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Die Rolle der Umwelt in der Entwicklungspsychologie Martin ...

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<strong>Die</strong> <strong>Rolle</strong> <strong>der</strong> <strong>Umwelt</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Entwicklungspsychologie</strong><br />

Mart<strong>in</strong> P<strong>in</strong>quart & Ra<strong>in</strong>er K. Silbereisen<br />

Anschrift:<br />

Mart<strong>in</strong> P<strong>in</strong>quart & Ra<strong>in</strong>er K. Silbereisen<br />

Lehrstuhl für <strong>Entwicklungspsychologie</strong> & Center for Applied Developmental Science<br />

Friedrich-Schiller-Universität<br />

Am Steiger 3. Haus 1<br />

07743 Jena<br />

e-Mail: Mart<strong>in</strong>.P<strong>in</strong>quart@uni-jena.de; Ra<strong>in</strong>er.Silbereisen@uni-jena.de.<br />

In E.D. Lantermann & V. L<strong>in</strong>neweber (Hrsg.), Enzyklopädie <strong>der</strong> Psychologie, Themenbereich<br />

C, Serie IX Ökopsychologie, Band 1: Grundlagen, Paradigmen und Methoden <strong>der</strong><br />

<strong>Umwelt</strong>psychologie.


In unserem Beitrag wird die Bedeutung <strong>der</strong> <strong>Umwelt</strong> für die <strong>in</strong>dividuelle Entwicklung über die<br />

Lebensspanne thematisiert. Nach e<strong>in</strong>er kurzen historischen E<strong>in</strong>führung <strong>in</strong> das Thema werden<br />

entwicklungspsychologisch relevante theoretische Konzepte zur Wechselwirkung von<br />

<strong>Umwelt</strong>faktoren mit den sich entwickelnden Personen vorgestellt. Dem schließt sich e<strong>in</strong>e<br />

Übersicht über entwicklungspsychologisch bedeutsame <strong>Umwelt</strong>dimensionen und über<br />

Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Wechselwirkungen von Person und <strong>Umwelt</strong> über den Lebenslauf an. Als<br />

e<strong>in</strong> Beispiel wird hier exemplarisch die Entwicklung von umweltbezogenen E<strong>in</strong>stellungen<br />

und damit korrespondieren<strong>der</strong> Verhaltensweisen (des so genannten <strong>Umwelt</strong>bewusstse<strong>in</strong>s)<br />

näher beleuchtet, da diese e<strong>in</strong>en wichtigen Überschneidungsbereich von<br />

<strong>Entwicklungspsychologie</strong> und <strong>Umwelt</strong>psychologie bilden. Im darauf folgenden Abschnitt<br />

werden zentrale Befunde zur <strong>Rolle</strong> von ausgewählten Entwicklungsumwelten (Familie,<br />

Peergruppe, Nachbarschaft, elektronische Medien) behandelt. Abschließend zeigen wir<br />

Perspektiven für die künftige Forschung auf.<br />

Da menschliche Entwicklung sich immer <strong>in</strong> spezifischen <strong>Umwelt</strong>en vollzieht, war es<br />

notwendig, den Fokus des vorliegenden Kapitels auf ausgewählte Theorien und Befunde<br />

e<strong>in</strong>zuschränken. So kann durch uns nicht e<strong>in</strong>e detaillierte Beschreibung aller <strong>Umwelt</strong>en<br />

erfolgen, <strong>in</strong> denen sich K<strong>in</strong><strong>der</strong>, Jugendliche und Erwachsene entwickeln. Ebenso würde die<br />

Frage, welche spezifischen <strong>Umwelt</strong>aspekte für welche Aspekte <strong>der</strong> menschlichen<br />

Entwicklung relevant s<strong>in</strong>d (etwa hemmende und för<strong>der</strong>nde <strong>Umwelt</strong>faktoren für die<br />

Entwicklung <strong>der</strong> Sprache, des Denkens o<strong>der</strong> des Sozialverhaltens), den Umfang unseres<br />

Kapitels bei weitem sprengen. Hier verweisen wir den Leser auf entsprechende<br />

Übersichtsartikel (zur <strong>Rolle</strong> von <strong>Umwelt</strong>faktoren für die Sprachentwicklung, siehe z.B. Hoff-<br />

G<strong>in</strong>sberg, 2000). Wir stellen stattdessen allgeme<strong>in</strong>e Modelle und Konzepte <strong>in</strong> den<br />

Vor<strong>der</strong>grund, die wir aber mit ausgewählten Befunden unterlegen. Während im Beitrag über<br />

<strong>Umwelt</strong> und Entwicklung für den Enzyklopädieband über <strong>Entwicklungspsychologie</strong><br />

(Silbereisen & Noack, im Druck) stärker allgeme<strong>in</strong>e Überlegungen zur <strong>Rolle</strong> <strong>der</strong> <strong>Umwelt</strong> für<br />

2


die psychische Entwicklung im Vor<strong>der</strong>grund standen, liegt <strong>der</strong> Schwerpunkt des vorliegenden<br />

Beitrages auf entwicklungspsychologischen Modellen und Befunden mit Relevanz für die<br />

<strong>Umwelt</strong>psychologie.<br />

1. Historische Wurzeln <strong>der</strong> ökopsychologischen Sicht auf die menschliche Entwicklung<br />

Menschliche Entwicklung ist e<strong>in</strong>gebettet <strong>in</strong> Kontexte, sie erfolgt <strong>in</strong> den <strong>Umwelt</strong>en, <strong>in</strong> denen<br />

man lebt (z.B. Magnusson & Statt<strong>in</strong>, 1998). Damit ist es nicht verwun<strong>der</strong>lich, dass<br />

Überlegungen über die <strong>Rolle</strong> von <strong>Umwelt</strong>en sich bis zu den Vorläufern und Anfängen <strong>der</strong><br />

<strong>Entwicklungspsychologie</strong> zurückverfolgen lassen. So betonte bereits Tetens (1777) die <strong>Rolle</strong><br />

von <strong>Umwelt</strong>faktoren für die Entwicklung, wie etwa vom Aufwachsen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Stadt im<br />

Vergleich zu e<strong>in</strong>er ländlichen Umgebung. Etwa hun<strong>der</strong>t Jahre später erfolgte die erste<br />

empirische Untersuchung zur <strong>Rolle</strong> <strong>der</strong> <strong>Umwelt</strong> (hier: <strong>der</strong> Nachbarschaft) für die Entwicklung<br />

von K<strong>in</strong><strong>der</strong>n (Schwabe & Bartholomai, 1870).<br />

Bekannt geworden ist die Arbeit von Muchow und Muchow (1935) über den Lebensraum von<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong>n. <strong>Die</strong>se Autoren zeigten, dass <strong>der</strong> Lebensraum von K<strong>in</strong><strong>der</strong>n verschiedene Funktionen,<br />

Anreize, und Verhaltensmöglichkeiten bietet, die nur lose mit den Merkmalen <strong>der</strong><br />

physikalischen <strong>Umwelt</strong> verknüpft s<strong>in</strong>d. <strong>Die</strong> von ihnen untersuchten K<strong>in</strong><strong>der</strong> nutzten z.B. oft<br />

solche Orte <strong>der</strong> Stadt zum Spielen, die eigentlich nicht dafür geschaffen wurden (wie etwa<br />

Straßen) und vermieden an<strong>der</strong>e, die eigentlich für K<strong>in</strong><strong>der</strong> da se<strong>in</strong> sollten (wie z.B.<br />

Parkanlagen). <strong>Die</strong> Auswahl von Orten und die Art <strong>der</strong> Nutzung richteten sich nach den<br />

Entwicklungszielen bzw. Entwicklungsaufgaben <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong>.<br />

<strong>Die</strong> Notwendigkeit, neben objektiven Merkmalen <strong>der</strong> <strong>Umwelt</strong> <strong>der</strong>en Funktion für das sich<br />

entwickelnde Individuum zu erfassen, wurde durch Kurt Lew<strong>in</strong> weiter elaboriert, <strong>der</strong> wichtige<br />

Anregungen für die ökologische Perspektive <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Entwicklungspsychologie</strong> lieferte. Er<br />

prägte den Begriff des Lebensraumes, <strong>der</strong> sowohl die objektiven Merkmale <strong>der</strong> <strong>Umwelt</strong> (etwa<br />

3


des K<strong>in</strong><strong>der</strong>zimmers) als auch die subjektive Bedeutung dieser Komponenten für das<br />

Individuum e<strong>in</strong>schließt. Lew<strong>in</strong> (1946) beschrieb die Entwicklung von K<strong>in</strong><strong>der</strong>n und<br />

Jugendlichen unter an<strong>der</strong>em als Ausdifferenzierung des Lebensraumes. Verän<strong>der</strong>ungen<br />

betreffen hierbei (a) die Ausweitung des Lebensraumes h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> psychologischen<br />

Zeitdimension (<strong>der</strong> psychisch repräsentierten Vergangenheit und Zukunft), (b) die<br />

Ausdifferenzierung <strong>der</strong> verschiedenen Dimensionen des Lebensraumes, (c) die Zunahme <strong>der</strong><br />

Organisation des Lebensraumes (kle<strong>in</strong>ere E<strong>in</strong>heiten fügen sich zu Obere<strong>in</strong>heiten und<br />

Regionen zusammen, zunehmende hierarchische Anordnung <strong>der</strong> E<strong>in</strong>heiten), sowie die (d)<br />

Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> allgeme<strong>in</strong>en Flüssigkeit o<strong>der</strong> Rigidität (Zunahme <strong>der</strong> Differenz zwischen<br />

dem Durchlässigkeitsgrad von beson<strong>der</strong>s permeablen und beson<strong>der</strong>s rigiden Grenzen). Lew<strong>in</strong><br />

hatte auch die Idee, den Wandel <strong>der</strong> Welt des K<strong>in</strong>des über e<strong>in</strong>ige Jahre h<strong>in</strong>weg mit <strong>der</strong> damals<br />

neu entstandenen k<strong>in</strong>ematographischen Methode e<strong>in</strong>zufangen und im Jahr 1931 wurde <strong>der</strong><br />

Film „Das K<strong>in</strong>d und se<strong>in</strong>e Welt“ fertiggestellt. Auch Barker und Wright (1951), zwei Schüler<br />

Lew<strong>in</strong>s die <strong>der</strong> <strong>Umwelt</strong>psychologie wichtigen Auftrieb gaben, <strong>in</strong>teressierten sich für den<br />

Lebensraum des K<strong>in</strong>des, wobei sich Barker selbst aber nur wenig mit <strong>der</strong> <strong>Rolle</strong> <strong>der</strong> <strong>Umwelt</strong><br />

für die menschliche Entwicklung beschäftigte.<br />

E<strong>in</strong>en wichtigen Beitrag zur Charakterisierung <strong>der</strong> <strong>Rolle</strong> <strong>der</strong> <strong>Umwelt</strong> für die menschliche<br />

Entwicklung leistete die <strong>in</strong> <strong>der</strong> Sowjetunion entstandene kulturhistorische Schule (z.B.<br />

Vygotsky, 1945). Sie beschrieb den Menschen als aktiven Gestalter se<strong>in</strong>er Entwicklung, <strong>der</strong><br />

sich die kulturellen Inhalte se<strong>in</strong>er Gesellschaft aneignet und selbst wie<strong>der</strong> se<strong>in</strong>e Gesellschaft<br />

mitgestaltet. Im gleichen Zeitraum fand <strong>in</strong> den USA <strong>der</strong> Behaviorismus starke Verbreitung<br />

(Watson, 1924), <strong>der</strong> e<strong>in</strong>e weitgehende Formbarkeit <strong>der</strong> menschlichen Entwicklung durch<br />

<strong>Umwelt</strong>e<strong>in</strong>flüsse annahm, jedoch die Stärke <strong>der</strong> <strong>Umwelt</strong>e<strong>in</strong>flüsse deutlich überschätzte.<br />

Trotz des <strong>in</strong> diesen Arbeiten zum Ausdruck kommenden Interesses für die Ökologie <strong>der</strong><br />

menschlichen Entwicklung stand längere Zeit <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Entwicklungspsychologie</strong> die<br />

Untersuchung allgeme<strong>in</strong>er (kontextfreier) Gesetzmäßigkeiten <strong>der</strong> Verhaltensentwicklung im<br />

4


Vor<strong>der</strong>grund (etwa <strong>in</strong> Gestalt von Altersnormen) und <strong>Umwelt</strong>faktoren wurden entwe<strong>der</strong> nicht<br />

betrachtet o<strong>der</strong> statistisch auspartialisert. Bronfenbrenner (1974) beschrieb dies treffend als<br />

die Untersuchung von fremdartigen Verhalten von K<strong>in</strong><strong>der</strong>n <strong>in</strong> fremdartigen Situationen über<br />

die kürzestmögliche Zeit. <strong>Die</strong> Untersuchung von Entwicklungsprozessen e<strong>in</strong>gebettet <strong>in</strong><br />

ökologische Kontexte erhielt durch die Arbeiten Bronfenbrenners, die im Abschnitt 2.1<br />

dargestellt werden, e<strong>in</strong>en wichtigen Aufschwung.<br />

2. Theoretische Perspektiven<br />

<strong>Die</strong> <strong>Entwicklungspsychologie</strong> unterscheidet verschiedene Zeitfenster <strong>der</strong> Entwicklung, die<br />

Herausbildung des Psychischen während <strong>der</strong> Phylogenese, die Entwicklung des e<strong>in</strong>zelnen<br />

Individuums (Ontogenese) und <strong>der</strong> Verlauf aktueller psychischer Prozesse, wie etwa e<strong>in</strong>es<br />

Denkvorgangs (die Aktualgenese). Während <strong>der</strong> Phylogenese bee<strong>in</strong>flusste die <strong>Umwelt</strong> die<br />

menschliche Entwicklung vermittelt über Prozesse <strong>der</strong> natürlichen Auslese, <strong>in</strong>dem bevorzugt<br />

solche Gene an die nachfolgende Generation weitergegeben wurden, die unter den gegebenen<br />

<strong>Umwelt</strong>bed<strong>in</strong>gungen e<strong>in</strong>en Überlebensvorteil brachten. In <strong>der</strong> Ontogenese geschieht die<br />

Ausprägung psychischer Merkmale immer <strong>in</strong> Wechselwirkung mit <strong>Umwelt</strong>faktoren.<br />

Schließlich wirken <strong>Umwelt</strong>faktoren auch auf den Verlauf e<strong>in</strong>zelner psychischer Prozesse<br />

(Aktualgenese; vgl. Li, 2003).<br />

Wachs (1991) unterscheidet drei Richtungen o<strong>der</strong> Stadien <strong>der</strong> Konzeptualisierung und<br />

Untersuchung von <strong>Umwelt</strong>e<strong>in</strong>flüssen auf die menschliche Entwicklung. Am Anfang stand die<br />

Untersuchung, ob Variationen <strong>der</strong> <strong>Umwelt</strong> mit <strong>der</strong> Variabilität <strong>der</strong> Entwicklung überhaupt <strong>in</strong><br />

Zusammenhang stehen. Viele dieser Forschungen folgten dem Modell sozialer Adressen,<br />

<strong>in</strong>dem etwa Unterschiede <strong>der</strong> Entwicklung <strong>in</strong> Abhängigkeit vom elterlichen<br />

sozioökonomischen Status, <strong>der</strong> ethnischen Herkunft o<strong>der</strong> vom Aufwachsen <strong>in</strong> so genannten<br />

speziellen <strong>Umwelt</strong>en (wie etwa K<strong>in</strong><strong>der</strong>heimen) untersucht wurden (Bronfenbrenner & Morris,<br />

5


1998). Im zweiten Stadium wurde untersucht, welche spezifischen <strong>Umwelt</strong>dimensionen mit<br />

<strong>der</strong> Variabilität von Entwicklung <strong>in</strong> Zusammenhang stehen. Hier wurde e<strong>in</strong>e Vielzahl<br />

potentiell entwicklungsrelevanter <strong>Umwelt</strong>dimensionen identifiziert, wie etwa elterliche<br />

Responsivität, strafendes Verhalten, autoritative Erziehung, die Vielfalt <strong>der</strong> Stimulation (z.B.<br />

Coll<strong>in</strong>s, Maccoby, Ste<strong>in</strong>berg, Hether<strong>in</strong>gton & Bornste<strong>in</strong>, 2000; Maccoby & Mart<strong>in</strong>, 1983).<br />

Im dritten Stadium stehen Modelle <strong>der</strong> Wechselwirkung von Personen (e<strong>in</strong>schließlich <strong>der</strong>en<br />

genetischer Merkmale) und Kontexten im Mittelpunkt. Hier s<strong>in</strong>d zum e<strong>in</strong>en Arbeiten zur<br />

Frage relevant, ob Entwicklungsergebnisse <strong>in</strong> Abhängigkeit von Konstellationen aus Person-<br />

und <strong>Umwelt</strong>merkmalen variieren (klassischer Interaktionismus; Mangnusson & Statt<strong>in</strong>,<br />

1998). Beispiele für e<strong>in</strong>e solche differentielle Perspektive <strong>der</strong> <strong>Entwicklungspsychologie</strong> s<strong>in</strong>d<br />

die im Abschnitt 2.3 diskutierten Passungsmodelle. Zum an<strong>der</strong>en s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> den letzten Jahren<br />

kontextualistische Entwicklungsmodelle entstanden (z.B. Ford & Lerner, 1992; Gottlieb,<br />

2002), die hochkomplexe Wechselwirkungen annehmen (holistischer Interaktionismus;<br />

Mangnusson & Statt<strong>in</strong>, 1998). Grundannahme dieser Modelle ist, dass menschliche<br />

Entwicklung sich verän<strong>der</strong>nde Beziehungen zwischen Individuen und ihren auf verschiedenen<br />

Niveaus bestehenden Kontexten be<strong>in</strong>haltet, und dass Verän<strong>der</strong>ungen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Kontext jeweils<br />

Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en auslösen können (z.B. <strong>der</strong> sozialen Kontexte, des Verhaltens,<br />

neuronaler Prozesse, <strong>der</strong> Geneexpression; Gottlieb, 2002). <strong>Die</strong>se Wechselwirkungen betreffen<br />

also nicht nur Interaktionen zwischen <strong>der</strong> Person und ihren <strong>Umwelt</strong>en, son<strong>der</strong>n auch<br />

reziproke Interaktionen zwischen genetischen, neuronalen, mentalen und Verhaltensprozessen<br />

im sich entwickelnden Individuum (Gottlieb, 2002). Entsprechend <strong>der</strong> Schwerpunktsetzung<br />

des vorliegenden Enzyklopädiebandes auf <strong>Umwelt</strong>psychologie konzentrieren wir unsere<br />

folgenden Ausführungen weitgehend auf Wechselwirkungen zwischen <strong>der</strong> <strong>Umwelt</strong> und<br />

psychischen Prozessen.<br />

<strong>Die</strong> Komplexität des Wechselspiels <strong>der</strong> Kontexte hat zur Folge, dass die Entwicklung nicht<br />

determ<strong>in</strong>istisch son<strong>der</strong>n probabilistisch verläuft und e<strong>in</strong>e Verän<strong>der</strong>ung e<strong>in</strong>es Kontexts, wie<br />

