02.02.2013 Aufrufe

S3-Leitlinie der AWMF für Kolorektale Karzinome (pdf - Hochtaunus ...

S3-Leitlinie der AWMF für Kolorektale Karzinome (pdf - Hochtaunus ...

S3-Leitlinie der AWMF für Kolorektale Karzinome (pdf - Hochtaunus ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

7<br />

<strong>Leitlinie</strong><br />

meist in <strong>der</strong> zweiten Lebensdekade. Aufgrund <strong>der</strong> Vielzahl <strong>der</strong><br />

Adenome beträgt das Karzinomrisiko nahezu 100%.<br />

Die Mehrzahl <strong>der</strong> Patienten entwickelt darüber hinaus weitere<br />

extrakolische intestinale Manifestationen. Klinisch am bedeutsamsten<br />

sind Duodenal- bzw. Papillenadenome, die in etwa<br />

75% aller Patienten auftreten und als Präkanzerose anzusehen<br />

sind (s. unten). Weitaus weniger häufig sind Magenadenome<br />

mit einer Inzidenz von < 10% <strong>der</strong> Patienten mit FAP. Drüsenkçrperzysten<br />

des Magens, die bei mindestens einem Drittel<br />

<strong>der</strong> FAP-Patienten auftreten, wird gegenwärtig keine potenzielle<br />

präneoplastische Potenz zugeschrieben.<br />

Weitere extraintestinale Manifestationen sind abdominale und<br />

extraabdominale Desmoidtumoren, Schilddrüsenkarzinome,<br />

maligne ZNS-Tumoren (meist Medulloblastome), Hepatoblastome<br />

sowie harmlose, jedoch oft diagnostisch wegweisende<br />

Osteome, Epi<strong>der</strong>moidzysten o<strong>der</strong> Pigmentanomalien <strong>der</strong> Retina<br />

[172].<br />

Patienten mit attenuierter familiärer adenomatçser Polyposis<br />

(AAPC)<br />

Die attenuierte FAP (AAPC) ist von dem Krankheitsbild <strong>der</strong> typischen<br />

familiären adenomatçsen Polyposis abzugrenzen. Auch<br />

hier besteht ein sehr hohes Risiko <strong>für</strong> ein kolorektales Karzinom,<br />

wobei sich Polypen und <strong>Karzinome</strong> bei den Anlageträgern meist<br />

später und häufig im proximalen Kolon entwickeln.<br />

Hintergrund<br />

An<strong>der</strong>s als bei FAP entstehen bei <strong>der</strong> AAPC typischerweise weniger<br />

als 100 kolorektale Adenome. Extrakolische Manifestationen<br />

(z.B. Desmoide) kçnnen auftreten [172 – 176].<br />

Die klinisch definierte AAPC ist aus genetischer Sicht eine heterogene<br />

Gruppe mit Nachweis von APC-Mutationen (5’ und<br />

3’-Ende des Gens) und MYH-Mutationen. Darüber hinaus<br />

kann auch die Abgrenzung gegenüber HNPCC im Einzelfall<br />

schwierig sein [177]. Daher ist die molekulargenetische Diagnostik<br />

(Mikrosatellitenanalyse, APC, MYH) unter Umständen<br />

bei <strong>der</strong> klinischen Differenzialdiagnose einer attenuierten FAP<br />

sehr hilfreich. Bei einem Großteil <strong>der</strong> Patienten mit <strong>der</strong> klinischen<br />

Diagnose einer AAPC gelingt <strong>der</strong>zeit kein Mutationsnachweis,<br />

sodass von Mutationen in weiteren, bisher nicht<br />

identifizierten Genen ausgegangen werden muss.<br />

Patienten mit HNPCC (hereditäres kolorektales Karzinom<br />

ohne Polyposis)<br />

Das Syndrom HNPCC wird nach anamnestischen Kriterien definiert<br />

(Amsterdam-I- und -II-Kriterien, s. Anlage 1). Um weitere Risikopersonen<br />

zu identifizieren, werden auch die Bethesda-Kriterien herangezogen<br />

(Bethesda-Kriterien, s. Anlage 2 und 3). Mutationsträger<br />

haben ein sehr hohes Risiko, ein kolorektales Karzinom zu entwickeln<br />

(bis 80%). Dies gilt vermin<strong>der</strong>t auch <strong>für</strong> extrakolische Neoplasien<br />

wie Endometrium-, Ovarial-, Magen- und Dünndarmkarzinome<br />

sowie Urothelkarzinome des Nierenbeckens und Harnleiters.<br />

Evidenzstärke: 2a.<br />

Personen, die die Amsterdam-Kriterien erfüllen o<strong>der</strong> eines <strong>der</strong> Bethesda-Kriterien<br />

mit Nachweis einer Mikrosatelliteninstabilität<br />

(MSI) und <strong>der</strong>en Verwandte, die aufgrund des Erbgangs als Mutationsträger<br />

in Betracht kommen, sind Risikopersonen <strong>für</strong> HNPCC.<br />

Evidenzstärke: 1c.<br />

Hintergrund<br />

Im Gegensatz zur FAP ist HNPCC aufgrund eines fehlenden auffälligen<br />

Phänotyps klinisch nicht einfach zu identifizieren. Aus<br />

Schmiegel W et al. <strong>S3</strong>-<strong>Leitlinie</strong> „<strong>Kolorektale</strong>s Karzinom“… Z Gastroenterol 2008; 46: 1 –73<br />

