Die neue Generation abholen - Archiv - Personalwirtschaft
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Die neue Generation abholen - Archiv - Personalwirtschaft
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<strong>Personalwirtschaft</strong><br />
Magazin für Human Resources<br />
Employer Branding<br />
extra<br />
08 2009<br />
Round Table | HR-Panelbefragung | <strong>Generation</strong> Y | Best Practice bei Brose<br />
Wer aufhört, fällt zurück
Wer aufhört, fällt zurück<br />
INHALT<br />
„Jetzt erst recht?!“ war der Aufhänger des diesjährigen<br />
Round Tables mit Employer Branding-Experten<br />
und am Ende der Diskussionsrunde hatte sich das<br />
Ausrufezeichen bestätigt (Seite 4). Employer Branding<br />
ist kein saisonales Thema, welches sich von konjukturellen<br />
Schwankungen beeinflussen lassen sollte.<br />
Im Gegenteil: Gerade in der Krise kommt der<br />
Arbeitgebermarke eine erhebliche Macht zu. <strong>Die</strong>ses<br />
Verständnis scheint in den Unternehmen angekommen<br />
zu sein, so auch das Ergebnis unserer diesjährigen<br />
HR-Panelbefragung (Seite 9).<br />
Employer Branding wird erwachsen. Weg vom „spray<br />
and pray“ hin zu ernsthafter Beschäftigung mit der<br />
eigenen Corporate Identity. Analyse und Strategie<br />
sind angesagt (Seite 18). Dass Absolventen sich laut<br />
Den Kinderschuhen entwachsen<br />
Employer Branding wird erwachsen und<br />
ist auch in Krisenzeiten nicht zu vernachlässigen,<br />
so das Resultat des diesjährigen<br />
Round Tables. | 4<br />
Zukunftssicherung für die<br />
Zeit nach der Krise<br />
Das diesjährige HR-Panel zeichnet ein<br />
positives Bild: Scheinbar unbeeinflusst<br />
von der Wirtschaftskrise hat Employer<br />
Branding Hochkonjunktur. | 9<br />
Impressum<br />
Redaktion: Jürgen Scholl (js), Chefredakteur; Nancy Schnittker<br />
(nbs), Redakteurin; Elke Schwuchow (es), Redakteurin;<br />
Erwin Stickling (sti), stellv. Chefredakteur; Christiane Siemann,<br />
freie Mitarbeiterin<br />
Redaktionsanschrift: Wolters Kluwer<br />
Deutschland GmbH, Luxemburger Straße 449, 50939 Köln,<br />
Telefon: 0221/94373-7653, Fax: 0221/94373-7757,<br />
E-Mail: personalwirtschaft@wolterskluwer.de,<br />
www.personalwirtschaft.de<br />
EDITORIAL/INHALT<br />
der Untersuchung „Kein Kandidat in Sicht?“ aber selten<br />
von Recruiting-Anzeigen positiv angesprochen<br />
fühlen, macht stutzig (Seite 12).<br />
Web 2.0 ist Geißel und Chance für die Unternehmen,<br />
denn in Social Networks und Blogs tauscht sich die<br />
<strong>Generation</strong> Y darüber aus, welcher Arbeitgeber hopp<br />
oder topp ist (Seite 21). Zufriedene Mitarbeiter als<br />
Botschafter, die gerne positiv über ihr Unternehmen<br />
sprechen, sollten also das Ziel sein. Internal Branding<br />
ist der Weg (Seite 15). Jetzt erst recht!<br />
Ihre<br />
Stochern im Nebel<br />
Eine aktuelle Untersuchung ist ernüchternd: <strong>Die</strong> Recruiting-Kampagnen der<br />
Unternehmen kommen nicht bei der Zielgruppe der Absolventen an. | 12<br />
Nur schöne Worte genügen nicht<br />
Gelebte Unternehmenskultur und zufriedene Mitarbeiter tragen<br />
entscheidend zum Corporate Branding bei. <strong>Die</strong> Top-Arbeitgeber der<br />
CRF-Studie machen es vor. | 15<br />
Weg vom Kostenstellenimage<br />
<strong>Die</strong> Ausgaben für die Arbeitgebermarke zu streichen, ist Sparen<br />
am falschen Ende, denn ohne strategisches Employer Branding kein<br />
erfolgreiches Recruiting. | 18<br />
<strong>Die</strong> <strong>neue</strong> <strong>Generation</strong> <strong>abholen</strong><br />
Eine <strong>neue</strong> <strong>Generation</strong> tritt ins Arbeitsleben ein: die <strong>Generation</strong> Y.<br />
Tipps, wie man diese ins Unternehmen holt und hält. | 21<br />
Mit Kreativität zur Pole Position<br />
Der Automobilzulieferer Brose hat systematisch seine Stärken und<br />
Schwächen als Arbeitgeber analysiert und kann nun gezielt potenzielle<br />
Kandidaten anwerben. | 24<br />
Fachbeiträge aus bereits erschienenen Ausgaben sind<br />
verfügbar unter: www.personalwirtschaft.de<br />
Geschäftsführer: Dr. Ulrich Hermann<br />
Anzeigen: Rolf Ganzer (Verkaufsleitung),<br />
Telefon: 0221/94373-7620, E-Mail: rganzer@wolterskluwer.de<br />
Karin Kamphausen (Anzeigenmarketing),<br />
Telefon: 0221/94373-7629, E-Mail: kkamphausen@wolterskluwer.de<br />
Jörg Walter (Anzeigenverkauf), wanema media,<br />
Telefon: 0931/304699-66, E-Mail: pw@wanema.de<br />
Stephanie Tabertshofer (Anzeigendisposition),<br />
Telefon: 0221/94373-7266, E-Mail: stabertshofer@wolterskluwer.de<br />
Herstellung: Michael Dullau<br />
Gestaltung: Art + Work, Köln, Lars Auhage, Martin Schwarz<br />
Druckerei und Lieferanschrift für Beilagen:<br />
Druckerei Wilhelm & Adam OHG<br />
Werner-von-Siemens-Straße 29, 63150 Heusenstamm<br />
Copyright: Luchterhand, eine Marke von Wolters Kluwer Deutschland<br />
GmbH. © 2009 Wolters Kluwer Deutschland GmbH, Köln.<br />
Sonderheft 08 |2009 www.personalwirtschaft.de 3
EMPLOYER BRANDING Round Table<br />
4<br />
Den Kinderschuhen entwachsen<br />
Warum die Arbeitgebermarke stärken, wenn die Rekrutierungen momentan rückläufig sind, fragen<br />
sich Personaler und kürzen die Budgets. <strong>Die</strong> Branding-Spezialisten setzen dagegen: Weniger<br />
Wirtschaftswachstum ändert nichts an der zentralen Bedeutung einer glaubwürdigen Arbeitgebermarke.<br />
Professor Wolfgang Jäger und Experten des Fachs diskutierten interessante Entwicklungen beim<br />
Round Table der <strong>Personalwirtschaft</strong>.<br />
W<br />
ährend die einen bei Employer Branding den Rotstift<br />
ansetzen, nutzen andere die Gunst der Stunde,<br />
sich Vorteile zu erarbeiten. <strong>Die</strong> Gründe, die Arbeitgebermarke<br />
jetzt erst recht weiter zu entwickeln, sind zahlreich.<br />
So dreht sich das Personalkarussell weiter - nicht<br />
nur in Richtung Ausstieg, sondern auch in Richtung Einstieg.<br />
Nach wie vor suchen Unternehmen nach Vertriebsspezialisten,<br />
Ingenieuren, Wirtschaftswissenschaftlern,<br />
Prädikatsjuristen und anderen qualifizierten Akademikern,<br />
ebenso wie nach passenden Auszubildenden. Da<br />
also weiter rekrutiert wird, sollte die Arbeitgebermarke<br />
gerade jetzt deutlich erkennbar sein - umso mehr, wenn<br />
Unternehmen zeitgleich Personal abbauen. Aber abgesehen<br />
von der Mitarbeitersuche strahlt eine starke Arbeitgebermarke<br />
immer in die eigene Organisation. Gerade die<br />
Beschäftigten bedürfen momentan großer Aufmerksamkeit<br />
– Bindung, Motivation und Identifikation sind in Krisenzeiten<br />
wichtiger denn je.<br />
Sonderheft 08 |2009 www.personalwirtschaft.de<br />
„<strong>Die</strong> Axt muss geschärft sein, wenn man in den Wald<br />
geht“, umschreibt Carsten Franke, Vorstand der HR-Marketingagentur<br />
milch & zucker, die derzeitige Aufgabe von<br />
Employer Branding. „Marke und Profil müssen genau jetzt<br />
definiert werden, wenn sie es noch nicht sind. <strong>Die</strong> Motivation<br />
der eigenen Mitarbeiter ist in unsicheren Zeiten<br />
wichtiger denn je, denn sie müssen jetzt die Kunden überzeugen<br />
und erfolgreich Produkte für die Zukunft entwickeln.<br />
Also lohnt es sich auch aus nüchternen Faktengründen,<br />
die eigenen Mitarbeiter wertzuschätzen und<br />
Employer Branding nach innen zu betreiben.“ Kein Zweifel,<br />
die eigenen Mitarbeiter fragen sich in der Krise, wie<br />
das Unternehmen aufgestellt ist. „Da Unternehmen sich<br />
selbst in tiefgreifenden Veränderungsprozessen befinden,<br />
kommt der Arbeitgebermarke eine erhebliche Macht zu.<br />
Sie gibt Orientierung, wohin sich das Unternehmen entwickelt<br />
und mit welchen Konsequenzen für die Mitarbeiter“,<br />
ergänzt Adel Gelbert, Managing Partner von BBDO
Consulting. Employer Branding ist also<br />
kein saisonales Geschäft und sollte sich<br />
nicht zu stark von konjunkturellen Schwankungen<br />
beeinflussen lassen.<br />
Tendenz: Vom Schein zum Sein<br />
Bei den Unternehmen, die den Aufbau des<br />
Employer Brandings jetzt verstärkt betreiben,<br />
beobachten Berater und Agenturen<br />
eine <strong>neue</strong> Ernsthaftigkeit. Gerade in der Wirtschaftskrise<br />
registrieren Arbeitgeber, dass<br />
sie in der Vergangenheit bei der Entwicklung<br />
der Marke „Arbeitgeber“ möglicherweise<br />
mehr auf Schein als auf Sein fixiert<br />
waren. Vor zwei bis drei Jahren experimentierten<br />
sie nach dem Motto „spray and<br />
pray“ und hofften, dass dies positiv auf<br />
Bewerber wirke. „<strong>Die</strong> Zeiten des Ausprobierens<br />
sind vorbei. Man geht intelligenter<br />
vor, sehr genau, sehr bedacht und zielgruppengerechter“,<br />
so Dr. Rainer Zugehör,<br />
Geschäftsführer von JobTV24. <strong>Die</strong> Beratungsleistungen<br />
bei der Erstellung eines<br />
Arbeitgebervideos seien enorm gestiegen,<br />
um die Besonderheiten einer Arbeitgebermarke<br />
möglichst authentisch nach außen<br />
zu transportieren. Während es vorher oft<br />
nur um einen „verbesserten“ Außenauftritt<br />
wie zum Beispiel frischere Anzeigen,<br />
bessere Texte und prägnantere Online-Präsenz<br />
ging, „kommen wir jetzt zum Kern“,<br />
bestätigt auch Johanna Füllgraf, Geschäftsführerin<br />
advalue media. „Vorher waren die<br />
Kunden sicher, dass sie gut sind, und es<br />
galt ausschließlich die Kommunikation zu<br />
verstärken. Jetzt steht die Analyse im Vordergrund,<br />
um dem Mehrwert - dem „reason<br />
why“ - auf die Spur zu kommen.“<br />
Abkehr von übereilten Kampagnen<br />
Dabei fehlte es in den letzten Jahren nicht<br />
an der passenden Beratung der Kunden.<br />
Doch häufig liefen die Aufträge erst dann<br />
ein, wenn „Not am Mitarbeiter“ war. Dann<br />
hieß es, auf die Schnelle eine Kampagne<br />
zu kreieren. „Derzeit können wir Projekte<br />
anders angehen. Stand zuvor ein ungeheurer<br />
Kommunikationsdruck im Mittelpunkt<br />
und Markendefinition spielte so gut wie keine<br />
Rolle, beginnen wir nun am Fundament“,<br />
berichtet Jan Köhler, Geschäftsfüh-<br />
rer Köhler Kommunikation. Statt das Budget<br />
gänzlich in Kommunikation zu investieren,<br />
fließt nun ein Teil in Markenanalyse<br />
und -definition.<br />
Statt „nur schnell Leute an Bord zu holen“<br />
lautet der Auftrag, die Marken-Substanz zu<br />
ergründen. „Wir müssen die Anforderungen<br />
an die Marke verstehen und sie abgleichen<br />
mit dem Ist-Zustand, um daraus Profilierungsbedarfe<br />
abzuleiten“, erklärt Adel<br />
Gelbert, BBDO Consulting. Dabei treffen die<br />
Agenturen fast immer auf ein Missverständnis:<br />
Unternehmen versuchen, emotionaler<br />
Unsicherheit auf Arbeitnehmerseite<br />
mit faktischen Argumenten zu begegnen.<br />
Gerne werden vermeintliche Vorteile aufgezählt<br />
wie „Traineeprogramme“ oder<br />
„spannende Aufgaben“, es dominierten<br />
Schlagworte wie „Markführerschaft“ oder<br />
„ „Wenn Mittelständler Employer<br />
Branding genau jetzt betreiben,<br />
eröffnen sie sich Chancen, die sie<br />
vorher nicht hatten.“<br />
Carsten Franke, Geschäftsführer,<br />
milch & zucker, The Marketing & Software<br />
Company AG<br />
„ „Kunden sollten erwarten, dass<br />
die Audit- und Analysemethoden<br />
des Entwicklungsprozesses der<br />
Arbeitgebermarke offen gelegt<br />
werden.“<br />
Stefan G. Wolf, Geschäftsführer,<br />
TMP Communications & Services GmbH<br />
„<br />
„Interne Kommunikation vermittelt<br />
vor allem Werte. Internal Branding<br />
setzt dagegen einen Veränderungsprozess<br />
in Gang.“<br />
Adel Gelbert, Managing Partner,<br />
BBDO Consulting GmbH<br />
„Angebotsbreite“. Stattdessen empfehle es<br />
sich, „Mitarbeitern, heutigen wie zukünftigen,<br />
Begeisterung darüber zu vermitteln,<br />
welche Ziele das Unternehmen hat und<br />
wohin die Reise gehen kann. Sprich: die<br />
Veränderungsperspektive selbst zur Quelle<br />
der Begeisterung zu machen, anstatt<br />
defensiv mit ihr umzugehen“.<br />
Employer Branding wird erwachsen<br />
Statt Glamour ist Orientierung gefragt,<br />
denn auch die Zielgruppen werden mit der<br />
Krise erwachsener und die Erwartungen<br />
verschieben sich: Von Hochglanz zu fundierten<br />
Inhalten. In der Vergangenheit setzten<br />
sich Brandingentwicklungen und -maßnahmen<br />
durch, die beim Vorstand,<br />
Geschäftsführer oder Personalchef auf positive<br />
Resonanz fielen, Marktforschung blieb<br />
Sonderheft 08 |2009 www.personalwirtschaft.de 5
EMPLOYER BRANDING Round Table<br />
außen vor. Employer Branding ist aus den<br />
Kinderschuhen herausgewachsen und hat<br />
sich professionalisiert. Grundlagenforschung,<br />
strategische Vorgehensweise und<br />
die Einbindung der internen Mitarbeiter<br />
bestimmen den Prozess. Stefan G. Wolf,<br />
Geschäftsführer TMP Communications &<br />
Services: „Heutzutage wird Employer Branding<br />
von oben angestoßen. Geschäftsführung<br />
und Vorstand sind die Treiber,<br />
während das Personalmarketing eher für<br />
den operativen Bereich zuständig ist.“ Infolgedessen<br />
hätten sich auch die Ansprechpartner<br />
verändert. Vor zwei Jahren überließ<br />
man das Feld dem HR-Management alleine,<br />
heute dagegen wird eng mit Verantwortlichen<br />
des Marketing- und der<br />
Kommunikation zusammengearbeitet. Statt<br />
„quick and dirty“ werden Projekte aufwändiger<br />
und größer. „Man geht tiefer und<br />
6<br />
Sonderheft 08 |2009 www.personalwirtschaft.de<br />
„ „Vor der Krise galt es ausschließlich,<br />
die Kommunikation zu verstärken.<br />
Jetzt steht die Analyse der Marke im<br />
Vordergrund.“<br />
Johanna Füllgraf, Agenturleitung,<br />
advalue media GmbH<br />
„ „Das Potenzial des Web 2.0 und der<br />
Online-Medien sollten Unternehmen<br />
bewusst für die eigene Arbeitgebermarke<br />
nutzen.“<br />
Matthias Adrion, Teamleiter Employer Branding,<br />
Dr. Schmidt & Partner GmbH<br />
„ „<strong>Die</strong> Zielgruppen wollen authentische<br />
Informationen, um sich selbst<br />
einen Eindruck der Arbeitswelt zu<br />
verschaffen.“<br />
Jan Köhler, Geschäftsführer,<br />
Köhler Kommunikation<br />
integriert die Produktmarke; Arbeitgebervideos<br />
müssen den Markenkern eines<br />
Unternehmens widerspiegeln“, berichtet<br />
Dr. Rainer Zugehör, JobTV24.<br />
PR der Arbeitgebermarke<br />
<strong>Die</strong> Verstärkung der Außen-Kommunikation<br />
für die Marke „Arbeitgeber“ wünschen<br />
sich mittlerweile viele Betriebe, gleichwohl<br />
sie in wirtschaftlich guten Zeiten mit dem<br />
Instrument sehr fremdelten. Public Relation<br />
speziell für die Arbeitgebermarke<br />
erschien vielen HR-Verantwortlichen eher<br />
als untaugliche Maßnahme.<br />
„Noch bis heute gehen viele Unternehmen<br />
mit PR zum Thema Arbeitgebermarke sehr<br />
zögerlich um. Im Gegensatz zu Rekrutierungs-Messen,<br />
wo sich beispielsweise die<br />
Erfolge allein durch die Menge an unmittelbaren<br />
Kontakten zu potenziellen Bewer-<br />
bern bewerten lassen, ist die Messbarkeit<br />
von Öffentlichkeitsarbeit nicht gegeben.<br />
<strong>Die</strong> Kunst gelungener Pressearbeit und<br />
guter Fachartikel zum Thema „Marke Arbeitgeber“<br />
besteht darin, sie nie losgelöst von<br />
der Kommunikationsstrategie der Marke<br />
Unternehmen zu sehen“, betont Johanna<br />
Füllgraf, advalue media. <strong>Die</strong> Expertenrunde<br />
ist sich einig: Es ist Zeit, sich dem Thema<br />
„Employer-PR“ anzunehmen. Denn PR<br />
ist eine Bringschuld, so Carsten Franke,<br />
milch & zucker: „Genauso wie Produktoder<br />
Investor Relationship-PR muss Personal-PR<br />
Botschaften kommunizieren, die<br />
auf die Arbeitgebermarke einzahlen. Am<br />
besten in Form von lebendigen Beispielen,<br />
welche die Werte widerspiegeln, die im<br />
Rahmen des Employer Branding-Prozesses<br />
definiert wurden. Ist dies zum Beispiel<br />
der Wert „Verantwortung übernehmen“,<br />
muss dieser auch anhand von Aktion, verantwortlichem<br />
Mitarbeiter und Effekt thematisiert<br />
werden - in guten wie in schlechten<br />
Zeiten.“<br />
Ungesteuerter Informationsfluss:<br />
Chancen und Grenzen<br />
Ob Arbeitgeber nun eine attraktive Website<br />
betreiben oder eine veraltete, ob sie selbst<br />
aktiv ihre Marke kommunizieren oder nicht:<br />
Öffentlich zugängliche Informationen über<br />
Arbeitsplätze gibt es zu jeder Zeit und an<br />
jedem Ort. Das Web 2.0 ist allumfassende<br />
Informationsquelle für Arbeitnehmer – mit<br />
viel Informationsmüll, aber auch mit glaubwürdigen<br />
Aussagen zu Unternehmenskultur,<br />
Arbeitsklima und Aufstiegschancen. <strong>Die</strong><br />
scheinbar unkontrollierbare Welt der Blogs<br />
und Social Networks macht manchem<br />
Arbeitgeber indes Angst. Doch gerade in<br />
der zunehmenden öffentlichen Verfügbarkeit<br />
von Informationen sieht Matthias Adri-<br />
<strong>Personalwirtschaft</strong> Online<br />
Eine Liste von Agenturen und Beratern,<br />
die Unternehmen beim Thema<br />
Employer Branding unterstützen, steht<br />
auf www.personalwirtschaft.de im<br />
Bereich Aktuell/Themen für Sie zum<br />
Download bereit.