6


etwa e<strong>in</strong> Schulwechsel, verschiedene Effekte auf die Entwicklung des Individuums haben<br />

kann, abhängig von den Wechselwirkungen mit an<strong>der</strong>en Entwicklungskontexten (etwa im<br />

gleichen Zeitraum zu bewältigen<strong>der</strong> an<strong>der</strong>er Anfor<strong>der</strong>ungen, wie z.B. von biologischen<br />

Verän<strong>der</strong>ungen im Verlauf <strong>der</strong> Pubertät). Zum Verständnis <strong>der</strong> Wechselwirkung <strong>der</strong> Kontexte<br />

haben verschiedene Forschungsrichtungen beigetragen. In Bezug auf die Differenzierung<br />

sozialer Kontexte s<strong>in</strong>d beson<strong>der</strong>s die Arbeiten Bronfenbrenners von Bedeutung, die <strong>der</strong><br />

ökologisch orientierten Erforschung <strong>der</strong> psychischen Entwicklung viel Auftrieb verliehen.<br />

2.1 Bronfenbrenner’s ökologisches Modell<br />

Bronfenbrenner (1979, 1993) schlug e<strong>in</strong>e Systematisierung <strong>der</strong> ökologischen Kontexte <strong>der</strong><br />

menschlichen Entwicklung vor. Se<strong>in</strong>e Unterscheidung von fünf hierarchisch <strong>in</strong>e<strong>in</strong>an<strong>der</strong><br />

verschachtelten Kontexten verweist auf die Notwendigkeit, nicht nur die E<strong>in</strong>flüsse jener<br />

<strong>Umwelt</strong> zu untersuchen, die das Individuum unmittelbar umgibt (wie z.B. <strong>der</strong> Familie),<br />

son<strong>der</strong>n die Vielfalt <strong>der</strong> Entwicklungsumwelten und <strong>der</strong>en Zusammenspiel zu betrachten. Das<br />

Mikrosystem, bildet die unmittelbare <strong>Umwelt</strong>, <strong>in</strong> dem das Individuum lebt. So umfasst das<br />

Mikrosystem Familie die Familienmitglie<strong>der</strong> und ihre Beziehungen zue<strong>in</strong>an<strong>der</strong> sowie die<br />

materiellen Lebensbed<strong>in</strong>gungen <strong>der</strong> Familie (wie etwa Wohnverhältnisse und die f<strong>in</strong>anzielle<br />

Ausstattung). E<strong>in</strong>flüsse des Mikrosystems – und hier vor allem <strong>der</strong> Familie – bilden nach wie<br />

vor das meistuntersuchte Thema entwicklungspsychologischer Studien über <strong>Umwelt</strong>e<strong>in</strong>flüsse.<br />

Verschiedene Mikrosysteme stehen mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> <strong>in</strong> Wechselwirkung, etwa wenn Eltern die<br />

Wahl des Freundeskreises ihrer K<strong>in</strong><strong>der</strong> zu bee<strong>in</strong>flussen versuchen. Bronfenbrenner spricht<br />

hier vom Mesosystem. Das Exosystem umfasst jene ökologischen Systeme, denen das<br />

Individuum nicht selbst angehört, die es aber <strong>in</strong>direkt bee<strong>in</strong>flussen, und zwar vermittelt über<br />

Personen, die sowohl dem Exosystem als auch e<strong>in</strong>em Mikrosystem dieser Person angehören.<br />

So bee<strong>in</strong>flussen z.B. <strong>der</strong> Stress <strong>der</strong> Eltern am Arbeitsplatz und die elterliche E<strong>in</strong>stellung zu<br />

7


ihrer Arbeit die emotionale Qualität <strong>der</strong> Eltern-K<strong>in</strong>d-Beziehung (Greenberger, O’Neil &<br />

Nagel, 1994). Das Makrosystem schließlich bezieht sich auf Regelhaftigkeiten <strong>der</strong> Form o<strong>der</strong><br />

des Inhalts <strong>der</strong> Mikro-, Meso- und Exosysteme auf <strong>der</strong> Ebene <strong>der</strong> Gesamtkultur o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>er<br />

Subkultur (z.B. gesellschaftliche Überzeugungssysteme und Ideologien, rechtliche<br />

Rahmenbed<strong>in</strong>gungen). Untersuchungen zur Wirkung des Makrosystems erfolgen vor allem <strong>in</strong><br />

kulturvergleichenden Studien und <strong>in</strong> Studien über die Auswirkungen sozialen Wandels.<br />

E<strong>in</strong>flüsse des Makrosystems auf die <strong>in</strong>dividuelle Entwicklung s<strong>in</strong>d meist <strong>in</strong>direkt, vermittelt<br />

über die an<strong>der</strong>en ökologischen Systeme (z.B. Conger, Rueter & Conger, 2000).<br />

Bronfenbrenner betont zudem, dass sich im Prozess <strong>der</strong> menschlichen Entwicklung und<br />

aufgrund sozialen Wandels auch die ökologischen Kontexte, denen das Individuum angehört,<br />

systematisch verän<strong>der</strong>n (er spricht hier vom Chronosystem). So erfolgen z.B. während <strong>der</strong><br />

Individualentwicklung Übergänge zwischen verschiedenen Mikrosystemen (etwa von <strong>der</strong><br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong>tagesstätte über die Schule, die Berufsausbildung, den E<strong>in</strong>tritt <strong>in</strong> den Beruf bis zur<br />

Pensionierung).<br />

<strong>Die</strong> hierarchische <strong>in</strong>e<strong>in</strong>an<strong>der</strong> verschachtelte Struktur <strong>der</strong> ökologischen Systeme ermöglicht<br />

auch Mo<strong>der</strong>atoreffekte, <strong>in</strong>dem E<strong>in</strong>flüsse e<strong>in</strong>es Systems auf die Entwicklung <strong>in</strong> Abhängigkeit<br />

von an<strong>der</strong>en Systemen verstärkt o<strong>der</strong> abgeschwächt werden können. So schwächt z.B. die<br />

Zugehörigkeit Jugendlicher zu e<strong>in</strong>er devianten Peergruppe den E<strong>in</strong>fluss positiven<br />

Elternverhaltens auf die Entwicklung Jugendlicher ab, während umgekehrt die Zugehörigkeit<br />

zu e<strong>in</strong>er positiven, leistungsorientierten Peergruppe den negativen E<strong>in</strong>fluss e<strong>in</strong>es ger<strong>in</strong>gen<br />

elterlichen Erziehungsengagements reduziert (Brown & Huang, 1994).<br />

Zusätzlich zur Systematisierung von ökologischen Kontexten macht Bronfenbrenner e<strong>in</strong>ige<br />

Vorschläge, wie diese die psychische Entwicklung bee<strong>in</strong>flussen. Er spricht hier von<br />

proximalen Prozessen. Geme<strong>in</strong>t s<strong>in</strong>d reziproke Interaktionen mit Personen, Objekten und<br />

Symbolen <strong>in</strong> <strong>der</strong> unmittelbaren <strong>Umwelt</strong> (wie z.B. dabei ablaufende Lernvorgänge). Damit<br />

diese sich auf Entwicklung auswirken, müssen sie regelhaft über e<strong>in</strong>en längeren Zeitraum<br />

8


e<strong>in</strong>wirken (Bronfenbrenner & Morris, 1998). In späteren Arbeiten wurden zudem biologische<br />

Faktoren stärker <strong>in</strong> die Betrachtung e<strong>in</strong>bezogen und se<strong>in</strong> Modell zu e<strong>in</strong>em bioökologischen<br />

Modell erweitert (ebd.). Bronfenbrenner nimmt unter an<strong>der</strong>em an, dass auch<br />

entwicklungsrelevante Persönlichkeitsdispositionen für die Nutzung von Anregungen aus <strong>der</strong><br />

<strong>Umwelt</strong> wichtig s<strong>in</strong>d, wie etwa die Bereitschaft, auf Angebote aus <strong>der</strong> <strong>Umwelt</strong> e<strong>in</strong>zugehen<br />

und die Fähigkeit, Interaktionen zu strukturieren, voranzutreiben und zu vertiefen. Darüber<br />

h<strong>in</strong>aus hat Bronfenbrenner (1979) zahlreiche weitere Annahmen über die <strong>Rolle</strong> <strong>der</strong> <strong>Umwelt</strong><br />

für die Entwicklung formuliert, auf die wir hier nicht näher e<strong>in</strong>gehen können.<br />

2.2 Beiträge <strong>der</strong> Verhaltensgenetik<br />

Wenn man E<strong>in</strong>flüsse des Mikrosystems Familie auf die Entwicklung von K<strong>in</strong><strong>der</strong>n und<br />

Jugendlichen untersuchen will, steht man vor dem Problem, dass leibliche K<strong>in</strong><strong>der</strong> mit ihren<br />

Eltern nicht nur Aspekte <strong>der</strong> <strong>Umwelt</strong> teilen, son<strong>der</strong>n auch ihre Gene. Was <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Vergangenheit unüberlegt ausschließlich als Ergebnis familiärer Sozialisation verstanden<br />

wurde, stellte sich bei genauerer Betrachtung aus <strong>der</strong> Perspektive <strong>der</strong> Verhaltensgenetik dar<br />

als Zusammenspiel direkter genetischer Übertragung von den Eltern auf die K<strong>in</strong><strong>der</strong>, den<br />

Mitglie<strong>der</strong>n e<strong>in</strong>er Familie geme<strong>in</strong>samen Anregungen <strong>der</strong> familiären <strong>Umwelt</strong> (geteilte<br />

<strong>Umwelt</strong>), sowie <strong>in</strong>dividueller Erfahrungen <strong>der</strong> Familienangehörigen (so genannte nicht<br />

geteilte <strong>Umwelt</strong>), wobei die jeweilige Bedeutung <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen Komponenten vom <strong>in</strong> Frage<br />

stehenden Funktionsbereich abhängt (Coll<strong>in</strong>s et al., 2000; Plom<strong>in</strong>, DeFries, McClearn &<br />

Rutter, 1999). Nicht geteilte <strong>Umwelt</strong>e<strong>in</strong>flüsse können bedeuten, dass (a) Personen<br />

verschiedene Erfahrungen <strong>in</strong> unterschiedlichen <strong>Umwelt</strong>en machen (etwa wenn die<br />

Geschwister verschiedenen Peergruppen angehören), (b) sie <strong>in</strong> <strong>der</strong> gleichen <strong>Umwelt</strong><br />

unterschiedliche Erfahrungen machen (etwa dass die Eltern ihre K<strong>in</strong><strong>der</strong> z.B. <strong>in</strong> Abhängigkeit<br />

von Alter, Geschlecht o<strong>der</strong> Temperament unterschiedlich behandeln), und (c) dass sie<br />

9


unterschiedlich auf die ansonsten gleiche <strong>Umwelt</strong> reagieren (etwa das Verhalten ihrer Eltern<br />

als unterschiedlich fair erleben).<br />

Verhaltensgenetische Studien an Zwill<strong>in</strong>gen, Adoptivk<strong>in</strong><strong>der</strong>n und Geschwistern zeigten, dass<br />

die von den K<strong>in</strong><strong>der</strong>n geteilte <strong>Umwelt</strong> meist deutlich weniger <strong>in</strong>ter<strong>in</strong>dividuelle Varianz <strong>in</strong> den<br />

untersuchten Merkmalen aufklärt als die für das jeweilige K<strong>in</strong>d spezifischen <strong>Umwelt</strong>e<strong>in</strong>flüsse<br />

(Plom<strong>in</strong> et al., 1999). An<strong>der</strong>s gesagt, tragen <strong>Umwelt</strong>e<strong>in</strong>flüsse eher zur Unterschiedlichkeit als<br />

zur Ähnlichkeit von K<strong>in</strong><strong>der</strong>n bei. <strong>Die</strong>se Aussage ist etwas zu relativieren, da <strong>in</strong> die Schätzung<br />

des E<strong>in</strong>flusses <strong>der</strong> nicht geteilten <strong>Umwelt</strong> auch die Fehlervarianz des untersuchten Merkmals<br />

e<strong>in</strong>geht; aber auch bei statistischer Korrektur dafür klärt die nicht geteilte <strong>Umwelt</strong> im Mittel<br />

mehr Varianz als die geteilte <strong>Umwelt</strong> auf. So beträgt z.B. nach Plom<strong>in</strong> et al. (1999) bei<br />

Persönlichkeitsmaßen die Varianzaufklärung durch genetische Faktoren im Mittel 40%, durch<br />

nicht geteilte <strong>Umwelt</strong> (bere<strong>in</strong>igt für Messfehler) 40%, während ke<strong>in</strong>e bedeutsame Varianz<br />

durch die geteilte <strong>Umwelt</strong> aufgeklärt wird. E<strong>in</strong>e Ausnahme ist allerd<strong>in</strong>gs die Del<strong>in</strong>quenz, für<br />

die e<strong>in</strong> E<strong>in</strong>fluss <strong>der</strong> geteilten <strong>Umwelt</strong> nachgewiesen wurde (z.B. Tuvblad, Eley &<br />

Lichtenste<strong>in</strong>, 2005). <strong>Die</strong>s kann u.E. dadurch erklärt werden, dass del<strong>in</strong>quentes Verhalten<br />

bestimmte Opportunitäten <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Umwelt</strong> erfor<strong>der</strong>t und dass Geschwister häufig geme<strong>in</strong>sam<br />

del<strong>in</strong>quentes Verhalten zeigen, was dann zur Überschätzung geteilter <strong>Umwelt</strong>e<strong>in</strong>flüsse führt.<br />

Zudem erklärt die geteilte <strong>Umwelt</strong> etwa e<strong>in</strong> Viertel <strong>der</strong> <strong>in</strong>ter<strong>in</strong>dividuellen Variabilität<br />

allgeme<strong>in</strong>er kognitiver Fähigkeiten <strong>in</strong> <strong>der</strong> K<strong>in</strong>dheit. Mit wachsendem Alter nehmen hier<br />

jedoch E<strong>in</strong>flüsse <strong>der</strong> geteilten <strong>Umwelt</strong> ab und <strong>der</strong> nicht geteilten <strong>Umwelt</strong> zu, z.B. weil K<strong>in</strong><strong>der</strong><br />

zunehmend mehr Zeit außerhalb <strong>der</strong> Familie verbr<strong>in</strong>gen (Gatz, Pe<strong>der</strong>sen, Plom<strong>in</strong>, Nesselroade<br />

& McClearn, 1992; Plom<strong>in</strong> & Sp<strong>in</strong>ath, 2004).<br />

Natürlich weisen Schätzungen des Anteils <strong>der</strong> geteilten und nicht geteilten <strong>Umwelt</strong> an <strong>der</strong><br />

Variabilität von Merkmalen auch e<strong>in</strong>ige weitere Fehlerquellen auf. Da diese Schätzungen<br />

immer anhand <strong>der</strong> Variabilität dieser Merkmale <strong>in</strong> <strong>der</strong> untersuchten Stichprobe erfolgen und<br />

Familien mit extrem negativem Elternverhalten vermutlich kaum an psychologischen Studien<br />

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teilnehmen, können E<strong>in</strong>flüsse <strong>der</strong> geteilten und nicht geteilten <strong>Umwelt</strong> etwas unterschätzt<br />

werden. Ebenso gibt es H<strong>in</strong>weise, dass e<strong>in</strong>eiige Zwill<strong>in</strong>ge von ihren Eltern oft etwas ähnlicher<br />

behandelt werden als zweieiige Zwill<strong>in</strong>ge, was ebenso zur Unterschätzung des<br />

<strong>Umwelt</strong>e<strong>in</strong>flusses führen kann (Rutter, Pickles & Murray, 2001).<br />

Verhaltensgenetische Studien bedienen sich meist ausschließlich <strong>der</strong> Information über die<br />

Ähnlichkeit von Zwill<strong>in</strong>gen und Adoptivk<strong>in</strong><strong>der</strong>n <strong>in</strong> den untersuchten Merkmalen und über das<br />

Ausmaß <strong>der</strong> genetischen Ähnlichkeit (da e<strong>in</strong>eiige Zwill<strong>in</strong>ge 100%, zweieiige Zwill<strong>in</strong>ge und<br />

sonstige biologische Geschwister 50% und zu nicht Blutsverwandten Adoptierte mit an<strong>der</strong>en<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong>n <strong>in</strong> diesen Familien 0% ihrer Gene teilen). Damit kann zwar die Varianzaufklärung<br />

durch genetische und <strong>Umwelt</strong>faktoren untersucht werden, es bleibt aber offen, welche<br />

spezifischen <strong>Umwelt</strong>faktoren für <strong>Umwelt</strong>wirkungen verantwortlich s<strong>in</strong>d. Neuere<br />

verhaltensgenetische Arbeiten haben allerd<strong>in</strong>gs zusätzlich <strong>Umwelt</strong>variablen gemessen und<br />

ermöglichen damit, die wirkenden <strong>Umwelt</strong>faktoren zu spezifizieren. So wertete die Meta-<br />

Analyse von Turkheimer und Waldron (2000) 43 Studien aus, die sich mit nicht geteilter<br />

<strong>Umwelt</strong> von Geschwistern und differentiellen Entwicklungsergebnissen befassten. Jene<br />

Maße, die sich auf nicht geteilte <strong>Umwelt</strong> außerhalb <strong>der</strong> Familie bezogen, klärten mehr<br />

Varianz auf als die unterschiedliche Behandlung <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> Familie. <strong>Die</strong><br />

Familienkonstellation (z.B. die Position <strong>in</strong> <strong>der</strong> Geschwisterreihe) klärte im Mittel nur etwa e<strong>in</strong><br />

Prozent <strong>der</strong> Varianz <strong>der</strong> psychosozialen Anpassung, Persönlichkeit und kognitiven<br />

Entwicklung <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong> auf, differentielles Elternverhalten etwa 2% und differentielle<br />

Interaktionen mit Peers und Lehrern jeweils 5% <strong>der</strong> Varianz. Wurden Aggregatmaße über<br />

verschiedene Aspekte <strong>der</strong> nicht geteilten <strong>Umwelt</strong> berechnet, so klärten diese etwa 13% <strong>der</strong><br />

Varianz <strong>der</strong> <strong>in</strong>ter<strong>in</strong>dividuellen Unterschiede auf. Das <strong>in</strong> Bezug auf die Varianzaufklärung<br />

<strong>in</strong>sgesamt etwas unbefriedigende Ergebnis wird von den Autoren unter an<strong>der</strong>em damit erklärt,<br />

dass die Wirkung <strong>der</strong> nicht geteilten <strong>Umwelt</strong> sich aus kle<strong>in</strong>en Effekten vieler E<strong>in</strong>zelvariablen<br />

zusammensetzt. So kann man z.B. Elternverhalten aufglie<strong>der</strong>n <strong>in</strong> das Ausmaß von Wärme<br />

11


und Unterstützung, das Setzen klarer Regeln, Kontrolle, Stimulierung, Gewähren von<br />

Autonomie, Konsistenz über die Zeit etc., wobei <strong>in</strong> Studien meist nur e<strong>in</strong> o<strong>der</strong> wenige<br />

