breezy art ensemble - Martin-Luther-Viertel
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ßen Obrister und Commandant eines Regiments<br />
zu Fuß“ den Grundstein zum Kirchbau<br />
legen, wie es in alten Berichten heißt. Als die<br />
Mittel noch vor der Errichtung des Turmes<br />
erschöpft waren, stiftete der Landesherr anlässlich<br />
seiner Anwesenheit in Hamm 3.000<br />
Taler. Am ersten Sonntag nach Trinitas 1739<br />
konnte der jetzt „Kleine Kirche“ genannte Bau<br />
feierlich eingeweiht werden.<br />
Glücklichen Umständen verdanken wir die<br />
Kenntnis vom Baumeister. 1911 fand man bei<br />
Wiederherstellungsarbeiten im Turmknauf eine<br />
Bau-Urkunde, in der Johann Michel Moser aus<br />
Unna als Architekt und Kirchen-Maurer-Meister<br />
Caspar Nolle aus Lüdenscheid als Zimmermann<br />
und Christoph Dörendahl aus Hamm als<br />
Schreiner genannt wurden. Leider ist diese<br />
Urkunde im letzten Weltkrieg vernichtet worden.<br />
Johann Michel Moser kam aus dem Elsaß,<br />
wohnte mit seiner Familie in Unna und<br />
galt als oberster Baumeister in der Grafschaft<br />
Mark, wenngleich wohl ohne feste staatliche<br />
Anstellung. Ihm wird auch die evangelische<br />
Kirche in Solingen zugeschrieben (Thomas<br />
Spohn). In Hamm dürfte er als Entwurfsverfasser<br />
wie als Bauleiter – möglicherweise auch<br />
des Hauses Vorschulze – tätig gewesen sein.<br />
Von Christoph Dördendahl stammten auch die<br />
Kanzelaltäre in Rhynern und Berge.<br />
Für einen Bau der ersten Hälfte des 18. Jh.<br />
hält sich die Anlage ungewöhnlich streng an<br />
das aus dem Mittelalter überkommenen<br />
Schema: Eine dreischiffige Halle mit vier Jochen,<br />
an die sich im Ostteil ein polygonaler<br />
Chor (fünf Seiten eines Achtecks) anschließt,<br />
während im Westen ein Turm auf quadratischem<br />
Grundriss vorgelagert ist, durch dessen<br />
Erdgeschoss der Haupteingang in die Kirche<br />
führt. Dieser Turm ist durch Gesimse in drei<br />
Geschosse geteilt, deren Wände durch kräftige<br />
Pilaster gerahmt werden. Gekrönt wird er von<br />
einem zierlichen, zweigeschossigen Barockhelm<br />
– verwandt der nach dem großen Stadtbrand<br />
von 1741 dem Turm der Pauluskirche<br />
aufgesetzten Haube, die im zweiten Weltkrieg<br />
vernichtet wurde. Langhaus und Seitenschiff<br />
deckt ein hohes Dach, an dessen First die<br />
Dachpyramide über dem Chor ansetzt. Sandsteinsockel<br />
und Pilaster an den Ecken fassen<br />
die Wandflächen des auf rechteckigem Grundriss<br />
errichteten Hauptgebäudes ein – bis zur<br />
umfassenden Renovierung von 1912 war das<br />
Ziegelmauerwerk der Wandflächen sichtbar.<br />
Vier hohe schmale „gotisierende“ Fenster,<br />
deren Maßwerk ihr Vorbild in den Chorfenstern<br />
der Pauluskirche hat, unterteilen die Längswände<br />
des Langhauses. Das schlichte Innere<br />
der Kirche wird von einem hölzernen Kreuzrippengewölbe<br />
gedeckt, das ebenso wie die hölzernen<br />
Pfeiler verputzt ist. An den Wänden<br />
setzen die Gewölbe auf einfachen Pilastern mit<br />
schlichten Kapitellen auf.<br />
Eine umfassende, stark dem Stil der Zeit verpflichtete<br />
Renovierung im Jahr 1912 war Anlass<br />
zur Neubenennung beider evangelischer<br />
Kirchen. Dabei sind an der dem Turm zugehrten<br />
Wand und in den Seitenschiffen Emporen<br />
mit Brüstungen vor den Säulen eingebaut worden,<br />
was den Raumeindruck beeinträchtigt.<br />
Der untere Bereich des Chores ist durch eine<br />
Holzwand abgetrennt, aus deren Mitte erhöht<br />
die Kanzel heraustritt. In Verbindung mit dem<br />
unter ihr angeordneten einfachen Altar und der<br />
hölzernen Trennwand sind das für die einzigen<br />
Ausstattungsstücke des sonst schlichten Innenraumes.<br />
Der mächtige Schalldeckel über<br />
der Kanzel, der sich mit den vier Voluten wie<br />
eine Krone zu einer Weltkugel mit Kreuz formt,<br />
mag an die einst enge Verbindung von Thron<br />
und Altar erinnern.<br />
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