Lösung Fall 19 - überarbeitet - Zivilrecht VI
Lösung Fall 19 - überarbeitet - Zivilrecht VI
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A) Anspruch der A gegen B aus §894 BGB<br />
<strong>Lösung</strong> <strong>Fall</strong> <strong>19</strong><br />
<strong>Lösung</strong> Ausgangsfall:<br />
Als Grundlage für einen Anspruch der A gegen B für Ihre Wiedereintragung als Eigentümerin<br />
ins Grundbuch kommt §894 BGB in Betracht.<br />
Dazu dürften formelle und materielle Rechtslage nicht in Einklang stehen.<br />
I) Eigentümer laut Grundbuch, das heißt nach formeller Rechtslage Eigentümer, ist B.<br />
II) A müsste materiellrechtlich Eigentümerin sein, das heißt, in Wirklichkeit müsste das<br />
Eigentum am Grundstück der A zustehen.<br />
1. Ursprünglich war sie es.<br />
2. Sie könnte ihr Eigentum aber durch die Übereignung an B (§§873 Abs.1,<br />
925 Abs.1 S.1 BGB) verloren haben.<br />
a) Dazu müsste eine wirksame dingliche Einigung zwischen A und B (Auflassung)<br />
zustande gekommen sein.<br />
aa) Ein wirksames Angebot der A liegt vor.<br />
bb) Fraglich ist, ob B auch wirksam angenommen hat.<br />
α) B selbst hat nicht gehandelt.<br />
β) Er könnte aber gem. §164 Abs.1 BGB durch A vertreten worden sein.<br />
(1) Möglicherweise ist die Stellvertretung durch §925 Abs.1 S.1 BGB<br />
ausgeschlossen, denn diese Vorschrift verlangt die gleichzeitige Anwesenheit<br />
beider Parteien. §925 BGB verlangt aber nicht die persönliche Anwesenheit<br />
beider Parteien, eine Auflassung ist kein höchstpersönliches Rechtsgeschäft.<br />
Da der Stellvertreter eine eigene Willenserklärung abgibt, genügt die<br />
Anwesenheit des Stellvertreters vor der zuständigen Stelle (vgl. Palandt 66 , §925<br />
Rn5). Stellvertretung ist somit nach ausgeschlossen.<br />
Botenschaft würde dagegen nicht genügen, denn der anwesende Bote gibt keine<br />
eigene Willenserklärung ab.<br />
(2) A hat eine eigene Willenserklärung für B abgegeben, sie hat also in<br />
fremdem Namen gehandelt (§164 Abs.1 S.1 BGB).<br />
(3) Fraglich ist, ob sie auch Vertretungsmacht (§164 Abs.1 S.1 BGB) hatte.<br />
Grundsätzlich hat sie gem. §§1629 Abs.1 S.2 1.HS, S.3, 1680 Abs.1 BGB die<br />
alleinige elterliche Sorge für B und vertritt ihn daher gem.<br />
§1629 Abs.1 S.1 BGB auch alleine. Grundsätzlich besteht daher<br />
Vertretungsmacht.<br />
PÜ Sachenrecht <strong>Lösung</strong>shinweise 1
(4) Möglicherweise ist aber gem. §1643 Abs.1 i.V.m. §1821 Abs.1 Nr.1,2 oder<br />
Nr.5 BGB die Genehmigung durch das Familiengericht erforderlich.<br />
Für §1821 Abs.1 Nr.1 BGB wäre erforderlich, dass B über ein Grundstück<br />
verfügt. B erlangt aber durch die vorliegend geprüfte Auflassung ein<br />
Grundstück, eine Verfügung des B wäre aber nur die Veräußerung eines<br />
Grundstücks. V verfügt daher nicht über ein Grundstück, Nr.1 ist nicht<br />
einschlägig.<br />
Für Nr.2 müsste B über eine Forderung auf Einräumung des Eigentums oder<br />
eines sonstigen Rechts an einem Grundstück verfügen. Dies tut er auch nicht.<br />
Nr.5 betrifft nur schuldrechtliche Geschäfte, vorliegend geht es um die<br />
Auflassung.<br />
Die übrigen Nummern von §1821 und §1822 BGB sind auch nicht einschlägig.<br />
Eine Genehmigungspflicht besteht daher nicht.<br />
(5) Möglicherweise ist die Vertretungsmacht im vorliegenden <strong>Fall</strong> gem.<br />
§§1629 Abs.2 S.1, 1795 Abs.1 Nr.1 BGB oder gem. §§1629 Abs.2 S.1,<br />