on, Teamleiter Employer Branding bei Dr.<br />
Schmidt & Partner, den stärksten Grund,<br />
selbst einzugreifen: „Wenn man Mitarbeitern<br />
und Kandidaten keine Plattform bietet,<br />
suchen sie sich selbst eine und kommunizieren<br />
erst recht ungesteuert.“ Adrion<br />
empfiehlt, das Potenzial des Web 2.0<br />
bewusst für die eigene Arbeitgebermarke<br />
zu nutzen: „Vorausschauende Arbeitgeber<br />
fordern ihre Mitarbeiter aktiv auf, das<br />
Unternehmen auf Online-Plattformen zu<br />
bewerten.“<br />
Das Ohr in der Internetwelt zu haben, wird<br />
immer wichtiger. Wollen Unternehmen<br />
erfahren, was und wo man über sie spricht,<br />
können sie sich einiger Instrumente bedienen,<br />
wie beispielweise dem „Opinion<br />
Mining“, dass wie ein Stethoskop das Internet<br />
„abhört“. <strong>Die</strong>se Technik unterstützt die<br />
Diagnosefindung, um daraus Maßnahmen<br />
abzuleiten. Aber der Einfluss, den Unternehmen<br />
auf Web-Informationen nehmen<br />
können, ist zunehmend begrenzt. Adel Gelbert,<br />
BBDO Consulting: „In Social Networks<br />
<strong>Personalwirtschaft</strong> Online<br />
Auf unserer Homepage www.personalwirtschaft.de<br />
finden Sie auf der Startseite<br />
ein kurzes Video über den Roundtable.<br />
lassen sich Unternehmensinformationen<br />
aggregieren, ohne dass man aktiv kommunizieren<br />
muss. Beispielsweise können Nutzer<br />
Daten über andere Networker abrufen,<br />
wie die Länge der Betriebszugehörigkeit,<br />
das Alter der Mitarbeiter und so weiter.“<br />
Mitarbeiter als Träger der<br />
Arbeitgebermarke<br />
Mitarbeiter tragen zur Prägung von Marken<br />
bei, sei es von Produkten oder <strong>Die</strong>nstleistungen.<br />
Sie müssen dafür nicht in kundennahen<br />
Bereichen tätig sein.<br />
<strong>Die</strong> Unterstützungsfunktion von Produkt- und<br />
Unternehmensmarke durch die Mitarbeiter<br />
ist sehr viel deutlicher geworden, stellt<br />
Professor Jäger fest. In der Praxis bestätigt<br />
sich dieser Trend. Ließen sich vor drei Jahren<br />
in Imagefilmen nur Personalverantwortliche<br />
oder Vorstände ablichten, werden sie<br />
heute zu rund 90 Prozent von Mitarbeitern<br />
dominiert, berichtet Dr. Rainer Zugehör,<br />
JobTV24. Es habe sich gezeigt, dass Authentizität<br />
bei Nutzern besser ankommt und<br />
zudem das Matching zwischen Stellenprofil<br />
und Bewerbern erhöht. „Was die Zielgruppen<br />
immer gerne sehen: <strong>Die</strong> Unternehmen<br />
machen das Fenster auf und lassen<br />
Interessierte „reingucken“, die sich selbst<br />
einen Eindruck von der Arbeitswelt verschaffen<br />
können. <strong>Die</strong> eigenen Mitarbeiter<br />
Armin Trost (Hrsg.):<br />
Employer Branding,<br />
Arbeitgeber positionieren<br />
und präsentieren,<br />
Luchterhand 2009,<br />
ISBN 978-3-472-07485-4<br />
Literatur-Tipp<br />
Leseprobe zum Download auf www.personalwirtschaft.de<br />
– Kapuzinerorden in Deutschland:<br />
„Jetzt weiß ich was ich will!“ Erfahrungen<br />
mit der Weckung von Ordensberufen.<br />
wirken immer glaubwürdiger als Statisten“,<br />
so Jan Köhler, Köhler Kommunikation.<br />
Auch die Marktforschung fokussiert sich stärker<br />
auf die Gruppe der Mitarbeiter. Während<br />
sich Unternehmen zuvor auf die Zielgruppen<br />
im Markt - auf Ingenieure, Wirtschaftswissenschaftler<br />
und Beraternachwuchs -<br />
konzentrierten, richtet sich jetzt der Fokus<br />
ebenso in das eigene Unternehmen, sagt Andreas<br />
Schubert, stellvertretender Vorstandsvorsitzender<br />
der YouGovPsychonomics Gruppe.<br />
„Allerdings ist es ein Irrtum anzunehmen,<br />
dass Mitarbeiter in jedem Fall Produktmarkenbotschafter<br />
sind. Wir glauben, dass<br />
starke Arbeitgebermarken sehr wohl Einfluss<br />
auf die Produktmarke haben. Aber<br />
um Mitarbeiter zu aktiven Markenbotschaf-
EMPLOYER BRANDING Round Table<br />
tern zu machen, bedarf es eines abgestimmten<br />
internen Produktmarketings. Employer<br />
Branding und externes sowie internes<br />
Produkt-Marketing müssen deutlich enger<br />
verzahnt werden, als in der Vergangenheit<br />
geschehen.“<br />
Mit der Notwendigkeit auch internes Employer<br />
Branding zu betreiben, stehen Arbeitgeber<br />
vor der Frage, ob sie die Inhalte des<br />
externen eins zu eins auf das Internal Branding<br />
umsetzen könnten. Das würde Zeit und<br />
Geld sparen. <strong>Die</strong> Praxis zeigt aber, dass es<br />
mehr Sinn macht, den Prozess von innen nach<br />
außen zu entwickeln, als den Mitarbeitern<br />
per interner Kommunikation „Hochglanzbilder<br />
von außen“ überzustülpen, erläutert Carsten<br />
Franke, milch & zucker. „Gutes Internal<br />
Branding bezieht Mitarbeiter gestaltend<br />
als authentische Botschafter und Absender<br />
mit ein und wird so zu Employee Branding.“<br />
8<br />
Sonderheft 08 |2009 www.personalwirtschaft.de<br />
„ „Starke Arbeitgebermarken<br />
haben sehr wohl Einfluss auf die<br />
Produktmarke.“<br />
Andreas Schubert, stellvertretender Vorstandsvorsitzender,<br />
YouGovPsychonomics<br />
Gruppe<br />
„ „Wenn Unternehmen stärker<br />
kommunizieren, wer sie sind, können<br />
Bewerber besser und frühzeitiger<br />
prüfen, ob sie passen.“<br />
Dr. Rainer Zugehör, Geschäftsführer,<br />
JobTV24 GmbH<br />
„<br />
„Der Ritterschlag des Employer<br />
Brandings ist dann erfolgt, wenn sich<br />
Produktverantwortliche beschweren,<br />
dass die schlechte Arbeitgebermarke<br />
die Produktmarke beschädigt.“<br />
Prof. Wolfgang Jäger, FH Wiesbaden,<br />
Studiengang Media Management<br />
Qualitätskriterien für Employer<br />
Branding-Agenturen<br />
Arbeitgeber, die nach passender Unterstützung<br />
suchen, stehen vor der Frage: Markenagentur<br />
oder Employer Branding-Agentur?<br />
Worauf sollten Unternehmen achten,<br />
die sich Unterstützung von außen suchen?<br />
Agenturen müssen in der Lage sein, den<br />
Entwicklungsprozess der Arbeitgebermarke<br />
zu erläutern. Sie müssen Audit- und Analysemethoden<br />
transparent machen, betont<br />
Stefan G. Wolf, TMP Communication & Services.<br />
Wesentlicher Unterschied zu einer<br />
Markenagentur: <strong>Die</strong> Employer Branding-<br />
Experten befassen sich mit fachspezifischen<br />
Fragen zum Thema „Was zeichnet<br />
einen attraktiven Arbeitgeber inhaltlich<br />
aus?“ „Eine gute Arbeitgebermarken-Agentur<br />
hat ein Grundverständnis dafür, welche<br />
Erwartungen Mitarbeiter an Unterneh-<br />
men und Arbeitsplatz stellen. Sie kennt<br />
die Motive und die Anforderungen, die<br />
einen Arbeitgeber zu einem attraktiven<br />
Arbeitgeber machen und positionieren diese<br />
Values mit der passenden Kommunikationsstrategie“,<br />
erklärt Johanna Füllgraf,<br />
advalue media.<br />
Sicher ist, dass das Führen einer Produktmarke<br />
leichter ist als das Führen der Marke<br />
Arbeitgeber. <strong>Die</strong>s stellt auch an Auftraggeber<br />
besondere Herausforderungen.<br />
Employer Branding ist ein Baukasten, der<br />
von Kundenseite eine besondere Offenheit<br />
fordert und von Agenturseite Spezialwissen<br />
zu Branding- und Kommunikationsmethodik,<br />
betont Carsten Franke, milch &<br />
zucker. Wenn der Kunde weiß, dass Employer<br />
Branding nicht Gestaltungsfragen betrifft,<br />
sondern das Entwickeln einer Marke, werde<br />
er Offenheit zeigen und auch empirische<br />
Daten einbeziehen.<br />
Arbeitgeber sollten vor allem darauf achten,<br />
ob sie im Vorfeld über die Bedeutung<br />
grundlegender Marktforschung aufgeklärt<br />
werden“ rät Matthias Adrion, Dr. Schmidt<br />
& Partner. Nur wenn klar sei, wie das<br />
Unternehmen intern und extern als Arbeitgeber<br />
wahrgenommen wird, wo die eigenen<br />
Stärken und Schwächen liegen, sei der<br />
Aufbau einer überzeugenden Arbeitgebermarke<br />
möglich. „Andernfalls fehlt der<br />
Employer Brand später die Glaubwürdigkeit,<br />
die Markenbotschaft wirkt beliebig<br />
und austauschbar.“ Auch die abschließende<br />
Evaluierung der umgesetzten Maßnahmen<br />
sei wichtig. Jede Qualitätsagentur<br />
sollte sich daran messen lassen, welche<br />
nachweislichen Ergebnisse für das Unternehmen<br />
erzielt wurden. Oft fehle hier auf<br />
beiden Seiten der Mut, objektives Feedback<br />
einzufordern beziehungsweise zu liefern.<br />
<strong>Die</strong> Prognose der Experten: In fünf Jahren<br />
gehöre Employer Branding ganz selbstverständlich<br />
zum Tagesgeschäft. <strong>Die</strong>s wird<br />
aber nur dann eintreten, wenn sich dauerhaft<br />
ein Arbeitnehmermarkt formiert. Solange<br />
wird Employer Branding immer von<br />
Konjunkturzyklen abhängig sein.<br />
Christiane Siemann,<br />
freie Wirtschaftsjournalistin, Düsseldorf
D<br />
ie Panelbefragung richtet sich primär an Personalexperten<br />
und Führungskräfte in den Unternehmen und Verwaltungen,<br />
die bereits aktiv Employer Branding (EB) betreiben<br />
oder mit Vorarbeiten und konkreten Planungen zur Einführung<br />
des EB beschäftigt sind. Deren Erfahrung und Wissen<br />
soll der allgemeinen Diskussion in Praxis und Wissenschaft<br />
zugänglich gemacht, Wege und Irrwege aufgezeigt und Anregungen<br />
für <strong>neue</strong> Problemlösungen gegeben werden. Dabei interessieren<br />
vor allem die aktuelle Verbreitung, der Entwicklungsstand<br />
und die Konzepte des EB in Deutschland, die angestrebten<br />
Ziele und verwendeten Instrumente, ebenso die Frage, von<br />
welchen Einflussfaktoren die Arbeitgebermarke abhängt. Des<br />
Weiteren wird nach den Möglichkeiten und Grenzen des Designs<br />
von Arbeitgebermarken gefragt und nach den Methoden<br />
zu deren Messung. Eine Sammlung kritischer Beiträge der befragten<br />
Personalexperten über EB und Arbeitgebermarken, welche<br />
auf der <strong>Personalwirtschaft</strong>s-Homepage zu finden sind<br />
(siehe auch Kasten „Online“), schließt die Studie ab.<br />
<strong>Die</strong> besondere Aktualität des EB ergibt sich aus der Tatsache,<br />
dass 82 Prozent der befragten Personalexperten eine<br />
erhöhte Bedeutung, weitere 16 Prozent eine zumindest gleich<br />
gebliebene Bedeutung des Themas für ihr Unternehmen im<br />
Vergleich zu früheren Jahren feststellen. Nach ihrer Meinung<br />
wird EB auch in der aktuellen Finanzkrise nichts von<br />
seiner Bedeutung verlieren. Nur ganz vereinzelt wird sinkende<br />
Wichtigkeit im Unternehmen und allgemein geringere<br />
Bedeutung des EB in der gegenwärtigen Krise erwähnt.<br />
EB und Arbeitgebermarke: eine Bestandsaufnahme<br />
Viele Unternehmen geben an, ein anspruchsvolles EB im definierten<br />
Sinne bereits zu praktizieren (42 Prozent), noch<br />
EMPLOYER BRANDING HR-Panelbefragung<br />
Zukunftssicherung für<br />
die Zeit nach der Krise<br />
Zum neunten Mal hat die ISPA consult in Zusammenarbeit<br />
mit der „<strong>Personalwirtschaft</strong>“ HR-Experten befragt.<br />
Am aktuellen HR-Panel zum Thema Employer Branding nahmen<br />
59 Experten teil. Glaubt man den Ergebnissen der Befragung hat<br />
Employer Branding Hochkonjunktur – scheinbar<br />
unbeeinflusst von der aktuellen Finanz- und Wirtschaftskrise.<br />
mehr Unternehmen (51 Prozent) bauen ein EB dieser Art auf<br />
oder befinden sich in der Planungsphase. Von insgesamt 59<br />
Teilnehmern der Befragung sind also 93 Prozent (= 55 Befragte)<br />
EB-aktiv. Für die übrigen Unternehmen (7 Prozent) ist EB<br />
(noch) kein Thema; sie werden im Folgenden vernachlässigt.<br />
Wer EB betreibt – in welchem Stadium auch immer - hat<br />
sich nicht zwangsläufig bereits mit einer eigenen Arbeitgebermarke<br />
(Employer Brand) auf dem Arbeitsmarkt positioniert.<br />
Von den 55 der EB-aktiven Unternehmen haben knapp<br />
ein Drittel noch keine eigene Arbeitgebermarke, die übrigen<br />
zwei Drittel sehen sich in der komfortablen Lage, mit<br />
einer eigenen Arbeitgebermarke zumindest auf dem lokalen<br />
und regionalen Arbeitsmarkt, weniger häufig auf dem<br />
überregionalen und internationalen Arbeitsmarkt, präsent<br />
zu sein.<br />
Der Zusammenhang zwischen EB und Arbeitgebermarke<br />
wird von 44 Unternehmen mit bereits vorhandener Arbeitgebermarke<br />
differenziert gesehen, je nachdem, ob Arbeitgebermarken<br />
eher als „gewachsen“ oder eher als „gemacht“<br />
betrachtet werden.<br />
<strong>Die</strong> Anhänger der „gewachsenen“ Arbeitgebermarke sind<br />
im Vergleich zu den Anhängern der „gemachten“ Arbeitgebermarke<br />
eindeutig in der Mehrheit (48 zu 18 Prozent).<br />
Darin findet die Erfahrung vieler Unternehmen ihren Niederschlag,<br />
dass Arbeitgebermarken nur sehr langsam und<br />
in kleinen Schritten entwickelt und einmal etabliert nur sehr<br />
schwer wieder verändert werden können. <strong>Die</strong> anderen Vorstellungen<br />
weichen nur in Nuancen von den beiden genannten<br />
Grundrichtungen ab. Es handelt sich um Unternehmen,<br />
die ihre jetzige Arbeitgebermarke als historisch gewachsen<br />
erleben, aber erwarten, in der Zukunft durch aktives EB<br />
Sonderheft 08 |2009 www.personalwirtschaft.de 9
EMPLOYER BRANDING HR-Panelbefragung<br />
erhebliche Veränderungen der Arbeitgebermarke<br />
herbeiführen zu können.<br />
Unterschiedliche Entwicklungsstadien<br />
des EB in der Praxis<br />
EB-Einzelmaßnahmen eines Unternehmens<br />
basieren idealtypisch auf einem längerfristig<br />
angelegten, detailliert ausgearbeiteten<br />
Konzept. Tatsächlich verfahren<br />
bereits 46 Prozent der 55 EB-aktiven Unternehmen<br />
nach einem solchen Konzept. Sie<br />
unterscheiden sich in der Anwendung:<br />
● 26 Prozent der EB-aktiven Unternehmen<br />