diesem Grunde wurden Kriterien definiert (siehe Anlage 1), die<br />

es sinnvoll erscheinen lassen, eine Mutationssuche durchzuführen.<br />

Die Diagnose HNPCC kann gestellt werden, wenn in<br />

<strong>der</strong> Familie des Patienten die so genannten Amsterdam-I-Kriterien<br />

erfüllt sind [178]. Beim HNPCC treten neben KRK häufig<br />

auch Endometrium- und Urothelkarzinome, aber auch Dünndarmkarzinome<br />

auf. Die Amsterdam-II-Kriterien beziehen diese<br />

extrakolischen Manifestationen in die Diagnosestellung ein<br />

[179]. Diese Kriterien stellen unter klinischen Gesichtspunkten<br />

eine pragmatische Operationalisierung dar. Da viele Familien<br />

heute klein sind, fehlen allerdings oft die Voraussetzungen,<br />

um die Kriterien überhaupt zu erfüllen. Daher kann eine unauffällige<br />

Familienanamnese – insbeson<strong>der</strong>e in kleinen Familien –<br />

kein Argument gegen HNPCC sein. Die weniger spezifischen<br />

Bethesda-Kriterien lassen die Stellung <strong>der</strong> Verdachtsdiagnose<br />

HNPCC auch in kleineren Familien und in Einzelfällen zu (Anlage<br />

2) [180].<br />

Eine Mikrosatelliteninstabilität lässt sich bei etwa 80 –90% <strong>der</strong><br />

Tumorgewebe von Patienten, die den Amsterdam-I/II-Kriterien<br />

entsprechen, nachweisen. Dieses Phänomen geht auf den zugrunde<br />

liegenden Defekt eines DNA-Reparaturenzyms zurück,<br />

durch den bei <strong>der</strong> Zellteilung entstehende Basenfehlpaarungen<br />

nicht mehr korrigiert werden kçnnen. Solche Fehlpaarungen treten<br />

beson<strong>der</strong>s leicht an Stellen repetitiver kurzer DNA-Fragmente<br />

auf (sog. Mikrosatelliten). In reparaturdefizienten HNPCC-Tumoren<br />

findet sich deshalb typischerweise an vielen Stellen des<br />

Genoms ein vom Wildtyp <strong>der</strong> normalen Zellen abweichendes<br />

Mikrosatellitenmuster, was zur Bezeichnung „Mikrosatelliteninstabilität“<br />

geführt hat.<br />

Bei Patienten, <strong>der</strong>en Familien die weniger stringenten Bethesda-Kriterien<br />

erfüllen, ergibt sich bei etwa 30% <strong>der</strong> Patienten<br />

eine Mikrosatelliteninstabilität und somit ein konkreter Hinweis<br />

auf HNPCC. Die klassischen Bethesda-Kriterien wurden<br />

2004 revidiert (Anlage 3) [181].<br />

Das allgemeine Tumorrisiko von HNPCC-Anlageträgern wird mit<br />

80 –90% angegeben, wobei das KRK die mit Abstand häufigste<br />

Tumorentität darstellt. KRK treten im Rahmen eines HNPCC im<br />

Mittel im 44. Lebensjahr auf, vor dem 25. Lebensjahr sind kolorektale<br />

<strong>Karzinome</strong> bei HNPCC sehr selten. Das kumulative Lebenszeitrisiko<br />

eines HNPCC-Anlageträgers <strong>für</strong> ein KRK beträgt<br />

60 –80%.<br />

Das Endometriumkarzinom ist nach dem KRK <strong>der</strong> zweithäufigste<br />

Tumor bei HNPCC. Das Lebenszeitrisiko <strong>für</strong> weibliche Anlageträgerinnen<br />

ein Endometriumkarzinom zu entwickeln, beträgt<br />

40 –60% bei einem medianen Erkrankungsalter zwischen 46<br />

und 48 Jahren. <strong>Karzinome</strong> des Ovars treten bei 3 –12% aller Anlageträgerinnen<br />

auf. Magenkarzinome kommen bei 2 –13% <strong>der</strong><br />

HNPCC-Patienten vor und treten durchschnittlich im Alter von<br />

51 –56 Jahren auf. Vorwiegend handelt es sich dabei um <strong>Karzinome</strong><br />

vom intestinalen Typ. Das kumulative Lebenszeitrisiko<br />

<strong>für</strong> Dünndarmkarzinome im Rahmen eines HNPCC beträgt ein<br />

bis 4%. Bei etwa 35% <strong>der</strong> Fälle ist das HNPCC-assoziierte Dünndarmkarzinom<br />

im Duodenum lokalisiert. Das Risiko scheint bei<br />

Anlageträgern mit einer MLH1-Mutation hçher zu sein als <strong>für</strong><br />

Patienten mit einer MSH2-Mutation. <strong>Karzinome</strong> <strong>der</strong> oberen ableitenden<br />

Harnwege (Ureter/Nierenbecken) treten häufig als<br />

Zweit- o<strong>der</strong> Drittkarzinome auf. Das mittlere Erkrankungsalter<br />

<strong>für</strong> diese Tumoren wird mit 50 –63 Jahren angegeben. Das Lebenszeitrisiko<br />

wird mit 1 – 12% angegeben und scheint insbeson<strong>der</strong>e<br />

bei Patienten mit einer MSH2-Mutation erhçht zu sein.<br />

In einigen Familien wurde eine Häufung von Urothelkarzinomen<br />

beobachtet. Demgegenüber scheinen Nierenzell- und Bla-<br />

Gastro 0808 · Artikel ZfG-695-Son<strong>der</strong>, 30.9.08 · Reemers Publishing Services GmbH

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!