Aspekte davon gemessen wurden. Zudem kann die objektiv gleiche <strong>Umwelt</strong> auf verschiedene<br />

Personen unterschiedliche Wirkungen haben (was <strong>in</strong> diesen Studien oft nicht erfasst wurde).<br />

Wirkungen <strong>der</strong> <strong>Umwelt</strong> und <strong>der</strong> Gene auf die psychische Entwicklung s<strong>in</strong>d vone<strong>in</strong>an<strong>der</strong><br />

abhängig, wobei Genom-<strong>Umwelt</strong>-Korrelationen und Genom-<strong>Umwelt</strong>-Interaktionen<br />

unterschieden werden. Plom<strong>in</strong>, DeFries und Loehl<strong>in</strong> (1977) unterscheiden drei Arten <strong>der</strong><br />

Genom-<strong>Umwelt</strong>-Korrelation. Passive Genom-<strong>Umwelt</strong>-Korrelation me<strong>in</strong>t, dass K<strong>in</strong><strong>der</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e<br />

<strong>Umwelt</strong> h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>geboren werden, die bis zu e<strong>in</strong>em gewissen Grade zu ihren Genen passfähig<br />

ist. K<strong>in</strong><strong>der</strong> „erben“ gewissermaßen e<strong>in</strong>e Familienumwelt, die mit ihren genetischen Anlagen<br />

korreliert ist. Evokative Genom-<strong>Umwelt</strong>-Korrelation entsteht dadurch, dass das Genom des<br />

K<strong>in</strong>des bestimmte Verhaltensweisen auslöst, auf die ihre soziale <strong>Umwelt</strong> reagiert. K<strong>in</strong><strong>der</strong>, die<br />

Selbstkontrollprobleme haben, lösen z.B. eher negatives Elternverhalten aus (Ge et al., 1996).<br />

Aktive Genom-<strong>Umwelt</strong>-Korrelation bedeutet, dass Menschen selbst aktiv aus dem<br />

<strong>Umwelt</strong>angebot solche <strong>Umwelt</strong>en auswählen bzw. sich solche <strong>Umwelt</strong>en schaffen, die zu<br />

ihren Genen passfähig s<strong>in</strong>d. Das erfor<strong>der</strong>t natürlich, dass die <strong>Umwelt</strong> e<strong>in</strong> M<strong>in</strong>destmaß an<br />

Gestaltungsspielräumen bietet.<br />

<strong>Die</strong> passive Genom-<strong>Umwelt</strong>-Korrelation setzt Interaktionen zwischen genetisch verwandten<br />

Individuen voraus und kommt bei Adoptivk<strong>in</strong><strong>der</strong>n o<strong>der</strong> im K<strong>in</strong><strong>der</strong>heim nicht zum Tragen,<br />

während die evokative und aktive Genom-<strong>Umwelt</strong>-Korrelation dagegen <strong>in</strong> beliebigen an<strong>der</strong>e<br />

sozialen <strong>Umwelt</strong>en (und bei <strong>der</strong> aktiven Genom-<strong>Umwelt</strong>-Korrelation auch <strong>in</strong> nichtsozialen<br />

<strong>Umwelt</strong>en) erfolgen kann. Scarr und We<strong>in</strong>berg (1983) äußerten die Vermutung, dass die<br />

passive Genom-<strong>Umwelt</strong>-Korrelation mit zunehmendem Alter <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong> an Bedeutung<br />

verliert, während die evokative und aktive wichtiger werden, etwa da die Fähigkeit <strong>in</strong><br />

K<strong>in</strong>dheit und Jugend zunimmt, die <strong>Umwelt</strong> nach den eigenen Anlagen o<strong>der</strong> Bedürfnissen zu<br />

bee<strong>in</strong>flussen. <strong>Die</strong>se Prozesse können auch die mit dem Alter zunehmenden<br />

12


Erblichkeitskoeffizienten und die Abnahme des Effekts <strong>der</strong> geteilten <strong>Umwelt</strong> erklären, denn<br />

Eltern reagieren zunehmend differenziert auf die Verhaltensäußerungen ihrer K<strong>in</strong><strong>der</strong> (Plom<strong>in</strong><br />

et al., 1999).<br />

E<strong>in</strong>e mit <strong>der</strong> Genom-<strong>Umwelt</strong>-Korrelation <strong>in</strong> Zusammenhang stehende wichtige Entdeckung<br />

<strong>der</strong> Verhaltensgenetik war auch, dass viele <strong>Umwelt</strong>maße, wie z.B. mütterliche Responsivität,<br />

implizit genetische E<strong>in</strong>flüsse aufweisen (z.B. Deater-Deckard, 2000; Plom<strong>in</strong> et al., 1999).<br />

<strong>Die</strong>se Befunde s<strong>in</strong>d weniger paradox, als es auf den ersten Blick ersche<strong>in</strong>en mag, denn Eltern<br />

geben nicht nur ihre Gene an die K<strong>in</strong><strong>der</strong> weiter, son<strong>der</strong>n schaffen sich auch e<strong>in</strong>e <strong>Umwelt</strong><br />

entsprechend ihrer Gene (passive Genom-<strong>Umwelt</strong>-Korrelation) und Menschen bee<strong>in</strong>flussen<br />

ihre <strong>Umwelt</strong> (evokative und aktive Genom-<strong>Umwelt</strong>-Korrelation). Studien zu genetischen<br />

E<strong>in</strong>flüssen auf die <strong>Umwelt</strong> machen somit deutlich, dass e<strong>in</strong>e Form von E<strong>in</strong>flüssen <strong>der</strong> Gene<br />

auf die psychische Entwicklung ist, dass sie Personen mit gewisser Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit<br />

bestimmten Erfahrungen <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Umwelt</strong> aussetzen, die zur Stabilisierung bzw. Verän<strong>der</strong>ung<br />

ihres Verhaltens führen.<br />

Ausgehend vom verhaltensgenetischen Ansatz hat z.B. Scarr (1992) <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em heftig<br />

umstrittenen Aufsatz postuliert, dass alle genetisch normalen K<strong>in</strong><strong>der</strong> die für Menschen<br />

üblichen Kompetenzen (z.B. Sprache, Denken) entwickeln werden, solange nur die <strong>Umwelt</strong><br />

e<strong>in</strong> M<strong>in</strong>destmaß an Anregung nicht unterschreitet. Unter diesen Bed<strong>in</strong>gungen seien beson<strong>der</strong>e<br />

elterliche Erziehungsanstrengungen nicht weiter för<strong>der</strong>lich. Für kulturell optimale<br />

Entwicklung s<strong>in</strong>d allerd<strong>in</strong>gs <strong>Umwelt</strong>e<strong>in</strong>flüsse bedeutsam (Baumr<strong>in</strong>d, 1991), und genetische<br />

Faktoren klären selten mehr als 50% <strong>der</strong> Varianz bei psychologisch <strong>in</strong>teressierenden<br />

Variablen auf. Der rationale Kern von Scarr’s Behauptung besteht dar<strong>in</strong>, dass <strong>der</strong> E<strong>in</strong>fluss <strong>der</strong><br />

<strong>Umwelt</strong> auf die Entwicklung <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong> durch genetische Faktoren begrenzt wird, jedoch<br />

<strong>in</strong>nerhalb dieser Grenzen Entwicklung formbar ist.<br />

<strong>Die</strong> Genotyp-<strong>Umwelt</strong>-Korrelation ist zu unterscheiden von <strong>der</strong> Genotyp-<strong>Umwelt</strong>-Interaktion,<br />

<strong>der</strong> genetisch bed<strong>in</strong>gten Empfänglichkeit für <strong>Umwelt</strong>e<strong>in</strong>flüsse (Plom<strong>in</strong> et al., 1999). Shanahan<br />

13


und Hofer (2005) unterscheiden vier Formen <strong>der</strong> Genotyp-<strong>Umwelt</strong>-Interaktion: Kontextuelles<br />

Triggern me<strong>in</strong>t, dass e<strong>in</strong>e genetische Vulnerabilität erst dann verhaltenswirksam wird, wenn<br />

ungünstige <strong>Umwelt</strong>bed<strong>in</strong>gungen auftreten. So fanden z.B. Cadoret et al. (1995), dass<br />

genetisch vorbelastete Adoptivk<strong>in</strong><strong>der</strong> (<strong>der</strong>en biologische Eltern die Diagnose e<strong>in</strong>er<br />

antisozialen Persönlichkeitsstörung o<strong>der</strong> von Drogenmissbrauch aufwiesen) auf Stress <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Adoptivfamilie verstärkt mit externalisierenden Störungen reagierten, während bei ger<strong>in</strong>gem<br />

Stresslevel ihre Vulnerabilität nicht zur Entfaltung kam. Genetisch nicht vorbelastete<br />

Adoptierte blieben dagegen von Stressoren <strong>in</strong> <strong>der</strong> Adoptivfamilie unbee<strong>in</strong>flusst. Caspi et al.<br />

(2002) erfassten genetische Vulnerabilität über e<strong>in</strong>en Genmarker für ger<strong>in</strong>ge Aktivität von<br />

Monoam<strong>in</strong>-Oxidase-A, welche Neurotransmitter – wie Norephedr<strong>in</strong>, Seroton<strong>in</strong> und Dopam<strong>in</strong><br />

– metabolisiert. <strong>Die</strong> Autoren fanden, dass schlechte elterliche Behandlung das Risiko für<br />

antisoziales Verhalten bei Jugendlichen erhöhte, die diesen Genmarker besaßen, während<br />

dieses Elternverhalten für antisoziales Verhalten Gleichaltriger ohne die genetische<br />

Vorbelastung ohne Bedeutung war.<br />

<strong>Die</strong> zweite von Shanahan und Hofer (2005) genannte Form <strong>der</strong> Genotyp-<strong>Umwelt</strong>-Interaktion<br />

ist <strong>der</strong> soziale Kontext als Kompensation, <strong>in</strong>dem e<strong>in</strong> för<strong>der</strong>licher sozialer Kontext die<br />

Ausprägung e<strong>in</strong>er genetischen Vulnerabilität verh<strong>in</strong><strong>der</strong>t. So wird z.B. e<strong>in</strong>e gestörte kognitive<br />

Entwicklung bei Betroffenen von <strong>der</strong> genetisch bed<strong>in</strong>gten Stoffwechselerkrankung<br />

Phenylketonurie durch e<strong>in</strong>e spezielle Diät weitgehend vermieden (Luciana, Sullivan &<br />

Nelson, 2001). Drittens können Kontexte über soziale Kontrolle die Ausprägung von Genen<br />

bee<strong>in</strong>flussen, etwa wenn durch e<strong>in</strong> hohes Ausmaß sozialer Kontrolle <strong>der</strong> E<strong>in</strong>fluss genetischer<br />

Disposition für Problemverhalten reduziert wird (z.B. Koopmans et al., 2004). Schließlich<br />

nennen die Autoren entwicklungsför<strong>der</strong>liche Effekte <strong>der</strong> <strong>Umwelt</strong>, wenn diese die Ausprägung<br />

e<strong>in</strong>er günstigen genetischen Disposition unterstützen, etwa dass Veranlagungen für e<strong>in</strong>e hohe<br />

Intelligenz dann besser zur Entfaltung kommen, wenn e<strong>in</strong> une<strong>in</strong>geschränkter Zugang zu<br />

Bildungsmöglichkeiten existiert (z.B. Heath et al., 1985).<br />

14


2.3 Passungsmodelle von Person und <strong>Umwelt</strong><br />

Während sich die Verhaltensgenetik mit <strong>der</strong> Passung zwischen <strong>der</strong> genetischen Ausstattung<br />

e<strong>in</strong>er Person (des Genotyps) und <strong>der</strong> <strong>Umwelt</strong> befasst, s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Entwicklungspsychologie</strong><br />

auch verschiedene Modelle zur Passung des Phänotyps mit <strong>Umwelt</strong>faktoren entwickelt<br />

worden. Hier ist zum e<strong>in</strong>en <strong>der</strong> Goodness-of-fit-Ansatz <strong>der</strong> Temperamentsforschung zu<br />

nennen (Lerner, 1983), nach dem die psychische Anpassung des K<strong>in</strong>des e<strong>in</strong>e Funktion <strong>der</strong><br />

Wechselwirkung von Temperaments- und <strong>Umwelt</strong>merkmalen ist. So zeigten z.B. Morris, Silk<br />

und Ste<strong>in</strong>berg (2002), dass die Wirkung mütterlicher Fe<strong>in</strong>dseligkeit und psychologischer<br />

Kontrolle (wie exzessives Kritisieren, Auslösen von Schuldgefühlen) auf externalisierende<br />

und <strong>in</strong>ternalisierende Störungen mit zwei Temperamentsmerkmalen <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong> variierte: Bei<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong>n mit ger<strong>in</strong>ger Impulskontrolle sagte e<strong>in</strong>e höhere Fe<strong>in</strong>dseligkeit <strong>der</strong> Mütter mehr<br />

externalisierende Störungen vorher. Bei K<strong>in</strong><strong>der</strong>n mit hoher Impulskontrolle hatte dagegen die<br />

Fe<strong>in</strong>dseligkeit <strong>der</strong> Mütter ke<strong>in</strong>e <strong>der</strong>artige Wirkung. Internalisierende Störungen des K<strong>in</strong>des<br />

wurden durch das Ausüben psychologischer Kontrolle <strong>der</strong> Mütter nur bei jenen K<strong>in</strong><strong>der</strong>n<br />

geför<strong>der</strong>t, die dazu neigten, auf Stress mit starken negativen Gefühlen zu reagieren. <strong>Die</strong>se und<br />

ähnliche Studien legen nahe, dass e<strong>in</strong>e Forschung zu kurz greift, die nur nach allgeme<strong>in</strong>en, für<br />

alle K<strong>in</strong><strong>der</strong> günstigen o<strong>der</strong> ungünstigen elterlichen Verhaltensweisen sucht.<br />

Da Menschen sich e<strong>in</strong>e <strong>Umwelt</strong> wählen o<strong>der</strong> gestalten, die gut zu ihren aktuellen Merkmalen<br />

(wie z.B. Interessen, Fähigkeiten) passfähig ist, werden Transaktionen zwischen Individuum<br />

und <strong>Umwelt</strong> stabilisiert und die Kont<strong>in</strong>uität <strong>der</strong> Persönlichkeit geför<strong>der</strong>t (Caspi, 2000).<br />

Neuartige Erfahrungen, bei denen alte Verhaltensweisen nicht länger anwendbar s<strong>in</strong>d, s<strong>in</strong>d<br />

dagegen e<strong>in</strong>e Quelle von Diskont<strong>in</strong>uität, wie etwa die Forschung zu so genannten<br />

Wendepunkten <strong>der</strong> Entwicklung zeigt (Seidman & French, 2004). Geme<strong>in</strong>t s<strong>in</strong>d hier neuartige<br />

Erfahrungen, die das Leben <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e neue Richtung lenken. Allerd<strong>in</strong>gs können neue<br />

15


Erfahrungen dann vorhandene Verhaltenstendenzen verstärken und zur Kont<strong>in</strong>uität beitragen,<br />

wenn ke<strong>in</strong>e Anhaltspunkte für angemessene neuartige Verhaltensweisen vorhanden s<strong>in</strong>d, und<br />

Personen erst e<strong>in</strong>mal verstärkt auf solches Verhalten zurückgreifen, mit dem sie bereits früher<br />

auf Anfor<strong>der</strong>ungen reagierten (Akzentuierung; El<strong>der</strong> & Caspi, 1992).<br />

Wie gut bestimmte <strong>Umwelt</strong>merkmale zu dem sich entwickelnden Individuum passfähig s<strong>in</strong>d,<br />

variiert im Entwicklungsverlauf (Eccles et al., 1993 sprechen <strong>in</strong> diesem Zusammenhang von<br />

e<strong>in</strong>er Passung von Entwicklungsstufe und <strong>Umwelt</strong>). So nehmen z.B. im Jugendalter das<br />

Bedürfnis nach Autonomie und aktiver Mitwirkung an Entscheidungsprozessen zu. Jene<br />

Schulen, die für Jugendliche nur wenige Mitbestimmungsmöglichkeiten bieten, hemmen hier<br />

die Motivation und Kompetenzentwicklung.<br />

Im Rahmen <strong>der</strong> <strong>Entwicklungspsychologie</strong> des höheren Erwachsenenalters und <strong>der</strong><br />

Gerontologie wurde die Passung von Person und <strong>Umwelt</strong> vor allem <strong>in</strong> Bezug auf<br />

Diskrepanzen zwischen <strong>der</strong> Alltagskompetenz und dem Ausmaß von <strong>Umwelt</strong>anfor<strong>der</strong>ungen<br />

thematisiert (z.B. das ökologische Modell des Alters von Lawton und Nahemow, 1973). Auch<br />

hier wird die Annahme verfolgt, dass e<strong>in</strong>e schlechte Passung zwischen Person und <strong>Umwelt</strong><br />

<strong>der</strong> Entfaltung des vollen Entwicklungspotentials abträglich ist. Passungsprobleme gibt es<br />

z.B. häufig zwischen Bedürfnissen und Kompetenzen älterer Menschen und dem Verhalten<br />

von <strong>in</strong>formellen und formellen Helfern, die auf selbständiges Verhalten oft mit Ignoranz o<strong>der</strong><br />

Hilfsangeboten reagieren, was wie<strong>der</strong>um Unselbständigkeit för<strong>der</strong>t (Baltes, 1996).<br />

Grenzen <strong>der</strong> Passungsmodelle bestehen dar<strong>in</strong>, dass sie sich auf Wechselwirkungen von Person<br />

und <strong>Umwelt</strong> auf das Verhalten beschränken (klassischer Interaktionismus; Magnusson &<br />

Statt<strong>in</strong>, 1998) und folglich z.B. nicht untersucht wird, wie Verhalten wie<strong>der</strong>um zur<br />

Verän<strong>der</strong>ung von <strong>Umwelt</strong>faktoren beiträgt.<br />

3. Entwicklungsrelevante <strong>Umwelt</strong>merkmale<br />

16


3.1 <strong>Umwelt</strong>dimensionen<br />

Bis heute gibt es ke<strong>in</strong>e allgeme<strong>in</strong>e Taxonomie entwicklungsrelevanter <strong>Umwelt</strong>merkmale, die<br />

über den Differenzierungsgrad dessen h<strong>in</strong>ausgeht, was bereits Bronfenbrenner (1979, 1993)<br />

schrieb. Wir möchten im Folgenden e<strong>in</strong>ige entwicklungsrelevante <strong>Umwelt</strong>merkmale<br />

herausarbeiten. Zu betonen ist, dass zahlreiche spezifische Aspekte <strong>der</strong> <strong>Umwelt</strong> jeweils<br />

spezifische Entwicklungsaspekte bee<strong>in</strong>flussen (Pr<strong>in</strong>zip <strong>der</strong> <strong>Umwelt</strong>spezifik; Wachs, 1991). So<br />

etwa bee<strong>in</strong>flussen <strong>in</strong>ter<strong>in</strong>dividuelle Unterschiede <strong>in</strong> <strong>der</strong> mütterlichen Sprache die<br />

