Ausgabe Nr. 25 / November 2009, Thema: Die Schweiz - KonNet e.V.
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<strong>Thema</strong><br />
Anna Kalbhenn<br />
Interdisziplinarität an der ETH: gewöhnungsbedürftig und gewinnbringend<br />
Nach meinem Studium in Konstanz<br />
beschloss ich, noch eine Weile dem Unileben<br />
treu zu bleiben und nahm eine<br />
Doktorandenstelle an der ETH Zürich<br />
an. Damit folge ich inzwischen schon<br />
einer guten alten Tradition – allein bei<br />
uns am Lehrstuhl sind derzeit ein Viertel<br />
der Doktoranden und Post-Docs ehemalige<br />
Konstanzer. <strong>Die</strong>s mag allerdings<br />
auch daran liegen, dass die ETH<br />
Zürich erst seit kurzem Politologen ausbildet.<br />
Im Gegensatz zur Uni Konstanz, wo doch<br />
die meisten Unimitglieder wissen, was ein<br />
„Verwalter“ ist, oder zumindest einen kennen,<br />
erwidern ETHler oft erstaunt „ach,<br />
haben wir auch Politologen?“ <strong>Die</strong>s ist gerade<br />
an einer technischen Hochschule<br />
natürlich eine durchaus berechtigte Frage.<br />
Eine unserer Daseinsberechtigungen<br />
ist, dass die <strong>Schweiz</strong>er Armee ihre Berufsoffiziere<br />
an der MILAK, der Militärakademie<br />
an der ETH Zürich, ausbilden lässt.<br />
Teil dieser Ausbildung sind Vorlesungen<br />
in Politikwissenschaft. So durfte ich in<br />
meinem ersten Jahr in der <strong>Schweiz</strong> also<br />
als Deutsche die <strong>Schweiz</strong>er Militärelite<br />
ausbilden. Auch ich habe sicher viel gelernt<br />
in dieser Zeit, obwohl ich fürchte,<br />
das politische System der <strong>Schweiz</strong> noch<br />
immer nicht richtig zu verstehen...<br />
An der ETH und speziell an unserem<br />
Lehrstuhl, schätze ich die Interdisziplinarität,<br />
die zwar anfangs etwas<br />
gewöhnungsbedürftig ist, die ich aber<br />
langfristig als sehr gewinnbringend empfinde.<br />
So können wir beispielsweise<br />
Forschungsprojekte durchführen, die viel<br />
höhere Anforderungen an technische Fähigkeiten<br />
stellen, als die meisten von uns<br />
sie aus dem Studium der Politik- oder<br />
Verwaltungswissenschaften mitbringen,<br />
weil wir entsprechende Spezialisten in der<br />
Gruppe haben. Neben hervorragenden<br />
Arbeitsbedingungen, bietet die ETH beispielsweise<br />
mit dem Akademischen Sportverband<br />
Zürich, der mindestens ebenso<br />
viele Sportarten anbietet, wie der<br />
Konstanzer Hochschulsport, oder Konzerten<br />
des Alumni Orchesters, auch ein interessantes<br />
Freizeitangebot. Durch die<br />
Aufteilung auf mehrere Standorte vermisse<br />
ich manchmal das Campus-Leben, dafür<br />
befinden sich unsere Büros und Vorlesungsräume<br />
mitten in der Innenstadt.<br />
Studentenleben und doch arbeiten<br />
Neben dem Wunsch, das, was ich im Studium<br />
in Konstanz gelernt habe, auch in<br />
der täglichen Arbeit anwenden zu können,<br />
war einer meiner Beweggründe, an gut<br />
vier Jahre Studium noch ein Doktorat zu<br />
hängen, die Möglichkeit zu haben, noch<br />
ein bisschen weiterzulernen - frei von<br />
irgendwelchen Prüfungsordnungsanforderungen<br />
– und ein bisschen länger das<br />
studentisch freie Leben genießen zu können,<br />
aber eben doch zu arbeiten.<br />
Vieles davon hat sich erfüllt, so durfte ich<br />
beispielsweise gleich zwei Wochen nach<br />
Stellenantritt für 8 Wochen in die USA<br />
fliegen, um dort an einer summer school<br />
an der University of Michigan teilzunehmen,<br />
im Jahr darauf an einer weiteren an<br />
der UCLA und letztes Jahr habe ich ein<br />
Doktorandenprogramm für Ökonomen<br />
der Stiftung der <strong>Schweiz</strong>er Nationalbank<br />
absolviert. <strong>Die</strong>se Abwechslung kommt<br />
meinem Bedürfnis, immer mal wieder ein<br />
bisschen Veränderung zu haben, sehr entgegen.<br />
Auf summer schools folgten Konferenzen<br />
in Chicago, San Francisco, Boston,<br />
Philadelphia, Genf und Stockholm<br />
und Anfang dieses Jahres durfte ich für<br />
einen kurzen Forschungsaufenthalt nach<br />
Essex.<br />
Gerade nach solchen Reisen freue ich<br />
mich aber auch immer wieder nach Zürich<br />
zurückzukehren.<br />
Zürich hat viel zu bieten<br />
Nicht umsonst ist laut einer Studie der Unternehmensberatung<br />
Mercer Zürich stets<br />
unter den Spitzenplätzen im Ranking der<br />
„lebenswertesten Stadt der Welt“ (aktuell<br />
hinter Wien auf Platz 2). Mir gefällt vor<br />
allem die Verbindung aus internationalem<br />
Flair, breitem Freizeitangebot - von alternativem<br />
Kino über Schauspielhaus und<br />
Oper bis hin zum legendären Monday<br />
Night Skate, für den jeden Montag im<br />
Sommer abends kurzzeitig der Straßenverkehr<br />
für hunderte von Inline-Skatern<br />
lahm gelegt wird - und kurzen Wegen,<br />
aktuell etwa drei Minuten zur Badi, fünf<br />
Minuten zum Bahnhof und 10 Minuten<br />
zum Flughafen. Und wenn das Wetter mal<br />
wieder viel zu schön ist, um in der Stadt<br />
zu bleiben, ist man nach einer dreiviertel<br />
Stunde Fahrt bereits in den Bergen. Es gilt<br />
also weiterhin: Studieren, wo andere Ferien<br />
machen.<br />
Anna Kalbhenn<br />
2001-2006 Studium Verwaltungswissenschaft<br />
Uni Konstanz,<br />
Schwerpunkt: Internationales<br />
seit 06/2006<br />
Research Assistant<br />
Center for Comparative and International<br />
Studies (CIS) - ETH Zürich<br />
06 KonText <strong>25</strong> I <strong>November</strong> <strong>2009</strong>