1795 Abs.2, 181 BGB ausgeschlossen. In vorliegenden <strong>Fall</strong> besteht die<br />
Auflassung aber nur in der Erfüllung einer Verbindlichkeit, die aus dem<br />
zwischen A und B geschlossenen Schenkungsvertrag (§516 Abs.1 BGB)<br />
herrührt. Daher scheiden sowohl §§1629 Abs.2 S.1, 1795 Abs.1 Nr.1 BGB als<br />
auch §§1629 Abs.2 S.1, 1795 Abs.2, 181 BGB aus. Die Vertretungsmacht ist<br />
im vorliegenden <strong>Fall</strong> nicht beschränkt.<br />
Daher hat a den B wirksam vertreten. Eine wirksame Annahme des B liegt vor.<br />
cc) Die Form der Auflassung (§925 Abs.1 S.1,2 BGB) ist gewahrt.<br />
dd) Möglicherweise ist die Auflassung gem. §142 Abs.1 BGB nichtig, wenn A<br />
wirksam angefochten hat. Allerdings ist kein Anfechtungsgrund ersichtlich. Die Frage,<br />
welche Freundin B haben wird, ist nur das Motiv der A. Daher lag ein Motivirrtum<br />
vor, der weder von §1<strong>19</strong> Abs.1 noch von Abs.2 BGB erfasst wird.<br />
b) Die Auflassung wurde in das Grundbuch eingetragen (vgl. §873 Abs.1 BGB).<br />
c) Bei Abschluss des Rechtsgeschäfts bestand das Einigsein noch fort.<br />
d) A verfügte als Berechtigte.<br />
Somit hat A das Eigentum am Grundstück an B verloren. Formelle und materielle<br />
Rechtslage stimmen überein. Ein Anspruch §894 BGB scheidet aus.<br />
B) Anspruch der A gegen B auf Rückgewähr des Grundstücks aus<br />
§812 Abs.1 S.1 1.Alt. BGB<br />
Möglicherweise kann A aber Rückgewähr des Grundstücks von B aus<br />
§812 Abs.1 S.1 1.Alt. BGB verlangen.<br />
PÜ Sachenrecht <strong>Lösung</strong>shinweise 2
I) B hat Eigentum an dem übereigneten Grundstück erlangt.<br />
II) Dies geschah durch Auflassung, also durch Leistung der A.<br />
III) Es dürfte kein Rechtsgrund bestehen. In Betracht kommt der zwischen A und B<br />
geschlossene Schenkungsvertrag (§516 Abs.1 BGB).<br />
1. B handelte selbst im eigenen Namen, eine Einigung zwischen A und B liegt vor.<br />
2. Die Schenkung ist für B auch lediglich rechtlich vorteilhaft (§107 BGB).<br />
3. Der Vertrag wurde notariell beurkundet, die Form des §311b Abs.1 S.1 BGB und des<br />
§518 Abs.1 S.1 BGB ist gewahrt.<br />
Der Vertrag ist somit wirksam, ein Rechtsgrund besteht. Somit scheidet auch ein Anspruch<br />
aus §812 Abs.1 S.1 1.Alt. BGB aus.<br />
A) Anspruch der A gegen B aus §894 BGB<br />
<strong>Lösung</strong> Abwandlung 1:<br />
Auch in dieser <strong>Fall</strong>konstellation kommt ein Anspruch der A gegen B aus §894 BGB in<br />
Betracht.<br />
I) Eigentümer laut Grundbuch, das heißt nach formeller Rechtslage Eigentümer, ist B.<br />
II) A müsste materiellrechtlich Eigentümerin des Grundstücks sein.<br />
1. Die Punkte II) 1.) bis II) 2. bb) α) gestalten sich wie im Ausgangsfall.<br />
2. Fraglich ist nun, ob die Vertretung des B durch A gem. §§1629 Abs.2 S.1,<br />
1795 Abs.1 Nr.1 BGB oder gem. §§1629 Abs.2 S.1, 1795 Abs.2, 181 BGB<br />
ausgeschlossen ist. B handelt auf der einen Seite für sich selbst und auf der anderen<br />
Seite in Vertretung des B. Grundsätzlich liegt daher ein Insichgeschäft vor.<br />
Allerdings kommt vorliegend die Ausnahme von §1795 Abs.1 Nr.1 a.E. und<br />
§181 a.E. BGB in Betracht, das Handeln in Erfüllung einer Verbindlichkeit.<br />
Dies ist gegeben, wenn der Schenkungsvertrag wirksam ist.<br />
a) Ein Angebot der A auf Abschluss eines Schenkungsvertrags (§516 Abs.1 BGB)<br />
liegt vor.<br />
b) B müsste dieses wirksam angenommen haben.<br />
