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Ausgabe 05/2009 - Wagner-Joos Rechtsanwälte

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� Beiträge Dr. Adrian Plüss Einzelfragen zur Gemeinnützigkeit bei Stiftungen und ähnlichen Organisationen<br />

Einzelfragen zur Gemeinnützigkeit bei Stiftungen und ähnlichen Organisationen<br />

Dr. Adrian Plüss, Rechtanwalt TEP, MBA, Rechtsanwalt, Lanter <strong>Rechtsanwälte</strong>, Zürich<br />

Die Schweiz ist das Land der Stiftungen. Der überwiegende<br />

Teil dieser Organisationen verfolgt ideelle Zwecke, eine beträchtliche<br />

Zahl davon ist gemeinnützig tätig. Gemeinnützige<br />

Institutionen sind von der Steuerpflicht befreit; das bedeutet<br />

zunächst, daß sie keine ordentlichen Ertrags- oder<br />

Kapitalsteuern zahlen 1 , aber auch, daß Zuwendungen Dritter<br />

an sie keiner Erbschafts- oder Schenkungssteuer unterliegen,<br />

was für die Stiftung weitaus bedeutsamer sein kann.<br />

Eine steuerrechtliche Sonderstellung besteht auch hinsichtlich<br />

der Mehrwertsteuer: So sind etwa Leistungen an und<br />

von Stiftungen von der Mehrwertsteuer befreit 2 und sind<br />

zahlreiche Dienstleistungen, wie sie typischerweise von gemeinnützigen<br />

Organisationen erbracht werden, von der<br />

Mehrwertsteuer ausgenommen. 3<br />

Um sich von der Steuerpflicht befreien zu lassen, muß in<br />

der Regel ein Gesuch an die kantonale Steuerbehörde gestellt<br />

werden. In der Praxis haben sich mit der Zeit verschiedene<br />

Kriterien entwickelt, anhand derer die Gemeinnützigkeit<br />

einer Stiftung beurteilt wird. Einzelne Fragen in diesem Zusammenhang<br />

geben immer wieder zu Diskussionen Anlaß:<br />

Vorausgesetzt wird die Förderung einer im Interesse der<br />

Allgemeinheit liegenden Aufgabe (wie etwa Fürsorge,<br />

Gesundheitsdienst, Krankenpflege o. dgl.). Das Interesse<br />

der Allgemeinheit bzw. die Förderungswürdigkeit kann<br />

aber durchaus über die in Verfassung und Gesetzgebung<br />

genannten staatlichen Aufgaben, Zielsetzungen und Förderungsprogramme<br />

hinausgehen.<br />

Eine Gemeinnützigkeit kann auch vorliegen, wenn die Stiftung<br />

eine unternehmerische Tätigkeit verfolgt und die wirtschaftliche<br />

Betätigung die unumgängliche Voraussetzung<br />

des gemeinnützigen Zwecks ist. Der Zweck der Organisation<br />

und die dazu eingesetzten Mittel sind auseinanderzuhalten.<br />

Zu denken ist beispielsweise an Werkstätten und Verkaufsorganisationen<br />

eines Behindertenheims oder von Institutionen<br />

für die Entwicklungshilfe. Der Zweck – die Förderung<br />

von Behinderten oder der Bevölkerung einer Entwicklungsregion<br />

– soll sich gerade u.a. dadurch erfüllen, daß die hergestellten<br />

Produkte vermarktet werden und die Aufmerksamkeit<br />

des Publikums erwecken.<br />

Zu Diskussionen Anlaß gegeben hat auch immer die<br />

Frage, ob gemeinnützige mit anderen, nicht gemeinnützigen<br />

Zwecken verbunden werden können und wie sich<br />

