RDT 4/2003 - Bund gegen Missbrauch der Tiere ev
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Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> 4/<strong>2003</strong><br />
28<br />
LV NRW<br />
EIN LEBEN IN KETTEN<br />
Geschäftsstelle observiert Zirkus<br />
Ende August gastiert in Gel<strong>der</strong>n ein Zirkus; er führt fünf Elefanten<br />
und ca. 30 Pferde mit sich. Das Unternehmen war u.a.<br />
durch den schlechten Pflegezustand seiner Elefanten und die<br />
mangelnde Kooperationsbereitschaft mit den zuständigen<br />
Behörden in die Schlagzeilen geraten. Die Mitarbeiter <strong>der</strong><br />
Geschäftsstelle wollen auf dem Zirkusgelände verdeckt ermitteln,<br />
um <strong>ev</strong>entuelle Verstöße <strong>gegen</strong> das Tierschutzgesetz<br />
dem Veterinäramt melden zu können.<br />
Das Fazit <strong>der</strong> dreitägigen Beobachtung lautet: Der Pflegezustand<br />
aller <strong>Tiere</strong> ist nicht optimal, jedoch auch nicht so gravierend schlecht,<br />
dass das Veterinäramt eingreifen könnte. Die Behörde selbst hat allerdings<br />
zu Futterspenden aufgerufen und damit indirekt eingestanden,<br />
dass die <strong>Tiere</strong> schlecht im Futter stehen. Außerdem hat das Amt<br />
einen Fachmann für Elefanten zu Rate gezogen, <strong>der</strong> tatsächlich nur<br />
den Zustand <strong>der</strong> Füße bemängelt. Kettenhaltung, Bewegungsmangel,<br />
ungenügendes Futter und unsachkundige Pflege werden nicht<br />
beanstandet.<br />
Die Ergebnisse <strong>der</strong> Beobachtungen werden in Absprache<br />
mit an<strong>der</strong>en Tierschutzorganisationen an die Veterinärbehörde<br />
in Osnabrück geschickt, die bereits wegen<br />
vergangener Verstöße <strong>gegen</strong> den Zirkus ermittelt.<br />
27. August: Dagmar Weist, Leiterin <strong>der</strong><br />
Geschäftsstelle, und Timo Franzen, bmt-Mitarbeiter,<br />
betreten das Zirkusgelände wie interessierte<br />
Besucher und schauen sich die <strong>Tiere</strong> an.<br />
Die grauen Riesen sind jeweils an einem Hinterund<br />
Vor<strong>der</strong>lauf angekettet. Sie bewegen sich in<br />
<strong>der</strong> typischen Verhaltensstörung gefangener<br />
Elefanten schaukelnd hin und her. Der gelernte<br />
Zootierpfleger Timo Franzen bemängelt den<br />
Zustand <strong>der</strong> Füße und <strong>der</strong> Haut. Auch die ca. 30<br />
Pferde und Ponys, die mit dem Unternehmen reisen,<br />
stehen in kleinen Boxen in kurzer<br />
Anbindehaltung.<br />
Die Nachmittagsvorstellung dieses Tages<br />
wird abgebrochen, weil Stromkabel defekt sind.<br />
Die Pferde und Ponys, die gerade in <strong>der</strong> Manege<br />
sind, bekommen ungewollte Stromstöße und<br />
reagieren mit zunehmen<strong>der</strong> Unruhe. Die<br />
Direktion schickt daraufhin weitere Pferde in die<br />
Manege, um die Show zu retten; doch auch<br />
diese <strong>Tiere</strong> geraten in Panik - die Premierenvorstellung<br />
wird vorzeitig beendet, wobei die<br />
Zuschauer beim Aufbruch gewarnt werden,<br />
metallische Gegenstände im Zelt zu berühren.<br />
28. August: Früh morgens ist Dagmar Weist<br />
mit einem Zeugen wie<strong>der</strong> auf Beobachtungsposten.<br />
Sie wollen sehen, ob und wann die <strong>Tiere</strong><br />
Auslauf auf dem angelegten Paddock erhalten.<br />
Um 11.25 Uhr lässt ein Tierpfleger 3 Elefanten<br />
in den Paddock und wirft ihnen kleine Äste mit<br />
Blättern vor. Um 12.05 werden sie wie<strong>der</strong> in<br />
Ketten gelegt. Die an<strong>der</strong>en beiden Elefanten verlassen<br />
das Zelt überhaupt nicht - we<strong>der</strong> zur<br />
Arbeit, noch zum "Auslauf".<br />
Einige Ponys werden <strong>gegen</strong> Mittag aus dem<br />
Pferdezelt herausgeholt und in einem weiteren<br />
Zelt wie<strong>der</strong>um angebunden stehen gelassen.<br />
Beim näheren Betrachten weisen alle Pferde narbige<br />
und verkrustete Stellen im Fell auf; die<br />
Eingefercht auf engstem Raum ...<br />
"Tierpfleger" sind ausländische Hilfskräfte ohne<br />
entsprechende Sachkenntnis, die nötig wäre, um<br />
Wildtiere und Pferde artgerecht zu versorgen.<br />
Auf wie<strong>der</strong>holte Nachfrage, was und wi<strong>ev</strong>iel die<br />
<strong>Tiere</strong> zu fressen bekommen, zucken die Angesprochenen<br />
mit den Schultern.<br />
29. August: Heute werden we<strong>der</strong> Elefanten<br />
noch Pferde herausgelassen.<br />
Text: Claudia Lotz<br />
Fotos: Dagmar Weist, Jan Pfeiffer