Ausgabe Nr. 25 / November 2009, Thema: Die Schweiz - KonNet e.V.
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ein sehr attraktives Angebot und so zog<br />
ich Anfang 2000 in die <strong>Schweiz</strong>.<br />
Mein Umzug fand noch vor Inkrafttreten<br />
der Bilateralen Verträge zwischen der EU<br />
und der <strong>Schweiz</strong> statt. Ich hatte bei der<br />
Beantragung der Aufenthalts- und<br />
Arbeitsbewilligung Glück, weil ich von<br />
einem Großunternehmen angestellt wurde,<br />
welches in einigen Geschäftsbereichen<br />
einen recht hohen Anteil ausländischer<br />
Arbeitnehmer hat und diese bei der Beschaffung<br />
der behördlichen Genehmigungen<br />
wirksam unterstützt. Dadurch wurden<br />
die bürokratischen Prozeduren sehr vereinfacht.<br />
Im privaten Bereich blieben mir<br />
diese allerdings nicht erspart. Eher ungern<br />
erinnere ich mich zum Beispiel an die<br />
äußerst penible (und teure) Prüfung meines<br />
überaus exotischen Autos (Golf!)<br />
durch das Berner Straßenverkehrsamt bevor<br />
es für würdig befunden wurde, ein<br />
<strong>Schweiz</strong>er Nummernschild zu erhalten.<br />
Neue Aufgabenstellungen<br />
Mein Arbeitgeber Swisscom (<strong>Schweiz</strong>)<br />
AG ist mit ca. 20.000 Mitarbeitern das<br />
größte Telekommunikationsunternehmen<br />
hierzulande. Ehemals Monopolist im<br />
Telekommunikationsgeschäft steht es seit<br />
gut zehn Jahren im Wettbewerb, der allerdings<br />
weniger scharf ist als in Deutschland.<br />
Da viele <strong>Schweiz</strong>er Kunden nicht<br />
nur auf den Preis achten, sondern auch<br />
z.B. die Servicequalität eines Anbieters<br />
eine wichtige Rolle spielt, hat die Swisscom<br />
bislang einen relativ hohen Marktanteil<br />
halten können. Der technische Fortschritt<br />
und der Kostensenkungsdruck fordern<br />
jedoch permanente Anpassungen<br />
welche sich in mehrfachen Reorganisationen<br />
der Firma widergespiegelt haben. <strong>Die</strong><br />
heutige Firmenstruktur ist nach Kundensegmenten<br />
ausgerichtet (Privatkunden,<br />
kleine/mittlere und Großunternehmen)<br />
mit einem zentralen IT-Bereich, welcher<br />
für die drei anderen Bereiche <strong>Die</strong>nstleistungen<br />
erbringt.<br />
Ich arbeite dort als „Business Engineer“<br />
in einem für die Customer Relationship<br />
Management-Systeme verantwortlichen<br />
Team. Mein inhaltliches Aufgabengebiet<br />
ist die zentrale Swisscom-Kundendatenbank,<br />
in der Kunden- und Adressdaten<br />
verwaltet werden sowie das sog. Kundenbild.<br />
Dabei handelt es sich um eine Über-<br />
sicht der aktuellen Verträge und <strong>Die</strong>nstleistungen<br />
des Kunden, die Dokumentation<br />
der unterschiedlichsten Kontakte (telefonisch,<br />
per E-Mail, schriftlich) sowie<br />
weitere Sichten, z.B. Rechnungs- und<br />
Finanzinformationen. Ziel ist es, den unterschiedlichen<br />
Benutzern mit direktem<br />
Kundenkontakt (z.B. Call Center-Agenten<br />
und Shop-Mitarbeiter) diejenigen Informationen<br />
zur Verfügung zu stellen,<br />
welche sie für die Beratungsgespräche und<br />
zur Auftragsabwicklung benötigen. Auch<br />
verschiedene Reporting- und Planungssysteme<br />
erhalten Daten, dasselbe gilt für das<br />
automatische Sprachdialogsystem, welches<br />
die Weiterleitung der Anrufe an die<br />
zuständigen Kundenberater abwickelt.<br />
Meine Tätigkeit ist Projektarbeit mit – in<br />
einem Großunternehmen nicht überraschend<br />
– ganz unterschiedlichen Aufgabenstellungen<br />
und Auftraggebern. Ich betreue<br />
kleinere Projekte allein von den ersten<br />
Abklärungen bis zur Inbetriebnahme<br />
und bin auch für die Planung der<br />
Entwicklungsressourcen und die finanzielle<br />
Abwicklung mitverantwortlich. Gute<br />
Kenntnisse der Geschäftsabläufe einerseits<br />
und der IT-technischen Grundlagen sind<br />
wichtig, da regelmäßig sowohl mit den<br />
Business-Vertretern als auch mit Software-Entwicklern<br />
verhandelt werden<br />
muss. Während früher IT-Systeme oft als<br />
Eigenentwicklungen realisiert wurden<br />
wird heute in möglichst vielen Bereichen<br />
Standardsoftware (z.B. SAP oder Siebel)<br />
eingesetzt. <strong>Die</strong> Anpassung der Funktionalitäten<br />
an die spezifischen Bedürfnisse<br />
im Unternehmen sowie die Integration<br />
in die vorhandene Systemlandschaft sind<br />
jedoch nach wie vor sehr aufwändig. Derzeit<br />
steht die IT-technische Umsetzung der<br />
Anfang 2008 vollzogenen Reorganisation<br />
im Mittelpunkt der Arbeit.<br />
Persönliche Eindrücke<br />
Zuletzt noch ein paar allgemeine Sätze<br />
über meine persönlichen Erfahrungen in<br />
der <strong>Schweiz</strong>. Lebensqualität und Freizeitangebot<br />
sind bekanntermaßen auf hohem<br />
Niveau. Als Deutscher muss man sich<br />
damit abfinden, dass man als Ausländer<br />
erkannt wird solange man die Landessprache<br />
(d.h. in meinem Fall „Bärndütsch“)<br />
nicht spricht. Wenn man den auch für<br />
Süddeutsche gewöhnungsbedürftigen Dia-<br />
<strong>Thema</strong><br />
lekt aber wenigstens versteht und sich der<br />
<strong>Schweiz</strong>er Mentalität ein wenig anpasst<br />
kommt man gut zurecht. Ich habe jedenfalls<br />
in den vergangenen Jahren keine<br />
nennenswerten Probleme erlebt (diskriminierende<br />
Sprüche im Büro gab es nur<br />
während Fußball-Welt- und –Europameisterschaften...).<br />
Gemeinsame Interessen<br />
über die Arbeit hinaus erleichtern die Integration,<br />
besonders sportliche Aktivitäten<br />
sind sehr gut geeignet.<br />
Martin Albrecht<br />
1990-1996 Studium der Biologie und<br />
Verwaltungswissenschaft (Universität<br />
Konstanz)<br />
1996-2000 IDS Scheer AG, Saarbrücken<br />
(Consulting)<br />
Seit 2000 Swisscom (<strong>Schweiz</strong>) AG, Bern<br />
(Business Engineer / Customer Relationship<br />
Management)<br />
2002-2005 Weiterbildung am International<br />
Institute of Management in<br />
Technology (iimt) der Universität Freiburg<br />
(<strong>Schweiz</strong>)<br />
KonText <strong>25</strong> I <strong>November</strong> <strong>2009</strong> 11