aa) B ist gem. §§2, 106 BGB beschränkt geschäftsfähig. Daher kann er selbst nur<br />
wirksam annehmen, wenn das Geschäft für ihn lediglich rechtlich vorteilhaft ist<br />
(§107 BGB). An sich ist die Schenkung auch lediglich rechtlich vorteilhaft, denn B ist<br />
nicht zu einer Gegenleistung verpflichtet.<br />
PÜ Sachenrecht <strong>Lösung</strong>shinweise 3
) Das dingliche Geschäft ist aber nicht rechtlich nur vorteilhaft, denn gem.<br />
§566 Abs.1 BGB tritt B in die Position des Vermieters ein. Dies bringt auch Pflichten<br />
mit sich, zum Beispiel die Überlassung der Mietsache und die Haftung für Mängel an<br />
der Mietsache gem. §536a BGB, die gem. Abs.1 1.Alt. sogar verschuldensunabhängig<br />
sein kann.<br />
Wie diesbezüglich zu verfahren ist, ist strittig:<br />
α) Die Rechtsprechung vertritt die sog. Gesamtbetrachtungslehre. Danach ist in der<br />
hier vorliegenden Konstellation eine Ausnahme vom Abstraktionsprinzip und lässt die<br />
rechtliche Nachteiligkeit des Verfügungsgeschäfts auf das Verpflichtungsgeschäft<br />
durchschlagen. Schuldrechtliches und dingliches Geschäft müssen also in einer<br />
Gesamtbetrachtung zusammen gewürdigt werden, um zu einem angemessenen<br />
Ergebnis zu kommen. Daher ist das schuldrechtliche Geschäft wegen der<br />
Nachteiligkeit des dinglichen Geschäfts auch als nachteilig und damit schwebend<br />
unwirksam anzusehen.<br />
β) Dem hält die Literatur entgegen, dass die Gesamtbetrachtungslehre gegen das<br />
Abstraktionsprinzip verstößt. Daher ist das schuldrechtliche Geschäft als wirksam<br />
anzusehen.<br />
γ) Da das Abstraktionsprinzip zu den Grundprinzipien des BGB gehört, lässt sich zwar<br />
gut vertreten, dass dieses unter allen Umständen aufrecht zu erhalten sei. Auf der<br />
anderen Seite ist aber zu beachten, dass das BGB auch die in der Geschäftsfähigkeit<br />
beschränkten Personen schützen möchte, wie sich aus den §§106ff. BGB ergibt.<br />
Dieser Zweck ist zu beachten. Würde man das Abstraktionsprinzip in diesem <strong>Fall</strong><br />
aufrecht erhalten, ergäbe sich folgendes: Das dingliche Geschäft bestände nur in der<br />
Erfüllung einer Verbindlichkeit, so dass B wirksam vertreten wäre. B würde nach dem<br />
Wortlaut des Gesetzes Eigentümer des Grundstücks und hätte die Verpflichtungen aus<br />
dem Mietvertrag übernommen. Dies wäre aber unter Aspekten des<br />
Minderjährigenschutzes nicht tragbar. Daher ist in diesem Punkt der Rechtsprechung<br />
zu folgen.<br />
Beachten Sie: Der BGH wendet die Gesamtbetrachtungslehre nur zum Schutz des<br />
Minderjährigen an und nur dann, wenn das dingliche Geschäft nachteilig ist, das<br />
schuldrechtliche aber lediglich rechtlich vorteilhaft wäre. Im umgekehrten <strong>Fall</strong>, also<br />
bei einem lediglich rechtlich vorteilhaften dinglichen Geschäft und einem nachteiligen<br />
schuldrechtlichen Vertrag, ist die Gesamtbetrachtungslehre nicht anwendbar!<br />
Daher hat B die Schenkung nicht wirksam angenommen.<br />
B konnte daher wegen §§1629 Abs.2 S.1, 1795 Abs.1 Nr.1 BGB und wegen<br />
§§1629 Abs.2 S.1, 1795 Abs.2, 181 BGB nicht wirksam von A vertreten werden.<br />
Daher scheitert auch die dingliche Einigung an der fehlenden Annahme des B.<br />
Somit ist A weiterhin Eigentümerin des Grundstücks.<br />
Daher besteht ein Anspruch der A gegen B auf Grundbuchberichtigung aus<br />
§894 BGB.<br />
Anmerkung: Hätte man mit der Literatur die Gesamtbetrachtungslehre abgelehnt,<br />
