MBZ Ausgabe 02/2013 - Zahnärztekammer Berlin
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wurde erst nach der Reformation eingebaut,<br />
als die Wortverkündigung eine besondere<br />
Bedeutung erlangte. Die Brüstungstafeln<br />
am Kanzelkorb sind in eine<br />
Renaissance-Architektur eingebaut, sie<br />
zeigen das übliche Bildprogramm mit<br />
Moses, Petrus und Paulus, den Evangelisten<br />
und ihren Symboltieren. Eine Besonderheit<br />
aber ist eine Christus-Darstellung<br />
als Salvator Mundi, die Weltkugel in<br />
seiner Hand ziert eine genaue Stadtansicht<br />
von Stendal, Zentrum der Welt!<br />
Neben vielen anderen Ausstattungsstücken<br />
wie der astronomischen Uhr, dem<br />
Taufkessel, dem Chorgestühl, dem Triumphbogen,<br />
den Epitaphien und dem<br />
12-Glocken-Geläut ist besonders der<br />
Lettner erwähnenswert und der dahinterliegende<br />
gotische Hochaltar. Der<br />
Lettner ist eigentlich ein Lesepult, das<br />
gleichzeitig als Chorschranke den Priesterchor<br />
von der Laienkirche trennt, er ist<br />
aus Holz oder Stein. Da nach Luther das<br />
sakramentale Geschehen für alle Gläubigen<br />
sichtbar sein sollte, fielen diverse<br />
Chorschranken der Reformation zum<br />
Opfer, am ehesten die aus Holz. Steinerne<br />
Lettner waren oftmals in die Statik<br />
des Raumes eingebunden und überlebten<br />
deshalb häufiger (z. B. in Havelberg,<br />
Magdeburg, Naumburg). Der Stendaler<br />
Holz-Lettner ist leicht und luftig mit drei<br />
offenen Kielbögen, das sicherte ihm die<br />
Existenz, denn durch das weitmaschige<br />
Gitter ist der Blick frei zum großen<br />
Schnitzaltar. Dieser ist im flämischen Stil<br />
geschaffen und als Doppel-Flügel-Klappaltar<br />
komponiert, der mehrere Wandlungen<br />
ermöglicht. Dargestellt sind Szenen<br />
aus dem Leben der Maria (ist ja auch<br />
Panorama<br />
die Marienkirche!) und ihres Sohnes<br />
Jesus, den konzeptionellen Leitfaden bilden<br />
die „Sieben Freuden und Sieben<br />
Leiden Mariens“. Sowohl die geschnitzten<br />
als auch die gemalten Platten sind<br />
so lebendig, detailreich und liebevoll gestaltet,<br />
dass das Auge lange Zeit in den<br />
Erzählungen herumwandern kann.<br />
Nach so viel geistiger Nahrung war Entspannung<br />
nötig, die fanden wir im Haus<br />
Kaffeekult in den Räumen der ehemaligen<br />
Gerichtslaube, dort gab es süße<br />
Köstlichkeiten, anregende Getränke und<br />
einen Vortrag über die Rösterei der 30<br />
verschiedenen Kaffeesorten. Auch der<br />
Marktplatz bot noch Sonnenplätze, bis<br />
wir das idyllische Stendal verließen, Kopf<br />
und Bauch wohlgefüllt.<br />
Dr. Lore Gewehr<br />
St. Marien in Stendal Rast in der alten Gerichtslaube<br />
Fotos: Schmiedel<br />
Kanzel und Lettner in St. Marien<br />
<strong>MBZ</strong> <strong>02</strong> <strong>2013</strong><br />
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