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Sonnabend/Sonntag, 9./10.Juli 2011<br />
Als Schüler<br />
bei Vorlesungen<br />
NEUBRANDENBURG. Ole Reinsdorf<br />
hat sein zehntes Schuljahr am<br />
Albert-Einstein-Gymnasium Neubrandenburg<br />
hinter sich. Zusätzlich<br />
kann er auch den Nachweis<br />
über das abgeschlossene Modul<br />
„Physikalische Grundlagen“ des<br />
Bachelor-Studienganges Geodäsie<br />
und Messtechnik an der Neubrandenburger<br />
Hochschule mit der Note<br />
„Gut“ vorzeigen.<br />
Nun will er in einer weiteren<br />
Prüfung beweisen, dass er in den<br />
Lehrveranstaltungen im˘ Fach Geophysik<br />
des Master-Studiengangs<br />
Geoinformatik und Geodäsie alles<br />
verstanden hat.<br />
Zur ersten Klausur in Physik<br />
meint Ole: „Es ging.“ Professor Werner<br />
Melle ist beeindruckt von Ole.<br />
„Das, was er bisher bei uns geleistet<br />
hat, geht weit über das Niveau<br />
eines Schülers dieser Klassenstufe<br />
hinaus. Das packt so mancher Student<br />
nicht.“<br />
Im Vergleich zur Schule, meint<br />
Ole, müsse er hier mehr mitschreiben<br />
und auf die Feinheiten im Vortrag<br />
des Dozenten achten. Die<br />
Anwendungen in der Praxis<br />
haben ihm gefallen. „Ich finde<br />
die Idee des Juniorstudiums<br />
gut, vor allem die<br />
Betreuung an der Hochschule“,<br />
sagt er. Ole hat<br />
noch lange nicht genug<br />
von<br />
VON RAINER SINOWZIK<br />
NEUBRANDENBURG. Seit dem 1. Juli<br />
diesen Jahres gibt es den Bundesfreiwilligendienst,<br />
kurz BFD. Einer,<br />
der ein Freiwilliges Soziales Jahr absolviert<br />
hat, ist Sven Westphal, Abiturient<br />
des Jahrgangs 2010 von<br />
der Integrierten Gesamtschule<br />
„Vier Tore“ in Neubrandenburg.<br />
„Nein“, sagt Sven Westphal, „geplant<br />
war das so nicht. Es hat sich<br />
einfach ergeben, dass ich das Freiwillige<br />
Soziale Jahr gewählt habe.“<br />
Anfangs habe er nur den Autoführerschein<br />
machen wollen. Doch dazu<br />
brauchte er den Nachweis über<br />
einen bestandenen Unfallhilfekurs.<br />
Die Schule bot zufällig einen<br />
kostenlosen Schulsanitätskurs an.<br />
Den habe er absolviert. Eine Freundin<br />
habe ihn auf die Möglichkeit<br />
eines Rettungsschwimmerkurses<br />
aufmerksam gemacht. Einmal<br />
motiviert, habe er auch den absolviert.<br />
Dabei sei er mit dem Arbeiter-Samariter-Bund<br />
in Berührung gekommen<br />
und habe begonnen, sich ehrenamtlich<br />
zu engagieren. „Irgendwie<br />
hat mir die Verbindung von Medizin<br />
und Hilfe für andere Menschen<br />
schon immer gefallen“, erzählt<br />
Sven Westphal. Über einen Beruf<br />
habe er aber nicht konkret<br />
nachgedacht. „In der 10. Klasse habe<br />
ich ein Praktikum in einer Apotheke<br />
absolviert. Da ist mir klar geworden,<br />
wie anspruchsvoll ein medizinischer<br />
Beruf sein kann. Irgendwie<br />
ist da auch der Gedanke gebo-<br />
der Physik und deren Anwendung.<br />
Gitte Zeipelt, Koordinatorin Hochschule-Schulen<br />
an der Hochschule,<br />
hat ihm dank einer Spende der Telekom-Stiftung<br />
ein dickes Bücherpaket<br />
im Wert von 180 Euro zum<br />
Physik-Selbststudium übergeben.<br />
Ole weiß, dass er sich die bisherigen<br />
Studienleistungen für sein zukünftiges<br />
Studium anrechnen lassen<br />
kann.<br />
Er empfiehlt es leistungsstarken<br />
Mitschülern auf jeden Fall, die eigenen<br />
Stärken in einem Juniorstudium<br />
auszutesten. „Es muss natürlich<br />
mit der Schule vereinbar sein,<br />
aber in meinem Gymnasium ist die<br />
Abstimmung kein Problem“, meint<br />
Ole.<br />
