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Wichtige sachenrechtliche Probleme ... - Zivilrecht VI

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Crashkurs Sachenrecht<br />

<strong>Probleme</strong><br />

18. Februar 2012<br />

Thomas Grädler, LL.M.<br />

1


Beseitigung und Unterlassung<br />

gem. § 1004 I<br />

2


Crashkurs Sachenrecht<br />

Thomas Grädler, LL.M.<br />

Sind auch „negative“ Beeinträchtigungen von § 1004 erfasst<br />

= Entzug der immateriellen Vorteile (z.B. Sonnenlicht, Aussicht)<br />

eines Grundstücks durch die Nutzung des Nachbargrundstücks<br />

e.A.:<br />

(h.M.)<br />

negative Einwirkungen werden nicht von § 1004 I erfasst<br />

arg.:<br />

- Zustände außerhalb der Grenzen des eigenen<br />

Eigentums unterliegen nicht dem eigenen<br />

Bestimmungsrecht<br />

- gesetzgeberischer Wille gehe in § 906 von<br />

„Einwirkungen“ aus<br />

- Einwirkungen müssten demnach positiver Natur sein<br />

und vor allem „zuführbar“<br />

- etwaige Unbilligkeiten könnten über § 242 gelöst<br />

werden<br />

3


Crashkurs Sachenrecht<br />

Thomas Grädler, LL.M.<br />

a.A.:<br />

der Eigentümer muss auch vor negativen Einwirkungen im<br />

Rahmen des § 1004 I geschützt werden<br />

arg.:<br />

Beachte:<br />

- zum Eigentumsschutz gehöre auch die<br />

uneingeschränkte Nutzungsmöglichkeit<br />

- am Begriff der „Zuführbarkeit“ ist nicht zwingend<br />

festzuhalten, da die Eigentumsrechte in § 903 benannt<br />

sind, alleiniger Rückgriff auf § 906 ist nicht gerechtfertigt<br />

- Lösung im Nachbarrecht könnte auch über § 906<br />

analog erfolgen, eine Heranziehung von § 242 wäre<br />

nicht erforderlich<br />

Parallel zu diesem Problem ist umstritten, ob auch<br />

„ideelle“ Beeinträchtigungen erfasst sind<br />

<strong>Wichtige</strong> <strong>sachenrechtliche</strong> <strong>Probleme</strong><br />

4


Eigentümer-Besitzer-Verhältnis<br />

5


Crashkurs Sachenrecht<br />

Thomas Grädler, LL.M.<br />

Ist § 985 neben vertraglichen Herausgabeansprüchen<br />

anwendbar<br />

e.A.:<br />

§ 985 BGB neben vertraglichen Herausgabeansprüchen nicht<br />

anwendbar („Subsidiaritätslehre“)<br />

arg.:<br />

Eigentümer habe durch den Vertrag seine<br />

Eigentümerbefugnisse schuldrechtlich beschränkt<br />

a.A.:<br />

§ 985 BGB trotz des Vorliegens vertraglicher<br />

Herausgabeansprüche anwendbar.<br />

arg.:<br />

Ein Ausschluss des § 985 BGB würde das<br />

Eigentumsrecht entwerten<br />

<strong>Wichtige</strong> <strong>sachenrechtliche</strong> <strong>Probleme</strong><br />

6


Crashkurs Sachenrecht<br />

Thomas Grädler, LL.M.<br />

Führt ein Verwendungsersatzanspruch (§§ 994, 996)<br />

zu einem RzB iSd § 986<br />

e.A.: RzB (+)<br />

arg.:<br />

- es könne nicht sein, dass er Besitzer die Sache<br />

zurückgeben müsse, obwohl er ein ZBR habe<br />

- Wortlautidentität des Anfangs im Normtext von § 1000<br />

S. 1 und § 986 I 1<br />

<strong>Wichtige</strong> <strong>sachenrechtliche</strong> <strong>Probleme</strong><br />