Sprachentwicklung <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong>, nicht aber <strong>der</strong>en Spielverhalten o<strong>der</strong> Stressbelastung, während<br />

Unterschiede <strong>in</strong> mütterlicher Sensitivität z.B. Stresssymptome aber nicht die<br />

Sprachentwicklung bee<strong>in</strong>flussen (z.B. Hoff-G<strong>in</strong>sberg, 2000). Werden allerd<strong>in</strong>gs allgeme<strong>in</strong>e<br />

<strong>Umwelt</strong>dimensionen betrachtet (wie etwa die Verfügbarkeit von emotionaler Unterstützung,<br />

so s<strong>in</strong>d breitere Auswirkungen auf die Entwicklung nachweisbar (z.B. Coll<strong>in</strong>s et al., 2000).<br />

Wir diskutieren anfangs entwicklungsrelevante Dimensionen <strong>der</strong> <strong>Umwelt</strong> und daran<br />

anschließend Aspekte <strong>der</strong> E<strong>in</strong>wirkung <strong>der</strong> <strong>Umwelt</strong>. Unsere Grundannahme hierbei ist, dass<br />

solche <strong>Umwelt</strong>en entwicklungsrelevant s<strong>in</strong>d, die den Individuen zugänglich s<strong>in</strong>d, die<br />

Entwicklungsanregungen bieten und die im Fall fehlen<strong>der</strong> Opportunitäten von den Individuen<br />

so verän<strong>der</strong>t werden können, dass Entwicklung möglich wird.<br />

Zugänglichkeit. Damit die <strong>Umwelt</strong> entwicklungswirksam werden kann, muss sie für das<br />

Individuum potentiell zugänglich se<strong>in</strong>. Potentiell zugänglich me<strong>in</strong>t, dass für K<strong>in</strong><strong>der</strong> und<br />

Jugendliche auch jene Aspekte <strong>der</strong> <strong>Umwelt</strong> motivieren, die aktuell noch nicht erreicht, aber<br />

bereits wahrgenommen und im nächsten Schritt <strong>der</strong> Kompetenzentwicklung erreicht werden<br />

können (Konzept <strong>der</strong> Zone <strong>der</strong> proximalen Entwicklung; Vygotsky, 1986). <strong>Die</strong> noch nicht<br />

gegebene Erreichbarkeit e<strong>in</strong>es auf e<strong>in</strong>em kle<strong>in</strong>en Tisch liegenden attraktiven Gegenstandes ist<br />

z.B. für das K<strong>in</strong>d im Krabbelalter motivierend, sich aufzurichten, um ihn zu erreichen und<br />

damit neue Fähigkeiten <strong>der</strong> Lokomotion zu erlernen.<br />

17


<strong>Die</strong> Zugänglichkeit <strong>der</strong> <strong>Umwelt</strong> ist immer dann relevant, wenn Fähigkeiten zur<br />

<strong>Umwelt</strong>nutzung noch nicht o<strong>der</strong> nicht mehr vorhanden s<strong>in</strong>d, wobei die Schwelle <strong>der</strong><br />

Zugänglichkeit <strong>in</strong> Abhängigkeit von <strong>der</strong> Kompetenz <strong>der</strong> Individuen variiert (vgl. z.B. die<br />

environmental docility hypothesis <strong>in</strong> <strong>der</strong> Gerontologie; Lawton & Simon, 1969). So zeigten<br />

z.B. Olbrich und <strong>Die</strong>gritz (1995), dass für ältere Menschen mit sehr hoher und sehr ger<strong>in</strong>ger<br />

Gehfähigkeit die Distanz von E<strong>in</strong>richtung zur eigenen Wohnung irrelevant für die Nutzung<br />

war. Kompetente Senioren nutzten auch schlechter zugängliche E<strong>in</strong>richtungen und für stark <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Mobilität E<strong>in</strong>geschränkte waren auch nahe E<strong>in</strong>richtungen nicht mehr zugänglich. Für<br />

Personen mit mittleren E<strong>in</strong>schränkungen <strong>der</strong> Gehfähigkeit war es dagegen für ihr Verhalten<br />

entscheidend, wie weit die E<strong>in</strong>richtungen von ihrer Wohnung entfernt waren.<br />

Sicherheit. <strong>Die</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Umwelt</strong> vorhandene Sicherheit versus Gefährdung bildet e<strong>in</strong>e weitere<br />

Grunddimension, wobei sowohl Gefahren für die körperliche Unversehrtheit (z.B.<br />

Vorhandense<strong>in</strong> von <strong>Umwelt</strong>giften, Aufwachsen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Kriegsgebiet, körperliche<br />

Misshandlung etc.) als auch Gefahren für die psychische Entwicklung (z.B. psychische<br />

Misshandlung) bedeutsam s<strong>in</strong>d. <strong>Die</strong> erlebte Sicherheit im Wohngebiet ist auch e<strong>in</strong>e <strong>der</strong><br />

wichtigsten Dimensionen <strong>der</strong> Beurteilung <strong>der</strong> Wohnumwelt im Alter und e<strong>in</strong>e wichtige<br />

Determ<strong>in</strong>ante <strong>der</strong> Zufriedenheit mit <strong>der</strong> Nachbarschaft (P<strong>in</strong>quart & Burmedi, 2003).<br />

Vor allem dort, wo die <strong>Umwelt</strong> e<strong>in</strong> M<strong>in</strong>destmaß an Sicherheit nicht gewährleistet (Krieg,<br />

Naturkatastrophen, Betroffenheit von Verbrechen etc.), entwickeln viele Betroffene<br />

psychische Auffälligkeiten, wie etwa posttraumatische Belastungsstörungen. In<br />

Übere<strong>in</strong>stimmung mit den weiter oben diskutierten kontextualistischen<br />

Entwicklungsmodellen variiert aber das Risiko für <strong>der</strong>artige Störungen <strong>in</strong> Abhängigkeit<br />

davon, welche Vulnerabilitäten (z.B. Stressreaktivität) und Schutzfaktoren (z.B. verfügbare<br />

soziale Unterstützung) die Betroffenen zum Umgang mit den Ereignissen mitbr<strong>in</strong>gen (z.B.<br />

Ozer et al., 2003).<br />

18


Verfügbarkeit von Opportunitäten. Wie schon am Beispiel <strong>der</strong> Arbeit von Muchow und<br />

Muchow (1935) gezeigt, betreffen Opportunitäten nicht nur die Funktionen, für die e<strong>in</strong>e<br />

<strong>Umwelt</strong> geschaffen wurden, son<strong>der</strong>n auch Funktionen, die ihnen das sich entwickelnde<br />

Individuum zuschreibt o<strong>der</strong> abgew<strong>in</strong>nt. Was hierbei Opportunitäten s<strong>in</strong>d, variiert z.B. mit<br />

dem Alter, Geschlecht, o<strong>der</strong> <strong>in</strong> Abhängigkeit von den <strong>in</strong>dividuellen Interessen. Dass fehlende<br />

Opportunitäten die Entwicklung beh<strong>in</strong><strong>der</strong>n, zeigten z.B. Silbereisen, Noack und van Eye<br />

(1992): Jugendliche mit e<strong>in</strong>em Wunsch nach e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>timen Beziehung, die ihre Freizeit<br />

überwiegend zuhause verbrachten, hatten es zum zweiten Messzeitpunkt so gut wie nicht<br />

geschafft, diesen Wunsch zu erfüllen, ganz im Gegensatz zu jenen, die ihre Freizeit zumeist<br />

an öffentlichen Orten mit mehr Kontaktmöglichkeiten verbrachten.<br />

<strong>Umwelt</strong>en werden auch oft „gegen den Stich“ genutzt, wie z.B. Studien zur <strong>Rolle</strong> von<br />

Freizeitorten für die Entwicklung von Jugendlichen zeigten: Jugendliche suchen gezielt<br />

solche Freizeitorte auf, die für das Verfolgen ihrer alterstypischen Entwicklungsaufgaben<br />

dienlich waren. E<strong>in</strong>e Rolltreppe gegen die Fahrtrichtung zu benutzen, diente z.B. männlichen<br />

Jugendlichen als e<strong>in</strong> Weg, um die Aufmerksamkeit von Vertreter<strong>in</strong>nen des an<strong>der</strong>en<br />

Geschlechts zu gew<strong>in</strong>nen (Silbereisen, Noack & Schönpflug, 1994).<br />

<strong>Die</strong> Verfügbarkeit von Opportunitäten lässt sich weiter aufglie<strong>der</strong>n: E<strong>in</strong>e wichtige Funktion<br />

<strong>der</strong> <strong>Umwelt</strong> ist hierbei die Bereitstellung von Information und Stimulierung. So för<strong>der</strong>t bereits<br />

e<strong>in</strong>e pränatale Stimulation <strong>in</strong> den letzten Schwangerschaftsmonaten (etwa mit Hilfe von<br />

Musik) die Entwicklung <strong>der</strong> Fe<strong>in</strong>- und Grobmotorik und erster kognitiver Leistungen nach <strong>der</strong><br />

Geburt, auch wenn diese Effekte zum Ende des ersten Lebensjahres wie<strong>der</strong> abnehmen, wenn<br />

neue <strong>Umwelt</strong>reize <strong>in</strong> den Vor<strong>der</strong>grund treten (Lafuente, Grifol & Rios, 2001). Ungünstige<br />

Effekte auf die Entwicklung s<strong>in</strong>d dort zu erwarten, wo K<strong>in</strong><strong>der</strong> nicht genug Stimulierung<br />

erhalten. So beruht z.B. <strong>der</strong> negative Effekt mütterlicher Depression auf die Entwicklung von<br />

Kle<strong>in</strong>k<strong>in</strong><strong>der</strong>n unter an<strong>der</strong>em auf e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>adäquaten Stimulierung (Field, 1998). Hier wird<br />

deutlich, dass nicht nur das Vorhandense<strong>in</strong> e<strong>in</strong>es <strong>Umwelt</strong>faktors, son<strong>der</strong>n auch dessen<br />

19


Abwesenheit entwicklungsrelevant s<strong>in</strong>d. So zeigen z.B. Studien aus <strong>der</strong><br />

Entwicklungsneurobiologie, dass nicht nur ungünstige <strong>Umwelt</strong>bed<strong>in</strong>gungen<br />

Entwicklungsstörungen bewirken können (experience-dependent effects), son<strong>der</strong>n auch <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>em bestimmten Zeitfenster ausbleibende entwicklungsnotwendige <strong>Umwelt</strong>e<strong>in</strong>flüsse, wie<br />

etwa starke Deprivation (experience-expectant effects; Black, 2003).<br />

Zahlreiche ältere Arbeiten sprachen von e<strong>in</strong>er monotonen Beziehung zwischen <strong>der</strong> Vielfalt<br />

<strong>der</strong> Stimulation durch die <strong>Umwelt</strong> und <strong>der</strong> Entwicklung von K<strong>in</strong><strong>der</strong>n und Jugendlichen (vgl.<br />

Wohlwill, 1973), wobei aber spätere Studien zeigten, dass es e<strong>in</strong> für die Entwicklung<br />

optimales Niveau <strong>der</strong> Stimulation gibt und sowohl Über- als auch Unterstimulierung zu e<strong>in</strong>er<br />

ungünstigen Entwicklung führen kann, und dass das Ausmaß optimaler Stimulierung<br />

wie<strong>der</strong>um <strong>in</strong> Abhängigkeit vom Alter und Entwicklungsstand variiert (z.B. Isabella & Belsky,<br />

1991).<br />

<strong>Die</strong> Strukturiertheit und Erschließbarkeit <strong>der</strong> <strong>Umwelt</strong> bee<strong>in</strong>flusst ebenso, wie weit die<br />

vorhandenen Opportunitäten genutzt werden: E<strong>in</strong>e <strong>Umwelt</strong>, die e<strong>in</strong>e gute Orientierung<br />

zulässt, ermöglicht eher, <strong>der</strong>en Potentiale für die <strong>in</strong>dividuelle Entwicklung auszunutzen (z.B.<br />

Saup, 1993). Jene <strong>Umwelt</strong>en s<strong>in</strong>d besser erschließbar, die e<strong>in</strong> gewisses Maß an Struktur und<br />

Regelhaftigkeiten bieten, wobei vermutet wird, dass sowohl e<strong>in</strong> sehr hohes Maß an<br />

Unstrukturiertheit und Desorganisation als auch e<strong>in</strong>e sehr hohe Starrheit <strong>der</strong> Regeln<br />

Risikofaktoren für e<strong>in</strong>e günstige Entwicklung enthält (Bronfenbrenner & Morris, 1998). E<strong>in</strong><br />

Beispiel, wie Eltern das Ausmaß von Struktur erhöhen, um die Entwicklung ihrer K<strong>in</strong><strong>der</strong> zu<br />

för<strong>der</strong>n, ist das <strong>in</strong>tuitive Elternverhalten. Durch Übersteigerungen <strong>der</strong> Kontraste <strong>in</strong> den<br />

verbalen sprachlichen Äußerungen gegenüber dem K<strong>in</strong>d o<strong>der</strong> im Gesichtsausdruck erleichtern<br />

die Eltern den Spracherwerb („Ammensprache“; Papousek & Papousek, 2002).<br />

Ungünstige Auswirkungen e<strong>in</strong>er unstrukturierten und damit schlecht erschließbaren <strong>Umwelt</strong><br />

für die Entwicklung von K<strong>in</strong><strong>der</strong>n und Jugendlichen wurden z.B. von Evans et al. (2005)<br />

gezeigt: E<strong>in</strong> hohes Ausmaß von familiärem Chaos (operationalisiert über Reizüberflutung<br />

20


sowie das Fehlen klarer Regeln und Ordnung) sagte auch bei statistischer Kontrolle<br />

wirtschaftlicher Belastungen das spätere Ausmaß von Stresssymptomen und Hilflosigkeit von<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong>n vorher.<br />

Unterstützung/Kompensation. Dass e<strong>in</strong> angemessenes Ausmaß von emotionaler und<br />

<strong>in</strong>strumenteller sozialer Unterstützung wichtig für die <strong>in</strong>dividuelle Entwicklung ist, haben<br />

Studien zum Elternverhalten (z.B. Coll<strong>in</strong>s et al., 2000) und zur Kompetenzentwicklung im<br />

Alter gezeigt. Mit Hilfe e<strong>in</strong>er „prothetischen <strong>Umwelt</strong>“ können z.B. im Alter nachlassende<br />

Fähigkeiten weitgehend kompensiert und e<strong>in</strong>e höhere Selbständigkeit aufrechterhalten o<strong>der</strong><br />

wie<strong>der</strong>hergestellt werden (Wahl & Lang, 2003).<br />

Responsivität. Am Beispiel <strong>der</strong> evokativen Genom-<strong>Umwelt</strong>-Korrelation wurde schon weiter<br />

vorn beschrieben, dass für die Entwicklung wichtig ist, wie weit die soziale <strong>Umwelt</strong> auf die<br />

Verhaltensäußerungen e<strong>in</strong>geht. Darüber h<strong>in</strong>aus hat z.B. die B<strong>in</strong>dungsforschung überzeugend<br />

gezeigt, dass die elterliche Responsivität (also das Erkennen und E<strong>in</strong>gehen auf Zustände des<br />

K<strong>in</strong>des) e<strong>in</strong> wichtiger Prädiktor für den Aufbau e<strong>in</strong>er sicheren Eltern-K<strong>in</strong>d-B<strong>in</strong>dung ist<br />

(Raval, Goldberg & Atk<strong>in</strong>son, 2001). Ebenso geht hohe elterliche Responsivität mit e<strong>in</strong>er<br />

besseren kognitiven und sprachlichen Entwicklung <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong> e<strong>in</strong>her (Bradley & Corwyn,<br />

2003).<br />

Kontrollierbarkeit. Wie bereits im Abschnitt über die Beiträge <strong>der</strong> Verhaltensgenetik zur<br />

<strong>Entwicklungspsychologie</strong> diskutiert, verän<strong>der</strong>n Individuen ihre <strong>Umwelt</strong>en bzw. schaffen sich<br />

solche <strong>Umwelt</strong>en, die gut zu ihren Potentialen passen. Damit solche aktive Genom-<strong>Umwelt</strong>-<br />

Korrelationen funktionieren und damit – allgeme<strong>in</strong>er gesagt – e<strong>in</strong>e Auswahl und Gestaltung<br />

<strong>der</strong> <strong>Umwelt</strong> entsprechend den Entwicklungsaufgaben o<strong>der</strong> -potentialen erfolgen kann, müssen<br />

<strong>Umwelt</strong>en e<strong>in</strong> M<strong>in</strong>destmaß an Bee<strong>in</strong>flussbarkeit bieten. So zeigte z.B. Heath et al. (1985) <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>er Zwill<strong>in</strong>gsstudie, dass genetische E<strong>in</strong>flüsse auf den erreichten Bildungsstand<br />

norwegischer Erwachsener bei 1915-1939 Geborenen mit 41% Varianzaufklärung ger<strong>in</strong>ger<br />

als bei den später Geborenen waren (67% bzw. 74%). H<strong>in</strong>ter diesem Effekt standen<br />

21


Verän<strong>der</strong>ungen im Bildungssystem, die es den später Geborenen leichter machten, bei<br />

entsprechendem Potential e<strong>in</strong>en höheren Abschluss zu erwerben. Bekannt geworden s<strong>in</strong>d<br />

auch die Ergebnisse kontrollerhöhen<strong>der</strong> Interventionen mit Altenheimbewohnern, die<br />

deutliche Effekte auf das Bef<strong>in</strong>den und die Alltagsaktivität zeigten (zur Übersicht, Saup,<br />

1993).<br />

Privatheit. Das Bedürfnis nach Privatheit nimmt im Jugendalter zu. So zeigten Larson und<br />

Richards (1991), dass zwischen <strong>der</strong> 6. und 9. Klasse das Ausmaß an alle<strong>in</strong> verbrachter<br />

Tageszeit bei männlichen Jugendlichen von 24% auf 41% und bei weiblichen von 23 auf 32%<br />

stieg. Jugendliche, die e<strong>in</strong>en Rückzugsraum hatten und nutzen, s<strong>in</strong>d psychisch besser als<br />

an<strong>der</strong>e angepasst, vermutlich weil dies die Entwicklung von Autonomie und <strong>der</strong> Identität<br />

(Ruhe, über sich selbst nachzudenken) för<strong>der</strong>t (Larson, 1990). <strong>Umwelt</strong>en, die wenig<br />

Privatheit zulassen, werden auch im Erwachsenenalter als abträglich für die Entwicklung<br />

bewertet (wie etwa Mehrbettzimmer im Altenheim; Saup, 1993).<br />

3.2 Aspekte <strong>der</strong> Exposition<br />

Während die bisher genannten Dimensionen sich auf Attribute <strong>der</strong> <strong>Umwelt</strong> beziehen, werden<br />

im Folgenden Aspekte <strong>der</strong> E<strong>in</strong>wirkung <strong>der</strong> <strong>Umwelt</strong> auf das Individuum thematisiert. Hierbei<br />

ist für die <strong>in</strong>dividuelle Entwicklung von Bedeutung, <strong>in</strong> welchem Alter, wie lange, mit welcher<br />

