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124_vpod-magi_ROP04 - vpod-bildungspolitik

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Foto: Erinnerungsfoto (www.sport.uni-erlangen.de)<br />

Wegweisende Korrektur<br />

Nico Lutz<br />

Zehn Jahre lang haben unkoordinierte Bildungsreformen kombiniert mit Sparpolitik<br />

den Kanton Bern erschüttert (siehe Artikel «Abbruch-GmbH» im Magazin<br />

122, Juni 01). Der <strong>vpod</strong> und <strong>vpod</strong>-Mitglieder im Grossen Rat haben immer wieder<br />

korrigierend eingegriffen, so auch <strong>vpod</strong>-Mitglied und GB-Grossrätin Regula<br />

Rytz. Mit einem erfolgreichen Vorstoss verlangte sie eine Neukonzeption des 9.<br />

Schuljahres. Im Klartext: Das 9. Schuljahr soll so gestaltet werden, dass es den<br />

unterschiedlichen Bedürfnissen und Zielen den SchülerInnen Rechnung trägt.<br />

Seit der Reform des Maturitätsschulgesetzes und der Verkürzung des Gymnasiums<br />

auf drei Jahre ist es im Kanton Bern möglich, dass SchülerInnen aller Leistungsstufen<br />

bis hin zum Gymnasium in der gleichen 9. Klassen unterrichtet<br />

werden. Die Gefahr ist gross, dass sich die Lehrkräfte aus Zeitmangel vor allem<br />

auf die GymnasiastInnen ausrichten. Aber auch ohne GymnasiastInnen ist die<br />

Spannbreite im 9. Schuljahr gross: Während ein Teil der Klasse bereits einen<br />

Lehrvertrag oder einen Platz in einer allgemeinbildenden Schule hat, sind die<br />

anderen immer noch auf Lehrstellensuche. Es ist unmöglich, alle nach dem gleichen<br />

Lehrplan und mit den gleichen Lernzielen zu unterrichten. Durch das Pilotprojekt<br />

9. Schuljahr wird deshalb ein Teil des Lehrplanes ausser Kraft gesetzt<br />

und durch individuelle Lernmodule bzw. längere Berufspraktikas ersetzt. Die ersten<br />

Erfahrungen zeigen, dass diese Wahlmöglichkeiten von den SchülerInnen<br />

sehr geschätzt werden und die Motivation stark erhöhen. Das Modell kann Schule<br />

machen, erfordert aber zusätzliche Mittel für die Lernmodule und eine starke<br />

Unterstützung durch die Behörden.<br />

Esther Scheuner, Lehrerin, <strong>vpod</strong>-Vertreterin in<br />

der kantonalen Koordinationsgruppe Pilotprojekt<br />

9. Schuljahr<br />

Das 9. Schuljahr ist auch im Kanton<br />

Bern seit geraumer Zeit als<br />

Problemzone erkannt. Am Ende<br />

der Schulzeit ist die Motivation der Jugendlichen<br />

eher gering. Viele SchülerInnen<br />

warteten auf das Schulende, auf den<br />

Schritt ins Erwachsenenleben. Die einen<br />

etwas entspannter, wenn sie eine<br />

Lehrstelle in Aussicht haben, und die anderen<br />

mit der ungewissen Hoffnung,<br />

nach der obligatorischen Schulpflicht<br />

würde alles anders werden und sich eine<br />

Lösung finden lassen. Unterstützt<br />

wird diese Haltung durch die Öffentlichkeit.<br />

Das 9. Schuljahr wird als Wiederholungsjahr<br />

angesehen und den SchülerInnen<br />

zugestanden, noch ein wenig<br />

auszuruhen, bevor ihnen der raue Wind<br />

der Berufswelt um die Nase weht. Verstärkt<br />

noch zeigt sich diese Haltung in<br />

den Primarabschlussklassen.<br />

Von individuellen Lösungsversuchen<br />

...<br />

Zahlreiche Lehrkräfte haben jahrelang<br />

in unterschiedlicher Weise versucht,<br />

diesen Problemen zu begegnen. Häufig<br />

war das nicht nur ein Klassenproblem,<br />

sondern es wirkte sich auf das gesamte<br />

Schulhaus aus. Je nach Klasse war das<br />

Leben für ein Jahr schwieriger oder<br />

leichter für die Lehrkraft, den Hauswart,<br />

die Schulleitung und die benachbarten<br />

Klassen.<br />

Der Versuch die Jugendlichen zu interessieren<br />

und sie beim Lernen zu halten,<br />

ging jeweils darauf hinaus, den Blick<br />

auf die Berufswelt zu richten, die Schü-<br />

lerInnen auf die Anforderungen der Betriebe<br />

vorzubereiten. Schon lange haben<br />

also Lehrkräfte im Rahmen der gesetzlichen<br />

Möglichkeiten neue Formen<br />

ausprobiert, Kontakte mit der Arbeitswelt<br />

geknüpft, und so versucht, realitätsnahen<br />

Unterricht zu bieten sowie<br />

den Übergang in den Beruf fliessender<br />

zu machen. Nicht immer wurde das von<br />

den SchülerInnen sowie von den Eltern<br />

so sehr geschätzt. Ein solcher Unterricht<br />

war anstrengender und verlangte<br />

mehr Initiative. Erst als die Lehrstellen<br />

weniger, die Aussichten düsterer, und in<br />

vielen Berufen höhere Ansprüche gestellt<br />

wurden, fingen SchülerInnen und<br />

Eltern an, das 9. Schuljahr ernst zu nehmen.<br />

Die Nervosität stieg, machte aber<br />

den meisten Jugendlichen ihre Berufsentscheidungen<br />

nicht leichter. Die Entscheidungsprobleme<br />

wurden zunehmend<br />

in die 10. Schuljahre verlegt, der<br />

Zustrom in diese Berufswahljahre nahm<br />

gewaltig zu.<br />

... zu Pilotprojekten in<br />

17 Schulen<br />

Schon 1995 und 1996 befasste sich der<br />

Grosse Rat mit dem 9. Schuljahr. Das<br />

Amt für Bildungsforschung erstellte<br />

1998 ein Rahmenkonzept für eine Umgestaltung<br />

des neunten Schuljahres*.<br />

Das Projekt startete im Dezember 1998<br />

mit einer Ausschreibung im Amtlichen<br />

Schulblatt für interessierte Schulen. Die<br />

Dauer des Schulversuchs ist auf fünf<br />

Jahre festgesetzt. In den Schulen soll ein<br />

Projektteam die Arbeit begleiten, die<br />

Schule entscheidet sich also als ganzes<br />

zur Teilnahme. 13 Schulen aus allen Teilen<br />

des Kantons meldeten ihr Interesse<br />

an und reichten ein Grobkonzept ein.<br />

Die kantonale Koordinationsgruppe, die<br />

die einzelnen Projektteams in den Pilotschulen<br />

begleitet, empfahl alle Konzepte<br />

zur Annahme, so dass die Schulen die<br />

Feinplanung in Angriff nehmen konnten.<br />

Im August 1999 starteten im Kanton<br />

Bern 30 Schulklassen mit einem umgestalteten<br />

9. Schuljahr. Je nach den örtlichen<br />

Gegebenheiten waren die Verän-<br />

<strong>vpod</strong> magazin <strong>124</strong>/01 35<br />

Bern

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