7


Crashkurs Sachenrecht<br />

Thomas Grädler, LL.M.<br />

a.A.: RzB (-)<br />

arg.:<br />

- Verwendungsersatzanspruch führt gerade nur zu<br />

einem ZBR, nicht zu einem RzB<br />

systematisch völlig unterschiedliche Rechte<br />

(Einwendung vs. Einrede)<br />

unterschiedliche Prozessfolgen:<br />

Klageabweisung vs. Verurteilung Zug-um-Zug<br />

- Wortlaut der amtlichen Überschrift in § 986<br />

- sog. „Zirkelschlussargument“: Bestünde ab der ersten<br />

Verwendung ein RzB, so fehlte ab diesem Zeitpunkt<br />

die Vindikationslage als Grundvoraussetzung für alle<br />

weiteren Verwendungen<br />

<strong>Wichtige</strong> <strong>sachenrechtliche</strong> <strong>Probleme</strong><br />

8


Crashkurs Sachenrecht<br />

Thomas Grädler, LL.M.<br />

Anwendbarkeit des § 986 II auf eine Veräußerung durch den<br />

Eigentümer gem. §§ 929 S. 1, 930<br />

<br />

§ 986 II ist nach h.M. in diesem Fall analog anzuwenden<br />

Beachte:<br />

Da nur bewegliche Sachen gem. §§ 929 S. 1, 931 oder<br />

§§ 929 S. 1, 930 übereignet werden können, gilt § 986 II<br />

nicht für Immobilien!<br />

<strong>Wichtige</strong> <strong>sachenrechtliche</strong> <strong>Probleme</strong><br />

9


Eigentümer-Besitzer-Verhältnis<br />

Schadensersatz<br />

10


Crashkurs Sachenrecht<br />

Thomas Grädler, LL.M.<br />

Nach welcher Norm erfolgt die Zurechnung der<br />

Bösgläubigkeit eines Besitzdieners bei § 990 I BGB<br />

e.A.:<br />

a.A.:<br />

a.A.:<br />

§ 278 BGB<br />

(-), würde Schuldverhältnis voraussetzen<br />

§ 831 BGB<br />

(-), Haftungsnorm für eigenes Verschulden, keine Zurechnung<br />

§ 166 BGB<br />

(-), Besitzergreifung ist Realakt §§ 164 ff. regeln WE<br />

a.A.:<br />

§ 831 BGB analog<br />

arg: - bösgläubige Besitzergreifung sei deliktsähnlich<br />

(dann Exkulpation nach § 831 I S. 2 BGB beachten!)<br />

<strong>Wichtige</strong> <strong>sachenrechtliche</strong> <strong>Probleme</strong><br />

11


Crashkurs Sachenrecht<br />

Thomas Grädler, LL.M.<br />

a.A.:<br />

§ 166 analog<br />

arg:<br />

- § 831 besage nichts über die Zurechnung fremden<br />

Verschuldens Analogie gehe zu weit<br />

- § 166 I BGB sei interessengerechter sofern der<br />

Besitzdiener selbstständig wie ein Stellvertreter<br />

handelt, ist die Situation mit der in §§ 164 ff.<br />

vergleichbar<br />

- ratio legis des § 166 I BGB: Wer durch Einschaltung<br />

dritter Personen Vorteile erfährt, muss auch die<br />

Nachteile dieses Handelns tragen<br />

- § 831 I S. 2 würde eine Exkulpation zu einfach<br />

machen<br />

<strong>Wichtige</strong> <strong>sachenrechtliche</strong> <strong>Probleme</strong><br />

12


Crashkurs Sachenrecht<br />

Thomas Grädler, LL.M.<br />

Welche Besonderheit gilt es bei § 992 BGB beim<br />

Tatbestandsmerkmal „verbotene Eigenmacht“ zu beachten<br />

<br />

Verbotene Eigenmacht i.S.d. § 858 I BGB erfordert kein<br />

Verschulden<br />

ABER: Um eine sog. „Modalitätenäquivalenz“ zur alternativen<br />

Voraussetzung (Erlangung des Besitzes durch eine<br />

Straftat) herzustellen, wird gefordert, dass die<br />

verbotene Eigenmacht schuldhaft begangen sein<br />

muss<br />

<strong>Wichtige</strong> <strong>sachenrechtliche</strong> <strong>Probleme</strong><br />