Gitte Zeipelt wirbt derzeit in<br />
9. Klassen der Region für dieses Angebot.<br />
„Die Hochschule Neubrandenburg<br />
fördert mit dem Juniorstudium<br />
besonders begabte Schüler.<br />
Wenn sie nach dem Urteil der Lehrer<br />
besondere Begabungen aufweisen,<br />
können sie während der Schulzeit<br />
schon als Juniorstudierende an<br />
der Hochschule Neubrandenburg<br />
eingeschrieben werden.<br />
Damit erhalten sie das<br />
Recht, an regulären Lehrveranstaltungenteilzunehmen<br />
und einzelne Studienmodule<br />
zu absolvieren“,<br />
erklärt die Hochschul-<br />
Mitarbeiterin.<br />
Juniorstudent und Zehntklässler Ole Reinsdorf wird sich intensiv mit den<br />
neuen Physik-Fachbüchern beschäftigen. FOTO: HOCHSCHULE/CHRISTINE MANTHE<br />
ren, mich für so eine Entwicklung<br />
zu interessieren. Dann hat mich<br />
die Bundeswehr ausgemustert,<br />
und ich habe mich für ein Freiwilliges<br />
Soziales Jahr direkt bei der Diakonie<br />
gemeldet. Die haben mich an<br />
das Dietrich-Bonhoeffer-Klinikum<br />
Neubrandenburg weitervermittelt.<br />
Und hier wiederum arbeite ich seit<br />
dem 1. September 2010 in der Bethesda<br />
Klinik.“ Das sei eine Fachklinik<br />
für geriatrische Re-<br />
habilitation, die sich<br />
hauptsächlich mit den<br />
Bedürfnissen älterer<br />
Menschen nach akuten<br />
Erkrankungen beschäftige.<br />
Ob man sich in der Schule zum<br />
Thema Zivildienst und Soziales<br />
Jahr unterhalten habe? „Eher wenig“,<br />
überlegt Sven Westphal. „Aus<br />
heutiger Sicht denke ich schon,<br />
dass es wichtig wäre, in der Schule<br />
viel deutlicher auf die Notwendigkeit<br />
ökologischer und sozialer<br />
Dienste aufmerksam zu machen.<br />
Und auf die medizinischen Berufe.“<br />
Er selber habe ja bereits in der<br />
Schule beschlossen, einen medizinischen<br />
Weg einzuschlagen. „Rettungssanitäter<br />
war eine Option.<br />
Die gibt es aber auch in größerer<br />
Junge Zivildienstleistende in der Universitätsmedizin wird es nicht mehr geben. Neue Konzepte und das Überbrückungsjahr für Abiturienten knüpfen<br />
daran an. FOTO: ARCHIV<br />
ANGEBOT Die Greifswalder<br />
Universitätsmedizin<br />
bietet Abiturienten an,<br />
Einblicke in den Arbeitsalltag<br />
zu gewinnen.<br />
GREIFSWALD (NK). Zum Wintersemester<br />
startet die Universitätsmedizin<br />
Greifswald mit einem neuen<br />
Ausbildungsprojekt. Abiturienten<br />
mit einem medizinischen Berufswunsch<br />
können ein bezahltes Überbrückungsjahr<br />
(ÜfA) in den Universitätsfachkliniken<br />
absolvieren,<br />
teilt die Universität mit.<br />
Das sei kein Ersatz für den Zivildienst,<br />
sagte Pflegevorstand Peter<br />
Hingst. „Vielmehr verstehen wir<br />
Aus dem Engagement<br />
wird ein Beruf<br />
NACHWUCHSSORGE Freiwillige<br />
wie Sven Westphal<br />
werden in sozialen Einrichtungen<br />
gebraucht.<br />
Der Neubrandenburger<br />
hat „nebenbei“ sein<br />
Berufsziel gefunden.<br />
Sven Westphal hat ein freiwilliges<br />
Jahr absolviert. FOTO: RAINER SINOWZIK<br />
Sozialdienst?<br />
„Ja,<br />
unbedingt.“<br />
Anzahl. Ich habe mich für eine Ausbildung<br />
zum Gesundheits- und<br />
Krankenpfleger entschieden. Damit<br />
habe ich dann einen gefragten<br />
Beruf, von dem ich leben kann.<br />
Und falls ich doch studieren möchte,<br />
habe ich ja mein Abitur.“<br />
Der Klinikdienst habe ihn reifen<br />
lassen, schätzt Sven Westphal ein.<br />
„Zum einen die Integration in den<br />
Stationsbetrieb, so mit Pünktlichkeit,<br />
Schichtdienst<br />
und der Übernahme<br />
zahlreicher Pflichten.<br />
Immerhin betreut das<br />
