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debizz GESELLSCHAFT EVENTS<br />
DSBU-Schüler und ihre<br />
Eltern versammeln sich im<br />
Bukarester Floreasca Park<br />
"Laterne, Laterne,<br />
Sonne, Mond und<br />
Sterne..."<br />
Frohen Mutes<br />
beginnt der<br />
Laternenumzug<br />
St. Martinsfest<br />
der Deutschen Schule<br />
Bukarest<br />
Zur Belohnung gibt<br />
es eigens dafür<br />
Gebackenes<br />
Die Kleinsten<br />
machen<br />
begeistert mit<br />
58 DEZEMBER 2012-JANUAR 2013 www.debizz.ro<br />
Foto: Florian Coman<br />
www.debizz.ro<br />
KOLUMNE AUS EVA’S SICHT<br />
Der Weihnachtsengel<br />
aus der Bierdose<br />
Eva Konzett<br />
lebt als freie<br />
Journalistin in<br />
Bukarest und<br />
berichtet von<br />
dort für das<br />
österreichische<br />
WirtschaftsBlatt<br />
Vergangene Woche war es<br />
wieder soweit: Das erste Mal<br />
in dieser Adventszeit (die<br />
genau genommen noch nicht<br />
begonnen hat), habe ich mir<br />
den Bauch mit Keksen und Lebkuchen<br />
vollgeschlagen und mir im Zuge des zimtigen<br />
Geschmacks Gedanken über Weihnachten<br />
gemacht. Keine Angst, es folgt kein Vortrag<br />
über die heilsame Wirkung des Verzichts zu<br />
dieser Zeit, über die Stille und Besinnung,<br />
die Weihnachten eigentlich mit sich bringen<br />
sollte. Ich habe mich aber halberfroren in<br />
der Lipscani-Straße an den Dezember 2008<br />
erinnert. Damals studierte ich für ein Jahr<br />
in Cluj-Napoca/Klausenburg.<br />
Es war üblich, dass sich alle fortgehfreudigen<br />
ausländischen Studenten (und derer gab<br />
es naturgemäß viele) an den Abenden im<br />
Studentenheim trafen. Und oft dort auch<br />
das Fest ausklingen ließen. Ich kann Ihnen<br />
nicht mehr sagen, wann die folgende Idee<br />
entstanden ist, vor der großen Sause oder<br />
schon in der Katerstimmung. Ich weiß<br />
aber noch, dass sie einstimmig beschlossen<br />
wurde: Ein Weihnachtsbaum musste her.<br />
Einige deutsche Jungs haben den Baum<br />
– und fragen Sie mich nicht woher – am<br />
Folgetag organisiert. Die dürren Ästchen<br />
wurden mit selbstgebasteltem Schmuck aus<br />
Bierdosen behängt und das Stille-Nacht-<br />
Heilige-Nacht-Lied den Studenten aus<br />
Ostdeutschland beigebracht. Im Allgemeinen<br />
haben sich die Polen als besonders gute<br />
Sänger hervor getan. Der Weihnachtsbaum<br />
stand bis zu unserer Rückkehr im Jänner.<br />
Offenbar hatte eine Handvoll ausländischer<br />
Studenten, hunderte Kilometer von zu<br />
Hause entfernt, im fremden Land nichts<br />
Besseres zu tun, als die Tradition von dort<br />
aufrechtzuerhalten.<br />
Ich selbst hatte dem Baum am 18. Dezember<br />
Adieu gesagt. Mit einem vollbeladenen<br />
Renault Clio ging die Fahrt zu viert und über<br />
rumänische Landstraßen und ungarische<br />
Autobahnen nach Wien. Wir brüllten<br />
„I am driving home for Christmas“, der<br />
Schunkelklassiker von Chris Rea, aus den<br />
offenen Fenstern hinaus. Nie zuvor hatte<br />
dieses Lied eine derartige Bedeutung für<br />
mich gehabt. Auch nicht vor meinem<br />
Rumänien-Aufenthalt, wenn ich einst von<br />
Wien zu Weihnachten zurück nach Vorarlberg<br />
tingelte, im Sieben-Stunden-Plus-Zug.<br />
Eigenartigerweise habe ich mich allerdings<br />
nicht auf Kekse und Lebkuchen gefreut,<br />
sondern auf die erste Leberkässemmel.<br />
In Österreich hatte ich um diese Speise<br />
jahrelang einen Bogen gemacht. In Rumänien,<br />
wo eine solche nicht zu finden war,<br />
lief mir in Gedanken daran das Wasser<br />
im Mund zusammen.<br />
An diesem Weihnachten 2008 habe ich<br />
etwas gelernt. Die größte Absicherung,<br />
sein Herkunftsland zu schätzen, liegt darin,<br />
weg zu gehen. Bis heute hängt der krumme<br />
Weihnachtsengel, einst aus der goldenen<br />
Timişoreana-Dose geschnitten, an meiner<br />
Nachttischlampe. <br />
debizz<br />
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