März 2011 - Thüringer Turnverband eV
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Titelthema<br />
Kommentar DTB-Präsident Rainer Brechtken:<br />
Berliner Hasenheide 1811: Wir feiern Jubiläum!<br />
Im Juni 1811 eröffnete<br />
Friedrich<br />
Ludwig Jahn als<br />
knapp 30-jähriger<br />
Hilfslehrer einer<br />
Ber liner Knabenschule<br />
in der Berliner<br />
Hasenheide<br />
einen öffentlichen<br />
Turnplatz mit verschiedenen<br />
Turngeräten und Klettergerüsten<br />
zur körperlichen Ertüchtigung<br />
der männlichen Jugend.<br />
Er versammelte dort an schulfreien<br />
Nachmittagen Schüler aus den Gymnasien<br />
Berlins zur körperlichen Ertüchtigung.<br />
Im Jubiläumsjahr <strong>2011</strong> erinnert der<br />
Deutsche Turner-Bund an die Berliner<br />
Hasenheide 1811 und blickt dabei<br />
auf „200 Jahre Turnbewegung<br />
– 200 Jahre soziale Verantwortung“<br />
zurück. Die Errichtung des öffentlichen<br />
Turnplatzes gilt als Geburtsstunde<br />
der Turnbewegung, denn die<br />
Idee fand rasch Nachahmung an<br />
verschiedenen Orten und führte zur<br />
Gründung von ersten Turnvereinen.<br />
Die Turnbewegung hat sich zu einer<br />
überregionalen und nationalen Körperkultur<br />
entwickelt und war auch<br />
von politischen Zusammenhängen<br />
beeinflusst. Die Vielseitigkeit an Bewegungserfahrungen,<br />
der Zusammenhang<br />
von körperlicher Ertüchtigung<br />
und geistiger Bildung sowie<br />
das Erlebnis in der Gemeinschaft<br />
sind von Beginn an und bis heute die<br />
Kernelemente der Turnbewegung.<br />
Mit der Errichtung des öffentlichen<br />
Turnplatzes wurde auch der Grundstein<br />
für die zentralen Elemente<br />
unseres bis heute in Deutschland<br />
bestehenden Sportsystems gelegt.<br />
Insofern lässt sich die Berliner Hasenheide<br />
von 1811 nicht nur als<br />
Geburtsstunde der Turnbewegung,<br />
sondern auch als „Wiege des Vereinssports“<br />
bezeichnen (siehe DOSB-<br />
Pressedienst vom 15.02.<strong>2011</strong>). Die<br />
damaligen Prinzipien der Freiwilligkeit,<br />
der Selbstorganisation und Solidarfinanzierung<br />
des Sporttreibens<br />
ohne soziale Schranken kennzeichnen<br />
auch heute noch unser Vereinswesen.<br />
Was 1811 als gesellschaftspolitisch<br />
revolutionär galt, ist heute<br />
selbstverständlicher Bestandteil bürgerschaftlichen<br />
Engagements.<br />
Seite 6 / TTZ<br />
Darauf hat auch Bundestagspräsident<br />
Prof. Dr. Norbert Lammert<br />
in seiner Festrede beim Deutschen<br />
Turntag <strong>2011</strong> Anfang Februar in<br />
Frankfurt am Main hingewiesen.<br />
In seiner ausführlichen Betrachtung<br />
der Turngeschichte stellte er<br />
das bürgerschaftliche Engagement,<br />
den Einsatz für die Gemeinschaft,<br />
als zentrales und durchgängiges<br />
Element der Turnbewegung heraus.<br />
Er wies darauf hin, dass der Sport<br />
in Deutschland als bürgerschaftliche<br />
Initiative heute vier- bis fünf Mal<br />
so viele Menschen bewegt wie alle<br />
politischen Parteien zusammen. In<br />
seinem Vortrag setzte er sich aber<br />
auch kritisch mit aktuellen Entwicklungen<br />
des Sports wie der zunehmenden<br />
Kommerzialisierung<br />
und der gleichzeitigen Reduzierung<br />
von Sport als ein reines Medienereignis<br />
auseinander. Er plädierte dafür,<br />
die größte Errungenschaft der Turn-<br />
und Sportbewegung mehr in den Fokus<br />
der Betrachtung zu rücken, die<br />
einmalige und herausragende Funktion<br />