Intensität und wie konsistent e<strong>in</strong> <strong>Umwelt</strong>faktor auf die Individuen e<strong>in</strong>wirkt.<br />

Alter bei Exposition. In <strong>der</strong> <strong>Entwicklungspsychologie</strong> war lange Zeit die Annahme verbreitet<br />

(z.B. Bowlby, S. Freud), dass K<strong>in</strong><strong>der</strong> <strong>in</strong> den ersten Lebensmonaten und -jahren am<br />

empfänglichsten für <strong>Umwelt</strong>e<strong>in</strong>flüsse s<strong>in</strong>d und dass folglich frühe Erfahrungen beson<strong>der</strong>s<br />

nachhaltige Effekte auf die Entwicklung haben würden (Shaffer, 2000). E<strong>in</strong>e systematische<br />

Überprüfung <strong>der</strong> Annahme zeigte allerd<strong>in</strong>gs, dass es ke<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>fachen l<strong>in</strong>earen<br />

Zusammenhang zwischen dem Alter und <strong>der</strong> Sensitivität für <strong>Umwelt</strong>e<strong>in</strong>flüsse gibt. Hier ist<br />

22


z.B. e<strong>in</strong>e Studie mit rumänischen K<strong>in</strong><strong>der</strong>n e<strong>in</strong>schlägig, die nach dem Zusammenbruch des<br />

kommunistischen Systems ihre ersten Lebensmonate bzw. Jahre unter widrigsten Umständen<br />

(z.B. massive Unterernährung, Fehlen sozialer Zuwendung) <strong>in</strong> Waisenhäusern zubrachten und<br />

denen dort für das Alter übliche <strong>Umwelt</strong>e<strong>in</strong>flüsse (wie e<strong>in</strong>e feste Bezugsperson) weitgehend<br />

fehlten. Jene K<strong>in</strong><strong>der</strong>, die bereits vor Ende des 6. Lebensmonats <strong>in</strong> britische Adoptivfamilien<br />

kamen, zeigten mit 4-6 Jahren ke<strong>in</strong>e Störungen im Attachment und ke<strong>in</strong>e kognitiven Defizite.<br />

Wer jedoch erst später adoptiert wurde, hatte e<strong>in</strong> erhöhtes Risiko für B<strong>in</strong>dungsstörungen und<br />

kognitive E<strong>in</strong>schränkungen (Rutter & O’Connor, 2004). Dass Deprivationserfahrungen <strong>in</strong> den<br />

ersten Lebensmonaten ohne Auswirkung auf die Entwicklung des B<strong>in</strong>dungsverhaltens<br />

blieben, ist darüber zu erklären, dass sich die B<strong>in</strong>dung <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong> an Bezugspersonen erst ab<br />

dem zweiten Lebenshalbjahr herausbildet. Folglich s<strong>in</strong>d K<strong>in</strong><strong>der</strong> nicht per se <strong>in</strong> den ersten<br />

Lebensmonaten beson<strong>der</strong>s empfänglich für <strong>Umwelt</strong>e<strong>in</strong>flüsse, son<strong>der</strong>n <strong>in</strong> jenem Altersbereich,<br />

<strong>in</strong> dem die jeweils untersuchten Merkmale entstehen. Ähnlich zeigen auch Studien <strong>in</strong> weniger<br />

extremen <strong>Umwelt</strong>en, dass Zusammenhänge zwischen dem Stimulierungsgrad <strong>der</strong> <strong>Umwelt</strong> und<br />

<strong>der</strong> kognitiven Entwicklung im ersten Lebensjahr noch ger<strong>in</strong>g s<strong>in</strong>d, aber dann deutlich<br />

ansteigen (Bradley et al., 1989). Zudem s<strong>in</strong>d – wie schon diskutiert – K<strong>in</strong><strong>der</strong> unterschiedlich<br />

vulnerabel für <strong>Umwelt</strong>e<strong>in</strong>flüsse und viele Effekte früher Erfahrungen können später<br />

modifiziert werden, sofern Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> <strong>Umwelt</strong> neuartige Erfahrungen zulassen.<br />

Intensität <strong>der</strong> E<strong>in</strong>wirkung. Oft wird die Annahme vertreten, dass e<strong>in</strong>e größere Zahl von<br />

positiven o<strong>der</strong> negativen <strong>Umwelt</strong>faktoren bzw. e<strong>in</strong>e stärkere Ausprägung dieser mit e<strong>in</strong>er<br />

entsprechend günstigeren bzw. ungünstigeren Entwicklung e<strong>in</strong>hergeht. <strong>Die</strong> Beziehung ist<br />

allerd<strong>in</strong>gs nicht immer l<strong>in</strong>ear. So zeigte bereits Rutter (1979), dass sich K<strong>in</strong><strong>der</strong> ohne und mit<br />

e<strong>in</strong>em familiären Stressor nicht <strong>in</strong> ihrer Entwicklung unterschieden, während zwei Stressoren<br />

mit e<strong>in</strong>em vierfach erhöhten und vier Stressoren mit e<strong>in</strong>em zehnfach erhöhten Risiko für<br />

Verhaltensprobleme e<strong>in</strong>herg<strong>in</strong>g. Zudem kann die Konfrontation mit schwachen o<strong>der</strong> mäßig<br />

starken Stressoren auch die Kompetenz im Umgang mit Stress erhöhen, so dass man <strong>in</strong> Bezug<br />

23


auf künftige Stressoren bis zu e<strong>in</strong>em gewissen Grad immunisiert wird (Gunnar et al., 1995).<br />

Dauer <strong>der</strong> E<strong>in</strong>wirkung. Länger e<strong>in</strong>wirkende <strong>Umwelt</strong>e<strong>in</strong>flüsse haben im Mittel stärkere Effekte<br />

auf die menschliche Entwicklung. K<strong>in</strong><strong>der</strong>, die <strong>in</strong> beständig f<strong>in</strong>anziell belasteten Familien<br />

leben, zeigen im Vergleich zu K<strong>in</strong><strong>der</strong>n <strong>in</strong> stabil wirtschaftlich unbelasteten Familien mehr<br />

Probleme mit Gleichaltrigen, Betragensprobleme <strong>in</strong> <strong>der</strong> Schule und e<strong>in</strong>e ger<strong>in</strong>ge<br />

Selbstachtung. K<strong>in</strong><strong>der</strong>, <strong>der</strong>en Familien nur vorübergehend wirtschaftliche Belastungen erlebt<br />

haben, liegen <strong>in</strong> ihren Entwicklungsergebnissen zwischen den an<strong>der</strong>en beiden Gruppen<br />

(Bolger, Patterson, Thompson & Kupersmidt, 1995). Ebenso g<strong>in</strong>g <strong>in</strong> <strong>der</strong> bereits geschil<strong>der</strong>ten<br />

Studie von Rutter und O’Connor (2004) e<strong>in</strong> längerer Aufenthalt im Waisenhaus mit stärkeren<br />

kognitiven Defiziten und B<strong>in</strong>dungsstörungen e<strong>in</strong>her. Auch nach e<strong>in</strong>em längeren Leben unter<br />

widrigen Umständen wird jedoch nach e<strong>in</strong>em Wechsel <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e bessere <strong>Umwelt</strong> gefunden, dass<br />

sich negative Entwicklungsfolgen zum großen Teil wie<strong>der</strong> zurückbilden. <strong>Die</strong> meisten<br />

rumänischen Waisenhausk<strong>in</strong><strong>der</strong> holten z.B. <strong>in</strong> ihrer Entwicklung nach <strong>der</strong> Adoption<br />

beträchtlich auf, was für e<strong>in</strong>e hohe Plastizität <strong>der</strong> Entwicklung spricht<br />

4. Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Transaktion von Person und <strong>Umwelt</strong> im Lebenslauf<br />

Nachdem im vorherigen Abschnitt entwicklungswirksame Dimensionen <strong>der</strong> <strong>Umwelt</strong> erst<br />

e<strong>in</strong>mal weitgehend unabhängig vom Alter <strong>der</strong> Personen beschrieben wurden, diskutieren wir<br />

im Folgenden, wie sich die Wechselwirkung von Person und <strong>Umwelt</strong> über den Lebenslauf<br />

h<strong>in</strong>weg verän<strong>der</strong>t.<br />

4.1 Allgeme<strong>in</strong>e Tendenzen<br />

Im Laufe <strong>der</strong> Ontogenese verän<strong>der</strong>n sich nicht nur die Individuen, son<strong>der</strong>n parallel dazu auch<br />

ihre Entwicklungskontexte. <strong>Die</strong>se Verän<strong>der</strong>ungen s<strong>in</strong>d nötig, damit Kontexte angesichts sich<br />

24


verän<strong>der</strong>n<strong>der</strong> Bedürfnisse und Kompetenzen entwicklungsgerecht bleiben. <strong>Die</strong> Verän<strong>der</strong>ung<br />

<strong>der</strong> Entwicklungskontexte wurde im Rahmen verschiedener theoretischer Zugänge immer<br />

wie<strong>der</strong> betont (z.B. Chronosystem, Bronfenbrenner & Morris; 1998; kontextualistische<br />

<strong>Entwicklungspsychologie</strong>; Ford & Lerner, 1992; Genom-<strong>Umwelt</strong>-Korrelationen, Scarr &<br />

We<strong>in</strong>berg, 1983), ohne diese allerd<strong>in</strong>gs meist genauer zu spezifizieren. Aus unserer Sicht s<strong>in</strong>d<br />

fünf Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Interaktion des sich entwickelnden Individuums mit se<strong>in</strong>er <strong>Umwelt</strong><br />

relevant.<br />

Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Zahl <strong>der</strong> <strong>Umwelt</strong>en, denen das Individuum angehört. In <strong>der</strong> K<strong>in</strong>dheit und im<br />

Jugendalter kommt es <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bronfenbrennerschen Term<strong>in</strong>ologie zu e<strong>in</strong>er Zunahme <strong>der</strong> Zahl<br />

<strong>der</strong> Mikrosysteme, denen das Individuum angehört (z.B. Larson & Richards, 1989); im<br />

höheren Erwachsenenalter nimmt diese Zahl wie<strong>der</strong> ab. Während z.B. das Kle<strong>in</strong>k<strong>in</strong>d sich<br />

weitgehend <strong>in</strong> <strong>der</strong> Familie aufhält, erschließt es sich mit zunehmendem Alter an<strong>der</strong>e<br />

<strong>Umwelt</strong>en, wie K<strong>in</strong><strong>der</strong>tagesstätte, Nachbarschaft und Peergruppe. Zu den anfangs<br />

dom<strong>in</strong>ierenden Interaktionen mit den Eltern kommen später immer mehr an<strong>der</strong>e Personen<br />

h<strong>in</strong>zu (wie K<strong>in</strong><strong>der</strong>gärtner<strong>in</strong>nen, an<strong>der</strong>e Verwandte, Geschwister, Gleichaltrige, Lehrer und<br />

an<strong>der</strong>e Mentoren, Ehepartner, Kollegen etc.; Bronfenbrenner & Morris, 1998). Mit dem<br />

Wegfall sozialer <strong>Rolle</strong>n (z.B. durch die Pensionierung) und e<strong>in</strong>e nachlassende Kompetenz<br />

engt sich im höheren Alter allerd<strong>in</strong>gs wie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Lebensraum e<strong>in</strong> (z.B. Rub<strong>in</strong>ste<strong>in</strong>, Kilbride &<br />

Nagy, 1992). Verschiedene Studien fanden übere<strong>in</strong>stimmend, dass über 60jährige pro Tag im<br />

Mittel nur rund 3 Stunden o<strong>der</strong> sogar weniger Zeit außer Haus verbr<strong>in</strong>gen. Ebenso nutzten<br />

ältere Menschen im Laufe e<strong>in</strong>es Jahres weniger die sozial-räumlichen Gelegenheiten ihrer<br />

Kommune und weiteren <strong>Umwelt</strong> als jüngere Erwachsene. Auch die Bereitschaft zur<br />

räumlichen Mobilität (Umzug, Urlaubsreisen) ist bei älteren Menschen ger<strong>in</strong>ger (Saup, 1993).<br />

Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Spezialisierung <strong>der</strong> <strong>Umwelt</strong>en. Wenn jüngere K<strong>in</strong><strong>der</strong> und ältere Menschen<br />

mehr Zeit als an<strong>der</strong>e Personen <strong>in</strong> ihrer Wohnung verbr<strong>in</strong>gen, so bedeutet das auch, dass sie<br />

fast alle Bedürfnisse <strong>in</strong> diesem Kontext befriedigen und die <strong>Umwelt</strong> gewissermaßen wenig<br />

25


spezialisiert ist. Eltern s<strong>in</strong>d z.B. für jüngere K<strong>in</strong><strong>der</strong>n oft die ausschließliche Quelle von<br />

Nahrung, Schutz, emotionaler Wärme als auch die Lehrenden. Ältere K<strong>in</strong><strong>der</strong> und Jugendliche<br />

nutzen dagegen zunehmend ihre <strong>Umwelt</strong>en, um dort jeweils spezifische Bedürfnisse zu<br />

befriedigen (etwa die Schule als Ort des Lernens und die Peergruppe zum Spielen und für<br />

an<strong>der</strong>e Freizeitbetätigungen).<br />

Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Komplexität <strong>der</strong> Wechselwirkungen zwischen Individuen und ihren<br />

<strong>Umwelt</strong>en. Wenn K<strong>in</strong><strong>der</strong> älter werden, so nehmen ihre Kompetenzen zu. Folglich müssen<br />

Interaktionen mit <strong>der</strong> <strong>Umwelt</strong> auch umfangreicher und komplexer werden, um dieses<br />

Potential zu verwirklichen (Bronfenbrenner & Morris, 1998). Allerd<strong>in</strong>gs ist auch hier wie<strong>der</strong><br />

e<strong>in</strong>e Abnahme <strong>der</strong> Komplexität <strong>der</strong> Wechselwirkungen im höheren Alter zu erwarten. So<br />

schil<strong>der</strong>n ältere Erwachsene z.B. mehr Alltagsrout<strong>in</strong>en als jüngere (Mart<strong>in</strong>, Frey, Oswald &<br />

Almeida, 2003).<br />

Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Eigenaktivität bei <strong>der</strong> Auswahl und Verän<strong>der</strong>ung von Kontexten. E<strong>in</strong>ige <strong>der</strong><br />

bisher beschriebenen Tendenzen werden nicht von den Personen selbst aktiv herbeigeführt,<br />

son<strong>der</strong>n s<strong>in</strong>d durch die Gesellschaft organisiert (etwa Altersnormen für die Aufnahme <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong>tagesstätte und den Schule<strong>in</strong>tritt). Allerd<strong>in</strong>gs nimmt <strong>in</strong> <strong>der</strong> K<strong>in</strong>dheit und Jugend auch<br />

die Eigenaktivität bei <strong>der</strong> Aneignung <strong>der</strong> <strong>Umwelt</strong> zu: Territorien werden z.B. von<br />

Jugendgruppen besetzt und gegen Außenstehende verteidigt (Childress, 2004). Wie schon<br />

weiter oben diskutiert, nimmt mit wachsenden Fähigkeiten <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong> und Jugendlichen die<br />

aktive Genom-<strong>Umwelt</strong>-Korrelation zu, das heißt, <strong>Umwelt</strong>en werden zunehmend entsprechend<br />

des genetischen Potentials verän<strong>der</strong>t o<strong>der</strong> aktiv ausgewählt (Scarr & We<strong>in</strong>berg, 1983). Auch<br />

hier wäre natürlich e<strong>in</strong>e Abnahme <strong>der</strong> aktiven und evokativen sowie e<strong>in</strong>e Zunahme <strong>der</strong><br />

passiven Genom-<strong>Umwelt</strong>-Korrelation mit nachlassenden Kompetenzen im hohen Alter zu<br />

erwarten (Deater-Deckard & Mayr, 2005), was aber vermutlich solange wenig zum Tragen<br />

kommt, wie die <strong>in</strong> jüngeren Jahren geschaffene o<strong>der</strong> ausgewählte <strong>Umwelt</strong> noch zu den<br />

eigenen Potentialen und Präferenzen passt.<br />

26


Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Wichtigkeit <strong>der</strong> <strong>Umwelt</strong>dimensionen. Auch die Bedeutung <strong>der</strong> unter 3.1<br />

genannten <strong>Umwelt</strong>dimensionen verän<strong>der</strong>t sich über die Lebensspanne <strong>in</strong> Abhängigkeit von<br />

Ressourcen, Entwicklungsaufgaben und Motiven. Auf Basis von altersassoziierten<br />

Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Kompetenz haben z.B. jüngst Wahl und Lang (2003) vorgeschlagen, dass<br />

das Ausmaß von Sicherheit und Vertrautheit, welches die <strong>Umwelt</strong> gewährt, <strong>in</strong> <strong>der</strong> K<strong>in</strong>dheit<br />

und im hohen Erwachsenenalter am wichtigsten und im mittleren Alter am wenigsten wichtig<br />

s<strong>in</strong>d, weil man <strong>in</strong> den mittleren Jahren die meisten Kompetenzen hat, um ggf. auch mit e<strong>in</strong>er<br />

weniger sicheren und unvertrauten <strong>Umwelt</strong> zurechtzukommen. Der Gehalt an Stimulation und<br />

Aktivierung durch die <strong>Umwelt</strong> sei dagegen im mittleren Erwachsenenalter am wichtigsten<br />

und im hohen Alter am unwichtigsten, da man mit hoher Kompetenz mehr aus dem<br />

Anregungsgehalt <strong>der</strong> <strong>Umwelt</strong> machen kann und im hohen Alter die nachlassende Kompetenz<br />

die <strong>in</strong>dividuellen Möglichkeiten zur Nutzung des Anregungsgehalts immer mehr e<strong>in</strong>schränkt.<br />

<strong>Die</strong> <strong>Umwelt</strong> als Quelle von Kont<strong>in</strong>uität schließlich sei beson<strong>der</strong>s im hohen Erwachsenenalter<br />

wichtig, wenn z.B. Gegenstände <strong>der</strong> <strong>Umwelt</strong> zum Lebensrückblick anregen.<br />

In Bezug auf die Bedeutung <strong>der</strong> sozialen <strong>Umwelt</strong> hat Carstensen (z.B. Carstensen, Fung &<br />

Charles, 2003) im Rahmen ihrer Theorie <strong>der</strong> sozioemotionalen Selektivität vorgeschlagen,<br />

dass <strong>in</strong> K<strong>in</strong>dheit und Jugend solche Kontakte beson<strong>der</strong>s wichtig s<strong>in</strong>d, die neue Informationen<br />

liefern, während im hohen Erwachsenenalter aufgrund <strong>der</strong> immer stärker hervortretenden<br />

Endlichkeit des eigenen Dase<strong>in</strong>s <strong>der</strong> emotionale Gehalt von vertrauten sozialen Kontakten an<br />

Bedeutung gew<strong>in</strong>nt, denn vertraute Menschen bieten unmittelbare emotionale Befriedigung,<br />

während das zukünftige Potential von neuen Kontakten und neuen Informationen wegen <strong>der</strong><br />

begrenzten Lebenszeit nicht mehr zum Tragen kommen würde. Studien zum Vergleich von<br />

