Ausgabe 05/2009 - Wagner-Joos Rechtsanwälte
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� Beiträge Dr. Marc Jülicher Neues zur Zuwendung von Rente oder Nießbrauch im ErbStG<br />
wegen der wieder eingeführten Berücksichtigung von Erbschaftsteuer im EStG<br />
Die Regelung greift nicht bei Schenkungen unter Lebenden.<br />
Auch ist bei lang laufenden Nutzungsrechten zu<br />
berücksichtigen, daß die Entlastung nach relativ kurzer<br />
Zeit, nämlich nach Ablauf des fünften Veranlagungszeitraums,<br />
endet. Anders mag es bei älteren Berechtigten, z.B.<br />
Geschwistern in hohem Alter sein.<br />
Bei zugewandten Rentenrechten oder Nutzungsrechten,<br />
insbesondere für den Ehepartner, wird nicht selten<br />
Anderen zumindest die Erbschaftsteuer des Bedachten auferlegt.<br />
Für die Anrechnung bzw. den Abzug von Erbschaftsteuer<br />
bei der Einkommensteuer ist zu beachten, daß Drittaufwand<br />
häufig im EStG nicht anerkannt wird. 3 Wenn der<br />
Ehepartner seine eigene Einkommensteuer trägt, zugleich<br />
aber ein Dritter die Erbschaftsteuer auf das dem Ehepartner<br />
ausgerichtete Rentenvermächtnis, könnte im Extremfall<br />
der Abzug verloren gehen. Sinnvoller ist es, z.B. die Höhe<br />
eines Nießbrauchs oder einer Rente so zu kalkulieren, daß<br />
jeweils dieselbe Person beide Steuern zahlt und nicht nur<br />
irgendwie wirtschaftlich trägt. Sollte z.B. ein Nießbrauch<br />
an Kapitalvermögen gestellt werden, das seit 01.01.<strong>2009</strong><br />
der Abgeltungssteuer unterliegt, ist zu beachten, daß § 35 b<br />
den Abzug nur von der „tariflichen Einkommensteuer“ vorsieht,<br />
die bei der Endbesteuerung zu einheitlichen Steuersätzen<br />
der Abgeltungssteuer gerade nicht erhoben wird. Das<br />
Problem ist vom Gesetzgeber wegen der weitgehenden uneingeschränkten<br />
Übernahme des alten § 35 EStG (Fassung<br />
bis 31.12.1998) wohl nicht gesehen worden. 4<br />
II Wiederbelebung der Option Jahressteuer<br />
nach § 23 ErbStG?<br />
Interessanter ist deshalb die Formulierung in § 35b Satz 3<br />
EStG, daß der Abzug nicht greifen soll, wenn der Jahressteuerabzug<br />
nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG gewählt wird.<br />
Dieser war bis 2007 zuletzt umstritten 5 , sollte dann durch<br />
die Beschränkung des Sonderausgabenabzugs auf Versorgungsleistungen<br />
unter Ausschluß von dauernden Lasten im<br />
JStG 2008 völlig wegfallen, könnte aber jetzt vom Gesetzgeber<br />
vielleicht ausdrücklich wieder anerkannt sein. 6 So wie<br />
nach dem Wegfall des § 35 EStG zum 31.12.1998 teilweise<br />
vertreten wurde, der damit gedanklich zusammenhängende<br />
Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG<br />
entfiele ohne Änderung des Wortlauts dort, könnte § 35b<br />
Satz 3 EStG einen Ausnahmetatbestand über den engeren<br />
Wortlaut des § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG vorsehen. Daneben<br />
könnte aus dem Willen des Gesetzgebers, die Doppelbelastung<br />
bei Erbschaft- und Einkommensteuer zu vermeiden,<br />
auch geschlossen werden, daß – allerdings nur bei Erwerben<br />
von Todes wegen – die „gezahlte“ Jahressteuer im gleichen<br />
oder den nächsten vier Veranlagungszeiträumen verrechnet<br />
werden könnte, also die jeweilige Rate und nicht<br />