was gut vertretbar ist, so müsste die weitere Prüfung des <strong>Fall</strong>es wie folgt erfolgen:<br />
PÜ Sachenrecht <strong>Lösung</strong>shinweise 4
Der Schenkungsvertrag ist danach wirksam (§107 BGB). Auch die notarielle Form<br />
(§311b Abs.1 S.1, §518 Abs.1 BGB) ist gewahrt. Daher handelt A in Erfüllung einer<br />
Verbindlichkeit.<br />
Allerdings ist §181 BGB aus Gründen des Minderjährigenschutzes teleologisch zu<br />
reduzieren. Die Ausnahme vom Verbot des Insichgeschäfts, die für die Erfüllung von<br />
Verbindlichkeiten gilt (§181 a.E. BGB), greift im vorliegenden <strong>Fall</strong> nicht ein. Wegen<br />
§§1629 Abs.2 S.1, 1795 Abs.2, 181 BGB wird B daher nicht wirksam vertreten und es<br />
liegt daher mangels Annahme durch B keine Auflassung vor.<br />
Gegen diese Ansicht kann man anführen, sie sei gegen den Wortlaut des Gesetzes.<br />
Daher bleibt A auch nach dieser Ansicht Eigentümerin des Grundstücks. Ein Anspruch<br />
aus §894 BGB besteht daher auch nach dieser Ansicht.<br />
Das Problem liegt darin, dass das schuldrechtliche Geschäft wirksam ist, nur sein<br />
Vollzug ist nicht möglich. Die Schenkung beinhaltet aber keine Verpflichtung, das<br />
Geschenkte auch abzunehmen. Somit bleibt der Minderjährige auch hier geschützt.<br />
Nimmt man eine solche Verpflichtung aber doch an (z.B. aus Treu und Glauben),<br />
könnte der Minderjährige im Klagewege zur Abnahme gezwungen werden, das<br />
Grundstück abzunehmen. Dies wäre mit dem Minderjährigenschutz nicht vereinbar.<br />
Ein Ergebnis, nach dem B das Eigentum am Grundstück erwirbt, ist kaum vertretbar!<br />
B) Anspruch der A gegen B aus § 812 Abs.1 S.1, 1.Alt.<br />
Weiterhin kommt ein Anspruch aus §812 Abs.1 S.1 1.Alt. auf Herausgabe der Buchposition<br />
in Betracht.<br />
I) B hat die Buchposition an dem Grundstück erlangt.<br />
II) Dies geschah durch Auflassung, also durch Leistung der A.<br />
III) Bei konsequenter Anwendung der Gesamtbetrachtungslehre ist der Schenkungsvertrag<br />
unwirksam, daher wurde die Buchposition ohne Rechtsgrund erlangt.<br />
Der Anspruch aus §812 Abs.1 S.1 1.Alt. auf Herausgabe der Buchposition besteht daher auch.<br />
Anmerkung: Dies wäre anders, wenn man mit der Literatur den Schenkungsvertrag als<br />
wirksam ansähe.<br />
<strong>Lösung</strong> Abwandlung 2:<br />
A) Anspruch der A gegen B auf Grundbuchberichtigung aus §894 BGB<br />
Wiederum kommt zunächst ein Anspruch auf Grundbuchberichtigung gem. §894 BGB in<br />
Betracht.<br />
I) Eigentümer laut Grundbuch, das heißt nach formeller Rechtslage Eigentümer, ist B.<br />
PÜ Sachenrecht <strong>Lösung</strong>shinweise 5
II) A müsste materiellrechtlich Eigentümerin des Grundstücks sein.<br />
1. Die Punkte II) 1.) bis II) 2. bb) α) gestalten sich wie im Ausgangsfall.<br />
2. Fraglich ist wiederum, ob die Vertretung durch §§1629 Abs.2 S.1,<br />
1795 Abs.1 Nr.1 BGB oder durch §§1629 Abs.2 S.1, 1795 Abs.2, 181 BGB<br />
ausgeschlossen ist.<br />
Dazu müssten die Ausnahmen in §1795 Abs.1 Nr.1 a.E. BGB und §181 a.E. BGB<br />
eingreifen, A müsste also in Erfüllung einer Verbindlichkeit handeln.<br />
Dies ist gegeben, wenn der Schenkungsvertrag wirksam ist.<br />
a) Ein Angebot der A liegt vor.<br />
b) Fraglich ist wieder die Wirksamkeit der Annahme durch B. B ist gem. §§2,<br />
106 BGB beschränkt geschäftsfähig. Die Annahme ist daher schwebend unwirksam,<br />
