.<br />
Doch bei uns Zuhause geschah dann<br />
etwas, worauf wir nicht gefasst waren.<br />
Regina begriff unglaublich schnell die<br />
in unserem Haushalt für Hunde geltenden<br />
Regeln. Der Umgang <strong>der</strong> drei<br />
Hunde miteinan<strong>der</strong> gestaltete sich unproblematisch,<br />
die Anspannung beim<br />
Füttern verschwand durch einen eindeutig<br />
festgelegten Ablauf nach kurzer<br />
Zeit. Bereits wenige Tage nach ihrem<br />
Einzug begannen die drei Rumänen<br />
entspannt miteinan<strong>der</strong> zu spielen.<br />
Ebenfalls nach wenigen Tagen zeigte<br />
Regina bei <strong>der</strong> Heimkehr eines Familienmitgliedes<br />
deutliche Freude, hierbei<br />
singt und lacht sie. Für diejenigen,<br />
die dies nicht kennen, klingt es unglaublich,<br />
Regina lacht tatsächlich, wobei<br />
sie die Lefzen ganz nach oben zieht,<br />
so, dass die Haut auf ihrer Nase ganz<br />
faltig ist.<br />
Gina - so kürzen wir ihren Namen mittlerweile<br />
ab - ist weit weniger ängstlich<br />
als Latte. Sie hat Power, bewegt sich<br />
kraftvoll, fasst täglich mehr Vertrauen<br />
in uns und ihr neues Zuhause. Fremden<br />
<strong>gegen</strong>über verhält sie sich vorsichtig,<br />
aber immer freundlich. Sie ist hervorragend<br />
sozialisiert, übernimmt zunehmend<br />
die Bewachung des Hauses und<br />
hat sich innerhalb kürzester Zeit einen<br />
Platz in unseren Herzen erobert.<br />
Heute, nach annähernd fünf Monaten,<br />
können wir sagen, Gina genommen<br />
zu haben, war eine<br />
<strong>der</strong> besten Entscheidungen,<br />
die wir getroffen<br />
haben. Es wird<br />
zwar sicher<br />
noch einige<br />
Zeit vergehen,<br />
Bonny war Anfang 2009<br />
<strong>der</strong> erste Neuzugang<br />
LATTE<br />
Latte kam im Herbst 2009 zu den<br />
Meyers<br />
bis Gina sich völlig unbefangen von<br />
uns anfassen lässt, doch wir sind sicher,<br />
dass dies eines Tages möglich<br />
sein wird. Bonny benötigte hierzu annähernd<br />
zweieinhalb Jahre und besteht<br />
heute geradezu auf engem Körperkontakt.<br />
Wir bedanken uns bei den Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeitern des bmt Pfullingen,<br />
die uns diese wun<strong>der</strong>baren Hunde<br />
anvertraut haben. Gina ist das beste<br />
Beispiel für eine gute und lieb<strong>ev</strong>olle<br />
Pflege durch den bmt, und wir ermutigen<br />
alle, auch ältere Hunde ohne Familienerfahrung<br />
zu sich zu nehmen.<br />
Meßstetten, 18.03.2012
Der bmt - seine Geschäftsstellen und Tierheime<br />
Geschäftsstelle Norden Franziskus-Tierheim<br />
Nordbuscherweg 17, 26553 Dornum<br />
Tel. (04933) 99 28 24, Fax 99 28 26<br />
Tierheim Hage<br />
Hagermarscher Str. 11, 26524 Hage<br />
Tel. (04938) 4 25, Fax 91 49 90<br />
Raiffeisen-Volksbank<br />
Fresenae.G.Norden, BLZ 283 615 92<br />
Konto 6302020300<br />
www.tierheim-hage.de<br />
GSt u. TH "Arche Noah"<br />
Rodendamm 10, 28816 Stuhr/Brinkum<br />
GSt.: Tel. (0152) 33 51 32 16<br />
Tierheim: Tel. (0421) 890171,<br />
Fax 80 90 553<br />
Kreissparkasse Syke,<br />
BLZ 291 517 00, Kto. 113 000 29 57<br />
ww.tierheim-arche-noah.de<br />
Geschäftsstelle Issum<br />
Drosselweg 15, 47661 Issum<br />
Tel. (02835) 44 46 97, Fax 44 46 99<br />
Sparkasse am Nie<strong>der</strong>rhein,<br />
BLZ 354 500 00,<br />
Konto 111 500 2063<br />
www.bmt-nrw.de<br />
TH Köln-Dellbrück<br />
Iddelsfel<strong>der</strong> Hardt, 51069 Köln<br />
Tel. (0221) 68 49 26, Fax 68 18 48<br />
Postbank Köln, BLZ 370 100 50<br />
Konto 924 02-505<br />
www.tierheim-koeln-dellbrueck.de<br />
Tierschutzzentrum<br />
Pfullingen<br />
Gönninger Straße 201,<br />
72793 Pfullingen<br />
GSt: Tel. (07121) 820 17 -0, Fax -18<br />
Tierheim: Tel. (07121) 820 17 20<br />
Kreissparkasse Reutlingen,<br />
BLZ 640 500 00, Kto. 75 7889<br />
www.bmt-tierschutzzentrum.de<br />
GSt Issum<br />
Geschäftsstelle Hamburg<br />
Lokstedter Grenzstr. 7, 22527 Hamburg<br />
Tel. GSt (040) 55 49 28 - 34, Fax -32<br />
Tel. Tierheim (040) 55 49 28 37<br />
Haspa, BLZ 200 505 50,<br />
Konto 1049220799<br />
www.franziskustierheim.de<br />
TH Hage/<br />
GSt Norden<br />
TH Köln<br />
www.bmt-tierschutz.de<br />
Tierschutzzentrum<br />
Pfullingen<br />
VORSTAND<br />
TH Arche Noah<br />
TH Elisabethenhof<br />
Franziskus-TH, Hamburg<br />
Katzenhaus, TH<br />
TH Wau-Mau-Insel<br />
GSt Bayern<br />
Vorsitzende: Petra Zipp<br />
Tierschutzzentrum Pfullingen<br />
Gönninger Straße 201, 72793 Pfullingen<br />
Tel. (07121) 820 17 -23, Fax 820 17 -18<br />
Stellv. Vorsitzen<strong>der</strong>: Bernd Stephan<br />
Kaiser-Friedrich-Promenade 82<br />