setzen das Konzept um, relativ<br />
unabhängig von der aktuellen Konjunkturlage<br />
und dem unternehmensspezifischen<br />
Geschäftsverlauf. <strong>Die</strong>s schließt<br />
nicht aus, dass EB-Aktivitäten umgeschichtet<br />
und angepasst werden, wenn<br />
einzelne Geschäftsbereiche des Unternehmens<br />
sich unterschiedlich entwickeln<br />
und/oder einzelne Zielgruppen wichtiger<br />
werden als andere.<br />
● 20 Prozent der EB-aktiven Unternehmen<br />
finanzieren die Umsetzung des<br />
Konzepts durch Jahresbudgets, die erheblich<br />
schwanken können. Typischerweise<br />
wird EB bei guter Geschäftsentwicklung<br />
verstärkt, bei schlechter zurückgefahren.<br />
Von vielen Personalexperten<br />
wird diese Vorgehensweise kritisch gesehen,<br />
da sie dem EB keine gesicherte Planungsgrundlage<br />
gibt und die Erfüllung<br />
seiner strategischen Aufgaben erheblich<br />
erschwert oder gar unmöglich ist.<br />
Ohne Konzept betreiben 54 Prozent der<br />
Unternehmen mehr oder weniger aktiv<br />
EB. <strong>Die</strong> ganz überwiegende Mehrzahl von<br />
ihnen ist von der Notwendigkeit eines<br />
Konzepts überzeugt und plant nach eigenen<br />
Angaben die Einführung. Nur wenige<br />
Unternehmen glauben, ohne Konzept<br />
auskommen zu können und wollen EB<br />
weiterhin nach (kurzfristigem) Bedarf mit<br />
Hilfe von Einzelmaßnahmen betreiben.<br />
Ziele des EB nach außen und<br />
nach innen<br />
<strong>Die</strong> Ziele des EB werden in der Diskussion<br />
häufig auf die Gewinnung <strong>neue</strong>r Mitarbeiter,<br />
speziell auf die Gewinnung von<br />
10<br />
Sonderheft 08 |2009 www.personalwirtschaft.de<br />
Rang<br />
1<br />
2<br />
3<br />
4<br />
Ziele des EB<br />
Nennungshäufigkeit (v.H.)<br />
Stärkung der Corporate Identity nach innen und nach außen 86 %<br />
Verstärkte Bindung vorhandener Mitarbeiter an das Unternehmen 73 %<br />
Erhöhte Anzahl von Initiativbewerbungen<br />
46 %<br />
Verschiedene andere Ziele. Darunter:<br />
34 %<br />
• mehr Bewerbungen mit erhöhter Passgenauigkeit für ausgeschriebene Stellen aus bekannten<br />
und/oder <strong>neue</strong>n Zielgruppen,<br />
• erhöhter Bewerbungseingang von „High Potentials“ in relevanten Zielgruppen,<br />
• gezielte Ansprache bestimmter Berufsgruppen und Mobilisierung von Interessenten,<br />
• gezielte Ansprache von potenziellen Auszubildenden und Mobilisierung von Interessenten,<br />
• Förderung des Wiedereinstiegs von Freigestellten,<br />
• Intensivierung der Zusammenarbeit mit Hochschulen,<br />
• Korrektur/ Kompensation negativer Medienberichte über das Unternehmen,<br />
• „Attraktiver Arbeitgeber sein wollen“ als Selbstzweck und Teil des Selbstverständnisses.<br />
„High Potentials“ reduziert. <strong>Die</strong> Befragung<br />
zeichnet ein sehr viel differenzierteres<br />
Bild über die aktuellen Zielvorstellungen<br />
in der Praxis.<br />
Es fällt auf, dass neben den bekannten Zielen<br />
des EB „nach außen“ mit Blick auf den<br />
externen Arbeitsmarkt die Ziele „nach<br />
innen“ mit dem Schwerpunkt „Bindung<br />
vorhandener Mitarbeiter“ nahezu<br />
gleichrangig genannt werden. Offenbar<br />
hat bei den Personalexperten ein Umdenken<br />
stattgefunden, das dem EB eine deutlich<br />
weitergefasste Rolle im Prozess des<br />
Personalmanagements zuweist (siehe<br />
Tabelle 1).<br />
Erfolgreiches EB – mit welchen<br />
Instrumenten?<br />
Typische Instrumente und Maßnahmen<br />
des EB sind zum Beispiel aktives Hochschulmarketing<br />
und -recruiting auf Fachmessen,<br />
attraktive Nachwuchsbindungsprogramme<br />
(Praktika, Diplomarbeiten, First Job<br />
Experience-Programme etc), klassische<br />
Kommunikation durch Anzeigen, redaktio-<br />
nelle Beiträge, Broschüren, Flyer und Aushänge,<br />
kommunikative Auftritte in <strong>neue</strong>n<br />
Medien (Internet, Bloggs, Twitter, Jobbörsen),<br />
Referententätigkeit an Hochschulen<br />
und vieles andere (eine vollständige Aufzählung<br />
ist nicht möglich). <strong>Die</strong> nachstehende<br />
Unterscheidung von fünf Haupttypen<br />
orientiert sich an der Systematik der<br />
Marketing-Instrumente. Gefragt wurde<br />
nach dem oder den Schwerpunkten des EB<br />
in den einzelnen Unternehmen (siehe<br />
Tabelle 2).<br />
<strong>Die</strong> Einflussfaktoren der<br />
Arbeitgebermarke<br />
Tabelle 1<br />
Tabelle 2<br />
Rang Haupttypen von EB-Instrumenten<br />
Nennungshäufigkeit (v.H.)<br />
1 Angebot attraktiver Arbeitsplätze für Mitarbeiter („Positions-Mix“) 69 %<br />
2 Effiziente und nutzerfreundliche Rekrutierungswege und -formen,<br />
z.B. E-Mail-Bewerbungen („Rekrutierungs-Mix“)<br />
53 %<br />
3 Sorgfältige und differenzierte Analyse des vorhandenen Potenzials<br />
an Arbeitskräften auf dem Arbeitsmarkt nach Zielgruppen („Potenzial-Mix“)<br />
42 %<br />
4 Intensive multimediale Personalwerbung („Kommunikations-Mix“) 38 %<br />
5 Zeitgemäße Arbeitsverträge („Kontrahierungs-Mix“)<br />
18 %<br />
Wer EB betreibt, will seine Arbeitgebermarke<br />
aktiv mitgestalten. Ob und inwie-<br />
<strong>Personalwirtschaft</strong> Online<br />
Weitere Ergebnis-Übersichten und Statements<br />
der Befragten stehen im Internet<br />
unter www.personalwirtschaft.de im<br />
Bereich „Aktuell/Themen“ zum kostenlosen<br />
Download bereit.
Rang<br />
1<br />
2<br />
3<br />
3<br />
5<br />
6<br />
7<br />
Tabelle 3<br />
Wahrgenommene Einflussfaktoren der Arbeitgebermarke Nennungshäufigkeit (v.H.)<br />
Employer Branding-Aktivitäten<br />
64 %<br />
Art und Bekanntheitsgrad der Produkte und/oder <strong>Die</strong>nstleistungen<br />
des Unternehmens<br />
54 %<br />
Bekanntheitsgrad des Unternehmens<br />
39 %<br />
Wahrgenommenes Verhalten des Unternehmens gegenüber Mitarbeitern,<br />
Kunden und Lieferanten<br />
39 %<br />
Übereinstimmung des wahrgenommenen Unternehmensprofils als<br />
Arbeitgeber und dem Wunsch-Arbeitgeber aus Sicht der Arbeitnehmer<br />
30 %<br />
Branchenzugehörigkeit des Unternehmens<br />
27 %<br />
Pressekonferenzen und Presseberichte über das Unternehmen<br />
Weniger häufig genannt werden „Standort“ (14 %), „CSR“ (11 %),<br />
Betriebsgröße (9 %) und andere Faktoren (5 %)<br />
20 %<br />
weit dies gelingt, ist unter anderem von<br />
der Beeinflussbarkeit der Arbeitgebermarke<br />
durch EB und andere Einflussfaktoren<br />
abhängig. In Tabelle 3 sind die am<br />
häufigsten genannten Einflussfaktoren<br />
aus Sicht der befragten Personalexperten<br />
aufgelistet; die aus einem vorgegebenen<br />
Katalog von 11 Einflussfaktoren die drei<br />
wichtigsten bestimmen sollten.<br />
Gestaltung der Arbeitgebermarke<br />
Soweit die Arbeitgebermarke durch EB<br />
gestaltet werden kann, stehen zwei alternative<br />
Strategien zur Wahl: die eine folgt<br />
dem Grundsatz, dass jedes Unternehmen<br />
selbst wissen muss, wie es sich als Arbeitgeber<br />
positionieren und von anderen<br />
Arbeitgebern positiv unterscheiden will.<br />
<strong>Die</strong>se Strategie orientiert sich primär an<br />
den Stärken des Unternehmens und wird<br />
im folgenden „selbstbestimmte Arbeitgebermarke“<br />
beziehungsweise „angebotsorientierte<br />
Arbeitgebermarke“ genannt. Im<br />
Gegensatz dazu orientiert sich die zweite<br />
Strategie an den Erwartungen und Präferenzen<br />
der wichtigsten Zielgruppen.<br />
Dabei wird angenommen, dass die Anpassung<br />
der Arbeitgebermarke an das Wunschbild<br />
der potenziellen und/oder bereits vorhandenen<br />
Mitarbeiter die Attraktivität<br />
des Unternehmens auf dem Arbeitsmarkt<br />
erhöht. <strong>Die</strong>se Strategie wird im Folgenden<br />
„mitarbeiterorientierte Arbeitgebermarke“<br />
beziehungsweise „nachfrageorientierte<br />
Arbeitgebermarke“ genannt. 55 Prozent<br />
der Befragten fahren eine Misch-<br />
strategie, die Elemente der „selbstbestimmten<br />
Strategie“ und der „mitarbeiterorientierten<br />
Strategie“ kombiniert. 41 Prozent<br />
nutzen vorwiegend die Strategie der „selbstbestimmten<br />
Arbeitgebermarke“ und nur<br />
vier Prozent vorwiegend die „mitarbeiterorientierte<br />
Arbeitgebermarke“.<br />
In der Wahl der Mischstrategie spiegelt<br />
sich das Bemühen vieler Unternehmen<br />
wider, Beständigkeit und Nachhaltigkeit<br />
der Arbeitgebermarke, die erfahrungsgemäß<br />
nicht ohne weiteres und schnell verändert<br />
beziehungsweise entwickelt werden<br />
kann, mit der notwendigen Anpassung<br />
an geänderte und sich ändernde Erwartungen<br />
und Arbeitsplatzwünsche der Mitarbeiter<br />
in Einklang zu bringen. Wer sich<br />
für die Strategie der „selbstbestimmten<br />
Arbeitgebermarke“ entscheidet befürchtet<br />
unter anderem einen Verlust an Authentizität<br />
oder vollmundige Versprechungen<br />
an Bewerber, die nicht gehalten werden<br />
können.<br />
Messen, Vergleichen und Überprüfen<br />
der Arbeitgebermarke<br />
Von 59 befragten Unternehmen gaben<br />
lediglich 22 Unternehmen an, ihre Arbeitgebermarke<br />
systematisch und methodengestützt<br />
zu ermitteln und zu überprüfen;<br />
annähernd gleich viele Unternehmen,<br />
nämlich 21 ermitteln und überprüfen ihre<br />
Arbeitgebermarke eher unsystematisch<br />
und nicht methodengestützt. <strong>Die</strong> übrigen<br />
16 Unternehmen haben sich nach eigenen<br />
Angaben (noch) nicht mit einer eige-<br />
nen Arbeitgebermarke positioniert, so<br />
dass für sie Messen, Vergleichen und<br />
Überprüfen der Arbeitgebermarke entfällt.<br />
Insgesamt 29 Unternehmen äußerten sich<br />
zu den praktizierten Methoden zu Ermittlung<br />
und Überprüfung ihrer Arbeitgebermarke.<br />
Von diesen wurden am häufigsten<br />
genannt:<br />
● Messung der Initiativbewerbungen und<br />
andere indirekte Methoden (48 Prozent),<br />
● Auswertung von Eintritts- und Austrittsinterviews<br />
(45 Prozent),<br />
● Beteiligung an überbetrieblichen Arbeitgeber-Imagestudien<br />
(45 Prozent),<br />
● Beteiligung an überbetrieblichen Arbeitgeber-Rankings<br />
verschiedener Anbieter<br />
(38 Prozent).<br />
Weniger häufig genannt wurden mit jeweils<br />
28 Prozent die besonders anspruchsvolle<br />
Methode der Arbeitgeber-Image-Messung<br />
nach dem Trommsdorff-Modell und sonstige<br />
Methoden wie z.B. Mitarbeiterbefragungen,<br />
Befragung von Diplomanden, Praktikanten<br />
und Azubis, Befragung von Hochschulprofessoren,<br />
Feedback von potenziellen<br />
Bewerbern auf Hochschulmessen und<br />
bei Exkursionen, systematischer Vergleich<br />
von Internet- und Messeauftritten, Vergabe<br />
von themenzentrierten Studien zum<br />
Arbeitgeber-Image des Unternehmens. Wer<br />
die aktuelle Arbeitgebermarke systematisch<br />
und methodengestützt ermittelt und<br />
überprüft, ist grundsätzlich auch geneigt,<br />
diese mit konkurrierenden Arbeitgebern<br />
auf dem Arbeitsmarkt zu vergleichen.<br />
Autor<br />
Prof. Dr. Karl-Friedrich<br />
Ackermann,<br />
Geschäftsführer ISPA consult<br />
GmbH, Stuttgart,<br />
info@ispa-consult.de<br />
Autorin<br />
Martina Wehner,<br />
freie Mitarbeiterin der ISPA<br />
consult GmbH, München,<br />
info@ispa-consult.de<br />
Sonderheft 08 |2009 www.personalwirtschaft.de 11
EMPLOYER BRANDING Studie<br />
12<br />
Stochern im Nebel<br />
Berufseinsteiger werden nach wie vor mit klassischen<br />
Recruitingkampagnen gesucht. Doch eine<br />
aktuelle Untersuchung von Recruiting-Anzeigen<br />
zeigt: Unternehmen kennen die Zielgruppe der<br />
Absolventen, also ihre Kandidaten, nicht.<br />
V<br />
iele Unternehmen versuchen sich durch gezieltes<br />
Employer Branding (EB) als Arbeitgebermarke (Employer<br />
Brand) auf dem Bewerbermarkt zu positionieren. <strong>Die</strong><br />
Studie „Kein Kandidat in Sicht?“ der Macromedia Hochschule<br />
für Medien und Kommunikation (MHMK), in Zusammenarbeit<br />
mit dem Projektpartner Fischer Appelt Kommunikation<br />
München GmbH, zeigt, dass die meisten Unternehmen<br />
ihre Bewerber gar nicht kennen. Es ist jedoch unvermeidbar,<br />
dass die Unternehmen ihre potenziellen Bewerber<br />
verstehen, um bereits in der Recruitingphase auf Bedürfnisse<br />
und Erwartungen durch zielgerichtete Kommunikation<br />
eingehen zu können. <strong>Die</strong> Studie untersucht die Argumentation<br />
der Recruitinganzeigen von über 180 Unternehmen.<br />
Zudem wurden rund 300 Absolventen gefragt, was<br />
sie über ihren künftigen Arbeitgeber im Entscheidungsprozess<br />
für einen Job gerne wüssten.<br />
Dabei traten erhebliche Kommunikationsfehler zutage,<br />
die nicht zuletzt in den Personalabteilungen wurzeln. <strong>Die</strong><br />
Personalabteilungen werden in die Entwicklung und Implementierung<br />
von Kommunikationsstrategien kaum eingebunden<br />
oder mit der Entwicklung von Kampagnen zuweilen<br />
allein gelassen. Ihnen fehlt häufig die Kompetenz, auf<br />
eine durchgängige Einhaltung der Markenwerte in der<br />
Kommunikation zu achten.<br />
Austauschbare Floskeln<br />
Das Personalmarketing als Teil der EB-Strategie des potenziellen<br />
Arbeitgebers genießt bei den Absolventen als Entscheidungsgrundlage<br />
für die Attraktivität eines Unternehmens<br />
einen eher schlechten Ruf und leidet unter einer<br />
sehr geringen Glaubwürdigkeit: Rund 70 Prozent der<br />
Befragten trauen den Versprechen dieser Kampagnen nur<br />
Sonderheft 08 |2009 www.personalwirtschaft.de<br />
teilweise, über 20 Prozent gar nicht. Knapp zehn Prozent<br />
machen das Vertrauen in die getroffenen Aussagen vom<br />
einzelnen Unternehmen abhängig. Rund 80 Prozent der<br />
befragten Studierenden und Absolventen vermissen einen<br />
persönlichen Ton in den Kampagnen. Lediglich 2,3 Prozent<br />