der einmalig zu Beginn des Bezugsrechts festgesetzte Steuerbetrag<br />
auf den Kapitalwert. Die Formulierung „der Erbschaftsteuer<br />
unterlegen haben“ muß nämlich nicht zwingend<br />
an den Zeitpunkt der Steuerentstehung anknüpfen,<br />
sondern könnte auch an die jährliche Entrichtung der Jahressteuer<br />
anknüpfen. 7<br />
Derjenige, der den Erwerb eines Nutzungsrechts (oder<br />
auch eines Rentenrechts) zu versteuern hat, kann nach §<br />
23 ErbStG statt der einmaligen Versteuerung nach dem Kapitalwert<br />
immer eine Jahresversteuerung wählen. 8 Während<br />
man früher glaubte, daß – abgesehen von Liquiditätsgesichtspunkten<br />
– die Jahressteuer häufig auch rechnerisch<br />
der günstigere Weg sei, haben insbesondere Moench 9 und<br />
Korezkij 10 nachgewiesen, daß durch bestimmte Rechenmechanismen<br />
(z.B. die vorschüssige Berechnung anstelle einer<br />
mittelschüssigen, die Einarbeitung der Freibeträge etc.) die<br />
Jahresversteuerung häufig ungünstiger ist. Dies gilt insbesondere<br />
dann, wenn nach § 23 Abs. 2 ErbStG zu einem späteren<br />
Zeitpunkt die Jahressteuer abgelöst werden soll, weil<br />
der Ablösebetrag dann neu nach der inzwischen statistisch<br />
gestiegenen Lebenserwartung des Steuerpflichtigen berechnet<br />
wird. 11 Insbesondere besteht aber bei der Jahresversteuerung<br />
das Risiko, daß bei Übertreffen der statistischen<br />
Lebenserwartung ewig weitergezahlt werden muß, ein Billigkeitserlaß<br />
ist auch bei 100-Jährigen nicht zu erwarten. 12<br />
Überdies führt die Beendigung der Zahlungen infolge Insolvenz<br />
des Verpflichteten nicht zu einem Erlaß der Jahressteuer<br />
13 , wie aber auch umgekehrt bei der Besteuerung<br />
nach dem Kapitalwert keine nachträgliche Erstattung gewährt<br />
wird. Zu erwägen ist, für den Fall der endgültigen<br />
Insolvenz des Verpflichteten, den Rentenbezug auflösend<br />
bedingt zu stellen, um in diesem Fall eine Korrektur der ursprünglichen<br />
Besteuerung zu erreichen.<br />
3 Vgl. Heinicke, in Schmidt, EStG, 28. Aufl. <strong>2009</strong>, § 4 Rz. 500, § 10 Rz.<br />
23; Drenseck, in Schmidt, § 9 Rz. 70.<br />
4 Für Analogie zu Gunsten des Steuerpflichtigen Seifried, ZEV <strong>2009</strong>,<br />
285, 287.<br />
5 Gegen Abzug zuvor bereits nds FG v. 12.06.2008, EFG 2008, 1697 –<br />
Rev. X R 40/08 und 63/08; anders zuvor FG Hamburg v. 14.02.2006,<br />
EFG 2006, 1080 – durch Rev. v. 16.01.2008 II 30/06, BStBl. II <strong>2009</strong>,<br />
626, nicht berührt; vgl. zum Ganzen auch Jülicher, in Troll/Gebel/<br />
Jülicher, ErbStG, Stand <strong>2009</strong>, § 23 Tz. 41 ff.<br />
6 Zweifelnd Hübner, Ubg <strong>2009</strong>, 1, 11; gegen „Wiederbelebung durch<br />
die Hintertür“ Herzig/Joisten/Vossel, DB <strong>2009</strong>, 584, 590 ff.<br />
7 Dagegen Herzig/Joisten/Vossel, DB <strong>2009</strong>, 584, 588.<br />
8 Vgl. zur Ermittlung der Jahressteuer Berechnungsbeispiele in<br />
H 84 ErbStH 2003.<br />
9 ZEV 2001, 303.<br />
10 ZEV 2001, 3<strong>05</strong>.<br />
11 Vgl. Moench, ZEV 2001, 303, 304; Troll/Gebel/Jülicher, § 23 Tz. 30.<br />
12 FG München v. 25.10.1999, UVR 2000, 67.<br />
13 FG Münster v. 29.<strong>05</strong>.2008, EFG 2008, 1813 - Rev. II R 43/08.<br />
174 steueranwaltsmagazin 5 /<strong>2009</strong>