Ausgabe 05/2009 - Wagner-Joos Rechtsanwälte
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Dr. Jennifer Dikmen Die Abrechnung der Selbstanzeige nach RVG<br />
schränkung auf die Bruttowerte der nichterklärten Einkünfte<br />
abgestellt. 5 Das OLG Düsseldorf hat diesen Punkt<br />
hingegen offen gelassen. 6<br />
4. In der Literatur geht die wohl herrschende Meinung<br />
davon aus, daß sich der Gegenstandswert nach der Differenz<br />
zwischen den früher unvollständig erklärten zu den<br />
nunmehr „nachgemeldeten“ Einkünften bemißt. 7 Es gibt<br />
jedoch auch bedeutende Gegen stimmen, die die aus der<br />
Nacherklärung resultierende Steuerlast als maßgebliche<br />
Größe zur Bemessung des Gegenstandswerts zugrundelegen.<br />
8<br />
5. Richtigerweise ist in Übereinstimmung mit dem OLG<br />
Frankfurt und der herrschenden Literaturansicht für die Bestimmung<br />
des Gegenstandswerts der Selbstanzeige auf die<br />
Bruttowerte der nichterklärten Einkünfte abzustellen. Nur<br />
durch diesen Ansatz wird ein Gleichklang mit dem Steuerehrlichen<br />
erreicht, der für die Erstellung seiner Steuererklärung<br />
ebenfalls auf Basis der erklärten Einkünfte das gesetzliche<br />
Honorar schuldet. Die Zugrundelegung der Steuerlast<br />
im Fall der Selbstanzeige würde zu dem untragbaren Ergebnis<br />
führen, daß der unehrliche Steuerpflichtige letztlich geringere<br />
Gebühren bezahlen müßte, als wenn er von Anfang<br />
an zutreffende Angaben gemacht hätte. Diese Besserstellung<br />
ist sachlich nicht gerechtfertigt. Darüber hinaus ist aus systematischer<br />
Sicht zu beachten, daß § 30 StbGebV dem Vierten<br />
Abschnitt der Gebührenverordnung zugeordnet ist. Bei den<br />
sonstigen Gebühren tatbeständen dieses Abschnitts wird für<br />
den Gegenstandswert regelmäßig ebenfalls auf die Höhe der<br />
Einkünfte abgestellt und nicht auf ein Rechtsbehelfsinteresse.<br />
Schließlich muß auch berück sichtigt werden, daß der<br />
Steueranwalt idR die aus den nach erklärten Einkünften resultierende<br />
Steuerlast (noch) nicht kennt und mangels Detailinformationen<br />
auch nicht berechnen kann. Ihn hierauf<br />
für die Abrechnung seines Honorars zu verweisen, ist also<br />
auch im Hinblick auf die Unmöglichkeit der tatsächlichen<br />
Umsetzung nicht sachgerecht.<br />
IV. Abgrenzung zur Erstberatung<br />
Findet nur ein Gespräch statt, nach dem sich der Mandant<br />
für die Nichtabgabe der Selbstanzeige entscheidet, stellt<br />
sich die Frage, ob der Gebührentatbestand des § 30 StbGebV<br />
iVm. § 35 RVG von der Erstberatungsgebühr für Verbraucher<br />
gemäß § 34 Abs. 1 Satz 3 RVG abzugrenzen ist. Dies<br />
muß wohl grundsätzlich bejaht werden. Auch wenn die systematische<br />
Stellung der Regelungen im Gesetz anderes vermuten<br />
lassen könnte, läßt sich aus der Gesetzbegründung<br />
zu § 35 RVG schließen, daß § 34 RVG neben § 35 RVG anwendbar<br />
bleibt. Ansonsten hätte der Gesetzgeber nicht ausdrücklich<br />
darauf hingewiesen, daß ein Verweis auf § 21 Stb-<br />