fühlen sich von Unternehmen umworben, obwohl<br />
auch den Studierenden und Absolventen klar ist, dass es<br />
einen Kampf um die besten Fachkräfte gibt.<br />
Bei näherer Betrachtung wirkt das Problem hausgemacht.<br />
<strong>Die</strong> rekrutierenden Unternehmen suchen zu undifferenziert.<br />
Wahllos werden beispielsweise „Berufseinsteiger“<br />
gesucht. Oftmals wird nicht einmal die gewünschte Fachrichtung<br />
angegeben. Damit bietet sich den potenziellen<br />
Bewerbern ein sehr undifferenziertes Bild, denn es werden<br />
häufig weder gezielte Fach- noch identifizierbare persönliche<br />
Kompetenzen gesucht.<br />
Ein weiterer Kommunikationsfehler, der in den untersuchten<br />
Anzeigen zu beobachten war, ist der inflationäre<br />
Einsatz von Claims und Botschaften. Zwar ist positiv zu<br />
bewerten, dass die Unternehmen ein Bewusstsein dafür<br />
zeigen, dass erfolgreiche Markenbildung eines dominierenden<br />
Claims bedarf. Doch statt einem Zuwenig herrscht<br />
ein Zuviel: Unternehmensclaims, EB-Claims und /oder<br />
Branchen- und Spartenclaims werden bunt miteinander<br />
vermischt. Manche Anzeigen verwenden sogar drei oder<br />
mehr Claims, die allesamt das Unternehmen und den<br />
angebotenen Job bejubeln.<br />
Selbstdarstellung statt Ansprache<br />
Im Wesentlichen stellen sich die Unternehmen in den<br />
untersuchten Anzeigen selbst dar. Sie beschreiben ihre Leistungsfähigkeit,<br />
ihre Produkte, Geschäftsgebiete, Interna
Thesen der Studie „Kein Kandidat in Sicht?“ Info<br />
1. <strong>Die</strong> Anforderungen potenzieller Kandidaten an ihren Arbeitgeber wandeln sich. Soziales und<br />
ökologisches Bewusstsein, eine positiv geprägte Unternehmenskultur, qualifizierte Aus- und Weiterbildungsangebote<br />
und ein offener Dialog über die Synchronisierung von beruflicher und privater<br />
Lebensgestaltung zählen inzwischen zu den relevanten Erwartungen.<br />
2. <strong>Die</strong> Informationsbeschaffung der Kandidaten verändert sich radikal. In den virtuellen Dialogformen<br />
des Web 2.0 sorgt die Zielgruppe für authentische Informationen und Transparenz über<br />
potenzielle Arbeitgeber. Hier werden Erfahrungen und Einschätzungen ausgetauscht. Unternehmen<br />
sind heute darauf angewiesen, diesen Dialog indirekt durch werthaltige Informationsangebote positiv<br />
zu unterstützen.<br />
3. Dynamik und Komplexität nehmen in der Gesellschaft deutlich zu. Kommunikation verlagert<br />
sich in autonom gesteuerte, mediale Prozesse. Hier sind die Arbeitgeber in ihrer Employer Branding-<br />
Arbeit zukünftig aufgefordert, weniger Selbstdarstellung sondern stärker Orientierung und Inhalte zu<br />
bieten.<br />
4. Eine gesellschaftlich und ökologisch verantwortliche Haltung von Unternehmen ist ein<br />
wesentlicher Bestandteil für die Vertrauensbildung – auch bei potenziellen Mitarbeitern. Auch<br />
hier sind auf Arbeitgeberseite Konzepte zu entwickeln, wie eine konsistente Markenstrategie in diesem<br />
Segment aussieht.<br />
5. Employer Branding Management ist ein hochdynamisches, strategisches Aufgabenfeld. Es<br />
richtet sich stark an die jüngeren Zielgruppen, die den kontinuierlichen Wandel im entscheidenden<br />
Maße mitgestalten und -prägen. Employer Branding, das die Lebenswirklichkeit und -wünsche seiner<br />
Zielgruppe ignoriert, bleibt wirkungslos.<br />
tionalität und Standorte. Doch an den<br />
Bedürfnissen ihrer potenziellen Kandidaten<br />
orientieren sich gerade einmal 20 Prozent<br />
der untersuchten Anzeigen. In der<br />
Befragung der Studierenden und Absolventen<br />
wurde die Relevanz verschiedener<br />
Kriterien erhoben. Während die Unternehmen<br />
meinen, auf die oben genannten<br />
„klassischen“ Kriterien Antworten geben<br />
zu müssen und dies zum Teil sehr unpräzise<br />
tun, verlangen Bewerber Auskunft<br />
über Familienfreundlichkeit, Unternehmenskultur,<br />
flexible Arbeitszeiten, Work-<br />
Life-Balance sowie umwelt- und sozialverträgliches<br />
Verhalten ihres künftigen Arbeitgebers.<br />
<strong>Die</strong> Studierenden der Gegenwart<br />
sind sehr affin bezüglich der gesellschaftlichen<br />
und ökologischen Verantwortung<br />
ihres präferierten Unternehmens. Sie wollen<br />
den Eindruck haben, mit ihrem eigenen<br />
Tun zu einem sinnstiftenden Projekt<br />
beizutragen. Deshalb legen sie Wert darauf,<br />
dass ihr Arbeitgeber ähnlich denkt und<br />
seine soziale Verantwortung wahrnimmt.<br />
Warum die Mehrheit der Unternehmen diese<br />
Differenzierungspotenziale nicht nutzt<br />
und aktuelle Themen, die sich im Aufschwung<br />
befinden (CSR, Gesundheit) unbeachtet<br />
lässt, ist kaum nachvollziehbar.<br />
Hinsichtlich Unternehmensgröße, Image<br />
und Standort stimmen die Vorstellungen<br />
von den Unternehmen mit den Erwartungen<br />
der Bewerber überein. Auch fühlen<br />
sich die Bewerber hier noch ausreichend<br />
informiert. In Bezug auf die kommunizierte<br />
Familienfreundlichkeit eines Unternehmens<br />
bietet sich da schon ein anderes<br />
Bild: 50 Prozent der Befragten halten<br />
das Thema für wichtig, sehen sich aber<br />
sehr unzureichend darüber informiert.<br />
<strong>Die</strong> Werte-Trendstudien der letzten Jahre<br />
haben gezeigt, dass eine Familie und<br />
eine stabile Partnerschaft als wesentliche<br />
Ziele der individuellen Lebensplanung<br />
in ihrer Bedeutung noch einmal<br />
gestiegen sind. <strong>Die</strong> überwiegende Zahl<br />
der EB-Kampagnen nimmt darauf nur<br />
bedingt Rücksicht. Vor diesem Hintergrund<br />
leuchtet ein, dass die von Unternehmen<br />
oft überbetonte Internationalität<br />
auf geringes Interesse seitens der potenziellen<br />
Arbeitnehmer stößt. <strong>Die</strong> Stärke<br />
des Interesses ist zwar mitunter branchenabhängig,<br />
aber die parallele Orientierung<br />
an privaten Werten fordert hier<br />
ihren Tribut. Eine ebenso große Diskrepanz<br />
zeigt sich hinsichtlich der Unternehmenskultur<br />
und bei den Karriere- und<br />
Sonderheft 08 |2009 www.personalwirtschaft.de 13
Aufstiegschancen. 90 Prozent der Befragten<br />
wünschen sich diese Kriterien als<br />
wesentlichen Bestandteil von EB-Kampagnen.<br />
Doch nur 30 Prozent fühlen sich<br />
hierüber ausreichend informiert.<br />
Interessen werden ignoriert<br />
<strong>Die</strong>se Beispiele sollen exemplarisch die<br />
große Lücke zwischen dem Anspruch<br />
eines professionellen Employer Branding<br />
und der Kampagnenrealität verdeutlichen.<br />
Der Präferenzenwandel der potenziellen<br />
Kandidaten wird nur unzureichend<br />
in der Kommunikation der Unternehmen<br />
berücksichtigt. <strong>Die</strong> Unternehmen sehen<br />
Karrierechancen und klassische Imagefaktoren<br />
als prioritär überzeugend an,<br />
während ihre Zielgruppe längst Faktoren<br />
wie soziales und ökologisches Engagement,<br />
Familienfreundlichkeit, Weiterbildungsmöglichkeiten,<br />
Individualisierung<br />
und Flexibilisierung des Arbeitsumfelds<br />
in ihre Präferenzbildung einbezieht. Verallgemeinernde<br />
Ratschläge sind hier<br />
jedoch unangebracht, da jede Fachrichtung<br />
beziehungsweise Branche ihre speziellen<br />
Anforderungen stellt und die dazugehörigen<br />
Absolventen spezifische Eigenheiten<br />
aufweisen. Während Interessenten<br />
an Unternehmensberatungen, PR-Agenturen<br />
und so weiter Einbußen in Freizeit<br />
und Familie in den ersten Jahren ihrer<br />
beruflichen Laufbahn bewusst in Kauf<br />
nehmen, kann dies bei Ingenieuren ganz<br />
anders sein.<br />
Bei der Bandbreite und Vielzahl von Unternehmensprofilen<br />
fällt es natürlich schwer,<br />
Mehr zum Thema<br />
Kamm, Susanne / Rademacher, Lars /<br />
Remus, Nadine: Kein Kandidat in Sicht?<br />
Employer Branding vor dem Perspektivenwechsel,<br />
München 2009.<br />
Rademacher, Lars / Remus, Nadine: Online<br />
Employer Branding – Professionelle Karrierewebsites<br />
als essenzielles Aushängeschild der<br />
Employer Brand, München 2009 (erscheint im<br />
September 2009).<br />
Weitere Informationen zum Forschungsprojekt<br />
„Professional Employer Branding” unter<br />
www.keinkandidatinsicht.de oder direkt per<br />
Mail an Nadine Remus unter n.remus@macromedia.de.<br />
14<br />
Sonderheft 08 |2009 www.personalwirtschaft.de<br />
eindeutige Empfehlungen für die Gestaltung<br />
von Kampagnen zu geben, da diese<br />
von der individuellen Strategie des Unternehmens,<br />
dem Marktumfeld und vielen<br />
weiteren Faktoren abhängt. Auch können<br />
die klassischen Argumente nicht von heute<br />
auf morgen aus den EB-Kampagnen<br />
verschwinden, da sie von der Zielgruppe<br />
„gelernt“ wurden. Es müssen also<br />
bestimmte klassische Aussagen getroffen<br />
werden, die zwar notwendig, aber<br />
nicht hinreichend für eine erfolgreiche Markendifferenzierung<br />
als Employer Brand<br />
sind.<br />
Jedoch reicht die Optimierung der Recruitingkampagnen<br />
alleine nicht aus. Gleichermaßen<br />
sollte der Karrierebereich der<br />
unternehmenseigenen Website einem kritischen<br />
Blick unterzogen werden. <strong>Die</strong><br />
potenziellen Bewerber, die durch Print-<br />
Kampagnen auf das Unternehmen aufmerksam<br />
gemacht werden, müssen die<br />
Kampagnen-Inhalte auf der Website wiederfinden<br />
können. Auch bei der inhaltlichen<br />
und funktionalen Gestaltung muss<br />
dringend auf die Wünsche und Präferenzen<br />
der Arbeitnehmer eingegangen werden.<br />
Dass auch hier die Unternehmen<br />
oftmals die Interessen der Bewerber<br />
verfehlen, belegt unsere <strong>neue</strong> Studie, die<br />
im September 2009 erscheinen wird.<br />
<strong>Die</strong> umfangreiche Analyse von 200<br />
Karrierewebsites bei Unternehmen aus<br />
Konstruktion und Maschinenbau zeigt<br />
enorme Defizite der Websitekommunikation<br />
im Recruitingprozess auf.<br />
Perspektivenwechsel nötig<br />
Um Employer Branding aber tatsächlich<br />
in den Markenaufbau und die Markenpflege<br />
eines Unternehmens einzubauen,<br />
bedarf es mehr als Kampagnen und markenrelevante<br />
Aussagen zu kreieren. Vor<br />
allem kommt es darauf an, dass die Markenversprechen<br />
auch im Unternehmensalltag<br />
erlebt werden können. Viele Unternehmen<br />
stehen jedoch nach wie vor genau<br />
an dieser Umsetzungsschwelle. Ebenso<br />
muss das Bewusstsein dafür geschärft<br />
werden, dass ein bereits gewonnener und<br />
an das Unternehmen gebundener Mitar-<br />
<strong>Personalwirtschaft</strong> Online<br />
Diverse Grafiken, zur Verdeutlichung der<br />
Studienergebnisse stehen im Internet<br />
unter www.personalwirtschaft.de im<br />
Bereich Aktuell/Themen zum kostenlosen<br />
Download bereit.<br />
beiter auch weiterhin auf dem Talentemarkt<br />
zur Verfügung steht. Headhunter sind auf<br />
Grund des Mangels an High Potentials auf<br />
der ständigen Suche nach qualifizierten<br />
Kräften. Gerade die Wirtschaftskrise<br />
schürt erhebliche Existenzängste unter den<br />
Arbeitnehmern, wodurch Mitarbeiter leichter<br />
abzuwerben sind.<br />
Selbst in Zeiten der Budgetkürzungen in<br />
den Bereichen Personalwesen, Marketing<br />
und Kommunikation nimmt das Interesse<br />
der Unternehmen an Employer Branding<br />
nicht ab und EB verankert sich<br />
zunehmend als wichtiges Erfolgskriterium<br />
in der Unternehmenspraxis. <strong>Die</strong> Unternehmen<br />
ergreifen verstärkt Maßnahmen,<br />
um Fach- und Führungskräfte zu rekrutieren.<br />
Das Gros dieser Maßnahmen erfolgt<br />
jedoch völlig fehlgerichtet. Weder kennen<br />
die Arbeitgeber die Zielgruppe „Absolvent“,<br />
noch richten sie ihre Recruitingstrategie<br />
einheitlich und zielgerichtet aus.<br />
Ebenso akribisch, wie Unternehmen ihre<br />
Konsumentengruppe erforschen, muss<br />
die Gruppe der zukünftigen Bewerber<br />
unter die Lupe genommen werden. Employer<br />
Branding kann nur erfolgreich sein,<br />
wenn Unternehmen an der Basis sorgfältig<br />
arbeiten.<br />
Autoren<br />
Prof. Dr. Lars Rademacher,<br />
Professor für PR/Kommunikationsmanagement,<br />
Dept. Medienmanagement, Macromedia<br />
Hochschule für Medien und Kommunikation,<br />
l.rademacher@macromedia.de<br />
Nadine Remus,<br />
wissenschaftliche Mitarbeiterin für PR/Kommunikationsmanagement,<br />
Dept. Medienmanagement,<br />
Macromedia Hochschule für Medien und<br />
Kommunikation, n.remus@macromedia.de<br />
Susanne Kamm,<br />
Geschäftsführerin, Kamm und Kocks GmbH,<br />
München, sk@kammundkocks.de
U<br />
nternehmen haben erkannt, dass auch die Mitarbeiter<br />
wichtige Markenbotschafter und Multiplikatoren<br />
des Unternehmens sind. Mitarbeiter betrachten und bewerten<br />
ihren Arbeitgeber primär hinsichtlich qualitativer<br />
Dimensionen wie Führungskultur, Work-Life-Balance und<br />
Entwicklungsmöglichkeiten. Eine moderne und gute Aufstellung<br />
des Unternehmens als Arbeitgeber ist die Basis<br />
für eine positive Identifikation seitens der Mitarbeiter mit<br />
dem Unternehmen. Damit sind Zielsetzungen und die<br />
möglichen Leistungen des Employer Brand definiert:<br />
1. Über die Bindung von Mitarbeitern leistet eine Arbeitgebermarke<br />
einen wichtigen Beitrag für ein erfolgreiches<br />
Corporate Branding.<br />
2. Durch die Bindung der Mitarbeiter erhöhen sich Motivation,<br />
Leistung und Vertrauen. Faktoren, die gerade<br />
in wirtschaftlich schwierigen Zeiten negativen Auswirkungen<br />
entgegenwirken.<br />
3. Marken, auch eine Arbeitgebermarke, reduzieren Komplexität<br />
und Unsicherheit, indem sie über Vertrauensmerkmale<br />
eine Leistungsbegründung generieren. <strong>Die</strong>s<br />