13


Crashkurs Sachenrecht<br />

Thomas Grädler, LL.M.<br />

Ist beim gesetzlich nicht geregelten Fall des Fremdbesitzer-<br />

Exzesses im Zwei-Personen-Verhältnis die Sperrwirkung des<br />

§ 993 I a.E. teleologisch zu reduzieren<br />

h.M.:<br />

<br />

Wertungsvergleich: Bei wirksamem Vertrag hätte Eigentümer<br />

einen Schadensersatzanspruch aus § 280 I BGB i.V.m. Vertrag.<br />

Besitzer darf als nichtberechtigter Fremdbesitzer aber nicht<br />

besser stehen als ein berechtigter Fremdbesitzer<br />

(= gesetzlich nicht geregelter Fall des sog.<br />

Fremdbesitzerexzesses im Zweipersonenverhältnis).<br />

Folge: teleologische Reduktion der Sperrwirkung des § 993 I a.E., so<br />

dass eine deliktische Haftung gem. § 823 I geprüft werden kann<br />

<strong>Wichtige</strong> <strong>sachenrechtliche</strong> <strong>Probleme</strong><br />

14


Crashkurs Sachenrecht<br />

Thomas Grädler, LL.M.<br />

Ist beim Fremdbesitzer-Exzess im Drei-Personen-Verhältnis<br />

die Sperrwirkung des § 993 I a.E. teleologisch zu reduzieren<br />

e.A.:<br />

teleologische Reduktion der Sperrwirkung des § 993 I HS. 2 im<br />

Fall des nichtberechtigten Fremdbesitzerexzess<br />

a.A.:<br />

es bleibt bei der Sperrwirkung des § 993 I HS. 2, für eine<br />

teleologische Reduktion besteht keine Notwendigkeit, da bereits<br />

eine Haftungsgrundlage in § 991 II besteht.<br />

<strong>Wichtige</strong> <strong>sachenrechtliche</strong> <strong>Probleme</strong><br />

15


Eigentümer-Besitzer-Verhältnis<br />

Nutzungsersatz<br />

16


Crashkurs Sachenrecht<br />

Thomas Grädler, LL.M.<br />

Kann rechtsgrundloser Besitzerwerb dem unentgeltlichen<br />

Besitzerwerb gleichgestellt werden (§ 988 analog)<br />

Ausgangspunkt (für beide Ansichten) ist ein Wertungswiderspruch:<br />

<br />

bei Unwirksamkeit von Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft<br />

könnte ein gutgläubiger Besitzer sonst die Nutzungen behalten<br />

(wegen der Sperrwirkung des § 993 I a.E.), bei bloß<br />

unwirksamem Verpflichtungsgeschäft müsste er sie nach §§ 812,<br />

818 herausgeben<br />

e.A.:<br />

Lösung über § 988 analog<br />

arg.:<br />

- rechtsgrundloser und unentgeltlicher Besitzer müssen<br />

beide keine Gegenleistung erbringen<br />

- wegen der Sperrwirkung des § 993 I HS. 2 müsse eine<br />

Lösung innerhalb des EBV gesucht werden<br />

17


Crashkurs Sachenrecht<br />

Thomas Grädler, LL.M.<br />

a.A.:<br />

Lösung über teleologische Reduktion der Sperrwirkung, § 993 I<br />

a.E.<br />

( Anwendbarkeit der Leistungskondiktion, § 812 I 1 Alt. 1)<br />

arg.: - eindeutiger Wortlaut des § 988<br />

- rechtsgrundloser Besitzer hat evtl. schon<br />

Gegenleistung erbracht keine identische<br />

Vergleichbarkeit mit entgeltlichem Besitzerwerb; sonst<br />

evtl. sachwidrige Verteilung des Insolvenzrisikos<br />

- sachgerechtere Lösungen bei<br />

Dreipersonenverhältnissen<br />

<strong>Wichtige</strong> <strong>sachenrechtliche</strong> <strong>Probleme</strong><br />

