Ausgabe 05/2009 - Wagner-Joos Rechtsanwälte
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� Beiträge Dr. Jennifer Dikmen Die Abrechnung der Selbstanzeige nach RVG<br />
gefreut, daß wir auch für die eine <strong>Ausgabe</strong>, mit der wir ein<br />
nicht enden wollendes Sommerloch überwinden mußten,<br />
seinerzeit gelobt wurden, wenngleich wir auch heute gelegentlich<br />
noch darüber nachdenken, ob das damalige Lob<br />
Die Abrechnung der Selbstanzeige nach RVG<br />
nun von dem einem ausgesprochen wurde, der die Zeitschrift<br />
gelesen hatte oder nicht. Wie dem auch sei, dessen<br />
Wohlwollen hat dem steueranwaltsmagazin jedenfalls nicht<br />
geschadet – und uns als Redaktion auch nicht.<br />
von Dr. Jennifer Dikmen, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Steuerrecht, Steck Mack Schwedhelm, München<br />
I. Einleitung<br />
Jeder Steueranwalt kennt die Situation: Ein neuer Mandant<br />
bittet kurzfristig um ein Gespräch. In diesem offenbart er<br />
unerklärte Einkünfte. Der Steueranwalt klärt umfassend<br />
über das Institut der Selbstanzeige auf. Dann muß plötzlich<br />
alles schnell gehen und die Selbstanzeige wird kurzfristig<br />
erstellt und abgegeben, weil z.B. Tatentdeckung droht.<br />
Oder der Mandant entscheidet sich, trotz Aufklärung nicht<br />
tätig zu werden, so daß das Mandat (vorerst) endet. Wird<br />
in dieser hektischen Situation die Honorarfrage nicht einvernehmlich<br />
geklärt, ist der Steueranwalt für seine Honorierung<br />
auf das Gebührenrecht angewiesen. Hier stellt sich<br />
allerdings bei genauer Betrachtung heraus, daß bei der Abrechnung<br />
der Selbstanzeige viele rechtliche Unklarheiten<br />
bestehen.<br />
II. Gesetzliche Grundlagen<br />
1. Die gesetzliche Grundlage des Gebührentatbestands bei<br />
einer Selbstanzeige ist § 30 StbGebV. Auf diese Vorschrift<br />
verweist § 35 RVG, wonach für die Hilfeleistung bei der Erfüllung<br />
allgemeiner Steuerpflichten und bei der Erfüllung<br />
steuerlicher Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten die<br />
§§ 23 bis 39 StbGebV iVm. §§ 10, 13 StbGebV für entsprechend<br />
anwendbar erklärt werden. 1<br />
2. Nach § 30 StbGebV erhält der Steuerberater für die Tätigkeit<br />
im Verfahren der Selbstanzeige (§§ 371 und 378 Abs. 3<br />
AO) einschließlich der Ermittlungen zur Berichtigung, Ergänzung<br />
oder Nachholung der Angaben, 10 bis 30 Zehntel<br />
einer vollen Gebühr nach Tabelle A (Anlage 1). Dabei werden<br />
sämtliche Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Selbstanzeige,<br />
angefangen von den Feststellungen im Vorfeld der<br />
Anzeige bis hin zur Erstattung der Selbstanzeige mit Nachholung<br />
der unrichtigen oder unvoll ständigen Angaben, erfaßt.<br />
2 Von der Gebühr ausgenommen sind das erst malige<br />
Erstellen einer Buchführung, eines Jahres abschlusses, einer<br />
Überschußrechnung oder einer Steuererklärung oder ähnliche<br />
Leistungen, auch wenn diese Voraussetzung für die<br />
ordnungsge mäße Erklärung einer Selbstanzeige sind. 3<br />
3. Durch den weiten Gebührenrahmen von 10 bis 30 Zehntel<br />
können Schwierigkeiten des Einzelfalls berücksichtigt<br />
werden. Konkrete gesetzlichen Vorgaben zur Ausübung<br />
dieses Rahmens existieren nicht. Letztendlich spielen insoweit<br />
vor allem die steuerliche Komplexität des zugrunde<br />
liegenden Sachverhalts sowie der Tätigkeitsumfang bei der<br />
Einkünfteermittlung eine Rolle.<br />
III. Problem: Bestimmung<br />
des Gegenstandswerts<br />
1. Problematisch ist die Bestimmung des Gegenstandswerts<br />
der Selbstanzeige. Nach § 10 Abs. 1 Satz 3 StbGebV ist allgemein<br />
auf den Wert des Interesses abzustellen. Wie dieser<br />
jedoch im Fall der Selbstanzeige zu beziffern ist, ist fraglich<br />
und bislang nicht abschließend geklärt.<br />
2. § 30 StbGebV selbst enthält keine konkretisierende Regelung<br />
zur Bestimmung des Gegenstandswerts. Diese rechtliche<br />
Ungewißheit sollte einst durch das Jahressteuergesetz<br />
2007 beseitigt werden. Der Referentenentwurf (Stand<br />
10.7.2006) sah deshalb vor, daß ein Satz 2 hinzugefügt<br />
wird, welcher als Gegenstandswert den Betrag der nachzuentrichtenden<br />
Steuer und steuerlichen Nebenleistungen<br />
vorsah. Dieses Gesetzesvorhaben wurde jedoch nicht umgesetzt.<br />
4<br />
3. Rechtsprechung zur Bestimmung des Gegenstandswerts<br />
bei Selbst anzeigen gibt es – naturgemäß – kaum. Das OLG<br />
Frankfurt hat allerdings in einer Entscheidung ohne Ein-<br />
1 Durch den Verweis auf die gesetzlichen Vorschriften des §§ 371, 378<br />
Abs. 3 AO wird der Anwendungsbereich des § 30 StbGebV insofern<br />
eingeschränkt, als die Berichtigungserklärung nach § 153 AO nicht<br />
hierunter fällt. Diese ist von der Regelung des § 23 Satz 1 Nr. 1 Stb-<br />
GebV erfaßt.<br />
2 Eckert, Steuerberatergebührenverordnung, 4. Aufl. 2008, § 30 Stb-<br />
GebV Rz. 4.<br />
3 Meyer/Goez, StbGebV, 5. Aufl. 2007, § 30 Rz. 2; Eckert, a.a.O.,<br />
§ 30 Rz. 5.<br />
4 JStG 2007 vom 13.12.2006, BGBl. 2007 I, S. 2878.<br />
194 steueranwaltsmagazin 5 /<strong>2009</strong>