gilt nicht nur für die Bindung der bestehenden besten<br />
Mitarbeiter sondern auch für Kommunikation mit externen<br />
High Potentials.<br />
Starke Arbeitgebermarken verfügen über sogenannte<br />
Employer Value Propositionen (EVPs), die sowohl konkrete<br />
Vorteile, als auch emotionale Benefits hervorrufen. Vor<br />
dem Hintergrund der von CRF seit vielen Jahren durchgeführten<br />
Top-Arbeitgeber-Studien zeigt sich, dass viele<br />
Unternehmen diese Dialektik und Wirkungszusammenhänge<br />
ernst nehmen und Employer Branding nicht mit singulären<br />
Aktivitäten im Bereich der Personal-Werbung<br />
gleichsetzen.<br />
EMPLOYER BRANDING Mitarbeiterbindung<br />
Nur schöne Worte<br />
genügen nicht<br />
In den vergangenen Jahren haben viele Unternehmen<br />
stark in den Aufbau einer eigenen Arbeitgebermarke<br />
investiert. In den Fokus ist dabei vor allem die<br />
Betrachtung von Unternehmen als ganzheitliche<br />
Marke gerückt. Gelebte Unternehmenskultur und<br />
zufriedene Mitarbeiter tragen entscheidend zum<br />
Corporate Branding bei.<br />
Nicht weiter erstaunt die Tatsache, dass 92 Prozent der<br />
105 im Jahr 2009 im Rahmen der CRF-Studie qualifizierten<br />
Unternehmen extern ausgerichtete Kommunikationsmaßnahmen<br />
als wichtige Maßnahme zur Steigerung der<br />
Arbeitgeberattraktivität nennen. Dass jedoch 88 Prozent<br />
der teilnehmenden Unternehmen die Definition von<br />
Führungsleitlinien als wichtige Maßnahme zur Steigerung<br />
der eigenen Arbeitgeber-Attraktivität nennt, erstaunt<br />
hingegen doch. <strong>Die</strong> Qualifizierung des Führungsmanagements<br />
wird gar von 96 Prozent als wichtige Strategie<br />
betrachtet und entsprechend umgesetzt.<br />
Erfolgsfaktoren für Top-Arbeitgeber<br />
Zu den Kriterien, die einen Top-Arbeitgeber auszeichnen,<br />
zählen klassischerweise die Bereiche Vergütung, Entwicklungsmöglichkeiten,<br />
Work-Life-Balance, Jobsicherheit,<br />
Image und in gewisser Hinsicht auch Marktführerschaft<br />
sowie vor allem Aspekte der Unternehmenskultur. Neben<br />
der Schaffung entsprechender Strukturen implementieren<br />
Top-Arbeitgeber entsprechende bedarfsgerechte Angebote<br />
und Programme für ihre Mitarbeiter, ermitteln und<br />
kommunizieren diese auch entsprechend. So ermitteln<br />
rund 69 Prozent der antwortenden Unternehmen kontinuierlich<br />
den Bedarf an Work-Life-Balance-Angeboten,<br />
über 90 Prozent den Weiterbildungsbedarf für alle Belegschaftsgruppen.<br />
Ein zweiter Erfolgsfaktor zur Mitarbeiterbindung sind<br />
individuelle Lösungen zur Motivation: 75 Prozent gaben<br />
aktuell an, dass Versorgungsleistungsprogramme in den<br />
unterschiedlichen Kategorien wie zum Beispiel <strong>Die</strong>nstwagen,<br />
Studienbeihilfen oder Kinderbetreuung im Sinne<br />
eines “Cafeteria-Systems“ in einem gewissen Rahmen<br />
Sonderheft 08 |2009 www.personalwirtschaft.de 15
EMPLOYER BRANDING Mitarbeiterbindung<br />
Faktoren der Mitarbeiterfluktuation<br />
(Durchschnitt von Europa)<br />
oder sogar vollständig (vier Prozent) frei wählbar sind. Im<br />
Bereich Vergütung sind allerdings durchschnittlich nur rund<br />
12 Prozent des Gehalts an der Leistung des individuellen Mitarbeiters<br />
(bezogen auf akademische Mitarbeiter, ausgenommen<br />
Führungsmanagement) ausgerichtet. Damit liegen die Teilnehmer<br />
der deutschlandweiten CRF-Studie unterhalb des Durchschnitts<br />
anderer europäischer Länder. Bezogen auf die Studien<br />
in UK, Italien, Belgien, in den Niederlanden und in der Schweiz<br />
enthält das Vergütungspaket einen leistungsbasierten Anteil<br />
von knapp 20 Prozent. <strong>Die</strong> höchsten leistungsbasierten Gehaltsanteile<br />
zeigen die teilnehmenden Unternehmen in UK mit 28,5<br />
Prozent, gefolgt von den Unternehmen in der Schweiz mit 22<br />
Prozent (Quelle: European HR Benchmark/Top Employers Europe,<br />
CRF International 2009).<br />
<strong>Die</strong> Bewertung von leistungsbasierten Vergütungsstrukturen<br />
kann nicht linear stattfinden, denn ein sehr hoher Leistungsanteil<br />
steht entsprechend für eine hohe Leistungsorientierung.<br />
Berücksichtigt man zudem die Gesamthöhe der Brutto-Jahresgehälter,<br />
ergibt sich daraus durchaus auch ein aggressives<br />
Instrument der Mitarbeitermotivation. In diesen Zusammenhang<br />
zeigt sich, dass die Einstiegsgehälter in Deutschland – etwa für<br />
einen Akademiker mit dreijähriger Berufserfahrung mit durchschnittlich<br />
46 771 Euro – im Vergleich zu anderen europäischen<br />
Ländern einen Spitzenplatz einnehmen. Einen höheren Durchschnittswert<br />
zeigt nur die Schweiz mit umgerechnet rund<br />
71 000 Euro. Sowohl in Belgien (45 100 Euro), als auch in den<br />
Niederlanden (44 083 Euro) liegen die Gehälter für diese Mitarbeitergruppe<br />
ebenfalls deutlich über 40 000 Euro. <strong>Die</strong> niedrigsten<br />
Gehälter beziehen Young Professionals in Italien mit<br />
29 023 Euro. Ähnliches gilt auch für die Vergütung von Einsteigern<br />
und Professionals. Insgesamt zeichnet sich ein deutliches<br />
16<br />
Sonderheft 08 |2009 www.personalwirtschaft.de<br />
Abbildung<br />
Faktoren<br />
Europe<br />
persönliche Gründe 3,0<br />
Karrierewünsche 2,6<br />
Employers<br />
bessere Möglichkeiten 2,5<br />
natürliche Fluktuation 2,3<br />
Vergütung 1,8<br />
Benchmark/Top HR<br />
Standort (z.B. Umzug) 1,8<br />
Work-Life-Balance 1,7<br />
European<br />
fehlende Anerkennung 1,5<br />
2009:<br />
individuelles Fehlverhalten 1,2<br />
Unternehmenskultur 1,2<br />
Arbeitsbedingungen 1,1<br />
International, CRF<br />
Berufskrankheiten 1,1<br />
sekundäre AG-Leistungen 1,0 Quelle:<br />
0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5 3,0 3,5<br />
Nord-Südgefälle ab (Quelle: European HR Benchmark/Top<br />
Employers Europe, CRF International 2009).<br />
Im Bereich flexibler Arbeitszeiten werden von Top-Arbeitgebern<br />
zusätzlich zu einem breiten Angebot an Arbeitszeitmodellen regelmäßig<br />
individuelle Lösungen und Angebote geschaffen. Nur 9<br />
Prozent (2009) setzten diese Möglichkeit nie oder nur sehr selten<br />
ein.<br />
Umsetzung in den Unternehmen<br />
Ausschlaggebend für die Bildung einer Arbeitgebermarke sind<br />
die Aspekte einer stimmig definierten und gelebten Unternehmenskultur<br />
und identifikationsstiftender Merkmale: <strong>Die</strong> Teilnehmer<br />
der Top-Arbeitgeber-Studien von CRF bewerten beispielsweise<br />
Instrumente und Veranstaltungen zur Teambildung<br />
oder Mitarbeitermotivation als überproportional erfolgreicher<br />
und wertvoller zur Steigerung der Mitarbeiterbindung als beispielsweise<br />
monetäre Instrumente wie Mitarbeiter-Bindungs-<br />
Boni. Rund 50 Prozent (2009) führen mindestens zweimal jährlich<br />
Workshops zur Festsetzung von Teamzielen oder -visionen<br />
durch, wie die Studien ergaben.<br />
Rund 62 Prozent (2009) der an der CRF-Studie teilnehmenden<br />
Unternehmen haben Ihre Unternehmenskultur bereits von<br />
externen Fachleuten analysieren lassen. <strong>Die</strong> Bedeutung einer<br />
klaren und konsequenten Ausrichtung von Führungsleitlinien,<br />
einer mitarbeiternahen, partizipativen und feedbackorientierten<br />
Führungskultur sowie transparenten und fairen Leistungsbewertungsstrukturen<br />
kommen zwingend hinzu. So stehen in<br />
71 Prozent (2009) der Firmen Führungskräfte und Unternehmensleitung<br />
persönlich als direkte Ansprechpartner für interne<br />
Problemstellungen zur Verfügung. Nahezu alle erfolgreichen<br />
Teilnehmer der Top-Arbeitgeberstudien lassen durchschnittlich<br />
ein- bis zweimal jährlich die Performance der Führungskräfte<br />
bewerten, unter anderem über Mitarbeiter-Engagement-<br />
Studien (73 Prozent) oder 360-Grad-Feedbacks (49 Prozent). Umgekehrt<br />
finden regelmäßig strukturierte Feedback-Gespräche für<br />
Mitarbeiter statt.<br />
Auch der Erfolg dieser vielfältigen Aktivitäten im Bereich Unternehmens-<br />
und Führungskultur lässt sich in Zahlen fassen: Über<br />
die Hälfte der befragten Unternehmen zeigen eine geringe Fluktuationsrate<br />
von 0 bis 5 Prozent an, weitere 32 Prozent eine<br />
Fluktuationsrate von lediglich 6 bis 10 Prozent. Befragt nach<br />
den Gründen für die Mitarbeiterfluktuation, geben 80 Prozent<br />
an, das mangelnde Zuwendung nie oder nur sehr selten ein Grund<br />
ist, 76 Prozent geben an, dass Faktoren der Unternehmenskultur<br />
nie oder sehr selten ursächlich sind (siehe auch Abbildung).<br />
<strong>Die</strong> vorhandene Fluktuation in Unternehmen, die erfolgreich<br />
Employer-Branding-Maßnahmen durchführen, liegen denn auch<br />
vor allem im persönlichen Bereich der Mitarbeiter (59 Prozent)<br />
beziehungsweise in natürlicher Fluktuation, beispielsweise<br />
über Pensionierungen (43 Prozent). Rund 65 Prozent der Top-<br />
Arbeitgeber 2009 führen Imageanalysen im Arbeitsmarkt durch,
Datenbasis<br />
Info<br />
Grundlage der Ergebnisse im Text ist die<br />
Studie „Top-Arbeitgeber Deutschland 2009“,<br />
herausgegeben von CRF Deutschland, erschienen<br />
im W. Bertelsmann Verlag GmbH & Co. KG,<br />
Bielefeld 2009. Zum sechsten Mal konnten<br />
sich Unternehmen im Rahmen einer detaillierten<br />
Fragebogenaktion für das CRF-Gütesiegel<br />
bewerben. <strong>Die</strong> Daten und Fakten werden<br />
anschließend von einem Team erfahrener Wirtschaftsjournalisten<br />
validiert. 105 Unternehmen<br />
konnten sich 2009 qualifizieren.<br />
rund 85 Prozent davon mit für sie positivem<br />
Ergebnis. Deutlich über die Hälfte<br />
aller Unternehmen konnte in den vergangenen<br />
Jahren auf allen Positionsebenen<br />
einen Anstieg der Bewerberzahlen verzeichnen.<br />
Vor allem auch im Hinblick auf<br />
die strategisch wichtige Nachfolgeplanung<br />
innerhalb des Unternehmens zahlt sich<br />
investiertes Engagement und Budget aus:<br />
84 Prozent der erfolgreichen Studienteilnehmer<br />
geben an, dass die Nachfolgeplanung<br />
mit hoher Priorität und als strukturierter<br />
Prozess verläuft. 50 Prozent der<br />
Top-Arbeitgeber rekrutieren Nachfolger<br />
für Führungskräftepositionen zu 80 Prozent<br />
und mehr intern . <strong>Die</strong>se Zahlen unterstreichen<br />
nochmals die sowohl interne als<br />
auch externe Wirkungsweise einer erfolgreichen<br />
Employer-Branding-Aktivität und<br />
damit verbundener Wechselwirkungen.<br />
Leistung muss begründet werden<br />
Zusammenfassend lässt sich festhalten,<br />
dass gut positionierte Arbeitgeber zeitgemäße<br />
HR-Programme professionell implementieren<br />
und weiterentwickeln sowie<br />
individuelle unternehmenskulturelle Profile<br />
entwickeln. Sie machen damit die beiden<br />
eingangs erwähnten Employer Value<br />
Propositions (kognitive und affektive<br />
Dimensionen) für die Mitarbeiter erleb-<br />
bar. Top-Arbeitgeber erarbeiten ein individuelles<br />
Arbeitgeberprofil, das Komplexität<br />
und Unsicherheit reduziert und Vertrauen<br />
weckt. Darauf aufbauend nutzen gut<br />
aufgestellte Unternehmen aber vor allem<br />
strategische Kommunikationswege, um<br />
eben diese erfolgreich aufgebauten Qualitäten<br />
effektiv hervorzuheben, Vertrauen<br />
aufzubauen und das eigene Unternehmen<br />
von anderen zu differenzieren. Gerade<br />
die Besonderheit des „Produktes“ Top-<br />
Arbeitgeber benötigt aufgrund der<br />
Charakteristik als Erfahrungs- beziehungsweise<br />
Vertragsgut eine besondere Kommunikation<br />
und Leistungsbegründung.<br />
Autor<br />
Thorsten Jacoby,<br />
International Publishing<br />
Manager, CRF Deutschland<br />
GmbH & Co. KG, Düsseldorf,<br />
thorsten.jacoby@crf-de.com<br />
Sonderheft 08 |2009 www.personalwirtschaft.de 17
EMPLOYER BRANDING Strategie<br />
18<br />
Weg vom<br />
Kostenstellenimage<br />
Eine Investition ins Employer Branding steht in der<br />
momentanen Wirtschaftskrise schnell auf der<br />
Streichliste. Das ist Sparen am falschen Ende, denn<br />
ohne strategisches Employer Branding keine<br />
Grundlage für erfolgreiche Recruiting-Prozesse und<br />
zufriedene Mitarbeiter.<br />
I<br />
n den meisten Unternehmen gilt Employer Branding traditionell<br />
als Kostenstelle und weiches Kommunikationsthema.<br />
Da liegt es nahe, dass Ausgaben in Krisenzeiten schnell<br />
auf Null zurückgefahren werden. Ein strategisch verstandenes<br />
Employer Branding wirkt als Werttreiber aber nicht nur<br />
auf die Recruiting-Prozesse, sondern auch auf interne Faktoren<br />
wie Identifikation, Mitarbeiterbindung und -zufriedenheit.<br />
Im Folgenden wird die Wirkungsdimension eines strategischen<br />
Employer Branding anhand der Prozess-Schritte<br />
Analyse, Konzept und Umsetzung gezeigt. <strong>Die</strong> Praxiskästen<br />
im Artikel helfen, den Ansatz im Sinne einer Checkliste auf<br />
eigene Projekte zu übertragen.<br />
Analyse gewährleistet Authentizität<br />
Der Praxiskasten 1 auf Seite 19 zeigt, welche Fragestellungen<br />
in der Analysephase eines Employer Branding-Projekts mittels<br />
empirischer Methoden beantwortet werden. Eine Analyse<br />
der Innensicht, also wie die Mitarbeiter das Unternehmen<br />
wahrnehmen, hilft sicherzustellen, dass nur Eigenschaften kommuniziert<br />
werden, die auch authentisch so von den Mitarbeitern<br />
wahrgenommen werden. <strong>Die</strong> Analyse der Außensicht<br />
schärft den Blick darauf, wie das Unternehmen jetzt von außen<br />
wahrgenommen wird. Eine Betrachtung der Präferenzen potenzieller<br />
Bewerber stellt sicher, dass im Employer Branding-<br />
Konzept nur solche Stärken des Unternehmens hervorgehoben<br />