18


Eigentümer-Besitzer-Verhältnis<br />

Verwendungsersatz<br />

19


Crashkurs Sachenrecht<br />

Thomas Grädler, LL.M.<br />

Muss im Zeitpunkt der Verwendung eine Vindikationslage<br />

bestanden haben<br />

Rspr.:<br />

entscheidend sei, dass im Zeitpunkt der<br />

Geltendmachung des Verwendungsersatzanspruches<br />

eine Vindikationslage bestehe<br />

arg.:<br />

sonst Wertungswiderspruch im Vergleich zu<br />

einem von Anfang an unberechtigten Besitzer<br />

a.A.:<br />

Vindikationslage muss im Verwendungszeitpunkt<br />

vorliegen<br />

arg.:<br />

sonst Widerspruch zur Systematik des EBV<br />

<strong>Wichtige</strong> <strong>sachenrechtliche</strong> <strong>Probleme</strong><br />

20


Crashkurs Sachenrecht<br />

Thomas Grädler, LL.M.<br />

Kann der Besitzer aufgewendete Arbeitszeit als<br />

„Verwendung“ i.S.d. § 994 ff. geltend mache<br />

e.A.:<br />

grds. ja, aber nur, wenn die Eigenarbeit des Besitzers im Rahmen<br />

seines Gewerbes oder Berufes geleistet wurde<br />

arg.:<br />

Wertungsvergleich zu § 1835 III<br />

e.A.:<br />

grds. ja, aber der Arbeitsleistung muss ein objektiver Marktwert<br />

zukommen<br />

arg..:<br />

Anerkennung der eigenen Arbeitsleistung als<br />

Verwendung darf nicht davon abhängen, ob der Besitzer<br />

ein entsprechendes Gewerbe betreibt oder einen<br />

entgangenen Verdienst nachweisen kann<br />

<strong>Wichtige</strong> <strong>sachenrechtliche</strong> <strong>Probleme</strong><br />

21


Crashkurs Sachenrecht<br />

Thomas Grädler, LL.M.<br />

Auf wessen Perspektive kommt es für die Beurteilung an, ob<br />

eine nützliche Verwendung i.S.d. § 996 vorliegt<br />

(Wertsteigerung)<br />

e.A.:<br />

Sicht des Eigentümers ist maßgeblich<br />

arg.:<br />

Eigentümer müsste sonst für eine Sache Ersatz leisten,<br />

die für ihn wertlos ist und auf deren Erlangung er keinen<br />

Einfluss hatte<br />

bei objektiver Bestimmung müsste der Eigentümer die<br />

Sache möglicherweise zwangsweise veräußern, um die<br />

Wertsteigerung realisieren zu können<br />

<strong>Wichtige</strong> <strong>sachenrechtliche</strong> <strong>Probleme</strong><br />

22


Crashkurs Sachenrecht<br />

Thomas Grädler, LL.M.<br />

a.A.:<br />

objektive Betrachtung, ob Wertsteigerung vorliegt, maßgeblich<br />

arg:<br />

Vergleich des § 996 mit § 994 II BGB und den dortigen<br />

Verweis auf die GoA<br />

systematisches Wortlautargument mit § 997 II („für ihn“<br />

= subjektives Element, welches bei § 996 gerade fehlt)<br />

<strong>Wichtige</strong> <strong>sachenrechtliche</strong> <strong>Probleme</strong><br />

23


Gutgläubiger Eigentums-/Rechtserwerb<br />

24


Crashkurs Sachenrecht<br />

Thomas Grädler, LL.M.<br />

Gibt es einen Gutglaubenserwerb vom nichtberechtigten<br />

Minderjährigen<br />

P 1.: Wirksamkeit der dinglichen Einigung, § 929 S. 1<br />

lediglich rechtlicher Vorteil, § 107, streng genommen (-)<br />

aber h.M.:<br />

arg.:<br />

Gleichstellung von rechtlich neutralen mit<br />

lediglich rechtlich vorteilhaften Geschäften<br />

- Wertung des § 165 BGB<br />

- mittelbare Nachteile (§ 823 BGB) unbeachtlich<br />

- mangelnde Schutzbedürftigkeit des Mj.<br />

wirksame Einigung (+)<br />

<strong>Wichtige</strong> <strong>sachenrechtliche</strong> <strong>Probleme</strong><br />