Erwachsenen verschiedenen Alters bestätigen die Annahmen von Carstensen, wobei e<strong>in</strong>e<br />

nachlassende verbleibende Lebenszeit bereits bei jüngeren Erwachsenen (HIV-Infizierten) zu<br />

Kontaktpräferenzen führt, die ansonsten nur bei Alten beobachtet werden (Carstensen &<br />

Fredricksen, 1998).<br />

27


Darüber h<strong>in</strong>aus gibt es natürlich auch Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Kontexte, die ke<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>deutigen<br />

Zusammenhang mit dem Lebensalter zeigen, wie etwa bei Scheidung <strong>der</strong> Eltern,<br />

ökonomischen Belastungen durch Arbeitslosigkeit o<strong>der</strong> Folgen sozialen Wandels (Kruse &<br />

Graumann, 1998; Shanahan, Sulloway & Hofer, 2000). Auch diese Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong><br />

Kontexte bewirken verän<strong>der</strong>te Transaktionen mit dem Individuum und bieten selbst dadurch<br />

wie<strong>der</strong> Anlässe für neue Entwicklungsprozesse.<br />

4.2 Entwicklung umweltbezogener E<strong>in</strong>stellungen und Verhaltensweisen<br />

Nachdem im vorherigen Abschnitt allgeme<strong>in</strong>e altersassoziierte Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong><br />

Transaktionen zwischen Person und <strong>Umwelt</strong> diskutiert wurden, werden im Folgenden<br />

exemplarisch altersassoziierte Verän<strong>der</strong>ungen <strong>in</strong> E<strong>in</strong>stellungen und Verhaltensweisen<br />

gegenüber <strong>der</strong> <strong>Umwelt</strong> diskutiert. Hierbei legen wir den Schwerpunkt auf<br />

<strong>Umwelt</strong>bewusstse<strong>in</strong>, bestehend aus ökologischem Wissen (<strong>Umwelt</strong>wissen),<br />

umweltbezogenen E<strong>in</strong>stellungen und umweltschonenden bzw. -gefährdenden<br />

Verhaltensweisen (vgl. z.B. Wiesenthal, Schumann-Hengsteler & Thomas, 1996). Das<br />

<strong>Umwelt</strong>bewusstse<strong>in</strong> bildet e<strong>in</strong> wichtiges Thema <strong>der</strong> <strong>Umwelt</strong>psychologie, während es bisher <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> <strong>Entwicklungspsychologie</strong> noch wenig untersucht wurde. Allerd<strong>in</strong>gs gibt es e<strong>in</strong>ige<br />

<strong>in</strong>teressante Alterstrends, auf die es näher e<strong>in</strong>zugehen lohnt.<br />

<strong>Umwelt</strong>wissen. Anfänge von Wissen darüber, welche Verhaltensweisen umweltschonend<br />

o<strong>der</strong> –schädigend s<strong>in</strong>d, f<strong>in</strong>det man bereits im Vorschulalter, wobei es K<strong>in</strong><strong>der</strong>n leichter fällt,<br />

diese Verhaltensweisen zu nennen als <strong>der</strong>en Effekt zu begründen (Wiesenthal et al., 1996).<br />

Ältere K<strong>in</strong><strong>der</strong> verfügen über mehr <strong>Umwelt</strong>wissen als jüngere (Leem<strong>in</strong>g & Dwyer, 1995;<br />

Wiesenthal et al., 1996), während bei Jugendlichen nicht alle Studien Altersunterschiede<br />

zugunsten Älterer fanden (z.B. Lyons & Breakwell, 1994) und im Erwachsenenalter ke<strong>in</strong>e<br />

weiteren Altersunterschiede beobachtet werden (Preisendörfer, 1999).<br />

28


E<strong>in</strong>stellungen zur <strong>Umwelt</strong>. <strong>Die</strong> meisten vorliegenden Studien mit K<strong>in</strong><strong>der</strong>n (Leem<strong>in</strong>g &<br />

Dwyer, 1995), Jugendlichen (z.B. Buttel, 1979; Szagun & Mesenholl, 1993) und<br />

Erwachsenen (z.B. Iversen & Rundmo, 2002; Preisdörfer, 1999) f<strong>in</strong>den e<strong>in</strong>e negative<br />

Korrelation zwischen Lebensalter und <strong>der</strong> Positivität <strong>der</strong> E<strong>in</strong>stellung zu <strong>Umwelt</strong>belangen<br />

(etwa <strong>der</strong> Besorgnis über <strong>Umwelt</strong>verschmutzung). E<strong>in</strong>e kulturvergleichende Studie von<br />

Szagun und Pavlov (1995) fand allerd<strong>in</strong>gs den negativen Zusammenhang von Alter und<br />

Besorgnis über <strong>Umwelt</strong>belange nur bei deutschen Jugendlichen, nicht jedoch bei russischen<br />

Gleichaltrigen. Hier war diese Variable – vermutlich wegen fehlen<strong>der</strong> <strong>Umwelt</strong>erziehung –<br />

bereits bei Jüngeren ger<strong>in</strong>g ausgeprägt, so dass wenig Spielraum für e<strong>in</strong>e Abnahme bestand.<br />

E<strong>in</strong>ige Studien fanden zudem nichtl<strong>in</strong>eare Zusammenhänge von <strong>Umwelt</strong>e<strong>in</strong>stellungen und<br />

Lebensalter. In Bezug auf E<strong>in</strong>stellungen zur Verkehrsmittelwahl können solche Effekte über<br />

Altersnormen für den Führersche<strong>in</strong>erwerb erklärt werden: <strong>Die</strong> Bewertung des Autos ist bei<br />

den 17-19jährigen beson<strong>der</strong>s hoch und die Bewertung des Radfahrens sowie die allgeme<strong>in</strong>e<br />

E<strong>in</strong>stellung zur umweltschonenden Verkehrsmittelwahl beson<strong>der</strong>s niedrig ausgeprägt<br />

(Klöckner, 2002). Danach verliert vermutlich das Autofahren den Reiz des Neuen und die<br />

Bedeutung als Symbol für die neuen Freiheiten des Erwachsenenalters. Dazu passend fand<br />

Blaikie (1992) bei 25-34jährigen positivere E<strong>in</strong>stellungen über <strong>Umwelt</strong>belange als bei 18-<br />

24jährigen und über 35jährigen.<br />

Moralisches Urteilen. Da <strong>in</strong> Bezug auf <strong>Umwelt</strong>gefährdung und <strong>Umwelt</strong>schutz oft Interessen<br />

und Normen <strong>in</strong> Konflikt geraten (z.B. von Wirtschaft, Konsum, Naturschutz), hat die<br />

Psychologie darauf bezogene moralische Urteile untersucht. Von<br />

entwicklungspsychologischem Interesse ist hier, ob beim moralischen Urteilen über<br />

<strong>Umwelt</strong>belange ähnliche Alterstrends auftreten, wie man <strong>in</strong> Bezug auf an<strong>der</strong>e moralisch<br />

relevante Themen fand. Dazu passend berichten Bunt<strong>in</strong>g und Cous<strong>in</strong>s (1985), dass ältere<br />

Jugendliche im stärkeren Maße moralische Standards auf <strong>Umwelt</strong>themen anwendeten als<br />

29


jüngere sowie Kahn und Lourenço (2002), dass ältere Jugendliche komplexere moralische<br />

Urteile abgaben.<br />

Verhalten. Bei jüngeren K<strong>in</strong><strong>der</strong>n wurden von Wiesenthal et al. (1996) ke<strong>in</strong>e systematischen<br />

Altersunterschiede <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bereitschaft für und im tatsächlich gezeigten umweltschonenden<br />

Verhalten beobachtet. <strong>Die</strong> Befunde zum Jugendalter s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>konsistent. So fanden Szagun und<br />

Mesenholl (1994) bei deutschen Jugendlichen, dass die Bereitschaft für umweltschonendes<br />

Verhalten (etwa auf manchen Luxus zu Gunsten des <strong>Umwelt</strong>schutzes zu verzichten o<strong>der</strong> die<br />

Bereitschaft zur Mülltrennung) bei 12jährigen höher ausgeprägt war als bei 15- und<br />

18jährigen. Gleichgerichtete Unterschiede bestanden <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bereitschaft zur Mitarbeit <strong>in</strong><br />

<strong>Umwelt</strong>schutzorganisationen. Bei russischen Jugendlichen wurde dagegen e<strong>in</strong> positiver<br />

Zusammenhang von Alter und Bereitschaft zu umweltschonendem Verhalten beobachtet<br />

(Szagun & Pavlov, 1995). Während bei älteren deutschen Jugendlichen<br />

<strong>Umwelt</strong>gesichtspunkte zunehmend <strong>in</strong> Konflikt mit neuen Konsummöglichkeiten gerieten, war<br />

dies bei den russischen Jugendlichen nach Aussage <strong>der</strong> Autoren weniger <strong>der</strong> Fall.<br />

In Bezug auf umweltschädigendes Verhalten muss auch Vandalismus thematisiert werden,<br />

also die Beschädigung und Zerstörung öffentlichen Eigentums und des Eigentums an<strong>der</strong>er<br />

Personen. <strong>Die</strong>ses Verhalten tritt gehäuft zusammen mit an<strong>der</strong>en externalisierenden<br />

Verhaltensproblemen auf, wie etwa <strong>Die</strong>bstahl (Storvoll, Wichstrøm, Kolstad & Pape, 2002).<br />

Das höchste Ausmaß an Vandalismus wird im mittleren Jugendalter gefunden, <strong>der</strong> vorherige<br />

Anstieg kann unter an<strong>der</strong>em dadurch erklärt werden, dass e<strong>in</strong> Teil <strong>der</strong> Jugendlichen dieses<br />

Verhalten nutzt, um se<strong>in</strong>e Entwicklungsaufgaben zu verfolgen, etwa Grenzen auszutesten,<br />

soziale Anerkennung bei Gleichaltrigen zu f<strong>in</strong>den o<strong>der</strong> sich gegenüber <strong>der</strong> Welt <strong>der</strong><br />

Erwachsenen abzugrenzen. <strong>Die</strong>se Verhaltensweisen gehen meist dann wie<strong>der</strong> zurück, wenn<br />

die Entwicklungsaufgaben bewältigt s<strong>in</strong>d. Allerd<strong>in</strong>gs gibt es große <strong>in</strong>ter<strong>in</strong>dividuelle<br />

Unterschiede <strong>in</strong> den Verlaufsmustern. So zeigten z.B. <strong>in</strong> <strong>der</strong> Längsschittsstudie von Lacourse<br />

et al. (2002) zwei Gruppen männlicher Jugendlicher e<strong>in</strong>en umgekehrt u-förmigen<br />

30


Altersverlauf mit e<strong>in</strong>em Maximum um das 14. und 15. Lebensjahr (<strong>in</strong>sgesamt 12%), zwei<br />

weitere Gruppen e<strong>in</strong>e leichte Abnahme und zwei Gruppen weitgehende Konstanz.<br />

Weitgehend konsistent s<strong>in</strong>d die Befunde zu Altersunterschieden im umweltschonenden<br />

Verhalten bei Erwachsenen. Ältere Erwachsene zeigen mehr umweltschonendes Verhalten als<br />

jüngere, wie Energiesparen, Mülltrennung o<strong>der</strong> e<strong>in</strong> selteneres Benutzen des eigenen Autos<br />

(z.B. Iversen & Rundmo, 2002; Preisendörfer, 1999). Lediglich historisch relativ neue<br />

umweltschonende Verhaltensweisen (wie <strong>der</strong> Benutzung aufladbarer Batterien o<strong>der</strong> die<br />

Verwendung von Energiesparlampen) s<strong>in</strong>d bei Senioren ger<strong>in</strong>ger als bei Jüngeren ausgeprägt<br />

(Preisendörfer, 1999).<br />

Der Wi<strong>der</strong>spruch, dass bei E<strong>in</strong>stellungsmaßen ältere Erwachsene im Mittel weniger positive<br />

Werte, bei Verhaltensmaßen jedoch höhere Werte aufweisen, kann damit erklärt werden, dass<br />

viele umweltschonende Verhaltensweisen Älterer nicht primär durch E<strong>in</strong>stellungen zum<br />

<strong>Umwelt</strong>schutz motiviert s<strong>in</strong>d, son<strong>der</strong>n z.B. durch Sparsamkeit o<strong>der</strong> – <strong>in</strong> Bezug auf die<br />

ger<strong>in</strong>gere Nutzung des eigenen Autos – durch <strong>Rolle</strong>nverluste (wie z.B. die Pensionierung)<br />

und gesundheitliche E<strong>in</strong>schränkungen.<br />

E<strong>in</strong>flüsse auf Altersunterschiede im <strong>Umwelt</strong>bewusstse<strong>in</strong>. Aus Sicht <strong>der</strong><br />

<strong>Entwicklungspsychologie</strong> können beobachtete Altersunterschiede entwe<strong>der</strong> auf<br />

Entwicklungsprozesse (auf altersassoziierte Verän<strong>der</strong>ungen) o<strong>der</strong> auf Kohorteneffekte (dass<br />

Personen verschiedener Geburtskohorten von unterschiedlichen historischen Bed<strong>in</strong>gungen<br />

bee<strong>in</strong>flusst wurden) zurückgeführt werden. Ob Altersunterschiede im <strong>Umwelt</strong>bewusstse<strong>in</strong> auf<br />

Entwicklungsprozessen o<strong>der</strong> Kohorteneffekten beruhen, kann wegen des Fehlens von<br />

Längsschnittstudien bisher noch nicht e<strong>in</strong>deutig beantwortet werden. In Bezug auf<br />

beobachtete Altersunterschiede <strong>in</strong> <strong>der</strong> K<strong>in</strong>dheit und im Jugendalter ist freilich am<br />

wahrsche<strong>in</strong>lichsten, dass hier Entwicklungsprozesse e<strong>in</strong>e <strong>Rolle</strong> spielen, und z.B. die Zunahme<br />

kognitiver Fähigkeiten immer besser erlaubt, komplexe Zusammenhänge zu verstehen und die<br />

eigenen Möglichkeiten für umweltschonendes Verhalten realistischer e<strong>in</strong>zuschätzen. Zudem<br />

31


liegt es nahe, dass altersassoziierte <strong>Umwelt</strong>e<strong>in</strong>flüsse zu den beobachteten Altersunterschieden<br />

im <strong>Umwelt</strong>bewusstse<strong>in</strong> beitragen: Da z.B. <strong>in</strong> vielen westlichen Län<strong>der</strong>n <strong>Umwelt</strong>belange im<br />

Rahmen <strong>der</strong> <strong>Umwelt</strong>erziehung <strong>in</strong> bestimmten Klassenstufen thematisiert wird, s<strong>in</strong>d<br />

entsprechende Verän<strong>der</strong>ungen zum<strong>in</strong>dest im <strong>Umwelt</strong>wissen wahrsche<strong>in</strong>lich.<br />

Das Fehlen von Längsschnittsdaten erlaubt – mit Ausnahme von Studien zum Vandalismus –<br />

bisher nicht, nach differentiellen Entwicklungsverläufen zu suchen. <strong>Die</strong>se liegen aber nahe, da<br />

z.B. K<strong>in</strong><strong>der</strong> und Jugendliche <strong>in</strong> unterschiedlichem Maße im Alltag mit <strong>Umwelt</strong>belangen<br />

konfrontiert werden. So berichteten z.B. Wiesenthal et al. (1996) im Querschnitt, dass bei<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong>gartenk<strong>in</strong><strong>der</strong>n und Erstklässlern umweltschonendes Verhalten <strong>der</strong> Eltern e<strong>in</strong>e<br />

notwendige, wenn auch ke<strong>in</strong>e h<strong>in</strong>reichende Bed<strong>in</strong>gung dafür war, dass die K<strong>in</strong><strong>der</strong> selbst<br />

solches Verhalten zeigten, während es bei den Zweitklässlern e<strong>in</strong>e Gruppe gab, die dieses<br />

Verhalten auch ohne das elterliche Modell zeigte.<br />

Bei den beobachteten Altersunterschieden im Erwachsenenalter liegen Kohorteneffekte nahe.<br />

So wurden z.B. jüngere Kohorten <strong>in</strong> ihren formativen Jahren stärker von <strong>der</strong> neu<br />

aufkommenden <strong>Umwelt</strong>bewegung bee<strong>in</strong>flusst, während ältere Kohorten eher von Normen <strong>der</strong><br />

Sparsamkeit <strong>in</strong> den Jahren <strong>der</strong> Weltwirtschaftskrise o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Zeit des 2. Weltkrieges<br />

bee<strong>in</strong>flusst wurden (z.B. Samdahl & Robertson, 1989).<br />

5. Ausgewählte Befunde zu Entwicklungsumwelten<br />

Während Abschnitt 3 entwicklungsrelevante E<strong>in</strong>zelaspekte von <strong>Umwelt</strong>en thematisierte,<br />

wollen wir im Folgenden Befunde zur Entwicklungsrelevanz globalerer <strong>Umwelt</strong>en behandeln.<br />

Zahlreiche entwicklungspsychologische Studien haben sich mit <strong>der</strong> Wirkung e<strong>in</strong>zelner<br />

<strong>Umwelt</strong>en beschäftigt, wie etwa <strong>der</strong> Familie, Peergruppe, von Schule, Arbeitsplatz,<br />

Freizeitorten, Nachbarschaften, Altenheimen, elektronischen Medien bis h<strong>in</strong> zu<br />

übergeordneten kulturellen Rahmenbed<strong>in</strong>gungen. <strong>Die</strong> Vielzahl <strong>der</strong> <strong>Umwelt</strong>en und <strong>der</strong> hierzu<br />

32


vorliegenden Arbeiten erlaubt an dieser Stelle nur, e<strong>in</strong>ige exemplarische Befunde und<br />

theoretische Konzepte kurz vorzustellen. Wir konzentrieren uns hierbei zum e<strong>in</strong>en auf Familie<br />

und Peergruppe, die seit Jahrzehnten das meiste Forschungs<strong>in</strong>teresse <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Entwicklungspsychologie</strong> gefunden haben. Zum an<strong>der</strong>en thematisieren wir mit <strong>der</strong><br />

Nachbarschaft und elektronischen Medien zwei <strong>Umwelt</strong>en, <strong>der</strong>en <strong>Rolle</strong> erst jüngst <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Entwicklungspsychologie</strong> systematisch untersucht wurde.<br />

5.1 Familie<br />

Befunde zum Zusammenhang von Aspekten <strong>der</strong> Familienumwelt mit <strong>der</strong> Entwicklung von<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong>n und Jugendlichen s<strong>in</strong>d schwer zu verallgeme<strong>in</strong>ern, da e<strong>in</strong>e Vielzahl unterschiedlicher<br />

Mess<strong>in</strong>strumente <strong>in</strong> verschiedenen Altersbereichen zum E<strong>in</strong>satz kam und da es H<strong>in</strong>weise<br />

dafür gibt, dass <strong>der</strong> E<strong>in</strong>fluss e<strong>in</strong>zelner Familienmerkmale auf die Entwicklung <strong>in</strong><br />