werden, die für die gesuchten Kandidaten auch relevant<br />
sind. Bei der Analyse der Kommunikation wird überprüft,<br />
welche der aktuellen Botschaften tatsächlich bei den Kandidaten<br />
ankommen. <strong>Die</strong> Wettbewerbsanalyse identifiziert, mit<br />
welchen Unternehmen auf dem Arbeitsmarkt konkurriert<br />
wird (dies sind nicht zwangsläufig die Wettbewerber auf dem<br />
Produktmarkt) und wo relative Stärken des Unternehmens liegen.<br />
Und die Bedarfssicht ermittelt intern, welche Zielgruppen<br />
überhaupt angesprochen werden sollen.<br />
Sonderheft 08 |2009 www.personalwirtschaft.de<br />
Im Kern geht es in der Analysephase darum herauszufinden,<br />
welche der relativen Stärken des Unternehmens im Vergleich<br />
zum Wettbewerb für die Zielgruppen relevante Auswahlkriterien<br />
sind. <strong>Die</strong>se Analyse bildet die Grundlage für das Employer<br />
Branding-Konzept (siehe Praxiskasten 2).<br />
Konzept für die Kommunikation nach außen<br />
Der Praxiskasten 2 auf Seite 20 zeigt, aus welchen Bestandteilen<br />
sich ein Employer Branding-Konzept zusammensetzt:<br />
<strong>Die</strong> Employer Value Proposition (EVP) formuliert komprimiert,<br />
warum sich ein talentierter Kandidat für das Unternehmen<br />
als Arbeitgeber interessieren sollte. Sie bildet die Grundlage<br />
für alle Maßnahmen der Kommunikation und Kandidateninteraktion.<br />
Auf dieser Basis werden relative Stärken ausgewählt<br />
(Benefits), die in der Kommunikation besonders in den<br />
Vordergrund gestellt werden sollen. Ein bloßes Nennen dieser<br />
Stärken ist zwar in der Personalmarketing-Praxis weit verbreitet,<br />
hat jedoch den Charakter von Reklame der 50er Jahre.<br />
Um die Stärken authentisch, greifbar und trennscharf zu<br />
transportieren, müssen für sie Argumentationslinien, Beispiele<br />
und Beweise (Proofs) gefunden werden. Während das<br />
Employer Brand die „Dachmarke“ für die Kandidatenkommunikation<br />
bildet, müssen für besonders wichtige Märkte und<br />
Zielgruppen auf Basis des Employer Brands eigene Ansprachen,<br />
die Selling Stories, entwickelt werden. Dass diese Differenzierung<br />
nötig ist, zeigen zum Beispiel die jährlichen<br />
Arbeitgeberumfragen von Trendence: Wer die jeweiligen Präferenzen<br />
zum Beispiel von BWL- und Informatik-Absolventen<br />
vergleicht, stellt klare Unterschiede in den Wünschen hinsichtlich<br />
des zukünftigen Arbeitgebers fest. Damit wird deutlich,<br />
dass auch ein gutes Basis Employer Branding immer noch einmal<br />
hinsichtlich der wirklich zielgruppenrelevanten Aspekte<br />
hinterfragt - und gegebenenfalls in der endgültigen Anwendung<br />
entsprechend justiert – werden sollte.
Umsetzung auf allen Kanälen<br />
Der Praxiskasten 3 auf Seite 20 zeigt anhand<br />
von Beispielen zusammenfassend, welche<br />
unterschiedlichen Formate und Kanäle auf<br />
Basis des Employer Branding-Konzepts ausdefiniert<br />
werden können – und wie Employer<br />
Branding unter Umständen auch gestalterisch<br />
nach innen wirkt. Das Employer Branding<br />
kann über die ganz klassischen Kommunikationswege<br />
wie Anzeigen, Broschüren<br />
oder Websites umgesetzt werden. Ergänzend<br />
kann es aber auch die Grundlage für multimediale<br />
oder virale Zusatzformate bilden.<br />
Aber auch in allen Arten der direkten Ansprache<br />
im Active Sourcing, in der Kandidatenkommunikation,<br />
im Beziehungsmanagement<br />
oder auch im Interview kann das Employer<br />
Brand den Rahmen für die Kommunikation<br />
liefern. Schließlich muss es aber nicht bei der<br />
reinen Kommunikation bleiben: Employer<br />
Branding kann auch Rückschlüsse auf die notwendige<br />
Anpassung des „Produkts Arbeitsplatz“<br />
liefern. Genauso wie das Branding<br />
beim Produktmarketing ein Feedback in Richtung<br />
Produktentwicklung liefert (siehe<br />
übernächster Abschnitt).<br />
Kommunikation nach innen<br />
Bei allem Aufwand, der heute in der Außenkommunikation<br />
betrieben wird, sollte ein wich-<br />
Praxiskasten 1: Analyse<br />
Präferenzsicht: Nach<br />
welchen Kriterien wählt<br />
unsere Zielgruppe Jobs aus?<br />
Außensicht:<br />
Wie werden wir<br />
wahrgenommen?<br />
Innensicht:<br />
Wie sind wir wirklich?<br />
Employer Branding-Phase 1: Analyse - Empirische Methoden helfen zu analysieren, welche der<br />
relativen Stärken des Unternehmens im Vergleich zum Wettbewerb für die Zielgruppen relevante<br />
Auswahlkriterien sind.<br />
tiger Aspekt nicht vergessen werden: Employer<br />
Branding wirkt auch nach innen auf die<br />
Mitarbeiter. Gerade in Zeiten von Kurzarbeit,<br />
Entlassungen und Einstellungsstopp ist die<br />
Empfindlichkeit hier besonders hoch. Irritierte<br />
Mitarbeiter nehmen wirklichkeitsfremde<br />
Imagekampagnen gerne zum Anlass,<br />
im Web 2.0 - also in Foren, Blogs oder sozialen<br />
Netzwerken – auf Diskrepanzen zwischen<br />
werblichem Schein und der Wirklichkeit<br />
in der Arbeitswelt des Unternehmens<br />
aufmerksam zu machen. Seit sich Arbeitgeber-Bewertungsplattformen<br />
etabliert haben,<br />
müssen Interessenten nicht einmal mehr<br />
nach „Innensichten“ suchen. Ein solches<br />
Kommunikationssicht:<br />
Welche unserer Botschaften<br />
kommen an?<br />
Wettbewerbssicht:<br />
Mit wem konkurrieren wir<br />
und wo sind wir stärker?<br />
Bedarfssicht:<br />
Was ist unser Personalbedarf,<br />
wer sind kritische Zielgruppen?<br />
Feedback von innen nach außen konterkariert<br />
eine undurchdachte Personalwerbepraxis.<br />
Zum Umgang mit der <strong>neue</strong>n Transparenz<br />
gibt es daher nur eine Lösung: <strong>Die</strong> starke<br />
Berücksichtigung der Realität im Unternehmen<br />
und der Perspektive der Mitarbeiter<br />
vermeidet Irritationen.<br />
Positiv betrachtet kann eine Employer Branding-Analyse<br />
wiederum Anhaltspunkte liefern,<br />
welches die Stärken des Unternehmens<br />
sind, so dass diese nicht nur in der Außensondern<br />
auch in der Innenkommunikation<br />
stärker herausgestellt werden können. <strong>Die</strong>s<br />
wirkt auf die Werttreiber wie Mitarbeiterzufriedenheit,<br />
-motivation und -identifikation.
EMPLOYER BRANDING Strategie<br />
Gerade in einer Zeit, in der Unternehmen<br />
häufig gezwungen sind, unliebsame Maßnahmen<br />
zu ergreifen, und es schwierig ist, die<br />
Mitarbeiter zu motivieren sowie zu binden,<br />
kann dies wertvoll sein.<br />
Employer Branding als<br />
Gestaltungsfaktor<br />
Darüber hinaus bildet Employer Branding aber<br />
auch nicht nur die Grundlage für Kommunikation,<br />
sondern auch die Ausgangsbasis<br />
für Gestaltung und Veränderung der Organisation<br />
und Kultur. Aus den Erkenntnissen<br />
über relative Stärken und Schwächen können<br />
Rückschlüsse auf gestaltende Ansätze<br />
gezogen werden. Wenn ein Unternehmen<br />
feststellt, dass es die Präferenzen einer wichtigen<br />
Zielgruppe mit dem aktuellen Leistungsangebot<br />
als Arbeitgeber einfach nicht<br />
erreichen kann, so ist das Überdenken des<br />
eigenen Angebots in jedem Fall eine bessere<br />
Lösung als das schiere Übertünchen unattraktiver<br />
Leistungen durch blumige Kommunikation.<br />
Beispiele für mögliche echte<br />
Gestaltungsmaßnahmen sind zahlreich, erfordern<br />
aber immer mehr Aufwand als reine<br />
Kommunikationsmaßnahmen:<br />
● <strong>Die</strong> Schaffung eines <strong>neue</strong>n Standorts in<br />
einer internationalen Metropole, weil talentierte<br />
Mitarbeiter in bestimmten Bereichen<br />
am ländlichen Hauptstandort schwer<br />
zu halten sind.<br />
● <strong>Die</strong> Anpassung des gesamten Unternehmensauftritts<br />
oder die Umbenennung von<br />
Unternehmensbereichen auf Basis von<br />
Erkenntnissen aus Employer Branding-<br />
Projekten.<br />
● Oder die bewusste und langfristige Besetzung<br />
von Themen, mit denen man sich vom<br />
Wettbewerb abheben kann, wenn sonst<br />
das Differenzierungspotenzial gering ist<br />
(z.B. Corporate Social Responsibility).<br />
Ein derartiger, gestaltender Ansatz des<br />
Employer Brandings setzt jedoch eine starke<br />
Einbindung der Unternehmensführung<br />
voraus, was vor allem für kleinere und mittelständische<br />
Unternehmen echte Chancen<br />
zur Differenzierung bietet. Wenn die Gestaltung<br />
aus organisatorischen Gründen sehr aufwändig<br />
ist, ist das Wissen um die eigenen<br />
Stärken und Schwächen im Vergleich zu den<br />
20<br />
Sonderheft 08 |2009 www.personalwirtschaft.de<br />
Praxiskasten 2: Konzept<br />
Employer Value Proposition (EVP)<br />
Was macht uns als Arbeitgeber einzigartig?<br />
EVP<br />
Benefits<br />
Welche unserer Stärken wählen wir auf Basis<br />
unserer EVP aus, um sie in der Kommunikation<br />
Benefits<br />
besonders in den Vordergrund zu stellen?<br />
Proof<br />
Wie belegen wir diese Benefits mit greifbaren<br />
und eindrücklichen Beispielen, damit es nicht<br />
Proof<br />
bei austauschbaren Pauschalaussagen bleibt?<br />
Selling Stories<br />
Für welche Zielgruppen und Märkte leiten wir<br />
aus der EVP eigene Ansprachen ab?<br />
Employer Branding-Phase 2: Konzept - <strong>Die</strong> Employer Value Proposition bringt auf den Punkt,<br />
warum sich ein talentierter Kandidat für das Unternehmen als Arbeitgeber interessieren sollte.<br />
Sie bildet die Grundlage für alle Maßnahmen der Kommunikation und Kandidateninteraktion.<br />
Praxiskasten 3: Umsetzung<br />
Online Anzeigen Multimedia<br />
Employer Branding-Phase 3: Umsetzung - Mit welchen Kommunikationsformaten und -kanälen<br />
transportieren wir unsere Botschaft? Wie sprechen wir Kandidaten an? Und wo müssen und<br />
können wir das „Produkt Arbeitsplatz“ ändern, damit es marktfähiger wird?<br />
Präferenzen der relevanten Zielgruppen<br />
zumindest ein wichtiger Schritt, um richtig<br />
zu kommunizieren – und um vielleicht bei<br />
schwierigen Ausgangsvoraussetzungen nicht<br />
mit überzogenem Marketing, sondern mit Aufrichtigkeit<br />
zu punkten.<br />
Employer Branding steht nie für sich<br />
Viral<br />
Marketing<br />
Auch wenn Employer Branding häufig als<br />
isoliertes Thema intensiv diskutiert wird,<br />
ist das wahrscheinlich wichtigste Argument<br />
für strategisches Employer Branding die<br />
Basisfunktion als „unterstützender Faktor“<br />
in der gesamten Wertschöpfungskette der Personalgewinnung.<br />
Wenn das Employer Branding<br />
nicht präzise und umfassend konzipiert<br />
wurde, ist der gesamte Aufwand für die<br />
Karrierewebsite sinnlos: Unpassende Informationen,<br />
die falschen Argumente oder eine<br />
zu breite Ansprache werden durch die hübsche<br />
Aufbereitung im Internet nicht passender.<br />
Im Gegenteil: gerade wenn die Website<br />
besonders aufwändig gestaltet ist, werden<br />
Persönliche<br />
Ansprache<br />
Ggf. auch Veränderungen des<br />
„Produktes Arbeitsplatz“<br />
unpassende Botschaften zur Irritation des<br />
Bewerbers beitragen. <strong>Die</strong>s bedeutet im<br />
Umkehrschluss: Employer Branding ist keine<br />
„Kommunikations-Kostenstelle“ zum<br />
Selbstzweck, sondern sichert den Erfolg von<br />
Investitionen in die nachgelagerten Prozess-<br />
Schritte wie die Karrierewebsite oder E-<br />
Recruiting-Systeme.<br />
<strong>Die</strong> Anzahl und Qualität der Bewerber, die diese<br />
Nutzen steht und fällt mit der Qualität der<br />
vorgelagerten Kommunikation und damit in<br />
letzter Instanz mit dem Employer Branding.<br />
Autor<br />
Michael Eger,<br />
Senior Consultant, Promerit<br />
AG, Frankfurt am Main,<br />
michael.eger@promerit.com<br />
Autor<br />
Sören Frickenschmidt,<br />
Senior Consultant,Promerit AG,<br />
Frankfurt am Main,<br />
soeren.frickenschmidt@<br />
promerit.com
D<br />
ie <strong>Generation</strong> Y stellt die künftigen Mitarbeiter in den<br />
Unternehmen. Was charakterisiert diese zwischen 1980<br />
und 2000 geborene Gruppe? Sie ist die erste <strong>Generation</strong>, die<br />
mit der <strong>neue</strong>n virtuellen Hightech-Welt aufgewachsen ist und<br />
sich deren Lebens- und Arbeitsrhythmus voll angepasst hat.<br />
Nachrichten werden gesimst, Namen gegoogelt, Informationen<br />
getwittert: Was für viele von uns neu, unbekannt und oft<br />
auch fremd ist, ist für die <strong>Generation</strong> Y völlig normal. Computer,<br />
Internet oder Handys sind fester Bestandteil ihres<br />
Lebens. <strong>Die</strong> <strong>Generation</strong> Y ist in einer „kinderzentrierten“<br />
Gesellschaft groß geworden, wie es sie wohl bisher so nicht<br />
gegeben hat. Wahrscheinlich weil sie so viel Beachtung und<br />
auch hohe Erwartungen ihrer Eltern erfahren, zeigen diese<br />
jungen Menschen ein hohes Maß an Selbstbewusstsein bis<br />
hin zu Anflügen von Überheblichkeit.<br />
Was können Unternehmen von Mitarbeitern aus der <strong>Generation</strong><br />
Y erwarten? Sie sind typischerweise teamorientiert,<br />
beherrschen Multitasking und sind in der Lage, Sport, Ausbildung<br />
und soziale Interessen unter einen Hut zu bekommen.<br />
Sie respektieren Hierarchien, erwarten aber auch eine von Partizipation<br />
geprägte Unternehmenskultur, sie wollen Verantwortung<br />
übernehmen und sich selbst verwirklichen. Auf der<br />
einen Seite schätzen sie Struktur, Stabilität und einen sicheren<br />
Arbeitsplatz sehr, zugleich möchten sie aber auch interessante<br />
Herausforderungen meistern. Somit haben sie ein<br />
gemeinsames Merkmal: Sie unterscheiden sich in ihren Werten,<br />
Bedürfnissen und Verhaltensweisen von den vorangegangenen<br />