25


Crashkurs Sachenrecht<br />

Thomas Grädler, LL.M.<br />

P 2.:<br />

e.A.:<br />

Restriktive Anwendung der §§ 932 ff., falls Veräußerer<br />

nichtberechtigter Minderjähriger<br />

Erwerb vom nichtberechtigten Mj. nicht möglich (Medicus)<br />

arg.:<br />

- Erwerber könnte bei Richtigkeit seiner Vorstellung<br />

(wenn die Sache dem Mj. gehören würde) wegen<br />

§ 107 BGB kein Eigentum erwerben<br />

- Redlichkeitsvorschriften wollen den Erwerber nicht<br />

besser stellen, als er bei Richtigkeit seiner Vorstellung<br />

stünde<br />

restriktive Anwendung der Gutglaubensvorschriften<br />

gutgläubiger Erwerb nach dieser Ansicht nicht möglich<br />

<strong>Wichtige</strong> <strong>sachenrechtliche</strong> <strong>Probleme</strong><br />

26


Crashkurs Sachenrecht<br />

Thomas Grädler, LL.M.<br />

a.A.:<br />

Erwerb vom nichtberechtigten Mj. möglich<br />

arg.:<br />

- Gegenansicht vermengt Verkehrsschutz mit<br />

Minderjährigenschutz<br />

- keine dogmatische Grundlage für Einschränkung der<br />

Gutglaubensvorschriften<br />

- nach Gegenansicht stünde Alteigentümer bei<br />

freiwilliger Weggabe der Sache an einen Mj. besser,<br />

als bei Weggabe an einen voll Geschäftsfähigen<br />

reine Zufälligkeit<br />

gutgläubiger Erwerb nach dieser Ansicht möglich<br />

<strong>Wichtige</strong> <strong>sachenrechtliche</strong> <strong>Probleme</strong><br />

