23.01.2013 Aufrufe

Ausgabe Nr. 25 / November 2009, Thema: Die Schweiz - KonNet e.V.

Ausgabe Nr. 25 / November 2009, Thema: Die Schweiz - KonNet e.V.

Ausgabe Nr. 25 / November 2009, Thema: Die Schweiz - KonNet e.V.

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Wissenschaft und Forschung im Gespräch<br />

Vereine: ohne freiwilliges Engagement geht nichts – mit Engagement geht alles<br />

Das Projekt „Im Gespräch“ informiert<br />

über Wissenschafts- und Forschungsthemen<br />

der Universität Konstanz.<br />

Aktuell standen die Fragen „Wie wichtig<br />

ist freiwilliges Engagement für unsere Gesellschaft?<br />

Könnte sie auch ohne auskommen?“<br />

auf dem Programm. „Im Gespräch“<br />

hat bei Professor Markus Freitag, Inhaber<br />

des Lehrstuhls für Vergleichende Politik<br />

im Fachbereich Politik- und Verwaltungswissenschaft,<br />

und Leiter des Forschungszentrums<br />

„Bürgerschaftliches<br />

Engagement und Sozialkapital“ nachgefragt.<br />

Herr Professor Freitag, viele Vereine<br />

klagen, es gebe zu wenig Menschen, die<br />

bereit sind, sich bei ihnen zu engagieren.<br />

Können Sie eine solche Aussage mit<br />

Ihren Forschungsergebnissen untermauern?<br />

Ich denke, man muss unterscheiden.<br />

Glaubt man den Informationen von<br />

Vereinsseite, so gibt es sicherlich insgesamt<br />

gesehen eine Tendenz, dass sich<br />

immer weniger Menschen in verantwortungsvolle<br />

Vereinsämter wählen lassen,<br />

also ehrenamtlich tätig sind. Mit Blick auf<br />

die Zahlen der rein aktiven Vereinsmitglieder<br />

können wir aber keine generelle<br />

Abnahme erkennen: Von 1970 bis heute<br />

hat es keine markanten Einbrüche gegeben.<br />

Es gibt aber Schwankungsgrade hinsichtlich<br />

der Mitgliederzahlen in den unterschiedlichen<br />

Bereichen. So verlieren<br />

die Gewerkschaften eher, einzelne Sportvereine<br />

dagegen gewinnen. Insgesamt<br />

gesehen sind in Deutschland je nach<br />

Umfrage aber zwischen 40 und bis 50 Prozent<br />

der Menschen aktive Vereinsmitglieder.<br />

Können Sie erklären, warum es für Vereine<br />

trotzdem so schwierig ist, Leute zu<br />

finden, die sich in verantwortungsvolle<br />

Ämter wählen lassen wollen?<br />

Wir haben leider nicht genügend zuverlässige<br />

Informationen, um diese Frage<br />

ausreichend zu beantworten. Generell bemängeln<br />

die in Frage kommenden Kandidaten<br />

für derlei Tätigkeiten aber die<br />

nicht vorhandene Zeit angesichts der Eingebundenheit<br />

in Familie und Beruf. Das<br />

sieht man auch daran, dass Frauen in solchen<br />

Ämtern weniger zu finden sind.<br />

Generell ist es so, dass die Menschen derzeit<br />

eher im informellen freiwilligen Bereich<br />

tätig und flexibler handhabbare<br />

Möglichkeiten des Engagements suchen,<br />

was vielleicht dem Zeitgeist geschuldet ist.<br />

Was bringt die Menschen überhaupt<br />

dazu, sich in Vereinen zu engagieren?<br />

<strong>Die</strong> Beweggründe des Vereinsengagements<br />

werden in Deutschland erst seit<br />

zehn bis 15 Jahren systematisch mit fundierten<br />

Daten erforscht. Helfen wollen,<br />

