PSYCHIATRIE LUXEMBURG Planungsstudie 2005 - Santé
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Planung der psychiatrischen Versorgung des Grossherzogtums Luxemburg Seite 24<br />
Der Blick auf die Entwicklung psychiatrischer Epidemiologie verdeutlicht, dass es sich um ei-<br />
ne junge Disziplin handelt, deren Terminologie noch nicht konsolidiert ist. Laufend werden<br />
neue Diagnosen entwickelt, die auf unterschiedlichen Konzepten von Krankheiten beruhen.<br />
Da sich die psychiatrische Diagnostik in Entwicklung befindet, kommen sehr viele verschie-<br />
dene Erhebungsinstrumente zur Anwendung. Diese können zum Teil die grossen Unter-<br />
schiede in den empirischen Ergebnissen, z.B. den Inzidenz- und Prävalenzraten, erklären.<br />
Die epidemiologischen Daten sind zudem häufig lückenhaft und weisen je nach Land grosse<br />
Unterschiede auf. Dies und die hohen Spannbreiten der in unterschiedlichen Studien ausge-<br />
wiesenen Raten sind eines der Grundprobleme psychiatrischer Epidemiologie. Dies er-<br />
schwert Vergleiche und eine darauf aufbauende Versorgungsplanung. Der Abgleich der Da-<br />
ten zur stationären und zur ambulanten Versorgung, gemäss Bedarfs-, Angebots- und Nut-<br />
zungsdaten, sind aufgrund der lückenhaften Dokumentierung schwer möglich. Auf der Ange-<br />
botsseite fehlen zudem oftmals detaillierte und aktuelle Informationen aller Leistungserbrin-<br />
ger. Um schlussendlich die Veränderungen des Versorgungssystems zu evaluieren und die<br />
entsprechenden Konsequenzen zu formulieren, reichen die statistischen Grössen oftmals<br />
nicht aus (ebd.).<br />
1.6.2.1 Inzidenz und Prävalenz psychischer Störungen<br />
Etwa die Hälfte der Menschen sind ein- oder mehrmals im Verlauf ihres Lebens von ernsthaf-<br />
ten psychischen Störungen betroffen, d.h. von solchen Störungen, die international aner-<br />
kannte Diagnosekriterien erfüllen und eine Behandlung erfordern. Dazu gehören die als<br />
schwer behandelbar bekannten Schizophrenien und Psychosen, daneben affektive Störun-<br />
gen, Angst- und Substanzstörungen bis hin zu Störungsbildern wie z.B. Ess-, Sexual- und<br />
Persönlichkeitsstörungen (Ajdacic & Graf, 2003).<br />
Die psychischen Störungen sind dabei sehr heterogen und verteilen sich über ein breites<br />
Spektrum von Symptomen und Verlaufsformen. Obwohl z.B. die Schizophrenien mit einer<br />
Lebenszeitprävalenz von 0.5 – 1% eher selten sind, verdienen sie aufgrund ihres Schwere-<br />
grades besondere Beachtung. Es sind aber v.a. die affektiven Störungen, die Angst- und<br />
Substanzstörungen, die mit einer Lebenszeitprävalenz bis zu 25% die häufigsten psychi-<br />
schen Störungen darstellen. Trotz des breiten Spektrums an Schweregraden stellen sich bei<br />
diesen Erkrankungen bereits bei leichteren Formen Beeinträchtigungen ein. Sie treten zudem<br />
mit einem hohen Anteil von Komorbidität auf (oft verbunden mit Substanzstörungen). Komor-<br />
bide Störungen sind in nahezu 90% der Fälle schwere Störungen, die mit massiven Beein-<br />
trächtigungen einhergehen (ebd.). Es ist dabei nicht nur mit einer schlechteren Prognose<br />
(Schweregrad, Wahrscheinlichkeit der Chronifizierung, Suizidalität), sondern auch mit einem<br />
erhöhten Behandlungsbedarf (häufigere Inanspruchnahme von medizinischen Dienstleistun-<br />
gen; erhöhter Medikamentenkonsum) wie auch mit höherem Beeinträchtigungsgrad zu rech-<br />
nen (Kessler, 1995).<br />
Gemäss dem neusten Weltgesundheitsbericht der WHO (WHO, 2001) leiden gegenwärtig 10<br />
– 20% der Menschen zu einem gegebenen Zeitpunkt an einer psychischen Erkrankung. Es<br />
wird dabei von einer 12-Monats-Prävalenz zwischen 20-30% ausgegangen. Eine Übersicht