Abhängigkeit von weiteren Variablen, wie etwa <strong>der</strong> ethnischen Herkunft, variiert. Bekannt<br />

geworden s<strong>in</strong>d vor allem Studien, welche das Home Observation for Measurement of the<br />

Environment (HOME) Inventory (Caldwell & Bradley, 1984) sowie dessen Modifikationen<br />

verwenden. Für vier Altersgruppen (frühe K<strong>in</strong>dheit, Vorschulalter, Grundschulalter und<br />

frühes Jugendalter) werden wichtige Dimensionen <strong>der</strong> häuslichen <strong>Umwelt</strong> mit Hilfe von<br />

Beobachtungen und Befragungen <strong>der</strong> Eltern erfasst, wie z.B. ob die Wohnung ke<strong>in</strong>e<br />

Gesundheitsgefährungen aufweist, das Ausmaß vorhandener Lernmaterialien, das elterliche<br />

Verhaltensmodell, die Vielfalt von Erfahrungen (etwa <strong>der</strong> Besuch von Museen), das Bestehen<br />

von Regeln, sowie elterliche Wärme, Akzeptanz und Responsivität. So zeigten z.B. Bradley<br />

und Mitarbeiter (2001) im Altersbereich von 3-15 Jahren, dass auch nach statistischer<br />

Kontrolle des elterlichen sozioökonomischen Status e<strong>in</strong> höheres Ausmaß an Lernanregungen<br />

und Responsivität mit e<strong>in</strong>er günstigeren motorischen, sozialen und kognitiven Entwicklung<br />

<strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong> e<strong>in</strong>herg<strong>in</strong>g. K<strong>in</strong><strong>der</strong>, die <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er stimulieren<strong>der</strong>en <strong>Umwelt</strong> aufwuchsen und die von<br />

33


den Eltern weniger körperlich bestraft wurden, zeigten zudem weniger Verhaltensprobleme<br />

(Bradley et al., 2001; Bradley & Corwyn, 2003).<br />

Bei <strong>der</strong> Interpretation <strong>der</strong> Befunde ist wie<strong>der</strong> zu berücksichtigen, dass die Merkmale <strong>der</strong><br />

familiären <strong>Umwelt</strong> teilweise genetisch bee<strong>in</strong>flusst s<strong>in</strong>d. Dafür spricht, dass Zusammenhänge<br />

zwischen Merkmalen <strong>der</strong> Familienumwelt und <strong>der</strong> kognitiven Entwicklung <strong>in</strong> biologischen<br />

Familien höher als <strong>in</strong> Adoptivfamilien ausfallen (Coon, Fulkner, DeFries & Plom<strong>in</strong>, 1990).<br />

E<strong>in</strong>en direkteren Test <strong>der</strong> genetischen Vermittlung bietet die Studie von Cleveland, Jacobson,<br />

Lip<strong>in</strong>ski und Rowe (2000), <strong>in</strong> <strong>der</strong> genetische Faktoren etwa 38% <strong>der</strong> Variabilität <strong>der</strong><br />

gemessenen Merkmale <strong>der</strong> häuslichen <strong>Umwelt</strong> und etwa e<strong>in</strong> Viertel des Zusammenhangs<br />

zwischen <strong>Umwelt</strong>merkmalen und <strong>der</strong> kognitiven Leistung <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong> aufklärten. <strong>Die</strong>se<br />

Ergebnisse sagen natürlich auch, dass e<strong>in</strong> Großteil <strong>der</strong> beobachteten Zusammenhänge<br />

zwischen Merkmalen <strong>der</strong> Familienumwelt und <strong>der</strong> Entwicklung <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong> und Jugendlichen<br />

nicht auf genetischen Faktoren beruht. E<strong>in</strong>flüsse <strong>der</strong> familiären <strong>Umwelt</strong> auf die Entwicklung<br />

werden mit wachsendem Alter <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong> ger<strong>in</strong>ger, wenn diese zunehmend mehr Zeit<br />

außerhalb <strong>der</strong> Familie verbr<strong>in</strong>gen und für den E<strong>in</strong>fluss Gleichaltriger aufgeschlossener<br />

werden (Bradley et al., 2001).<br />

Angesichts <strong>der</strong> zunehmenden Pluralisierung von Lebensformen und wachsen<strong>der</strong><br />

Scheidungsraten <strong>in</strong> den letzten Jahren haben Folgen <strong>der</strong> Scheidung <strong>der</strong> Eltern und des<br />

Aufwachsens <strong>in</strong> Stieffamilien <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Entwicklungspsychologie</strong> hohe Aufmerksamkeit<br />

gefunden. <strong>Die</strong> Meta-Analysen von Amato und Mitarbeitern zeigen, dass Scheidungsk<strong>in</strong><strong>der</strong> e<strong>in</strong><br />

ger<strong>in</strong>geres Wohlbef<strong>in</strong>den, mehr Verhaltens- und Leistungsprobleme aufweisen, wobei die<br />

Scheidung <strong>der</strong> Eltern aber im Mittel nur etwa 2% <strong>der</strong> Varianz <strong>der</strong> Merkmale <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong><br />

aufklärt (Amato & Keith, 1991; Amato, 2001). H<strong>in</strong>ter dem Scheidungseffekt verbergen sich<br />

vor allem die negativen Folgen <strong>der</strong> schon länger anhaltenden familiären Konfliktbelastung,<br />

jedoch nicht primär die Abwesenheit e<strong>in</strong>es Elternteils und die wirtschaftlichen<br />

34


Scheidungsfolgen, denn K<strong>in</strong><strong>der</strong> <strong>in</strong> Stieffamilien entwickelten sich sogar noch etwas<br />

ungünstiger als Scheidungsk<strong>in</strong><strong>der</strong>, die alle<strong>in</strong> mit ihrer Mutter aufwachsen.<br />

Das Erziehungsverhalten <strong>der</strong> Eltern wird meist anhand von zwei Kerndimensionen<br />

beschrieben, und zwar Wärme/Unterstützung sowie Kontrolle (Stellen altersangemessener<br />

For<strong>der</strong>ungen; elterliches Monitor<strong>in</strong>g; vgl. Maccoby & Mart<strong>in</strong>, 1983; Coll<strong>in</strong>s et al., 2000).<br />

Viele Studien belegten, dass e<strong>in</strong>e hohe Ausprägung bei<strong>der</strong> Dimensionen (so genannte<br />

autoritative Erziehung) mit e<strong>in</strong>er beson<strong>der</strong>s günstigen und e<strong>in</strong>e ger<strong>in</strong>ge Ausprägung auf<br />

beiden Dimensionen (vernachlässigendes Elternverhalten) mit e<strong>in</strong>er beson<strong>der</strong>s ungünstigen<br />

Entwicklung <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong> und Jugendlichen e<strong>in</strong>hergeht. Allerd<strong>in</strong>gs gilt dies <strong>in</strong> den zahlreichen<br />

amerikanischen Untersuchungen vor allem für Familien <strong>der</strong> weißen Mittelschicht, während<br />

z.B. <strong>in</strong> Familien ethnischer M<strong>in</strong><strong>der</strong>heiten K<strong>in</strong><strong>der</strong>, die mit starker elterlicher Kontrolle, aber<br />

weniger Wärme erzogen werden (autoritärer Erziehungsstil), ähnlich gut abschneiden<br />

(Ste<strong>in</strong>berg, Darl<strong>in</strong>g & Fletcher, 1995). Starke elterliche Gehorsamsanfor<strong>der</strong>ungen werden z.B.<br />

von westlichen Kulturen als unerwünschter E<strong>in</strong>griff <strong>in</strong> die Selbständigkeit <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong> und<br />

Jugendlichen <strong>in</strong>terpretiert, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen östlichen Kulturen (wie Japan o<strong>der</strong> Korea) jedoch als<br />

erwünschtes Zeichen elterlicher Zuwendung und Besorgnis (siehe auch Trommsdorff, 2003).<br />

Ebenso variieren – wie bereits im Zusammenhang mit dem Goodness-of-fit-Ansatz <strong>der</strong><br />

Temperamentsforschung diskutiert – Effekte des Elternverhaltens <strong>in</strong> Abhängigkeit von<br />

Temperamentsmerkmalen <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong>. Untersuchungen zu genetischen E<strong>in</strong>flüssen auf die<br />

elterliche Erziehung zeigen zudem e<strong>in</strong>en genetischen E<strong>in</strong>fluss auf von den K<strong>in</strong><strong>der</strong>n<br />

wahrgenommene elterliche Wärme und Responsivität, meist jedoch nicht auf<br />

wahrgenommene elterliche Kontrolle, die stärker auf <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Umwelt</strong> liegende Gefährdungen<br />

ausgerichtet wird (Deater-Deckard, 2000; Plom<strong>in</strong> et al., 1999).<br />

5.2 Beziehungen zu Gleichaltrigen<br />

35


Gleichaltrige und <strong>der</strong>en Aktivitäten bilden ebenso e<strong>in</strong>en wichtigen Entwicklungskontext,<br />

wobei <strong>in</strong> Bezug auf die Zugehörigkeit zur Peergruppe die relative Position <strong>in</strong> <strong>der</strong> Gruppe<br />

(sozialer Status, Anerkennung bzw. Ablehnung) und <strong>in</strong> Bezug auf Freundschaftsbeziehungen<br />

das Ausmaß von Wechselseitigkeit wichtig ist. In den letzten Jahren hat <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Entwicklungspsychologie</strong> die Peersozialisationstheorie von Harris (1998) viel<br />

Aufmerksamkeit gefunden, welche die beson<strong>der</strong>e <strong>Rolle</strong> Gleichaltriger für die Sozialisation<br />

von K<strong>in</strong><strong>der</strong>n und Jugendlichen, vor allem für die Aneignung gruppentypischer<br />

Verhaltensweisen, betont (etwa zu lernen, sich e<strong>in</strong>en Status <strong>in</strong> <strong>der</strong> Gruppe zu erarbeiten),<br />

während sie – <strong>in</strong>spiriert von <strong>der</strong> Verhaltensgenetik – die <strong>Rolle</strong> <strong>der</strong> Familie ger<strong>in</strong>ger e<strong>in</strong>schätzt.<br />

Da Peergruppen und Freundschaftsbeziehungen für Jugendliche mehr o<strong>der</strong> weniger frei<br />

wählbar s<strong>in</strong>d, stellt sich hier noch stärker als bei Untersuchungen zur Familie die Frage, <strong>in</strong><br />

welchem Maße beobachtete Zusammenhänge auf <strong>Umwelt</strong>e<strong>in</strong>flüssen beruhen o<strong>der</strong> aber auf<br />

<strong>der</strong> Selektion von Peergruppen und Freunden anhand <strong>der</strong> wahrgenommenen Ähnlichkeit <strong>in</strong><br />

hervorstechenden Merkmalen, wie etwa Hautfarbe o<strong>der</strong> Drogengebrauch. Anhand von<br />

Längsschnittsdaten schätzen Rowe, Woulbroun und Gullery (1994), dass bis zu 70% <strong>der</strong><br />

Ähnlichkeit <strong>der</strong> Peers auf solchen Selektionseffekten beruhen, während an<strong>der</strong>e Studien etwa<br />

gleichstarke Sozialisations- und Selektionseffekte zeigten. Bei diesen Selektionsprozessen<br />

spielen wie<strong>der</strong>um genetische Faktoren e<strong>in</strong>e <strong>Rolle</strong>. In vorliegenden verhaltensgenetischen<br />

Studien variiert <strong>der</strong> E<strong>in</strong>fluss genetischer Merkmale auf die Ähnlichkeit mit Peers <strong>in</strong><br />

Abhängigkeit von den erfassten Merkmalen: So fanden Iervol<strong>in</strong>o et al. (2002) <strong>in</strong> zwei<br />

Studien, dass genetische Faktoren fast 50% <strong>der</strong> Varianz bei <strong>der</strong> Wahl e<strong>in</strong>er schulorientierten<br />

Peergruppe aufklärten, wobei dieser Effekt vermutlich auf dem Zusammenhang von<br />

Schulorientierung mit Intelligenz beruhte, die wie<strong>der</strong>um von Erbanlagen bee<strong>in</strong>flusst wird. Bei<br />

<strong>der</strong> Wahl del<strong>in</strong>quenter Peers waren genetische E<strong>in</strong>flüsse <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er <strong>der</strong> beiden Studien<br />

signifikant und bei <strong>der</strong> Wahl populärer Peers spielten genetische Faktoren dagegen praktisch<br />

ke<strong>in</strong>e <strong>Rolle</strong>. Prospektive Längsschnittstudien zeigten ebenso e<strong>in</strong>e wechselseitige<br />

36


Bee<strong>in</strong>flussung des del<strong>in</strong>quenten Verhaltens von Jugendlichen und <strong>der</strong> Del<strong>in</strong>quenz <strong>der</strong><br />

Peergruppe bzw. Freunde (z.B. Elliott & Menard, 1996), wobei aber auch hier wie<strong>der</strong><br />

Mo<strong>der</strong>atorvariablen wirken. So fanden Vitaro, Tremblay, Kerr, Pagani und Bukowski (1997),<br />

dass im Sozialverhalten gestörte Freunde zu haben (z.B. Hyperaktivität, Aggressivität) nur bei<br />

jenen Jugendlichen e<strong>in</strong>en Anstieg <strong>der</strong> Del<strong>in</strong>quenz vorhersagte, die im mittleren Maße soziale<br />

Verhaltensprobleme aufwiesen. Wer bereits selbst viel auffälliges Verhalten zeigte, brauchte<br />

ke<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>fluss <strong>der</strong> Freunde, um dieses Verhalten zu steigern und wer selbst ke<strong>in</strong> auffälliges<br />

Problemverhalten zeigte, war ansche<strong>in</strong>end gut vor den Folgen problematischen Verhaltens <strong>der</strong><br />

Freunde geschützt.<br />

Geme<strong>in</strong>same Aktivitäten mit Peers vollziehen sich ebenso wie<strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>Umwelt</strong>en, etwa <strong>in</strong><br />

Jugendzentren, auf dem Schulhof o<strong>der</strong> Spielplatz. Hierbei geht z.B. vor allem die mit Peers<br />

verbrachte unstrukturierte und von Erwachsenen nicht supervidierte Zeit mit e<strong>in</strong>em hohen<br />

Maß von Problemverhalten im Jugendalter e<strong>in</strong>her (z.B. Persson, Kerr & Statt<strong>in</strong>, 2004). Als<br />

Vermittlungsfaktoren von Peere<strong>in</strong>flüssen werden unter an<strong>der</strong>em Modelllernen, soziale<br />

Bekräftigung, sowie die Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> E<strong>in</strong>stellungen zu sozial erwünschtem Verhalten<br />

bzw. zu Normverstößen diskutiert.<br />

Prospektive Längsschnittstudien zur Wirkung von Peerakzeptanz und –ablehnung auf die<br />

spätere Entwicklung s<strong>in</strong>d selten. Bagwell, Newcomb und Bukowski (1998) fanden, dass <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> fünften Klasse gemessene Zurückweisung durch Peers sowie das Bestehen von<br />

Freundschaftsbeziehungen die 12 Jahre später erfasste psychische Anpassung vorhersagten.<br />

Peerakzeptanz zeigte hierbei e<strong>in</strong>en stärkeren Zusammenhang mit dem späteren Erfolg <strong>in</strong><br />

Schule und Beruf, Freundschaftsbeziehung mit dem späteren Selbstwert.<br />

Peerbeziehungen spielen natürlich nicht nur K<strong>in</strong>dheit und Jugend e<strong>in</strong>e <strong>Rolle</strong>. So s<strong>in</strong>d z.B.<br />

Freundschaften e<strong>in</strong> wichtiger Schutz vor E<strong>in</strong>samkeit vor allem bei denjenigen älteren<br />

Menschen, die k<strong>in</strong><strong>der</strong>los s<strong>in</strong>d und ke<strong>in</strong>en Partner (mehr) haben (P<strong>in</strong>quart, 2003).<br />

37


5.3 Wohnviertel/Nachbarschaft<br />

Große Forschritte wurden <strong>in</strong> den letzten Jahren bei <strong>der</strong> Erforschung <strong>der</strong> <strong>Rolle</strong> des<br />

Wohnviertels für die Entwicklung von K<strong>in</strong><strong>der</strong>n und Jugendlichen erzielt. Es ist methodisch<br />

schwierig, E<strong>in</strong>flüsse des Wohnviertels vom E<strong>in</strong>fluss <strong>der</strong> Familie zu trennen, da Familien oft<br />

nur e<strong>in</strong>e begrenzte Auswahl haben, wo sie leben. Vorliegende Studien kontrollieren somit<br />

statistisch für Familienmerkmale o<strong>der</strong> sie untersuchen im Rahmen ökologischer Experimente,<br />

welche Auswirkungen e<strong>in</strong> Umzug <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e Wohngegend auf die Entwicklung hat.<br />

<strong>Die</strong> meisten Untersuchungen befassen sich mit <strong>der</strong> Frage, ob das Ausmaß von<br />

Entwicklungsproblemen von K<strong>in</strong><strong>der</strong>n und Jugendlichen zwischen verschiedenen<br />

Wohnvierteln variiert, die sich nach Aggregat-Merkmalen wie mittlerer sozioökonomischer<br />

Status, <strong>der</strong> ethnischen Zusammensetzung o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Instabilität <strong>der</strong> Bewohnerschaft<br />

unterscheiden. Bei statistischer Kontrolle für Elternmerkmale geht z.B. das Aufwachsen <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>er Gegend mit ger<strong>in</strong>ger Armutsrate mit besseren Schulleistungen, e<strong>in</strong>em höheren<br />

Intelligenzquotienten und weniger Verhaltensproblemen e<strong>in</strong>her, wobei<br />

Nachbarschaftsmerkmale im Mittel 5% <strong>der</strong> Varianz <strong>der</strong> Merkmale <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong> aufklären (zur<br />

Übersicht: Leventhal & Brooks-Gunn, 2000). In (quasi)experimentellen Studien wurde armen<br />

Familien die Möglichkeit gegeben, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e h<strong>in</strong>sichtlich Entwicklungsmöglichkeiten bessere<br />

Nachbarschaft zu ziehen. Deren K<strong>in</strong><strong>der</strong> zeigten dann höhere Schulleistungen, weniger<br />

Verhaltensprobleme und e<strong>in</strong>e bessere physische und psychische Gesundheit im Vergleich zu<br />

Gleichaltrigen, die <strong>in</strong> Gebieten mit hoher Armutsrate verblieben o<strong>der</strong> dorth<strong>in</strong> zogen (Katz,<br />

Kl<strong>in</strong>g & Liebman, 2001; Leventhal & Brooks-Gunn, 2004). <strong>Die</strong> Effekte des Umzugs fielen<br />

für K<strong>in</strong><strong>der</strong> stärker aus als für Jugendliche, was die Autoren auf die höhere räumliche<br />

Mobilität <strong>der</strong> Jugendlichen zurückführten, die häufig den Kontakt zu den im alten<br />

Wohngebiet verbliebenen Peers aufrechterhielten. Ebenso s<strong>in</strong>d oft Umzugsfolgen für die<br />

