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Ausgabe Nr. 25 / November 2009, Thema: Die Schweiz - KonNet e.V.

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<strong>Thema</strong><br />

Brigitte Späth<br />

Eine etwas andere Erfolgsgeschichte<br />

Eben erhielt ich einen Anruf einer<br />

<strong>Schweiz</strong>er Institution für Entwicklungszusammenarbeit<br />

(EZ), die anfragte, ob<br />

ich ein Hintergrundspapier zur<br />

Wirkungsmessung formulieren und einen<br />

Vortrag vorbereiten könne. Das<br />

passt gut. Eine begleitende Beratung<br />

(Coaching) lief gerade aus und ich habe<br />

noch Kapazitäten frei. Beides umreisst<br />

meine heutigen Arbeitsfelder.<br />

Ende 1998 verliess ich die Deutsche Gesellschaft<br />

für Technische Zusammenarbeit<br />

(GTZ) in Eschborn, wo ich fast fünf Jahre<br />

als Expertin für Privatwirtschaftsentwicklung<br />

tätig war. Ich kehrte nach<br />

Kreuzlingen zurück, um mit meinem<br />

langjährigen Partner endlich wieder den<br />

Alltag teilen zu können. Ich machte mich<br />

als Gutachterin, Moderatorin und Trainerin<br />

in der EZ selbständig. Der Anfang war<br />

harzig. So platzten mehrere in Aussicht<br />

gestellte Aufträge.<br />

Bereits während meines Studiums und als<br />

wissenschaftliche Mitarbeiterin an der<br />

Universität Konstanz sowie als<br />

Programmassistentin bei der Internationalen<br />

Arbeitsorganisation (ILO) in Genf<br />

verbrachte ich mehr als zehn Jahre in der<br />

<strong>Schweiz</strong>. Jedoch war dies ein Leben in der<br />

Exklave ohne grössere (Arbeits-)Kontakte<br />

zu <strong>Schweiz</strong>er/-innen.<br />

Konfrontativ versus konsensuell<br />

Entsprechend musste ich erstmal mein<br />

Lehrgeld in der <strong>Schweiz</strong>er Arbeitwelt bezahlen,<br />

etwa beim Umgang mit Kritik<br />

bzw. Konflikten. <strong>Die</strong> Deutschen irritieren<br />

durch ihre „Kritiksucht“ und mit ihrer<br />

konfrontativen Art. <strong>Die</strong> <strong>Schweiz</strong>er/-innen<br />

pflegen eher einen konsensuellen Stil, ja<br />

sind vielleicht sogar konfliktscheu. Insgesamt<br />

wurde ich jedoch im Kreis der<br />

<strong>Schweiz</strong>er EZ sehr herzlich aufgenommen.<br />

Nach zwei Jahren hatte ich mich bestens<br />

etabliert. In der ersten Jahreshälfte 2001<br />

war ich für die <strong>Schweiz</strong>er EZ (DEZA) in<br />

Bosnien und Herzegowina, für die deutsche<br />

EZ (BMZ) in der Mongolei und für<br />

die Wirtschafts- und Sozialkommission<br />

für Asien und Pazifik (UN ESCAP) in<br />

Thailand. Gerade als ich erneute Einsätze<br />

mit der DEZA in Russland und<br />

Kirgistan vereinbart hatte, kam der Unfall.<br />

Am Pfingstsamstag 2001 stürzte ich<br />

bei Gartenarbeiten in unsere Garageneinfahrt.<br />

Seither bin ich von der Hüfte abwärts<br />

querschnittsgelähmt.<br />

Und alles ist anders<br />

Nach neun Monaten in einer Akut- und<br />

Rehaklinik kehrte ich in unser inzwischen<br />

rollstuhlgerecht angepasstes Haus zurück.<br />

Nun hieß es für mich, mit der neuen Situation<br />

zurecht zu kommen. Bald war mir<br />

bewusst, dass ich mit meinen Mobilitätseinschränkungen<br />

geradezu eine Antithese<br />

zum Berufsbild der internationalen Expertin<br />

darstellte. <strong>Die</strong> Bedeutung des Worts<br />

‚invalide‘ wurde mit bald grausam<br />

bewusst. Als ich das erste Mal im Rollstuhl<br />

an einer Fachveranstaltung teilnahm,<br />

kam ein Auftraggeber auf mich zu<br />

und fragte: „Werden Sie denn immer auf<br />

einen Rollstuhl angewiesen sein? Wenn<br />

ja, dann kann ich ja Ihren Lebenslauf löschen.“<br />

Glücklicherweise gibt es auch andere. Ich<br />

habe Anteilnahme und Solidarität aus der<br />

gesamten Welt erfahren. Viele schätzen<br />

meine Fachlichkeit und geben mir Arbeiten,<br />

die ich von zuhause aus machen kann.<br />

Dank neuer Informations- und Kommunikationstechnologie<br />

kommt es heute<br />

kaum noch darauf an, ob ich für jemanden<br />

in Peking oder in Bern arbeite. Das<br />

Reisen ist schwieriger, aber nicht unmöglich<br />

geworden. Zwar war ich nicht mehr<br />

bei einem Projekt vor Ort. Dafür nahm<br />

ich an verschiedenen Tagungen und Workshops<br />

in Bern, Berlin, Bonn, Genf und<br />

Kopenhagen teil. Heute hängt meine Teilnahme<br />

davon ab, ob es einen barrierefreien<br />

Zugang zu den Veranstaltungsräumlichkeiten,<br />

entsprechende Toiletten und vielleicht<br />

noch eine rollstuhlgerechte Unterkunft<br />

gibt. <strong>Die</strong>s ist leider nicht immer der<br />

Fall. Auch stosse ich immer wieder an körperliche<br />

Grenzen.<br />

Neue Schwerpunkte und Erfolge<br />

Zwischenzeitlich bin ich ausgewiesene<br />

Expertin für die Erfassung der Wirkungen<br />

der EZ sowie für einige weitere Themen,<br />

wie Gender und Öko- und Sozialstandards.<br />

Zudem habe ich mich in<br />

systemischer Kurzzeitberatung zum<br />

Coach fortgebildet. Neben meinem Willen<br />

ins Berufsleben zurückzukehren und<br />

der Unterstützung meines Mannes halfen<br />

mir meine Ausbildung und mein berufliches<br />

Netzwerk beim Wiedereinstieg. Zu<br />

meinen grössten Erfolgen der letzten Jahre<br />

08 KonText <strong>25</strong> I <strong>November</strong> <strong>2009</strong>

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