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Geschäftsbericht 2010/2011 - PfalzMetall

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<strong>PfalzMetall</strong>-Interview:<br />

Jahrzehntelang galt in Deutschland:<br />

Wird ein Arbeitnehmer dauerhaft<br />

krank – über die Frist zur Übertragung<br />

von Urlaubsansprüchen<br />

hinaus – verfallen diese Ansprüche.<br />

Denn schließlich handelt es sich<br />

um „Erholungsurlaub“ – also eine<br />

bezahlte Freistellung von der Arbeit<br />

zu Zwecken der Regeneration. Das<br />

sieht der Europäische Gerichtshof<br />

allerdings anders. Im Jahre 2009<br />

entschieden die europäischen<br />

Richter, dass die Urlaubsansprüche<br />

fortbestehen müssten. Das Bundesarbeitsgericht<br />

passte daraufhin<br />

seine seit 1982 vertretene Rechtsauffassung<br />

an.<br />

Was bedeutet das nun für die<br />

betriebliche Praxis in den Unternehmen?<br />

Diese Frage wurde im<br />

Berichtszeitraum immer wieder an<br />

die <strong>PfalzMetall</strong>-Juristen herangetragen.<br />

Rechtsanwalt Jochen Rinck,<br />

zuständig bei <strong>PfalzMetall</strong> für Arbeits-<br />

und Sozialrecht, beantwortet die<br />

häufigsten Fragen.<br />

frage: Die gesetzlichen urlaubsansprüche<br />

von langzeiterkrankten<br />

erlöschen nicht, wenn diese<br />

aufgrund krankheitsbedingter<br />

arbeitsunfähigkeit ihren urlaub<br />

im jeweiligen urlaubsjahr nicht in<br />

anspruch nehmen können. wie<br />

aber verhält es sich mit tariflichen<br />

urlaubsansprüchen?<br />

Jochen rinck: Die sogenannten<br />

übergesetzlichen Urlaubsansprüche<br />

– egal ob vertraglich oder<br />

tarifvertraglich geregelt – erlöschen<br />

jedenfalls dann, wenn im Arbeitsvertrag<br />

oder Tarifvertrag ausdrücklich<br />

zwischen gesetzlichen und überge-<br />

Wir weisen darauf hin, dass dieses Interview nur einen<br />

groben Einblick in das Thema geben soll. Keinesfalls ersetzt<br />

es die rechtliche Einschätzung des Einzelfalls.<br />

EuGH und BAG ändern Rechtsprechung:<br />

Urlaub ohne Ende?<br />

setzlichen Ansprüchen unterschieden<br />

wurde.<br />

frage: können sich langzeiterkrankte<br />

ihren urlaub auch einfach<br />

ausbezahlen lassen?<br />

Jochen rinck: Einen Anspruch auf<br />

Urlaubsabgeltung gibt es nur, wenn<br />

das Arbeitsverhältnis beendet ist<br />

oder nach Auslaufen der Krankschreibung<br />

die Tätigkeit nicht wieder<br />

aufgenommen werden kann und<br />

man so zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses<br />

kommt.<br />

ferrum: nehmen wir einmal an, ein<br />

arbeitnehmer kommt vor dem<br />

31. März des folgejahres mit<br />

resturlaubsansprüchen aus dem<br />

Vorjahr zurück zur arbeit. Müsste<br />

er dann sofort nach gesundung<br />

wieder urlaub nehmen, um seine<br />

ansprüche zu wahren?<br />

Jochen rinck: Ja, wenn die Zahl<br />

der übertragenen Urlaubstage die<br />

Zahl der bis zum 31. März noch zur<br />

Verfügung stehenden Arbeitstage<br />

abdeckt beziehungsweise übersteigt.<br />

Wenn dann der Arbeitnehmer seine<br />

Urlaubsansprüche im Übertragungszeitraum<br />

jedoch nicht in Anspruch<br />

nimmt, kann jedenfalls insoweit ein<br />

Verfall des Urlaubsanspruchs zum<br />

31. März des Folgejahres angenommen<br />

werden.<br />

frage: nicht selten kommt es<br />

gerade bei langfristiger arbeitsunfähigkeit<br />

vor, dass von einem<br />

ruhenden<br />

arbeitsverhältnisausgegangen<br />

wird.<br />

<strong>Geschäftsbericht</strong> <strong>2010</strong>/<strong>2011</strong> 11<br />

Tarifpolitik, Arbeits- und Sozialrecht<br />

ra Jochen rinck<br />

Im <strong>PfalzMetall</strong>-Team u. a.<br />

zuständig für Arbeits- und<br />

Sozialrecht<br />

könnte in diesem fall trotzdem ein<br />

urlaubsanspruch entstehen?<br />

Jochen rinck: Das ist bislang<br />

ungeklärt. Aus meiner Sicht ist der<br />

Ansatz plausibel, dass im ruhenden<br />

Arbeitsverhältnis keine Urlaubsansprüche<br />

entstehen, da es sich<br />

hier nicht um eine nur einseitige<br />

Leistungsstörung handelt, sondern<br />

die Hauptleistungspflichten des<br />

Arbeitsverhältnisses kraft Vereinbarung<br />

suspendiert sind. Dem könnte<br />

allerdings mit guten Gründen auch<br />

entgegnet werden, dass das Ruhen<br />

des Arbeitsverhältnisses ja nur die<br />

Folge einer bereits länger bestehenden<br />

Arbeitsunfähigkeit ist und damit<br />

der Arbeitnehmer letztlich doch<br />

wieder aufgrund der Arbeitsunfähigkeit<br />

gehindert ist, den Urlaub in<br />

Anspruch zu nehmen.<br />

frage: kann das im extremfall zu<br />

einem unbegrenzten ansammeln<br />

von urlaubsansprüchen führen?<br />

Jochen rinck: Genau mit dieser<br />

Frage hat sich das Landesarbeitsgericht<br />

Hamm nun an den EuGH<br />

gewandt. Es geht im Kern darum,<br />

ob das sogenannte ILO-Abkommen<br />

zum Tragen kommt, in dem geregelt<br />

ist, dass Urlaubsansprüche spätestens<br />

18 Monate nach Ende des Urlaubsanspruchs<br />

nicht mehr geltend<br />

gemacht werden können. Das wäre<br />

so etwas wie eine Verjährungsklausel<br />

und würde verhindern, dass<br />

beispielsweise bei der Aufhebung<br />

eines Arbeitsverhältnisses nach<br />

langjähriger krankheitsbedingter<br />

Abwesenheit noch für viele Jahre<br />

die Abgeltung des Urlaubsanspruchs<br />

gefordert werden kann.

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