61348 Bad Homburg<br />
Tel. (06172) 138 80 26, Fax 23 691<br />
Weiteres Vorstandsmitglied: Karin Stumpf<br />
Am Heiligenhäuschen 2, 50859 Köln,<br />
Tel. (0221) 950 51 55, Fax 950 51 57<br />
GSt Berlin<br />
Geschäftsstelle Berlin<br />
Sauerbruchstraße 11, 14109 Berlin<br />
Tel. (030) 80 58 33 -38, Fax -39<br />
Postbank Berlin,<br />
BLZ 100 100 10,<br />
Konto 9603-107<br />
www.tierschutz-bmt-berlin.de<br />
"Katzenhaus Luttertal"<br />
Luttertal 79<br />
37075 Göttingen<br />
Tierheim: Tel. (0551) 2 28 32<br />
Postbank Hannover,<br />
BLZ 250 100 30, Konto 732 223 06<br />
www.katzenhaus-luttertal.de<br />
GSt u. TH "Wau-Mau-Insel"<br />
Schenkebier Stanne 20, 34128 Kassel<br />
Tel. (0561) 86 15 680, Fax 86 15 681<br />
Kasseler Sparkasse,<br />
BLZ 520 503 53,<br />
Konto 70 700<br />
www.wau-mau-insel.de<br />
Tierheim Elisabethenhof<br />
Geschäftsstelle Hessen<br />
Siedlerstraße 2, 61203 Reichelsheim<br />
GSt.: Tel. (06035) 96 11 11<br />
Tierheim: Tel. (06035) 59 16,<br />
Fax (06035) 96 11 18<br />
Frankfurter Sparkasse,<br />
BLZ 500 502 01, Konto 5975<br />
www.tierheim-elisabethenhof.de<br />
Geschäftsstelle Bayern<br />
Viktor-Scheffel-Straße 15,<br />
80803 München<br />
Tel. (089) 38 39 52-13, Fax -23<br />
Postbank München,<br />
BLZ 700 100 80, Kto. 142 20-802<br />
www.bmt-bayern.de<br />
Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> 1/2012<br />
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„Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong>“ – Postvertriebsstück B 13769 – Entgelt bezahlt<br />
<strong>Bund</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Missbrauch</strong> <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> e.V.<br />
Als gemeinnützig und beson<strong>der</strong>s för<strong>der</strong>ungswürdig anerkannt<br />
Beiträge und Spenden sind steuerlich absetzbar<br />
Sitz: D-80803 München , Viktor-Scheffel-Str.15<br />
www.bmt-tierschutz.de<br />
EINLADUNG ZUR ORDENTLICHEN MITGLIEDERVERSAMMLUNG DES bmt IN REUTLINGEN!<br />
am Sonntag, 28. Oktober 2012<br />
im Domino-Haus, Am Echazufer 24,<br />
72764 Reutlingen, Beginn 14.00 Uhr<br />
Tagesordnung MV 2012:<br />
1. Eröffnung und Begrüßung<br />
2. Feststellung <strong>der</strong> ordnungsgemäßen Einberufung <strong>der</strong><br />
Mitglie<strong>der</strong>versammlung und ihrer Tagesordnung<br />
3. Tätigkeitsbericht <strong>der</strong> Vorsitzenden des Vorstands<br />
4. Bericht des Schatzmeisters<br />
a.) über die Entwicklung <strong>der</strong> Vereinsfinanzen<br />
b.) über die Ergebnisse <strong>der</strong> Wirtschaftsprüfung für 2011<br />
5. Entlastung des Vorstandes<br />
6. Anträge aus dem Kreis <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong><br />
7. Verschiedenes<br />
Hinweis: Anträge zur Mitglie<strong>der</strong>versammlung sind spätestens<br />
zwei Wochen vor <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong>versammlung<br />
schriftlich (Brief, E-Mail) beim Vorstand einzureichen.<br />
Bitte bringen Sie Ihren Mitgliedsausweis mit!<br />
Ich unterstütze den <strong>Bund</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Missbrauch</strong> <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> e.V. und<br />
werde Mitglied zum selbstbestimmten Jahresbeitrag von Euro ......................................................................<br />
(Mindest-Jahresbeitrag: 20 EURO. Mitgliedschaft kann je<strong>der</strong>zeit satzungsgemäß beendet werden.)<br />
Nach Überweisung des Beitrages erhalten Sie Ihre Mitgliedsunterlagen.<br />
spende hiermit Euro ..................................................................................................................................................................<br />
Name:............................................ Vorname:.......................................... Geburtsdatum:..............................................<br />
PLZ und Ort:....................................................... Straße und Hausnr.:............................................................................<br />
Telefon:.............................................................. E-Mail-Adresse:...................................................................................<br />
Beruf:................................................................. Datum:.............................. Unterschrift:.............................................<br />
ÜBERREICHT VON:<br />
(Die Spendenkonten finden Sie auf den Seiten <strong>der</strong> einzelnen bmt-Geschäftsstellen)<br />
Bitte Coupon ausschneiden und frankiert an eine Geschäftsstelle Ihrer Wahl senden.