38


Entwicklung von Jungen stärker als bei Mädchen, vermutlich da Jungen mehr unsupervidierte<br />

Zeit <strong>in</strong> <strong>der</strong> Nachbarschaft verbr<strong>in</strong>gen und anfälliger für deviantes Verhalten s<strong>in</strong>d.<br />

Zur Erklärung <strong>der</strong> Effekte des Wohnviertels auf die Entwicklung <strong>der</strong> Bewohner werden meist<br />

drei theoretische Modelle herangezogen, die sich wechselseitig ergänzen (Leventhal &<br />

Brooks-Gunn, 2000, 2003). Das Modell <strong>der</strong> Familienbeziehungen nimmt an, dass die Effekte<br />

des Wohngebiets auf die Entwicklung <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong> über <strong>der</strong>en Eltern vermittelt werden, etwa<br />

dass Stressoren und das Fehlen von Ressourcen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Nachbarschaft die psychische und<br />

physische Gesundheit <strong>der</strong> Eltern bee<strong>in</strong>flussen und dies wie<strong>der</strong>um negative Verän<strong>der</strong>ungen im<br />

Elternverhalten bewirkt. <strong>Die</strong>ses Modell ist beson<strong>der</strong>s gut für Effekte auf jüngere K<strong>in</strong><strong>der</strong><br />

geeignet, die selbst noch wenig direkte Erfahrungen mit ihrem Wohngebiet machen. Das<br />

Modell <strong>in</strong>stitutionaler Ressourcen betont, dass das Wohngebiet über die Quantität, Qualität<br />

und Diversität von Ressourcen für Lernen, Erholung, Bildung, Gesundheit, Berufstätigkeit<br />

etc. wirkt. „Gute“ Wohnviertel haben z.B. im Mittel bessere K<strong>in</strong><strong>der</strong>gärten, Schulen,<br />

Jugendfreizeite<strong>in</strong>richtungen, die e<strong>in</strong>e positive Entwicklung <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong> und Jugendlichen<br />

för<strong>der</strong>n. Das Modell sozialer Normen und <strong>der</strong> kollektiven Effizienz schließlich postuliert,<br />

dass die Nachbarschaft auf Del<strong>in</strong>quenz und Krim<strong>in</strong>alität wirkt über das Ausmaß <strong>in</strong>formeller<br />

sozialer Kontrolle des Bewohnerverhaltens und die geme<strong>in</strong>same Handlungsbereitschaft,<br />

e<strong>in</strong>zuschreiten wenn Werte o<strong>der</strong> Güter <strong>der</strong> Kommune bedroht werden. E<strong>in</strong> Indikator hierfür<br />

ist z.B. die Bereitschaft <strong>der</strong> Nachbarn, schon bei für sich genommen wenig problematischen<br />

Verhaltensweisen – wie Schuleschwänzen o<strong>der</strong> dem Sprayen von Graffities – e<strong>in</strong>zuschreiten.<br />

In Unterstützung dieses Modells zeigten Sampson, Raudenbush und Earls (1997), dass e<strong>in</strong>e<br />

hohe Ausprägung <strong>in</strong>formeller Kontrolle (nach statistischer Kontrolle demografischer Faktoren<br />

wie ethnische Herkunft und Instabilität <strong>der</strong> Bewohnerschaft) mit weniger jugendlichen<br />

Problemverhalten e<strong>in</strong>herg<strong>in</strong>g.<br />

E<strong>in</strong>e neue Forschungsrichtung befasst sich mit <strong>der</strong> <strong>Rolle</strong> von Ressourcen <strong>der</strong> Nachbarschaft<br />

für die positive Entwicklung von K<strong>in</strong><strong>der</strong>n und Jugendlichen. Benson, Leffert, Scales und<br />

39


Blyth (1998) haben fünf entwicklungsför<strong>der</strong>nde Aspekte <strong>der</strong> Kommune herausgearbeitet und<br />

zwar (a) unterstützende Beziehungen zu Erwachsenen sowohl <strong>in</strong>nerhalb und außerhalb <strong>der</strong><br />

Familie, (b) positive Beziehungen zu Gleichaltrigen (etwa Gleichaltrige als Modelle für sozial<br />

verantwortliches Verhalten), (c) e<strong>in</strong>e hohe Qualität <strong>der</strong> Sozialisationssysteme (z.B. <strong>der</strong><br />

Schulen), (d) klare soziale Normen und Regeln für das Verhalten <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong> und<br />

Jugendlichen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Kommune und (e) (schulbasierte und kommunale) Programme zur<br />

För<strong>der</strong>ung von Kompetenzen <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong> und Jugendlichen. Empirisch gut belegt ist, dass e<strong>in</strong><br />

Aufwachsen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Gegend mit vielen <strong>der</strong> obigen Ressourcen mit e<strong>in</strong>er günstigeren<br />

Entwicklung e<strong>in</strong>hergeht (z.B. Blyth & Leffert, 1995). <strong>Die</strong> dabei wirkenden proximalen<br />

Prozesse s<strong>in</strong>d bisher noch schlecht untersucht. Benson et al. (1998) haben hier e<strong>in</strong>ige<br />

Kernpr<strong>in</strong>zipen vorgeschlagen, wie Redundanz (K<strong>in</strong><strong>der</strong>/Jugendliche <strong>in</strong> multiplen Kontexten<br />

mit kompetenzför<strong>der</strong>nden Personen und <strong>Umwelt</strong>en zu konfrontieren), <strong>der</strong> Fokus auf die<br />

För<strong>der</strong>ung möglichst vieler Ressourcen und dafür zu sorgen, dass alle K<strong>in</strong><strong>der</strong> und<br />

Jugendlichen erreicht werden. Derzeit werden <strong>in</strong> vielen amerikanischen Kommunen<br />

Interventionen zur För<strong>der</strong>ung von Ressourcen für e<strong>in</strong>e positive Entwicklung von K<strong>in</strong><strong>der</strong>n und<br />

Jugendlichen durchgeführt, die neue Erkenntnisse über die dabei wirkenden<br />

Vermittlungsprozesse liefern werden.<br />

5.4 Elektronische Medien<br />

Deutsche Jugendliche sehen im Durchschnitt an Werktagen etwa zweie<strong>in</strong>halb Stunden und<br />

am Wochenende fast 4 Stunden fern. Etwa 30% <strong>der</strong> Jugendlichen haben zuhause e<strong>in</strong>en<br />

Computer für sich alle<strong>in</strong> zur Verfügung und etwa genau so viele nutzen e<strong>in</strong>en Computer<br />

geme<strong>in</strong>sam mit an<strong>der</strong>en. Computerspiele und die Nutzung des Internets s<strong>in</strong>d hierbei bei<br />

Jugendlichen die häufigsten Beschäftigungen (Fritzsche, 2000). Effekte <strong>der</strong> Computernutzung<br />

40


wurden vor allem auf die Entwicklung kognitiver und sensumotorischer Fähigkeiten sowie<br />

auf aggressives Verhalten untersucht.<br />

H<strong>in</strong>sichtlich Auswirkungen des Fernsehkonsums auf die kognitive Leistungsfähigkeit wird im<br />

Rahmen <strong>der</strong> so genannten SES-Ma<strong>in</strong>stream<strong>in</strong>g-Hypothese angenommen, dass e<strong>in</strong> hoher<br />

Konsum mit <strong>der</strong> Sozialschicht verbundene Leistungsunterschiede reduziert, da die zahlreichen<br />

vorhandenen Anregungen <strong>in</strong> Familien mit hoher Sozialschicht (z.B. Bücher) dann weniger als<br />

sonst üblich genutzt werden, während fehlende kognitive Anregungen bei Angehörigen<br />

unterer Sozialschichten durch den Fernsehkonsum sogar teilweise kompensiert werden<br />

können. Dass e<strong>in</strong> hoher Fernsehkonsum <strong>der</strong> Entwicklung <strong>der</strong> Sprach- und Lesefähigkeit von<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong>n höherer sozialer Schichten beson<strong>der</strong>s abträglich ist, zeigten jüngst Ennemoser,<br />

Schiffer, Re<strong>in</strong>sch und Schnei<strong>der</strong> (2003); jedoch unterschieden sich, an<strong>der</strong>s als erwartet, bei<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong>n <strong>der</strong> unteren Sozialschicht Viel- und Wenigseher nicht <strong>in</strong> <strong>der</strong> Entwicklung.<br />

Vermutlich treten potentiell entwicklungsför<strong>der</strong>liche Effekte des Fernsehkonsums nur <strong>in</strong><br />

extrem deprivierenden <strong>Umwelt</strong>en auf, bei denen das Fernsehen so ziemlich die e<strong>in</strong>zige<br />

kognitive Anregung darstellt. Zudem unterscheiden sich natürlich die Fernsehsendungen im<br />

kognitiven Anregungsgehalt, und e<strong>in</strong> positiver Effekt auf die kognitive Entwicklung wurde<br />

vor allem für k<strong>in</strong>dgerechte Bildungsprogramme, wie z.B. Sesam-Straße – gezeigt (Fisch,<br />

2004). Sensumotorische Fähigkeiten werden geför<strong>der</strong>t durch die <strong>in</strong>tensive Beschäftigung mit<br />

Videospielen, welche hohe Aufmerksamkeit und motorische Geschicklichkeit verlangen (z.B.<br />

Greenfield, deW<strong>in</strong>stanley, Kilpatrick & Kaye, 1996; Subrahmanyam & Greenfield, 1994).<br />

Ob die häufige Konfrontation mit Gewalt im Fernsehen o<strong>der</strong> das Spielen von Videospielen<br />

aggressiven Inhalts die Gewaltbereitschaft und aggressives Verhalten von K<strong>in</strong><strong>der</strong>n und<br />

Jugendlichen erhöht, ist <strong>in</strong> den letzten Jahren viel <strong>in</strong> <strong>der</strong> Öffentlichkeit diskutiert worden. Als<br />

hierbei wirkende Vermittlungsprozesse werden unter an<strong>der</strong>em Modelllernen und kognitives<br />

Prim<strong>in</strong>g (die Aktivierung aggressiver Gedanken beim Zuschauer) diskutiert (Strasburger &<br />

Wilson, 2002). Dabei wurde aber oft nicht beachtet, dass hier auch Selektionseffekte wirken.<br />

41


Vorliegende Längsschnittstudien fanden, dass sowohl <strong>der</strong> Konsum aggressiver Fernseh<strong>in</strong>halte<br />

das Ausmaß späterer Aggressivität von Jugendlichen vorhersagt, als auch aggressives<br />

Verhalten den späteren Konsum entsprechen<strong>der</strong> Sendungen mitbestimmt (z.B. Huesman &<br />

Eron, 1986). Der letztere Effekt war hierbei meist schwächer als <strong>der</strong> erstere.<br />

6. Schlussfolgerungen und Ausblick<br />

Psychische Entwicklung ist e<strong>in</strong>gebettet <strong>in</strong> soziale Kontexte und sollte deshalb mehr als bisher<br />

<strong>in</strong> diesen Kontexten erfasst werden. Für diese Erkenntnis wurden <strong>in</strong> den vergangenen drei<br />

Jahrzehnten e<strong>in</strong>e Vielzahl bestätigen<strong>der</strong> Befunde vorgelegt. Allerd<strong>in</strong>gs müssen hierbei Effekte<br />

sozialer Kontexte <strong>in</strong> ihrer komplexen Wechselwirkung mit biologischen E<strong>in</strong>flüssen und <strong>der</strong><br />

Eigenaktivität des Individuums betrachtet werden. <strong>Umwelt</strong>faktoren vermitteln den E<strong>in</strong>fluss<br />

genetischer Dispositionen auf die <strong>in</strong>dividuelle Entwicklung (Genotyp-<strong>Umwelt</strong>-Korrelation),<br />

modifizieren genetische E<strong>in</strong>flüsse (Genotyp-<strong>Umwelt</strong>-Interaktion), bee<strong>in</strong>flussen<br />

physiologische Prozesse und haben darüber h<strong>in</strong>aus e<strong>in</strong>en eigenständigen E<strong>in</strong>fluss auf das<br />

Verhalten, wobei die dabei ablaufenden proximalen Prozesse bisher noch wenig untersucht<br />

s<strong>in</strong>d (z.B. Gottlieb, 2002). Beim Studium von <strong>Umwelt</strong>e<strong>in</strong>flüssen auf die Entwicklung reicht es<br />

hierbei nicht aus, e<strong>in</strong>zelne Faktoren aus dem <strong>Umwelt</strong>gefüge herauszulösen, son<strong>der</strong>n es<br />

müssen auch Wechselwirkungen zwischen <strong>Umwelt</strong>en etwa im S<strong>in</strong>ne des gegenseitigen<br />

Aufschaukelns o<strong>der</strong> des Abschwächens an<strong>der</strong>er <strong>Umwelt</strong>wirkungen betrachtet werden, wie<br />

dies etwa <strong>in</strong> Bronfenbrenner’s Konzept des Mesosystems angedacht ist (Bronfenbrenner,<br />

1979). Ebenso greifen jene Studien zu kurz, welche die allgeme<strong>in</strong>e Entwicklungswirksamkeit<br />

von <strong>Umwelt</strong>merkmalen untersuchen, ohne zu berücksichtigen, dass <strong>Umwelt</strong>wirkungen <strong>in</strong><br />

Abhängigkeit von Personenmerkmale variieren.<br />

Fortschritte wurden bei <strong>der</strong> Entwicklung von Methoden gemacht, um Ausschnitte des<br />

Zusammenspiels dieser Faktoren zu untersuchen (Silbereisen & Noack, im Druck). Wie<br />

42


müssen künftige Studien zur <strong>Rolle</strong> von <strong>Umwelt</strong>faktoren für die psychische Entwicklung<br />

aussehen? Um Selektionseffekte (Menschen wählen und bee<strong>in</strong>flussen <strong>Umwelt</strong>en) von<br />

kausalen Effekten <strong>der</strong> <strong>Umwelt</strong> zu unterscheiden, s<strong>in</strong>d zum e<strong>in</strong>en prospektive<br />

Längsschnittstudien nötig, die Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> <strong>Umwelt</strong> mit im Anschluss beobachteten<br />

psychischen Verän<strong>der</strong>ungen <strong>in</strong> Zusammenhang br<strong>in</strong>gen. Notwendig ist hierbei die Messung<br />

<strong>der</strong> <strong>Umwelt</strong>faktoren geme<strong>in</strong>sam mit konkurrierenden Variablen, welche hier auch e<strong>in</strong>e <strong>Rolle</strong><br />

spielen können (vgl. Rutter et al., 2001). Wie wir <strong>in</strong> dem Abschnitt zur Entwicklung des<br />

<strong>Umwelt</strong>bewusstse<strong>in</strong>s ausgeführt haben, s<strong>in</strong>d hier dr<strong>in</strong>gend Längsschnittstudien notwendig.<br />

E<strong>in</strong>e zweite Untersuchungsstrategie s<strong>in</strong>d ökologische Experimente, bei denen im Idealfall<br />

Personen verschiedenen <strong>Umwelt</strong>en randomisiert zugeteilt werden. <strong>Die</strong>se Experimente<br />

erlauben e<strong>in</strong>en strikten Test kausaler Hypothesen, da durch die Randomisierung<br />

ausgeschlossen wird, dass beobachtete Effekte durch Drittvariablen zustande kommen. <strong>Die</strong> <strong>in</strong><br />

diesem Kapitel diskutierte Studie von Leventhal und Brooks-Gunn (2004) zu Effekten des<br />

Umzugs <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e bessere Wohngegend zeigt, dass <strong>der</strong>artige Designs zum<strong>in</strong>dest <strong>in</strong> E<strong>in</strong>zelfällen<br />

möglich und vielversprechend s<strong>in</strong>d. Kontrollierte Interventionsstudien zur Gestaltung<br />

entwicklungsför<strong>der</strong>licher <strong>Umwelt</strong>en s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong> weiteres Beispiel <strong>der</strong> Anwendung dieser<br />

Forschungsstrategie (Benson et al., 1998). E<strong>in</strong>e leichter durchführbare (wenn auch im<br />

Aussagewert stärker e<strong>in</strong>geschränkte) Alternative ist die Untersuchung <strong>der</strong> Folgen<br />

ökologischer Übergänge im Rahmen von „natürlichen Experimenten“ (wie Schulwechsel,<br />

elterlicher Scheidung, im Leben e<strong>in</strong>getretener Wendepunkte), wenn e<strong>in</strong>e ansonsten ähnliche<br />

Vergleichsgruppe nicht den Übergang vollzog. <strong>Die</strong> dritte Untersuchungsstrategie ist die<br />

Komb<strong>in</strong>ation <strong>der</strong> Messung von <strong>Umwelt</strong>faktoren mit <strong>der</strong> Messung genetischer Dispositionen.<br />

Hier s<strong>in</strong>d sowohl verhaltensgenetische Designs möglich (z.B. Deater-Deckard, 2000) als auch<br />

die Erfassung von Gen-Markern <strong>der</strong> Vulnerabilität für <strong>Umwelt</strong>e<strong>in</strong>flüsse (z.B. Caspi et al.,<br />

2002). Da bisher erst wenige Genom-<strong>Umwelt</strong>-Interaktionen untersucht wurden, ist hier e<strong>in</strong><br />

großer Forschungsbedarf vorhanden.<br />

43


Nach <strong>der</strong> Identifikation wirken<strong>der</strong> <strong>Umwelt</strong>faktoren müssen im nächsten Schritt die<br />

proximalen Prozesse im E<strong>in</strong>zelnen identifiziert werden, durch welche die <strong>Umwelt</strong>faktoren die<br />

<strong>in</strong>dividuelle Entwicklung bee<strong>in</strong>flussen, wie etwa Modellieren neuer Verhaltensweisen, die<br />

Strukturierung <strong>der</strong> Situation durch Eltern o<strong>der</strong> Erzieher, direkte Anstiftung zu e<strong>in</strong>em<br />

Verhalten etc. (Bronfenbrenner & Morris, 1998). Hierfür s<strong>in</strong>d wie<strong>der</strong>um differenzierte Maße<br />

zur Erfassung solcher Prozesse notwendig, etwa mittels Verhaltensbeobachtung. Auch wenn<br />

sich das vorliegende Kapitel auf proximale Prozesse <strong>in</strong> <strong>der</strong> direkten Beziehung zwischen<br />

<strong>Umwelt</strong> und Verhaltensentwicklung konzentrierte, s<strong>in</strong>d natürlich auch solche proximalen<br />

Prozesse relevant, über die <strong>Umwelt</strong>faktoren <strong>in</strong>direkt, etwa vermittelt über physiologische<br />

Prozesse, die psychische Entwicklung bee<strong>in</strong>flussen.<br />

Solche Befunde regen ebenso den Fortschritt bei <strong>der</strong> Theorienentwicklung an. Notwendig ist<br />

e<strong>in</strong>e differenziertere allgeme<strong>in</strong>e Theorie über die Entwicklungswirksamkeit <strong>der</strong> <strong>Umwelt</strong>, also<br />

darüber, welche <strong>Umwelt</strong>dimensionen unter welchen Bed<strong>in</strong>gungen (etwa Alter bei<br />

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