Bewohnerprojekt Meine Therapie in Bild und Text - Casa Fidelio

Meine Therapie in Bild und Text 31
Und dann, nach langem Staunen und Träumen, ging ich Richtung Sonderausstellung,
die in der anderen Gebäudehälfte lag und war erneut überwältigt. Riesige, farbenfrohe
Gemälde, die einem zum Staunen brachten mit ihrer Schlichtheit. Ein Bild
löste in mir sofort Unverständnis aus, es war riesengroß und nur zweifarbig, die linke
Hälfte blau und die rechte rot, so schlicht und es hätte fast gereicht eine Hausfassade
zu verkleiden. So sind halt die Geschmäcker verschieden, einem Farbenblinden
würde dieses Bild jedenfalls nichts aussagen, wäre einfach eine uni Fläche. Andere
Bilder wiederum waren mit so harmonischen Farben gestaltet, dass es einem zum
Verweilen einlud, noch dazu in dieser Ruhe. Ich denke ein schreiendes Kind wäre in
dieser Umgebung ein erheblicher Störfaktor, diese Ruhe ist einfach notwendig um
solche Bilder wirken zu lassen.
Im Untergeschoss war ein Videoraum eingerichtet mit Filmen über Künstler bei der
Arbeit. Dabei hat mir Jackson Pollock am meisten imponiert, ein Name den ich noch
nie gehört habe, der aber anscheinend bekannt war in der Kunst Szene. Er lebte in
den USA, ganz abgeschieden in einem Bauernhaus, ohne fließend Wasser und sanitäre
Einrichtungen und wen wundert’s, er war schwerer Alkoholiker. Ich dachte dabei
an mich und bin mir sicher, unter solchen Bedinungen hätte ich auch keine Chancen
zum trocken bleiben.
Und wie anfangs erwähnt, dachte ich das wären alles neuere Bilder, aber die meisten
stammten aus der Zeit der beiden Weltkriege, also ziemlich alt für so moderne Bilder.
Ich würde gerne die Gedanken lesen können von solchen Künstlern, denn es steckt
sicherlich viel mehr dahinter als man auf den ersten Blick erkennen kann. Zum
Schluss ging ich noch einmal zum Ausgangspunkt mit der Absicht, alles noch einmal
zu überfliegen um mir einige Namen merken zu können, bemerkte jedoch schnell,
dass ich gleich wieder hängen blieb und gab dann schnell wieder auf. Und so machte
ich mich durch die wunderschöne Parkanlage wieder auf den Rückweg zur Tramstation.
Und das ganze gemächlich, weil mich als ehemaliger Gärtner schöne Parkanlagen
natürlich interessieren und auch zum verweilen einladen. Auf dem Rückweg liess
ich die ganzen Eindrücke des Tages auf mich wirken und kam zum Entschluss, dass
es eigentlich schön ist seine Gedanken auf diese Weise zu beflügeln. Früher hätte ich
so etwas nie gekonnt, ohne es ins Lächerliche zu ziehen und heute war es ein zufrieden
stellender Tag, der mich glücklich machte. Und eines ist sicher, solche Aktivitäten
werde ich in Zukunft öfters unternehmen und das mit Genuss.