GebV als Parallelvorschrift zu § 34 RVG nicht notwendig<br />
ist, da sich eine entsprechende Bestimmung im RVG befin-<br />
steueranwaltsmagazin 5 /<strong>2009</strong><br />
� Beiträge<br />
det. 9 Allerdings muß der Rahmen der Erstberatung eng gefaßt<br />
werden. Dieser endet, wenn die erste Beratung beendet<br />
oder unterbrochen ist, z.B. weil der Mandant weitere Unterlagen<br />
beibringen oder der Rechtsanwalt sich weiter sachkundig<br />
machen muß. Wird die Beratung sodann fortgesetzt<br />
oder entstehen Zusatzfragen, ist der Bereich der Erstberatung<br />
verlassen. 10 Hat also ein der Besprechung vorausgehendes<br />
Telefonat stattgefunden, in dem die Selbstanzeige<br />
nur grob erörtert wurde, hebelt dies im Fall eines nachfolgenden,<br />
vertiefenden persönlichen Gesprächs die Erstberatungsgebühr<br />
aus.<br />
V. Rechnungsstellung<br />
Gibt der Mandant nach erfolgter Beratung keine Selbstanzeige<br />
ab, kann die Honorarrechnung nach RVG von besonderer<br />
Brisanz sein. Hintergrund sind die formalrechtlichen<br />
gesetzlichen Anforderungen des § 10 Abs. 2 RVG, wonach<br />
Angelegenheit, Gegenstandswert, Gebührentatbestand und<br />
Nummer des Vergütungsverzeichnisses ausdrücklich genannt<br />
werden müssen. Dieses Formerfordernis führt dazu,<br />
daß der Steueranwalt durch seine Rechnung die Tatsache<br />
offen legt, daß sich der Mandant in Bezug auf eine Selbstanzeige<br />
beraten ließ. Naturgemäß scheut der Steueranwalt<br />
hiervor zunächst zurück, denn in der Konsequenz könnte<br />
es im Fall einer gerichtlichen Auseinander setzung über die<br />
Rechnung zu einer Meldung an die Finanzbehörden kommen<br />
(§ 116 AO). Gleichwohl hat er keine Wahl, wenn er<br />
eine durchsetzbare Honorarrechnung erstellen will. 11 Berufsrechtliche<br />
Bedenken bestehen nicht. Es ist anerkannt,<br />
daß der Rechtsanwalt zur Durchsetzung seines Honoraranspruchs<br />
berechtigt ist, das zur Erfüllung seiner Darlegungs-<br />
und Beweislast Notwendige vorzutragen, auch wenn er<br />
dadurch gegen das Verschwiegenheitsverbot verstößt. Allerdings<br />
gilt die Grenze der Verhältnis mäßigkeit, so daß nur<br />
das unbedingt Erforder liche offengelegt werden darf. Auch<br />
können Bedenken entstehen, wenn z.B. die Durch setzung<br />
lediglich geringer Honoraransprüche die Offen legung hochrangiger<br />
Geheimnisse zur Folge hätte. 12<br />
5 OLG Frankfurt vom 06.06.2003, OLGR Frankfurt 2004, 34.<br />
6 OLG Düsseldorf vom 23.03.2004, OLGR Düsseldorf 2004, 288.<br />
7 Eckert, a.a.O., § 30 Rz. 6; Wolff, DStR 2007, 44; vgl. auch Streck,<br />
DStR 1996, 288, 292.<br />
8 Meyer/Goetz, StbGebV, 5. Aufl. 2007, § 30 Rz. 2.<br />
9 BT-Drucks. 15/1971, S. 197.<br />
10 Mandert in Gerold/Schmidt, RVG, 18. Aufl., 2008, § 34 Rz. 49.<br />
11 Vgl. Römermann in Hartung/Römermann/Schons, RVG; 2. Aufl., 2006,<br />
§ 10 Rz. 39.<br />
12 Vgl. zu dieser Thematik insgesamt Eylmann in Henssler/Prütting,<br />
BRAO, 2. Aufl., 2004, § 43 a Rz. 80, mwN.<br />
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