miteinander etwas bewegen und der Spaß<br />

an der Tätigkeit – diese Gründe werden<br />

immer wieder genannt.<br />

Gibt es, was das Engagement in Vereinen<br />

anbelangt, einen Unterschied zwischen<br />

Stadt und Land?<br />

Ja. Auf dem Land ist es wichtiger, dass<br />

man im Verein tätig ist, ein Ehrenamt<br />

übernimmt oder auch beispielsweise mal<br />

einen Kuchen backt, wenn der Fußballoder<br />

Tennisclub ein Jubiläum zu feiern<br />

hat. <strong>Die</strong> soziale Kontrolle ist auf dem Land<br />

größer, und Bürgermeister sowie Gemeinderäte<br />

müssen in Vereinen aktiv sein, weil<br />

diese zu ihrer Wählerbasis gehören. In der<br />

Stadt engagieren sich die Menschen weniger<br />

in Vereinen. Dort gibt es ein größeres<br />

Angebot an alternativer und individuell<br />

zu gestaltender Freizeit, zudem ist alles<br />

anonymer.<br />

Universität<br />

Sie haben das Forschungszentrum<br />

„Bürgerschaftliches Engagement und<br />

Sozialkapital“ im Rahmen der<br />

Exzellenzinitiative mit der Unterstützung<br />

der <strong>Schweiz</strong>erischen Gemeinnützigen<br />

Gesellschaft gegründet. Was genau<br />

erforschen Sie?<br />

Das Forschungszentrum „Bürgerschaftliches<br />

Engagement und Sozialkapital“ beschäftigt<br />

sich mit dem Bestand, den Ursprüngen<br />

und den Konsequenzen des<br />

Sozialkapitals. Konkret sollen die Rollen<br />

und Bezüge verschiedener Sozialkapitalformen<br />

wie etwa Vertrauen, freiwilliges<br />

Engagement und Vereinsaktivität auf den<br />

Feldern Demokratie, Sozialstaat, Religion<br />

und kultureller Vielfalt moderner Gesellschaften<br />

erforscht werden.<br />

<strong>Die</strong> <strong>Schweiz</strong>erische Gemeinnützige<br />

Gesellschaft (SGG) wurde 1810 mit dem<br />

allgemeinen Ziel gegründet, gemeinnützige<br />

Aktivitäten und Wohltätigkeit in der<br />

<strong>Schweiz</strong> zu fördern, sowohl in geistiger<br />

wie in materieller Hinsicht. 1860<br />

schenkte die SGG der Eidgenossenschaft<br />

die Rütliwiese und ist seither<br />

deren Verwalterin mit einer eigenen<br />

Rütlikommission. <strong>Die</strong> Rütliwiese liegt<br />

am südlichen Teil des Vierwaldstättersee<br />

(Kanton Uri). Sie gilt als die Geburtsstätte<br />

der schweizerischen Eidgenossenschaft.<br />

Am 1. August 1291 schworen laut Sage<br />

die drei Abgesandten der Urkantone Uri<br />

(Walter Fürst), Schwyz (Werner<br />

Stauffacher) und Unterwalden (Arnold<br />

von Melchtal) den ewigen Bund der<br />

Waldstätte.<br />

In Ihrer Forschungsarbeit spielt die<br />

<strong>Schweiz</strong> eine große Rolle…<br />

Seit geraumer Zeit werden meine Projektvorhaben<br />

von der <strong>Schweiz</strong>erischen Gemeinnützigen<br />

Gesellschaft unterstützt, die<br />

natürlich auch ein Interesse an der Erforschung<br />

des eidgenössischen Gemeinwohlgedankens<br />

hat. Vor drei Jahren wurde in<br />

diesem Rahmen der erste <strong>Schweiz</strong>er Freiwilligen-Monitor<br />

durchgeführt. Dabei<br />

KonText <strong>25</strong> I <strong>November</strong> <strong>2009</strong> 39

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!