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<strong>Artinside</strong> <strong>Artinside</strong><br />
Max Ernst, L'Antipape, 1941/42<br />
Dalí, Magritte, Miró –<br />
Surrealismus in Paris<br />
02.10.2011 – 29.01.2012<br />
Fondation Beyeler, Riehen<br />
www.fondationbeyeler.ch<br />
Surrealismus in Paris<br />
Im Rahmen der Entwicklung der modernen Kunst<br />
nimmt der 1924 in Paris ins Leben gerufene Surrealismus<br />
eine Sonderstellung ein. Beim Impressionismus,<br />
Fauvismus oder Kubismus hatte es sich jeweils um<br />
Gruppen von Künstlern gehandelt, die sich zusammentaten,<br />
weil sie ähnliche künstlerische Ziele verfolgten.<br />
Anders die Surrealisten: Was sie wollten, war eine Revolution,<br />
die weit über die Kunst und Literatur hinausreichen<br />
und die ganze Gesellschaft verändern sollte. Allerdings<br />
nicht mit bewaffneter Hand – sondern mithilfe<br />
vollkommen neuer, noch nie gesehener Bilder und Texte.<br />
Dieser Wunsch nach einer umwälzenden Wirkung auf<br />
die Gesellschaft unterschied die Surrealisten auch von<br />
den ihnen ansonsten verwandten Dadaisten. Diese holten<br />
die hehre Kunst zwar mit genialem Klamauk vom Sockel;<br />
sie hatten aber keine vergleichbare Botschaft, die auf tiefgreifende<br />
gesellschaftliche Veränderungen zielte.<br />
Der Surrealismus war <strong>als</strong>o kein Kunststil, sondern eine<br />
Bewegung, zuerst eine literarische und dann auch eine<br />
künstlerische. Den Begriff Surrealismus fand der Chefdenker<br />
der Gruppe, André Breton, beim Dichter Guillaume<br />
Apollinaire vorgeprägt, der vor allem in der Zeit vor<br />
dem Ersten Weltkrieg ein aufmerksamer Beobachter und<br />
Chronist der Avantgarde gewesen war. Viele der jungen<br />
Dichter und Künstler des Surrealismus hatten selber in<br />
den Schützengräben das Grauen des Ersten Weltkrieges<br />
erlebt. Zutiefst von deren Sinnlosigkeit geprägt, erarbeiteten<br />
sie unter der Leitung Bretons innovative künstlerische<br />
Konzepte. Ihr Ziel war es, einer neuen Kunst und<br />
Dichtung Gestalt zu verleihen, die aus der poetischen<br />
Imagination, dem Traumhaften und dem Unbewussten<br />
schöpfen sollte.<br />
Dabei reklamierten sie Vorbilder für sich: in erster<br />
Linie Sigmund Freud, dessen Psychoanalyse sie <strong>als</strong> eine<br />
rationale Methode bewunderten, die bisher verdrängten<br />
von Philippe Büttner*<br />
Teile des Seelischen ans Tageslicht zu befördern. Ein anderes<br />
Vorbild war der Maler Giorgio de Chirico, der zwischen<br />
1912 und 1918 geheimnisvolle Bilder träumerisch<br />
leerer Plätze und geheimnisvoller Dachböden schuf. Er<br />
wurde zum Bühnenbildner der Traumwelten der Surrealisten.<br />
Aber auch viele Schriftsteller gehörten wesentlich<br />
zu ihrem Stammbaum, etwa der Skandalautor Marquis<br />
de Sade, die Dichter Charles Baudelaire, Comte de Lautréamont<br />
und Arthur Rimbaud, Edgar Alan Poe, aber<br />
auch die deutschen Romantiker.<br />
1924 veröffentlichte Breton ein eigentliches surrealistisches<br />
Manifest, in dem er seine Auffassungen darlegte.<br />
Ein weiteres Manifest, in dem Breton noch drängender<br />
von einer<br />
auch gesellschaftlichen<br />
Revolution<br />
sprach, folgte 1930.<br />
Inzwischen war die<br />
Bewegung gewachsen,<br />
es gab eine ganze<br />
Reihe von Mitgliedern,<br />
Diskussionen,<br />
mediale «Séancen»,<br />
Ausschlüsse unliebsamer<br />
Mitstreiter,<br />
handfeste Auseinan-<br />
«Ich glaube an die künftige<br />
Auflösung dieser scheinbar<br />
so gegensätzlichen Zustände<br />
von Traum und Wirklichkeit in<br />
einer Art absoluter Realität,<br />
wenn man so sagen kann:<br />
Surrealität.»<br />
André Breton, 1. Manifest des Surrealismus<br />
dersetzungen – vor allem aber entwickelte sich der<br />
Surrealismus zu einer formidablen neuen Bilder- und<br />
Textmaschine. Einige der grössten Künstler der ersten<br />
Jahrhunderthälfte gehörten ihm an oder liessen sich<br />
von ihm inspirieren. Es entstanden völlig neue Werke,<br />
neue Bilder. Aber auch ganz neuartige Techniken und<br />
Formen der Kunst wurden ausprobiert und entwickelt.<br />
Man schrieb Gedichte, schuf Collagen, malte mittels der<br />
Frottage-Technik, schuf Objekte, fotografierte, widme-<br />
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