27


Crashkurs Sachenrecht<br />

Thomas Grädler, LL.M.<br />

Liegt ein Abhandenkommen i.S.d. § 935 vor, wenn die Sache<br />

freiwillig abgegeben wird durch …<br />

… einen Minderjährigen<br />

<br />

<br />

immer (+) bei der freiwilligen Besitzaufgabe Geschäftsunfähiger<br />

bei beschränkt Geschäftsfähigen auf den tatsächlichen Willen,<br />

d.h. auf das tatsächliche Urteilsvermögen abstellen<br />

… einen Besitzdiener<br />

<br />

grds. (+), da Veruntreuung einer Sache durch den Besitzdiener<br />

einen unfreiwilligen Besitzverlust des unmittelbaren Besitzes des<br />

Besitzherrn darstellt (P.: anders, wenn Vertreter im Rahmen<br />

seiner Vertretungsmacht handelt, z.B. Prokurist)<br />

28


Crashkurs Sachenrecht<br />

Thomas Grädler, LL.M.<br />

Ist ein rechtsgeschäftlicher Eigentumsrückerwerb des<br />

Nichtberechtigten möglich<br />

e.A.: (-), stattdessen automatischer Eigentumsrückfall an den<br />

ehemaligen Eigentümer, aber nur in drei Fallgruppen<br />

(1) Geplantes „Hin und Her“ (in dieser Fallgruppe fehlt es<br />

aber idR schon an der Gutgläubigkeit des Erwerbers)<br />

(2) Rückabwicklung des schuldrechtlichen Vertrages (z.B.<br />

wegen Anfechtung, Rücktritt)<br />

(3) Von vornherein nur vorläufige Übereignungen (z.B.<br />

Sicherungsübereignung, wobei wegen § 933 ein<br />

gutgläubiger Erwerb nur in Betracht kommt, wenn die<br />

Sache auch übergeben worden ist)<br />

29


Crashkurs Sachenrecht<br />

Thomas Grädler, LL.M.<br />

a.A.: Rückerwerb des Nichtberechtigten (+)<br />

arg.:<br />

- keine dogmatische Grundlage für die Gegenansicht,<br />

insbesondere Konstruktion über Rechtsfigur des<br />

„Geschäfts für den, den es angeht“ zweifelhaft<br />

- Eigentümer durch schuldrechtliche Ansprüche<br />

genügend geschützt: §§ 280 I, 687 II, 823 I, 816 I BGB<br />

- Gegenansicht verstößt gegen Publizitätsprinzip<br />

Beachte:<br />

Da der nun zurück veräußernde Dritte zuvor<br />

gutgläubig Eigentum erworben hat, kommt es nun auf<br />

die Bösgläubigkeit des rückerwerbenden<br />

Nichtberechtigten nicht an!<br />

(P.: frühere Ansicht, sog. „Makeltheorie“)<br />

30


Crashkurs Sachenrecht<br />

Thomas Grädler, LL.M.<br />

Ist § 366 I HGB analog auf den guten Glauben an die<br />

Vertretungsmacht anwendbar<br />

e.A.: (+), analoge Anwendung von § 366 I HGB auf guten<br />

Glauben an Vertretungsmacht;<br />

damit kann fehlende Vertretungsmacht überwunden<br />

werden<br />

arg.:<br />

- nahezu identische Interessenlage<br />

- für den Laien mache es keinen Unterschied, ob jemand<br />

im eigenen Namen [Kommission] oder in fremdem<br />

Namen [Vertretung] handelt<br />

<strong>Wichtige</strong> <strong>sachenrechtliche</strong> <strong>Probleme</strong><br />

31


Crashkurs Sachenrecht<br />

Thomas Grädler, LL.M.<br />

a.A.:<br />

keine analoge Anwendung von § 366 I HGB auf guten Glauben<br />

(h.M.) an Vertretungsmacht<br />

arg.:<br />

- es fehle an vergleichbarer Interessenlage<br />

- anders als bei der Kommission bekomme der Erwerber<br />

bei der Stellvertretung den Eigentümer und<br />

vermeintlichen Vollmachtgeber stets genannt und kann<br />

mit diesem Rücksprache halten<br />

- § 366 habe seine Anwendung bei der Frage der<br />

Berechtigung; dogmatisch nicht zu begründen, warum<br />

er auch bei der Frage der Einigung greifen soll<br />

<strong>Wichtige</strong> <strong>sachenrechtliche</strong> <strong>Probleme</strong><br />

32


Crashkurs Sachenrecht<br />

Thomas Grädler, LL.M.<br />

Kann ein Unternehmerpfandrecht gem. § 647 gutgläubig<br />

erworben werden<br />

e.A.: möglich gem. §§ 647, 1207, 1257<br />

arg.:<br />

- § 1257 stellt gesetzliches Pfandrecht dem<br />

rechtsgeschäftlich bestelltem Pfandrecht gleich, bei<br />

letzterem ist ein gutgläubiger Erwerb möglich<br />

a.A.:<br />

möglich gem. § 366 III HGB analog<br />

arg.:<br />

- Vergleichbarkeit der Interessenlage<br />

- auch Unternehmerpfandrecht sei ein Besitzpfandrecht<br />

<strong>Wichtige</strong> <strong>sachenrechtliche</strong> <strong>Probleme</strong><br />

33


Crashkurs Sachenrecht<br />

Thomas Grädler, LL.M.<br />

a.A.: gutgläubiger Erwerb eines Unternehmerpfandrechts nach § 647<br />

ist nicht möglich<br />

arg.:<br />

- § 1257 verlangt ein bereits entstandenes Pfandrecht<br />

- § 366 III HGB ist eng auszulegende Ausnahmenorm<br />

- enumerative Auflistung in § 366 III HGB<br />

<strong>Wichtige</strong> <strong>sachenrechtliche</strong> <strong>Probleme</strong><br />