wenn das Geschäft für ihn rechtlich nachteilig ist (§107 BGB).<br />
Ein rechtlicher Nachteil kann sich für B aus der mit dem Rücktrittsrecht der A<br />
bestehenden Rückabwicklungspflicht ergeben.<br />
Im Gegensatz zu den gesetzlichen Rückabwicklungsmöglichkeiten (§§528, 531 BGB)<br />
besteht im <strong>Fall</strong>e eines vertraglich vorbehaltenen Rücktrittsrechts keine Beschränkung<br />
der Haftung im Rahmen der §§818ff. BGB. B kann sich daher nicht auf Entreicherung<br />
(§818 Abs.3 BGB) berufen.<br />
Daher ist bereits der schuldrechtliche Vertrag rechtlich nachteilig und gem. §107 BGB<br />
schwebend unwirksam. A handelt daher nicht in Erfüllung einer Verbindlichkeit.<br />
3. Möglicherweise sind aber §§1795 Abs.1 Nr.1, 181 BGB teleologisch zu reduzieren, so<br />
dass sie auch dann einem Rechtsgeschäft nicht entgegenstehen, wenn es für den<br />
Vertretenen lediglich rechtlich vorteilhaft ist.<br />
a) Zweck des Verbots des Insichgeschäfts ist es, den Vertretenen vor Nachteilen zu<br />
schützen, die durch einen Interessenkonflikt auf Seiten des Vertreters entstehen. Wenn<br />
ein Geschäft für den Vertretenen lediglich rechtlich vorteilhaft ist, besteht kein<br />
Bedürfnis, den Vertretenen zu schützen. Eine solche ungeschriebene Ausnahme vom<br />
Verbot des Insichgeschäfts ist daher allgemein anerkannt.<br />
b) Die Übereignung des Grundstücks führt nicht dazu, dass B irgendwelche Pflichten<br />
übernimmt. Daher ist die Übereignung für ihn lediglich rechtlich vorteilhaft.<br />
c) Möglicherweise ist das Ergebnis wegen einer umgekehrten Anwendung der<br />
Gesamtbetrachtungslehre zu korrigieren. Betrachtet man auch hier Verpflichtungs-<br />
und Verfügungsgeschäft als Einheit, würde die Nachteiligkeit des<br />
Verpflichtungsgeschäfts auf das Verfügungsgeschäft durchschlagen und beide wären<br />
(schwebend) unwirksam.<br />
Die Gesamtbetrachtung dient aber alleine dem Schutz des vertretenen Minderjährigen.<br />
Allerdings ist der Rechtsgrund für die Übereignung unwirksam und die Übereignung<br />
damit kondizierbar. Im <strong>Fall</strong>e der Kondiktion haftet B aber gem. §818 Abs.3 BGB<br />
beschränkt. Daher bedarf er keines weitergehenden Schutzes, eine Ausnahme vom<br />
Abstraktionsprinzip ist nicht angezeigt.<br />
PÜ Sachenrecht <strong>Lösung</strong>shinweise 6
Das Ergebnis ist somit nicht zu korrigieren, A hat B bei der Auflassung wirksam<br />
vertreten.<br />
4. Die Eintragung ins Grundbuch und die Berechtigung der A liegen vor. B ist daher<br />
Eigentümer des Grundstücks.<br />
Formelle und materielle Rechtslage stimmen also überein.<br />
Daher scheidet ein Anspruch aus §894 BGB aus.<br />
B) Anspruch der A gegen B auf Rückübereignung des Grundstücks aus<br />
§812 Abs.1 S.1 1.Alt. BGB<br />
Möglicherweise kann A aber Rückgewähr des Grundstücks von B aus<br />
§812 Abs.1 S.1 1.Alt. BGB verlangen.<br />
I) B hat Eigentum an dem übereigneten Grundstück erlangt.<br />
II) Dies geschah durch Auflassung, also durch Leistung der A.<br />
III) Es dürfte kein Rechtsgrund bestehen. In Betracht kommt der zwischen A und B<br />
geschlossene Schenkungsvertrag (§516 Abs.1 BGB).<br />
Dieser ist aber wegen des Rücktrittsrechts schwebend unwirksam und nicht genehmigt<br />
worden (s.o.). Daher besteht kein Rechtsgrund.<br />
A hat daher einen Anspruch gegen B auf Rückübereignung des Grundstücks aus<br />
§812 Abs.1 S.1 1.Alt. BGB<br />
PÜ Sachenrecht <strong>Lösung</strong>shinweise 7