<strong>Generation</strong>en und damit von den jetzigen Mitarbeitern<br />
in den Unternehmen.<br />
Wonach strebt die <strong>neue</strong> Mitarbeitergeneration?<br />
Bei einer Befragung von über 5000 Studenten wollte Ernst &<br />
Young herausfinden, welche Faktoren im Hinblick auf die<br />
Wahl des zukünftigen Berufs am wichtigsten sind. <strong>Die</strong> Antworten<br />
zeigen: Studenten ergreifen bevorzugt Berufe, die eine<br />
EMPLOYER BRANDING Zielgruppenansprache<br />
<strong>Die</strong> <strong>neue</strong> <strong>Generation</strong><br />
<strong>abholen</strong><br />
Das Durchschnittsalter der Belegschaften wird höher,<br />
der Zufluss junger Berufseinsteiger geringer, die<br />
„Babyboomer“ gehen in Rente. Und eine <strong>neue</strong><br />
<strong>Generation</strong> tritt ins Arbeitsleben ein: die <strong>Generation</strong> Y.<br />
Tipps, wie man diese <strong>Generation</strong> ins Unternehmen<br />
holt und hält.<br />
langfristige Perspektive bieten, in Branchen und bei Unternehmen,<br />
wo das Risiko des Arbeitsplatzverlusts möglichst<br />
gering ist. Zudem ist ihnen wichtig, dass sie sich eigenverantwortlich<br />
und selbstständig entfalten können – im Privat- und<br />
Familien- wie im Berufsleben. Geld und Karriere sind zwar<br />
durchaus wichtige Faktoren, haben aber gegenüber den Themen<br />
Arbeitsplatzsicherheit und Familie eine nachrangige<br />
Bedeutung (siehe Abbildung 1).<br />
<strong>Die</strong> typischen linearen Lebenspläne, beginnend mit<br />
Ausbildung/Studium, gefolgt von einer sehr langen Arbeitsphase<br />
und schließlich abgeschlossen von einer ebenfalls sehr langen<br />
Rentenphase scheinen aus der Mode zu sein. Sie werden<br />
von einer zunehmenden Zyklisierung über die gesamte Lebenszeit<br />
verdrängt. Es gibt mehrere verschiedene Perioden der Ausbildung,<br />
Arbeit und Erholung, die sich häufig überlappen.<br />
So absolvieren die Vertreter der <strong>Generation</strong> Y beispielsweise<br />
ein Studium an der Berufsakademie, arbeiten und studieren<br />
also parallel. Nach ihrem Abschluss arbeiten sie dann ein<br />
paar Jahre bei ihrem Arbeitgeber, um anschließend berufsbegleitend<br />
noch einen Master draufzusetzen, in dessen Anschluss<br />
sie erst mal für ein halbes Jahr ins Sabbatical gehen, um<br />
danach etwas völlig anderes zu machen.<br />
Wie und wo erreicht man die<br />
<strong>Generation</strong> Y?<br />
Heute verlangen jüngere Mitarbeiter häufig mehr Freizeit,<br />
während Mitarbeiter im mittleren Alter sich selbst mittels<br />
Karriereveränderungen verjüngen und ältere Arbeitnehmer<br />
vermehrt nach Optionen suchen, um weiterhin noch aktiv im<br />
Arbeitsleben zu verbleiben. Alle zusammen streben nach einer<br />
besseren Work-Life-Balance. Darauf müssen Unternehmen<br />
und Arbeitgeber reagieren: Sie müssen die Arbeitsbedingungen,<br />
Weiterbildungsangebote sowie Vergütungen und Zusatzleistungen<br />
entsprechend adjustieren, um den <strong>neue</strong>n Lebensplänen<br />
der Belegschaft Rechnung zu tragen.<br />
Sonderheft 08 |2009 www.personalwirtschaft.de 21
Quelle: Weitestgehend nach Zielgruppenbefragung<br />
BBDO Consulting (2008)<br />
EMPLOYER BRANDING Zielgruppenansprache<br />
Von diesen allgemeinen Veränderungen ist<br />
auch das Mediaverhalten von zukünftigen<br />
und potenziellen Mitarbeitern betroffen. Aufgrund<br />
der Technologisierung der Arbeits- und<br />
Freizeitwelt müssen Personal-Marketeers<br />
zunehmend andere, <strong>neue</strong> und auch unbekannte<br />
Wege beschreiten. Es gibt mittlerweile<br />
zahlreiche Studien, die aufzeigen, dass das<br />
Internet das Leitmedium Nummer eins geworden<br />
ist. Und auch die <strong>neue</strong>ren Ereignisse in<br />
der Weltpolitik zeigen uns, wie wichtig, aber<br />
auch zunehmend normal diese Medien für<br />
„Junge Talente“ sind. Gerade soziale Netzwerke<br />
(Xing, Facebook etc.) und Microblogging<br />
(Twitter) erleben enorme Wachstums-<br />
22<br />
Ernst & Young, Studie „Studenten in Deutschland“ (2008) Abbildung 1<br />
Berufswahl: Jobsicherheit besonders wichtig.<br />
Im Hinblick auf die Wahl Ihres zukünftigen Berufs: Wie wichtig sind Ihnen folgende Faktoren?<br />
Sicherer Arbeitsplatz<br />
Vereinbarkeit von Familie und Beruf<br />
Selbstständigkeit/eigenverantwortliches Arbeiten<br />
Verdienst<br />
Karrieremöglichkeiten<br />
Gesellschaftliches Ansehen<br />
1<br />
unwichtig<br />
Sonderheft 08 |2009 www.personalwirtschaft.de<br />
2<br />
eher unwichtig<br />
2,58<br />
3,41<br />
3,29<br />
3,27<br />
3,17<br />
3,05<br />
3<br />
eher wichtig<br />
4<br />
sehr wichtig<br />
<strong>Die</strong> Top-10 Informationsquellen über potenzielle Arbeitgeber Abbildung 2<br />
1 Internet (z.B. Suchmaschinen, Online <strong>Archiv</strong>e)<br />
2 Homepage/Recruiting-Website des Unternehmens<br />
3 Empfehlung von Mitarbeitern, Dozenten, Bekannten etc.<br />
4 Redaktionelle Berichterstattung<br />
5 Direkte Erfahrungen mit Unternehmen<br />
6 Stellenanzeigen (z.B. in Tageszeitungen, Online-Jobbörsen)<br />
7 Hochschulmarketing<br />
8 Werbung für Produkte/<strong>Die</strong>nstleistungen des Unternehmens<br />
9 Recruiting-Image-Anzeigen<br />
Mehrfachnennungen* in %<br />
10 Jobmessen<br />
25<br />
*Mehrfachnennungen auf Basis Ranking nach „regelmäßiger“ und „gelegentlicher“<br />
Nutzung. Antwortmöglichkeiten: regelmäßig, gelegentlich, selten, nutze ich gar nicht<br />
Das Medien- und Informationsverhalten der <strong>Generation</strong> Y stellt an das Personalmarketing ganz <strong>neue</strong><br />
Herausforderungen. Das Internet ist in, Anzeigen und Jobmessen zur Mitarbeitergewinnung sind out.<br />
85<br />
80<br />
73<br />
69<br />
51<br />
42<br />
31<br />
28<br />
27<br />
raten (siehe Abbildung 2). Der Wandel im<br />
Medienverhalten ist gerade für uns „Babyboomer“<br />
und Angehörige der <strong>Generation</strong> X<br />
sehr spannend. Heute erfahren wir jederzeit<br />
viel mehr, als wir meist möchten, aus Xing,<br />
StudiVZ, wer-kennt-wen und YouTube.<br />
<strong>Die</strong>s birgt natürlich auch viele Gefahren:<br />
Gerade junge Menschen sind sich oft nicht<br />
bewusst, welche Folgen der allzu exhibitionistische<br />
Umgang mit eigenen Daten, Informationen<br />
und Fotos für das spätere Berufsleben<br />
haben kann.<br />
Personaler nutzen diese <strong>neue</strong>n Möglichkeiten<br />
durchaus – viele von ihnen googeln auch<br />
bereits Bewerber, mal mehr, mal weniger<br />
systematisch. Gleichzeitig müssen wir uns<br />
darüber im Klaren sein, dass auch Bewerber<br />
ihre Arbeitgeber und <strong>neue</strong>n Chefs googeln.<br />
Ein zunehmend beliebtes Spiel ist, den Namen<br />
des potenziellen Chefs in Kombination mit<br />
gängigen Schimpfwörtern zu googeln: <strong>Die</strong><br />
Ergebnisse sind oftmals erstaunlich.<br />
Viele Unternehmen haben noch immer große<br />
Bedenken, in dieser <strong>neue</strong>n Medienwelt aktiv<br />
mitzuspielen. Sie scheuen sich davor, in<br />
Blogs zu diskutieren oder sich in sozialen<br />
Netzwerken offiziell auszutauschen. Eines<br />
wird dabei meist nicht berücksichtigt: <strong>Die</strong>ser<br />
Informationsaustausch findet statt – ob<br />
mit oder ohne die Unternehmen.<br />
Papier ist out<br />
Noch vor ein paar Jahren war die Stellensuche<br />
papierbasiert: Unternehmen haben Stellenanzeigen<br />
in großen Zeitungen geschaltet,<br />
auf Messen wurden Imagebroschüren verteilt,<br />
die Korrespondenz erfolgte mittels Briefen.<br />
Bewerber haben aufwendig gestaltete<br />
Bewerbungsmappen mit Hochglanzfotos an<br />
die Unternehmen geschickt. <strong>Die</strong>se Bewerbungen<br />
waren dann zum Teil wochenlang in der<br />
Hauspost unterwegs und kamen schon mal<br />
mit Kaffeetassenrändern eventuell auch<br />
unvollständig oder mit nicht AGG-konformen<br />
Kommentaren an den Seitenrändern<br />
zurück. <strong>Die</strong>s hat sich mittlerweile verändert:<br />
Stellenausschreibungen, Bewerbungen<br />
und Korrespondenz erfolgen zunehmend<br />
online, in Echtzeit und rund um die Uhr an<br />
sieben Tagen die Woche.<br />
Auch aufgrund des demografischen Wandels<br />
und des viel zitierten „War for Talents“ hat<br />
sich nicht nur das reine Personalbeschaffungsverhalten<br />
in Richtung mehr Innovation und<br />
Aktivität geändert. Auch das Personalmarketing<br />
befindet sich im Umbruch. <strong>Die</strong> Hochglanzbroschüre<br />
und die eigene Karrierewebseite<br />
sind nicht mehr die einzigen Informationsquellen<br />
für potenzielle Bewerber. Über<br />
die sozialen Netzwerke wie Xing und Facebook<br />
können Mitarbeiter direkt angesprochen<br />
und deren Ansichten eingeholt werden. In<br />
Blogs wie „Wiwi-Treff“ werden Neuigkeiten<br />
in Unternehmen oft schon diskutiert, bevor<br />
sie offiziell sind. Mittels Arbeitgeberbewertungsportalen<br />
wie Kununu kann man sich
Tipps für das Personalmarketing<br />
• Wertvorstellungen und Lebensstile ändern sich. <strong>Die</strong>s müssen die Unternehmen aufgreifen und<br />
entsprechende Modelle anbieten.<br />
• <strong>Die</strong> demografischen Effekte werden weiter greifen, der „War for Talents“ wird weitergehen und<br />
Unternehmen sind daher gezwungen, bei der Stellenbesetzung innovativer und aktiver zu agieren.<br />
• Unsere zukünftigen Arbeitnehmer informieren sich zunehmend über das Internet – nicht nur über<br />
das Unternehmen selbst, sondern auch über ihren Chef, Kollegen, Betriebsrat und so weiter.<br />
• Marketingaktivitäten über das Internet sind effektiv und effizient. Sie erreichen ihre Zielgruppen mit<br />
geringen Reibungsverlusten und sind nachhaltiger und messbarer als die klassischen Aktivitäten<br />
(z.B. Printanzeigen).<br />
• Damit virale Effekte erzielt werden, bedarf es einer interessanten Botschaft, die spannend verpackt<br />
ist. Ansonsten würde sie nur als eine von Millionen Infos in den Weiten des Netzes verdorren.<br />
• Der Aufwand, im Web 2.0 aktiv zu werden, ist sehr gering. <strong>Die</strong> Technologie ist heutzutage so<br />
nutzerfreundlich, dass man kein tiefes technisches Verständnis mehr benötigt.<br />
• <strong>Die</strong> Zusammenarbeit mit den Bereichen HR-Marketing, Kommunikation und Unternehmens-/<br />
Produktmarketing wird immer wichtiger. Oftmals ergeben sich bei Aktionen Synergieeffekte, die<br />
sich durch eine gemeinsam erarbeitete Strategie heben und optimieren lassen.<br />
einen Überblick über die subjektiven Erfahrungen<br />
mit den Unternehmen als Arbeitgeber<br />
verschaffen. <strong>Die</strong>s alles ist nicht nur eine<br />
große Herausforderung, sondern mindestens<br />
eine ebenso große Chance, die sich<br />
dem HR-Marketeer bietet. Gerade in diesen<br />
turbulenten Zeiten gilt es, sich auf günstige<br />
und zugleich möglichst effektive Aktivitäten<br />
zu konzentrieren. Eine Möglichkeit besteht<br />
darin, die eigenen Mitarbeiter als Unternehmensbotschafter<br />
einzusetzen und die <strong>neue</strong>n<br />
Medien hierfür als Vehikel zu benutzen.<br />
Info<br />
● Soziale Netzwerke: In der heutigen<br />
Mediengesellschaft ist es sehr wahrscheinlich,<br />
dass Mitarbeiter bereits ein<br />
oder mehrere soziale Netzwerke nutzen<br />
(z. B. Xing, Facebook, wer-kennt-wen,<br />
LinkedIn). <strong>Die</strong> Mitarbeiter sollten ermuntert<br />
werden, (positive) Informationen über<br />
ihr Unternehmen wie beispielsweise<br />
Erfahrungsberichte über spannende Projekte<br />
einzustellen. Darüber hinaus könnten<br />
die Netzwerke mit den Karriereseiten<br />
verlinkt werden.<br />
● Blogs: Genau wie bei den sozialen Netzwerken<br />
können hier die Mitarbeiter dazu<br />
ermutigt werden, positiv über das Unternehmen<br />
zu berichten.<br />
● Alumni-Programme: Wer kennt das Unternehmen<br />
besser als ehemalige Mitarbeiter?<br />
Gerade wenn man sich im Guten<br />
getrennt hat, kann man über einfachste<br />
technische Funktionalitäten miteinander<br />
in Kontakt bleiben (z. B. Newsletter mit aktuellen<br />
Jobangeboten, Alumi-Events, Alumi-<br />
Webseiten).<br />
Gerade hier werden „virale Effekte“ wirksam,<br />
das heißt Mitarbeiter und Studenten unterhalten<br />
sich über die Erfahrungen, die sie in<br />
den Unternehmen gemacht haben. So haben<br />
interessierte Bewerber die Möglichkeit, sozusagen<br />
aus erster Hand ehrliche und realistische<br />
Informationen über den <strong>neue</strong>n Arbeitgeber<br />
und Chef zu erhalten. Damit wird zwar<br />
die eigene marketinggerecht aufbereitete<br />
Karrierewebseite nicht überflüssig – allerdings<br />
wird sie um ein realistisches Bild aus<br />
der Zielgruppenperspektive ergänzt.<br />
Autor<br />
Steffen Laick,<br />
Leiter Recruitment, Human<br />
Resources GSA (Germany,<br />
Switzerland, Austria), Ernst &<br />
Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft,<br />
Eschborn,<br />
steffen.laick@de.ey.com
EMPLOYER BRANDING Best Practice<br />
Mit Kreativität zur<br />
Pole Position<br />
Im Wettbewerb um qualifizierte Fach- und<br />
Führungskräfte hat der Automobilzulieferer Brose<br />
systematisch seine Stärken und Schwächen als<br />
Arbeitgeber analysiert und dabei herausgearbeitet,<br />
mit welchen Eigenschaften und Leistungen sich<br />
das Familienunternehmen potenziellen Kandidaten<br />
präsentieren will.<br />
E<br />
ine der erfolgreichsten und größten<br />
Branchen in Deutschland erzeugt in<br />
der öffentlichen Wahrnehmung kaum Assoziationen<br />
mit bestimmten Herstellern. Sie<br />
erweckt auch kein typisches und eindeutig<br />
zuzuordnendes Marken- oder Produktbild:<br />