der sozialen Integration. So formulierte<br />
er seinen Wunsch an die<br />
Turnbewegung mit ihrer 200-jährigen<br />
Geschichte, sich auch weiterhin<br />
für die körperliche und geistige Ertüchtigung<br />
der Menschen einzusetzen<br />
und dabei den Schwerpunkt auf<br />
das Gemeinschaftserlebnis, auf die<br />
Verantwortung für das Ganze, für<br />
die soziale Gemeinschaft zu setzen.<br />
Mit genau dieser Intention wollen<br />
wir das Jubiläumsjahr begehen. Wir<br />
wollen den Blick der öffentlichen<br />
Wahrnehmung auf die Leistung der<br />
Turnbewegung für die heutige Gesellschaft<br />
lenken. Wir wollen aufmerksam<br />
machen auf die Bedeutung<br />
des Kinderturnens im Verein als<br />
vielseitige Grundlagenausbildung<br />
im Sport und unverzichtbarer Beitrag<br />
für eine gesunde körperliche<br />
und geistige Entwicklung unserer<br />
Kinder. Und wir wollen beispielsweise<br />
aufmerksam machen auf Turnen<br />
und Gymnastik als Gesundheitssport<br />
für alle Altersgruppen (GYM-<br />
WELT), mit dem die Turnvereine<br />
und -abteilungen heute einen erheblichen<br />
Beitrag zur Gesundheitsförderung<br />
bzw. zur Vermeidung<br />
von Krankheiten durch Prävention<br />
leisten und damit dazu beitragen,<br />
Kosten im Gesundheitswesen einzu-<br />
sparen. Die gesellschaftlichen Leistungen<br />
der Turnbewegung und des<br />
Sports stehen in unserer Zeit leider<br />
viel zu wenig im Mittelpunkt des öffentlichen<br />
Interesses. Wenn in Politik<br />
und Öffentlichkeit von Sport die<br />
Rede ist, wird damit meist der heutige<br />
„Mediensport“ in Verbindung gebracht,<br />
die sozialen Leistungen des<br />
Alltagssports finden weniger Gehör.<br />
Dazu passt eine aktuelle Mitteilung<br />
der Bundesregierung von Mitte Februar<br />
<strong>2011</strong>, die ein Gesetz zur Privilegierung<br />
von Kinderlärm, der von<br />
Kindertagesstätten und Kinderspielplätzen<br />
ausgeht, beschlossen hat.<br />
Eigentlich eine positive Meldung. Im<br />
Umkehrschluss jedoch bedeutet dies,<br />
dass die bisherige gesetzliche Regelung<br />
Geräusche spielender Kinder<br />
mit Industrie- oder Verkehrslärm<br />
gleichsetzt. Diese Rechtslage führte<br />
häufig zu lärmrechtlichen Auseinandersetzungen<br />
und erfolgreichen<br />
Klagen gegen Turn- und Sportvereine,<br />
Kindergärten und Spielplätze in<br />
Wohngebieten. Gesellschaftlich ein<br />
Skandal, oder? Man stelle sich vor,<br />
das Bundesimmissionsgesetz hätte<br />
es schon 1811 gegeben. Die Errichtung<br />
des öffentlichen Turnplatzes<br />
Hasenheide wäre wohl gescheitert<br />
und wir hätten jetzt kein Jubiläum.<br />
Zentrale Höhepunkte<br />
im Jubiläumsjahr<br />
<strong>2011</strong><br />
Das Jubiläumsjahr startet mit den<br />
Turn-Europameisterschaften vom<br />
4. bis 10. April in Berlin. Die Turn-<br />
EM in der Berliner Max-Schmeling-<br />
Halle bietet den angemessenen Rahmen<br />
für die öffentliche Wahrnehmung<br />
dieses Jubiläums.<br />
www.turn-em<strong>2011</strong>.de<br />
Die Ausstellung „In Bewegung –<br />
200 Jahre Turnen“, die das Deutsche<br />
Sport & Olympiamuseum Köln erstellt<br />
hat, wird bei der Turn-EM <strong>2011</strong><br />
Berlin erstmals zu sehen sein. Alle<br />
Interessierten können diese Ausstellung<br />
auch bei den zahlreichen dezentralen<br />
Jubiläums-Veranstaltungen<br />
in einzelnen Landesturnverbänden<br />
besuchen. Die genauen Termine finden<br />
Sie auf der Jubiläums-Website.