34


Gesetzlicher Eigentumserwerb<br />

35


Crashkurs Sachenrecht<br />

Thomas Grädler, LL.M.<br />

Zulässigkeit einer Verarbeitungsklausel gem. § 950<br />

e.A.:<br />

§ 950 ist dispositiv, Verarbeitungsklausel möglich<br />

arg.:<br />

Zweck des § 950 ist es, Interessenkonflikte in einer<br />

arbeitsteiligen Wirtschaft zu lösen. Besteht aber kein<br />

Konflikt, weil sich die Parteien über den<br />

Eigentumserwerb infolge der Verarbeitung geeinigt<br />

haben, ist § 950 nicht erforderlich.<br />

a.A.:<br />

§ 950 ist nicht dispositiv, sondern zwingend<br />

arg.:<br />

- Typenzwang im Sachenrecht<br />

- sonst Verstoß gegen Publizitätsprinzip<br />

- aber: Lösung über antizipierte Sicherungsübereignung<br />

möglich, §§ 929 S. 1, 930 (P.: dann aber<br />

Durchgangserwerb)<br />

36


Crashkurs Sachenrecht<br />

Thomas Grädler, LL.M.<br />

a.A.:<br />

§ 950 ist zwar nicht dispositiv, allerdings können die Parteien<br />

vereinbaren, wer „Hersteller“ sein soll<br />

Möglichkeit der sog. „fremdwirkenden Verarbeitung“<br />

damit auch kein Durchgangserwerb<br />

arg.:<br />

wirtschaftlich betrachtet die praxisgerechteste Lösung<br />

<strong>Wichtige</strong> <strong>sachenrechtliche</strong> <strong>Probleme</strong><br />

37


Crashkurs Sachenrecht<br />

Thomas Grädler, LL.M.<br />

Verweist § 951 I 1 nur auf die Eingriffskondiktion oder auf alle<br />

Kondiktionsarten<br />

e.A.:<br />

Verweis nur auf die Eingriffskondiktion<br />

arg.:<br />

- gesetzlicher Eigentumserwerb nach den § 946 ff. sei<br />

nicht „durch Leistung“, sondern eher „in sonstiger<br />

Weise“ erfolgt<br />

a.A.:<br />

Verweis auf alle Kondiktionsarten<br />

arg.:<br />

- Wortlaut des § 951 I 1 differenziert nicht zwischen den<br />

Kondiktionsarten<br />

<strong>Wichtige</strong> <strong>sachenrechtliche</strong> <strong>Probleme</strong><br />

38


Vormerkung<br />

39


Crashkurs Sachenrecht<br />

Thomas Grädler, LL.M.<br />

Analoge Anwendung des § 883 II 1 auf Vermietung als<br />

„Verfügung“<br />

e.A.:<br />

(+), analoge Anwendung sei geboten<br />

arg.:<br />

- Mieter würde sonst als nur obligatorisch Berechtigter<br />

besser geschützt als jemand, der ein dingliches<br />

Wohnrecht oder ein Nießbrauchsrecht erwirbt<br />

- § 566 BGB nähert obligatorisches Mietrecht einem<br />

dinglichen Recht an<br />

- Erwerber wäre im Fall eines langfristigen Mietvertrags<br />

für lange Zeit gebunden<br />

- Mieter hat gegen Vermieter vertragliche<br />

Schadensersatzansprüche<br />

40


Crashkurs Sachenrecht<br />

Thomas Grädler, LL.M.<br />

a.A.:<br />

(-), keine analoge Anwendung<br />

arg.:<br />

- § 566 BGB soll dem Mieter besonderen Schutz bei<br />

Veräußerungen der Mietsache bieten. Dieser Schutz<br />

darf nicht durch eine Gleichstellung von Vermietung<br />

und Verfügung ausgehöhlt werden<br />

- Erwerber hat vertragliche Schadensersatzansprüche<br />

gegen Verkäufer<br />

- Mieter sieht vor Abschluss eines Mietvertrages<br />

gewöhnlich nicht ins Grundbuch, der Erwerber eines<br />

dinglichen Rechts dagegen schon<br />

<strong>Wichtige</strong> <strong>sachenrechtliche</strong> <strong>Probleme</strong><br />

41


Hypothek<br />

42


Crashkurs Sachenrecht<br />

Thomas Grädler, LL.M.<br />

Führt der gutgläubige Erwerb einer Hypothek gem. §§ 1138,<br />

(1155), 892 I dazu, dass die Forderung mit übergeht<br />

e.A.:<br />

Forderung folgt der Hypothek („Mitreißtheorie“)<br />

arg.:<br />

- da sonst Gefahr der doppelten Inanspruchnahme des<br />

Schuldners bei Auseinanderfallen von Forderungs- und<br />

Hypothekengläubiger<br />

a.A.:<br />

Es kommt zur forderungsentkleideten Hypothek<br />

arg.:<br />

- § 1138 BGB greift nach seinem Wortlaut nur für den<br />

Übergang der Hypothek<br />

- Gefahr der doppelten Inanspruchnahme wegen der<br />

§§ 1160 I, 1161 nicht gegeben<br />

43

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