die Automobilzulieferindustrie. <strong>Die</strong>s<br />
trifft auch auf Brose als führender Hersteller<br />
von Tür- und Sitzsystemen, Schlössern<br />
sowie elektrischen Antrieben zu.<br />
Deshalb hat sich das Unternehmen bereits<br />
vor Jahren entschieden, die „Marke Brose“<br />
über alle sichtbaren Elemente des Unternehmens<br />
durchgängig zu gestalten – von<br />
sämtlichen Fabrik- und Verwaltungsgebäuden,<br />
der Inneneinrichtung aller Fabrikations-<br />
und Büroräume über die Sozialeinrichtungen<br />
für Verpflegung, Gesundheit<br />
und Fitness, die Betriebs- und Sportkleidung,<br />
bis hin zu den Geschäftspapieren und den<br />
gedruckten beziehungsweise elektronischen<br />
Kommunikationsmedien.<br />
<strong>Die</strong> Schaffung dieser Markenidentität hat<br />
auch die Fachwelt überzeugt. Im Rahmen<br />
des Wettbewerbs um den deutschen Preis<br />
für Dreidimensionalität (DP3D) wurde<br />
das weltweit einheitliche Erscheinungsbild<br />
24<br />
Sonderheft 08 |2009 www.personalwirtschaft.de<br />
der Brose Gruppe in der Kategorie Bauwerke/Unternehmensbauten<br />
2008 mit der „Goldenen<br />
Flamme“ ausgezeichnet. 2009 wurde<br />
das Unternehmen für den Designpreis<br />
der Bundesrepublik Deutschland 2010 nominiert.<br />
Anerkennung fand dabei, wie in einzigartiger<br />
Weise die Markenidentität des<br />
Unternehmens transportiert und sichtbar<br />
gemacht wird.<br />
Zur Bildung einer unverkennbaren Employer<br />
Brand reicht ein konsequent umgesetztes<br />
und gelebtes Corporate Design allerdings<br />
nicht aus. Weitere Schritte sind erforderlich,<br />
um die Unternehmenskompetenz<br />
gegenüber Bewerbern unverkennbar darzustellen<br />
und als attraktiver Arbeitgeber<br />
wahrgenommen zu werden.<br />
<strong>Die</strong> Analyse<br />
Brose mit seinen mehr als 13 000 Mitarbeitern<br />
und einem Umsatz von rund 2,8 Milliarden<br />
Euro (2008) setzt auf Werte wie<br />
Verlässlichkeit, Kontinuität, Einsatzfreude<br />
und Loyalität. Damit unterscheidet sich das<br />
Unternehmen aber nicht sonderlich von<br />
vielen anderen Wettbewerbern. Eine in Auftrag<br />
gegebene Studie der Universität Bam-<br />
Gespiegelt, gedreht<br />
und aneinandergereiht<br />
verwandeln sich die<br />
Brose-Produkte in<br />
einer bundesweiten<br />
Anzeigenkampagne in<br />
Schmetterlinge,<br />
welche die Flexibilität<br />
als Unternehmenswert<br />
darstellen.<br />
berg zu den Attraktivitätsmerkmalen sowie<br />
externe Untersuchungen und Benchmark-<br />
Analysen belegten, dass Brose als Arbeitgeber<br />
vieles zu bieten hat. Doch fehlte<br />
sowohl der Darstellung des Arbeitsumfelds<br />
mit flexibler Arbeitszeit und vielfältigen<br />
Work-Life-Balance-Angeboten als auch den<br />
sehr guten Karrierechancen die notwendige<br />
Emotionalisierung.<br />
Aus der Bewerberansprache gingen die<br />
Unterscheidungsmerkmale für die vorwiegend<br />
gesuchten Ingenieure und Wirtschaftswissenschaftler<br />
nicht klar genug erkennbar<br />
hervor. Zudem fiel die Herausstellung<br />
des Nutzwerts sämtlicher Angebote für die<br />
Bewerber zu schwach aus. Für den Ausbau<br />
einer Entwicklungs- und Qualitätsführerschaft<br />
kein tragbarer Zustand, um genügend<br />
hochqualifizierte und leistungsbereite Fachund<br />
Führungskräfte für die anstehenden<br />
Aufgaben zu gewinnen.<br />
Vor diesem Hintergrund wurden Kernbotschaften,<br />
die Brose als Arbeitgeber zutreffend<br />
beschreiben, entwickelt: Technikbegeisterung,<br />
Automobil-Affinität, attraktive Karrierechancen<br />
mit schneller Verantwortungsübernahme,<br />
langfristige Orientierung und
Stabilität. Hiermit stellte sich Brose als werteorientiertes<br />
Familienunternehmen und<br />
zuverlässiger Arbeitgeber mit über 100jähriger<br />
Tradition vor, in dem ambitionierten<br />
Mitarbeitern viel Eigenverantwortung<br />
und große Handlungsspielräume eingeräumt<br />
und vielfältige Entwicklungsmöglichkeiten<br />
geboten werden. Damit waren<br />
die wesentlichen Merkmale der Arbeitgebermarke<br />
Brose definiert.<br />
<strong>Die</strong> Umsetzung<br />
Zur Vermittlung dieser für das Unternehmen<br />
typischen Eigenschaften nutzte Brose<br />
im Wesentlichen eine eigens entwickelte<br />
Personalimageanzeigen-Kampagne,<br />
überarbeitete den Karriereauftritt auf der<br />
Unternehmens-Website, intensivierte Kooperationen<br />
mit Online-Portalen und richtete<br />
seine Hochschul- und Recruiting-Aktivitäten<br />
neu aus.<br />
Anzeigen-Kampagne: Mit einer bundesweit<br />
angelegten Imageanzeigen-Kampagne<br />
gelang es Brose, sich als attraktiver Arbeitgeber<br />
vom Wettbewerb abzuheben. Bei der<br />
Entwicklung der Motive, der Textaussagen<br />
und des Mediaplans für die Anzeigenschaltung<br />
standen folgende Ziele im Vordergrund:<br />
● ein nachhaltiger Wiedererkennungseffekt<br />
bei den Lesern,<br />
● Vermittlung von Technikfreude,<br />
● erhöhter Aufmerksamkeitswert und<br />
dadurch Steigerung des Bewerbungseingangs.<br />
In der Umsetzung entschied man sich für<br />
grafische Analogien aus der Tierwelt, die<br />
sich aus unseren Brose-Erzeugnissen zusammensetzen.<br />
<strong>Die</strong> Bild- und Textbotschaften<br />
vermitteln das Bild eines modernen, aufgeschlossenen<br />
Arbeitgebers, der unkonventionelle<br />
Wege geht und sich durch eine<br />
kreative Herangehensweise in Bezug auf das<br />
Personalmarketing auszeichnet.<br />
Gespiegelt, gedreht und aneinandergereiht<br />
verwandeln sich die Brose-Produkte beispielsweise<br />
in Schmetterlinge, einen Fuchs<br />
oder Adler – Lebewesen, die für Dynamik,<br />
Schnelligkeit und Flexibilität stehen und<br />
damit wesentliche Unternehmenswerte von<br />
Brose widerspiegeln. Plakative Slogans wie<br />
„Bundesweit gesucht“ (Adler), „Schlaue<br />
Füchse gesucht“ (Fuchs) oder „Technikschwärmer<br />
gesucht“ (Schmetterlinge) fanden<br />
nicht nur bei Bewerbern, sondern auch<br />
in der Fachwelt und bei der breiten Öffentlichkeit<br />
Beachtung (siehe Abbildung auf<br />
Seite 24).<br />
Außergewöhnlich war bei der Anzeigen-<br />
Kampagne allerdings nicht nur die Gestaltung,<br />
sondern auch die Media-Strategie:<br />
Neben Hochschulmedien bediente Brose<br />
bundesweit auflagenstarke Wirtschaftsund<br />
Fachpublikationen.<br />
Internet-Auftritt: Parallel zu der Kampagne<br />
wurden die Karriereseiten des Internetauftritts<br />
inhaltlich und visuell kontinuierlich<br />
weiterbearbeitet. <strong>Die</strong> Einstiegsseite<br />
ist durch ihren „Portalcharakter“ übersichtlicher<br />
gestaltet, die Ansprache auf allen<br />
Karriereseiten verbindlicher formuliert.<br />
Durch Erlebnisberichte, Testimonials und<br />
Visualisierung der wesentlichen Ansprechpartner<br />
im Personalwesen wurde eine persönlichere<br />
Ansprache gefunden. Zugleich<br />
wurden die Stellen-Suchfunktionen für<br />
Bewerber komfortabler gestaltet. Den Internet-Auftritt<br />
ergänzen nun eine internationale<br />
Standortpräsentation sowie eine<br />
Beschreibung der Weiterbildungsaktivitäten<br />
und Personalentwicklungs-Programme.<br />
Anschauliche Einblicke in das Unternehmen<br />
vermitteln zusätzlich ein Imagefilm<br />
und eine Dokumentation über die Brose-Arbeitswelt.<br />
Werbeaktivitäten: Hohe Aufmerksamkeit<br />
erzielte ein Image-Film auf Karriereplattformen<br />
wie JobTV24 oder FAZJOB.NET. Allein<br />
auf diesem Weg konnten sich bislang über<br />
700 000 junge Menschen einen ersten Eindruck<br />
von Brose und den internationalen Aufgaben<br />
in der Firmengruppe verschaffen.<br />
Zusätzlich lief ein Werbespot in 30 deut-
EMPLOYER BRANDING Best Practice<br />
schen Hochschul-Kinos. Flankierende imagebildende<br />
Maßnahmen wie Exkursionen<br />
zu Brose-Standorten und Bewerbungstrainings<br />
an Hochschulen verstärken den Auftritt<br />
des Unternehmens als Arbeitgeber.<br />
Recruiting-Events: Um qualifizierte und<br />
leistungsbereite Hochschulabsolventen für<br />
das Unternehmen zu gewinnen, lud Brose<br />
Studenten, die kurz vor der Beendigung<br />
ihres ingenieurwissenschaftlichen oder<br />
kaufmännischen Studiums standen, unter<br />
dem Motto „Brose Careers in Motion Days“<br />
zu Recruiting-Events ein.<br />
Das attraktive Rahmenprogramm der zweitägigen<br />
Veranstaltung nahm Bezug auf das<br />
sportliche Engagement im Motorsport beziehungsweise<br />
Basketball und spiegelte den<br />
Anspruch von Brose wieder, mit Leistungswillen<br />
und einer langfristigen Strategie im<br />
internationalen Wettbewerb an der Spitze<br />
zu stehen. Ziel war es, den Studenten in Vorträgen,<br />
Fallstudien, praktischen Arbeiten<br />
sowie Gesprächen einen umfassenden Einblick<br />
in das Unternehmen, die Einstiegsmöglichkeiten<br />
und Karrierechancen zu vermitteln,<br />
gleichzeitig aber auch die fachliche<br />
und persönliche Qualifikation der angehenden<br />
Ingenieure und Kaufleute auszuloten<br />
(siehe Abbildung rechts).<br />
Hochschul-Aktivitäten: <strong>Die</strong> enge Zusammenarbeit<br />
mit Hochschulen ist ein weiterer<br />
wichtiger Baustein im Personalmarketing-Mix.<br />
Neben der fachlichen Zusammenarbeit<br />
in Projekten haben sich besonders<br />
Kooperationen mit Studenteninitiativen<br />
und die Übernahme von Dozententätigkeiten<br />
durch die Brose-Mitarbeiter als wirksame<br />
Instrumente erwiesen.<br />
<strong>Die</strong> Innovationsfähigkeit des Unternehmens<br />
hängt in hohem Maße von der Kompetenz<br />
der Mitarbeiter ab. Deshalb engagiert sich<br />
Brose auch als Sponsor auf den Gebieten<br />
Forschung und Wissenschaft. Beispielsweise<br />
wird jährlich ein Preis für herausragende<br />
wissenschaftliche Arbeitsergebnisse auf<br />
dem Gebiet der Kunststofftechnik gestiftet.<br />
Praktikums-Angebote: Eine der wichtigsten<br />
Recruiting-Quellen für Absolventen<br />
sind Praktikanten und Diplomanden. Jährlich<br />
werden bei Brose über 300 Studierende<br />
technischer und kaufmännischer Fach-<br />
26<br />
Sonderheft 08 |2009 www.personalwirtschaft.de<br />
richtungen eingestellt. Sie sind in interdisziplinäre<br />
Teams integriert und lernen die<br />
Unternehmenskultur sowie die Funktionen<br />
und Arbeitsweisen der Fachabteilungen<br />
kennen.<br />
Damit ein regelmäßiger Kontakt zwischen<br />
Unternehmen und Praktikanten gepflegt und<br />
aufrechterhalten werden kann, werden Kandidaten<br />
mit ausgezeichneten Leistungen in<br />
ein Praktikanten-Bindungsprogramm aufgenommen.<br />
Es bietet Seminare zur persönlichen<br />
und fachlichen Weiterentwicklung,<br />
verschiedene Teamevents, Hilfe bei der<br />
Netzwerkbildung sowie die Vermittlung<br />
weiterführender Tätigkeiten im Unternehmen<br />
an. Bislang konnten knapp 70 Prozent<br />
der Teilnehmer für eine Mitarbeit<br />
gewonnen werden.<br />
<strong>Die</strong> Maßnahmen-Kontrolle<br />
<strong>Die</strong> Steuerung sämtlicher Aktivitäten wird<br />
über die Auswertung signifikanter Kennzahlen<br />
gesteuert. So wird jeder Bewerber<br />
im Vorstellungsgespräch gefragt, wie er auf<br />
das Unternehmen aufmerksam wurde.<br />
Anhand der ermittelten Daten werden die<br />
durchgeführten Maßnahmen kontinuierlich<br />
angepasst, ergänzt oder im Bedarfsfall<br />
ersetzt.<br />
<strong>Die</strong> vorliegenden Ergebnisse zeigen einen<br />
klar positiven Trend. Beispielsweise hat<br />
sich der Bewerbungseingang von Studierenden<br />
innerhalb von sechs Jahren mehr als<br />
verdreifacht. <strong>Die</strong> Bekanntheit von Brose<br />
bei angehenden Ingenieuren nahm im gleichen<br />
Zeitraum um fast 10 Prozent zu. Der<br />
Bewerbungseingang stieg nach einer bundesweiten<br />
Kampagne um 30 Prozent.<br />
Benchmark-Studien und Wettbewerbe zur<br />
Arbeitgeberattraktivität wie Top Job, Great<br />
Place to Work, das Absolventenbarometer<br />
oder die CRF-Studie „Top Arbeitgeber Automotive“<br />
ergänzen die internen Analysen;<br />
die Resultate fließen in die Weiterentwicklung<br />
der Employer Branding- und Personalmarketing-Strategie<br />
ein.<br />
Blick in die Zukunft<br />
In den beschriebenen Handlungsfeldern<br />
wird kontinuierlich an weiteren Konzepten<br />
gearbeitet, um qualifizierte Mitarbeiter zu<br />
Um Hochschulabsolventen für das Unternehmen<br />
zu gewinnen, lud Brose Studenten unter<br />
dem Motto „Brose Careers in Motion Days“ zu<br />
Recruiting-Events ein.<br />
gewinnen, sie langfristig an das Unternehmen<br />
zu binden, weiterzubilden, dauerhaft<br />
leistungsfähig und motiviert zu erhalten.<br />
Dabei wird deutlich: Employer Branding<br />
muss als Teil der Personalstrategie verstanden<br />
werden. Natürlich werden in konjunkturell<br />
schwierigen Zeiten Recruiting-Aktivitäten<br />
zurückgefahren. Auch bei Brose<br />
nehmen breit angelegte und kostenintensive<br />
Maßnahmen gegenwärtig einen deutlich<br />
geringeren Raum ein als noch vor einigen<br />
Monaten. Dafür gewinnen gezielte<br />
Schwerpunktaktivitäten zur Steigerung der<br />
Arbeitgeberattraktivität an Bedeutung.<br />
So werden etwa Praktikanten und Diplomanden<br />
nach wie vor eingestellt. <strong>Die</strong> Präsenz<br />
auf Hochschulmessen wurde nicht zurückgefahren.<br />
Denn über kurz oder lang werden<br />
die Unternehmen wieder in den Wettbewerb<br />
um Talente eintreten. Darauf will<br />
Brose vorbereitet sein und sich als attraktive<br />
Arbeitgebermarke nachhaltig positioniert<br />
haben.<br />
Autor<br />
Achim Oettinger,<br />
Leiter Personalmarketing,<br />
Brose Fahrzeugteile GmbH<br />
& Co. KG, Coburg,<br />
achim.oettinger@brose.com