eine solche Verbindung auf die Möglichkeit der Steuerbefreiung<br />

auswirkt.<br />

Das Schweizerische Bundesgericht hat in einem Grundsatzentscheid<br />

aus dem Jahr 2001 die Zulässigkeit eines wirt-<br />

schaftlichen Stiftungszwecks bejaht. 4 Dies mit der Begründung,<br />

die Stiftungsfreiheit – verstanden als Ausprägung der<br />

Privatautonomie – lasse eine Begrenzung zulässiger Stiftungszwecke<br />

auf reine ideelle Zwecke nicht zu. Das Gericht<br />

hat damit auch zu Recht berücksichtigt, daß sich vielfach<br />

ideelle und wirtschaftliche Zielsetzungen nicht scharf<br />

voneinander trennen lassen, sondern vielmehr ineinander<br />

übergehen.<br />

Richtigerweise ist eine gemischte Zweckverfolgung daher<br />

auch steuerlich beachtlich 5 ; diesfalls sind die Einkünfte<br />

entsprechend aufzuteilen. Während jene aus der gemeinnützigen<br />

Tätigkeit steuerbefreit werden können, sind die<br />

Erträge aus anderen Zwecken steuerpflichtig. 6 Die Institution<br />

hat dann eine organisatorische und rechnerische Trennung<br />

vorzunehmen. 7<br />

Steuerbehörden verlangen regelmässig, daß die Stiftungsorgane<br />

selbst unentgeltlich tätig sein sollen. Gegen<br />

diese restriktive Praxis wird zunehmend Kritik erhoben,<br />

da sie den Beizug von qualifizierten Fachleuten einschränkt<br />

und eine Professionalisierung im Stiftungswesen<br />

erschwert. 8 „Gemeinnützig sollten die Institutionen<br />

selbst und nicht ihre Organe handeln.“ 9 Richtigerweise<br />

ist zu differenzieren:<br />

Nach heutiger Auffassung besteht eine faktische Vermutung<br />

der Entgeltlichkeit und damit für eine eigentliche<br />

Honorierung nebst Spesenersatz nach berufstypischen<br />

Ansätzen 10 , wie sie namentlich in Honorarordnungen<br />

von Berufsverbänden niedergelegt sind.<br />

Auch bei grundsätzlicher Ehrenamtlichkeit sind Sonderaufträge<br />

(z.B. die Prozeßführung durch einen Anwalt, der<br />

dem Stiftungsrat angehört) zu vergüten 11 .<br />

1 Vgl. Art. 56 DBG.<br />

2 Art. 33a MWSTG.<br />

3 Art. 18 MWSTG.<br />

4 BGE 127 III 337 ff.<br />

5 Greter in Zweifel/Athanas, Kommentar zum schweizerischen Steuerrecht,<br />

Band I/2/a (2. Auflage, Basel 2008) N 26 zu Art. 56 DBG.<br />

6 Vgl. dazu die Erläuterungen von Greter, a.a.O., N 23 zu Art. 56 DBG.<br />

7 Vgl. Kreisschreiben der ESTV Nr. 12, Ziff. II./5.<br />

8 Vgl. Grüninger in Basler Kommentar, ZGB I (3. Auflage Basel/Genf/<br />

München 2006), N 28 zu Art. 83 ZGB.<br />

9 Grüninger, a.a.O., N 27 zu Art. 83 ZGB.<br />

10 Grüninger, a.a.O., N 28 zu Art. 83 ZGB unter Hinweis auf Hahnloser:<br />

Stiftungsland Schweiz, Schriftenreihe proFonds Heft 7 (Basel 2004)<br />

S. 22.<br />

11 Grüninger, a.a.O., N 29 zu Art. 83 ZGB unter Hinweis auf Spring,<br />

Elemente einer Stiftungsurkunde nach Art. 80 ZGB, Schriftenreihe<br />

Arbeitsgemeinschaft für gemeinnützige Stiftungen Heft 4 (Basel<br />

1995), S. 14.<br />

178 steueranwaltsmagazin 5 /<strong>2009</strong>

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