medizinische Team<br />
meiner Station im<br />
Schnitt 25 Patienten.<br />
Ein anderer Aspekt sind der reine<br />
Stationsbetrieb, die Dienstorganisation<br />
und die medizinische Abläufe“,<br />
beschreibt der junge Mann mit<br />
einem Schmunzeln. „Krankenhausalltag<br />
eben.“<br />
Noch wichtiger aber sei die soziale<br />
Komponente. „Auch wenn die<br />
,Freiwilligen‘ mehr eine verbindende<br />
Funktion haben und mehr Handreichungen<br />
leisten, als medizinische<br />
Hilfe – für meine, im Wesentlichen<br />
viel älteren, Patienten, bin<br />
ich auch Bezugsperson. Ich erledige<br />
viele Wege für sie oder mit ihnen<br />
gemeinsam und leiste praktische<br />
Hilfe. Das verbindet.“<br />
Sven Westphal wird nun drei<br />
Jahre lang den Beruf des Gesundheits-<br />
und Krankenpflegers in<br />
Schwerin erlernen. Daher könne er<br />
seinen freiwilligen Dienst nicht verlängern.<br />
Seine berufliche Entwicklung<br />
sieht er in Mecklenburg-Vorpommern.<br />
Sozialdienst als Notwendigkeit?<br />
„Ja, unbedingt!“, betont er. „Der ist<br />
notwendig. Für das Verständnis füreinander.<br />
Für den sozialen Umgang<br />
miteinander. Für die Entlastung<br />
des Personals in den medizinischen<br />
und Pflegeeinrichtungen.<br />
Und manchmal eben auch für die<br />
Berufsfindung oder Berufsvorbereitung.“<br />
Abitur Kurier Seite 15<br />
Überbrückungsjahr in der Klinik möglich<br />
unser Konzept als Imageoffensive<br />
für medizinische Berufe im pflegerischen<br />
und therapeutischen Bereich.<br />
Damit wollen wir auch dem<br />
zunehmenden Fachkräftemangel<br />
entgegenwirken.“<br />
Darüber hinaus<br />
könnten Abiturienten<br />
einen Einblick in die<br />
wissenschaftliche<br />
Arbeit gewinnen und<br />
vielleicht ihr Interesse<br />
für ein Medizinstudium<br />
geweckt werden,<br />
ergänzte der Studiendekan,<br />
Professor Claus-<br />
Dieter Heidecke.<br />
Absolventen mit Hochschulreife<br />
können im Überbrückungsjahr,<br />
das sich künftig unter dem Dach<br />
des geplanten Bundesfreiwilligen-<br />
„Damit<br />
wollen wir dem<br />
Fachkräftemangelentgegenwirken.“<br />
dienstes einordnen soll, ihren Studien-<br />
oder Berufsausbildungswunsch<br />
wahlweise neun oder<br />
zwölf Monate in der klinischen Praxis<br />
prüfen, hieß es aus der Universitätsklinik.<br />
Der Einsatz erfolge<br />
auf einer Station oder<br />
einer Intensivstation.<br />
Das Überbrückungsjahr<br />
beginnt im September<br />
2011 und startet<br />
mit einem Schulungsprogramm<br />
in<br />
Greifswald. „Während<br />
der Tätigkeit an der<br />
Universitätsmedizin steht den jungen<br />
Frauen und Männern zudem je<br />
nach persönlicher Interessenlage<br />
ausreichend Zeit für Hospitationen<br />
in spannenden Tätigkeitsfeldern<br />
Der Weg zur Ausbildung!<br />
Berufsberatung<br />
der Krankenversorgung, Forschung<br />
und Lehre zur Verfügung“,<br />
wird in einer Mitteilung informiert.<br />
Die Teilnehmer erhalten<br />
nach Angaben der Hochschule eine<br />
monatliche Vergütung von etwa<br />
600 Euro.<br />
Etwa 30 bis 50 Plätze, vorrangig<br />
für Bewerber aus Mecklenburg-Vorpommern,<br />
werden im ersten Überbrückungsjahr<br />
vergeben. Das Überbrückungsjahr<br />
gilt gleichzeitig als<br />
anerkanntes Pflegepraktikum. Zusätzlich<br />
zu dieser Sonderform ausschließlich<br />
für Abiturienten gibt es<br />
in der Universitätsmedizin nach<br />
wie vor das Freiwillige Soziale Jahr<br />
(FSJ) und künftig auch den Bundesfreiwilligendienst.<br />
@!www.medizin.uni-greifswald.de<br />
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