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MBZ Ausgabe 02/2013 - Zahnärztekammer Berlin

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heidnischen Mark. Nicht nur die Mutterkirche<br />

in Magdeburg, auch Havelberg<br />

und Brandenburg besaßen Konvente<br />

der Prämon stratenser-Chorherren. Diese<br />

Priester mit Ordensgelübde leben als<br />

Regularkanoniker in einer Gemeinschaft;<br />

sie sind keine Mönche, legen aber das<br />

Armuts-, Enthaltsamkeits- und Gehorsamsgelübde<br />

ab und folgen der Augustinus-Regel.<br />

Jerichow<br />

Das reinste Zeugnis früher märkischer<br />

Prämonstratenser-Architektur, das erhalten<br />

blieb, ist die Klosterkirche St. Marien<br />

und St. Nicolai in Jerichow. Damit komme<br />

ich nach der etwas längeren kulturhistorischen<br />

Einführung zu unserem ersten<br />

Besichtigungsort, wo eine kundige<br />

Führerin wartete, um uns Kloster und<br />

Kirche zu zeigen und zu erläutern.<br />

1144 vom Grafen von Stade gegründet<br />

und von König Konrad III., dem ersten<br />

Staufer auf dem Thron, Nachfolger von<br />

Lothar III., bestätigt, entstand im Laufe<br />

des 12. und 13. Jahrhunderts in mehreren<br />

Bauabschnitten eine romanische<br />

Klosteranlage mit Basilika, Klausur, Wirtschaftsgebäuden<br />

und Umfassungsmauer.<br />

Die Kirche entspricht als dreischiffige<br />

Basilika mit Querschiff und Vierung, Chor<br />

und Apsis, und mit zwei – allerdings gotisch<br />

vollendeten – Westtürmen einem<br />

St. Marien und St. Nicolai in Jerichow<br />

weit verbreiteten Kirchenbautyp<br />

dieser Epoche. Die zweischiffige,<br />

hohe Krypta hingegen,<br />

die den Chorraum stark<br />

anhebt, ist eine Besonderheit.<br />

Das gilt auch für die flache<br />

Holzdecke, die vielerorts einer<br />

Einwölbung weichen musste.<br />

Nach der Reformation löste<br />

sich das Stift auf, unterschiedlichste<br />

Nutzungen<br />

und Plünderungen führten<br />

zum allmählichen Verfall, bis<br />

schließlich Mitte des 19. Jahrhunderts<br />

König Friedrich Wilhelm<br />

IV. durch Ferdinand von<br />

Quast eine stilgerechte Restaurierung<br />

durchführen ließ,<br />

der dann weitere Sanierungen<br />

folgten.<br />

Von Westen her eintretend, erschließt<br />

sich das einzigartige Raumerlebnis romanischer<br />

Sakralarchitektur: Mächtige<br />

gemauerte Rundpfeiler mit Würfelkapitellen<br />

tragen die Arkaden des Mittelschiffs,<br />

über der Krypta erhebt sich der<br />

Chorraum, die Klarheit und Strenge der<br />

Architektur stimmt feierlich. Ein besonderer<br />

Eindruck aber entsteht durch das<br />

verwendete Material und seine Farbe, es<br />

ist roter Backstein. Er bildet den Kontrast<br />

zu den hellen Kämpferplatten aus Haustein<br />

und zum weißen Verputz der Laibungen<br />

und Blenden.<br />

Im Innenhof des Kreuzgangs<br />

Ziegelsteine<br />

Panorama<br />

Ziegelsteine sind uralte Bauelemente.<br />

Sie werden aus tonhaltigem Lehm geformt<br />

und gebrannt, je nach Tongehalt<br />

bei 900 bis 1.200 Grad. Die ältesten<br />

Ziegel fand man in Jericho. In Mesopotamien<br />

entwickelte man den Glasurbrand<br />

(z. B. Ischtar-Tor aus Babylon), die Meister<br />

im Ziegelbau aber waren die Römer,<br />

die diese Technik im gesamten Reich<br />

verbreiteten. Die römischen Ziegel sind<br />

dünn und elegant, Paradebeispiele für<br />

römischen Backsteinbau sind die Konstantin-Basilika<br />

in Trier und die Hagia<br />

Sophia in Byzanz. Während der Völkerwanderung<br />

ging das Wissen um die Ziegelherstellung<br />

und -verwendung verloren,<br />

aber im 8. Jahrhundert entstanden<br />

wieder erste Ziegeleien. Fehlende Natursteinvorkommen,<br />

gepaart mit reichlichem<br />

Vorhandensein von Lehm in den<br />

Flussniederungen, begünstigten die rasche<br />

Verbreitung der Technik, sodass die<br />

Klosterziegeleien im 11. und 12. Jahrhundert<br />

an der Elbe aufblühten. Das<br />

„Klosterformat“ war in den einzelnen<br />

Bauschulen noch unterschiedlich, die<br />

durchschnittliche Größe war 29 x 14 x 9<br />

cm. Die Industrialisierung forderte Normen,<br />

so wurde 1872 das etwas kleinere<br />

„Reichsformat“ eingeführt, heute ist das<br />

Normalformat 24 x 11,5 x 7,1 cm, auch<br />

dieses immer noch klobiger als der feine<br />

römische Ziegel. Die Außenmauern der<br />

romanischen Backsteinbauten blieben<br />

grundsätzlich unverputzt, speziell herge-<br />

<strong>MBZ</strong> <strong>02</strong> <strong>2013</strong><br />

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